Worte, die Frauen nach feministischer Meinung in Stellenanzeigen abschrecken könnten

Via Arne bin ich auf einen Artikel gestoßen, in dem es um die Vermeidung bestimmter Worte in Stellenanzeigen geht, weil diese Frauen abschrecken könnten. Ich gehe direkt in die Liste:

Diese Begriffe sind laut der UBS-Personalabteilung zu männlich

Männliches Wort Alternativen (Auswahl)
active functioning, committed, enthusiastic
analysis to evaluate, explore, test
to assert to champion, uphold, support
autonomous works with own initiative
to challenge to test, experiment, question
to champion to campaign, advocate, defend
confident great at, exceptional, motivated
to decide to agree, choose, agree
to determine to conclude, find out
dominant main, central, principal
driven focused, compelled, motivated
independent impartial, individualistic, on your own
intellect intelligence, mind, understanding
to lead to run, manage, guide
logic judgement, sense, soundness
objective purpose, intention, idea
opinion view, belief, judgement
principle standard, rule, opinion
self-confident poised, great at, professional
self-sufficient autonomous, individualistic, on your own
superior greater, best quality, higher up

Die Idee gibt es bereits länger, sie besagt, dass bestimmte Worte als „männlich“ wahrgenommen werden und andere Worte damit mehr Frauen anlocken.
Ich meine, dass sich viele der Worte darauf runterbrechen lassen, dass man Verantwortung übernehmen muss und Leistung erbringen muss. Wer etwa „etwas anführt (lead)“ der übernimmt eher Verantwortung als jemand, der etwas betreibt oder managed. Aber das mag auch nicht auf alles passen.
ich hatte schon 2014 einmal einen Artikel in diese Richtung:

Sie zeigten rund 260 Studenten eine fiktive, aber realistische Anzeige, in der ein Förderprogramm für angehende Führungskräfte ausgeschrieben wurde. Die eine Hälfte der Probanden bekam eine Version der Anzeige gezeigt, in der viele Adjektive standen, die vermeintlich männliche Eigenschaften widerspiegeln, zum Beispiel durchsetzungsstark, selbständig, offensiv und analytisch. In der anderen Version wurden Bewerber gesucht, die engagiert, verantwortungsvoll, gewissenhaft und kontaktfreudig sind. Bei der Frage, welche Adjektive männlich und welche weiblich besetzt sind, orientierten sich die Forscherinnen an früheren Studien.

Das Ergebnis bestätigte die Vermutung der Wissenschaftlerinnen: Von der Version mit den männlich besetzten Formulierungen fühlten sich die weiblichen Probanden weniger angesprochen und wollten sich seltener auf das Stipendium bewerben. Für männliche Testpersonen machte der Ausschreibungstext keinen Unterschied.

Ich schrieb damals:

Meiner Meinung nach springen sie da sehr schnell zu einer bestimmten Kausalkette, nämlich, dass die Anzeige als „männlich“ angesehen wird und insoweit Frauen sich nicht damit identifizieren können, weil sie ja weiblich ist.

Eine andere Kausalkette halte ich für wesentlich wahrscheinlicher:

  • Die potentiellen Bewerberinnnen haben eine zutreffende Einschätzung davon, was ihnen liegt und was nicht. Sie stellen eher als Männer fest, dass sie keine Arbeit wollen, in der man durchsetzungsstark, selbständig, offensiv und analytisch sein muss. Also beschließen sie, dass die Stelle nicht ihr Ding ist und bewerben sich nicht
  • Der Grund, dass dies bei Frauen häufiger geschieht als bei Männern liegt daran, dass Männer im Schnitt tatsächlich lieber in Berufen arbeiten, in denen sie durchsetzungsfähig, selbständig, offensiv und analytisch sein müssen.
  • Die früheren Studien haben ermittelt, dass durchsetzungsfähig, selbständig, offensiv und analytisch deswegen eher männlich besetzt sind, weil sie tatsächlich bei Männern häufiger anzutreffen sind

Hier bietet sich ein Vergleich mit den „Big Five“ an:

Cross-cultural research from 26 nations (N = 23,031 subjects) and again in 55 nations (N = 17,637 subjects) has shown a universal pattern of sex differences on responses to the Big Five Inventory. Women consistently report higher Neuroticism and Agreeableness, and men often report higher Extraversion and Conscientiousness. Sex differences in personality traits are larger in prosperous, healthy, and egalitarian cultures in which women have more opportunities that are equal to those of men; both men and women tend to grow more extraverted and conscientious and less neurotic and agreeable as cultures grow more prosperous and egalitarian, but the effect is stronger for men.

Frauen sind hiernach also im Schnitt gefühlsbetonter und verträglicher, Männer eher extrovertiert und wollen eher aufsteigen.

Wer eher Zustimmung möchte, der ist weniger offensiv, wer extrovertierter ist, der wir auch eher bereit sein, selbständig und durchsetzungsfähig sowie offensiv zu sein.

Zudem erhöht Testosteron die Risikobereitschaft:

Die Verbindung von Testosteron und riskantem Verhalten ist schon seit langem bekannt. (…) [Es zeigt sich], dass der Testosteronspiegel sowohl mit finanzieller Risikobereitschaft als auch mit der Berufswahl korreliert. Personen mit mäßig hohem Hormonspiegel gehen finanzielle Entscheidungen weniger vorsichtig an und sind in großen Zahlen im Finanzwesen tätig. (…) Bei Personen, deren Testosteronspiegel oberhalb eines bestimmten Wertes lag, war die Wahrscheinlichkeit, dass sie die ungewisse Lotterie dem sicheren Gewinn vorzogen, genauso groß wie der umgekehrte Fall. Aber unterhalb dieses Grenzwertes ließ sich eine starke Verbindung zwischen finanzieller Risikobereitschaft und Testosteron feststellen – sowohl bei der Lotterie als auch in der Berufswahl der Probanden. Besonders bei Frauen zeichnete sich bei der Lotterie ein klarer Trend ab. Ein niedrigerer Hormonspiegel – hierbei handelte es sich meistens um Frauen – ging einher mit größerer finanzieller Vorsicht.

Da Selbstständigkeit, Offensivität und Durchsetzungsvermögen eben auch ein Risiko darstellen (man kann eben gegen denjenigen, gegen den man sich durchsetzen muss, verlieren), dürften auch hier weitere Zusammenhänge bestehen.

Es erinnert mich an eine Studie, die ich bei Cordelia Fine gefunden hatte. Dort hatte man allerdings männlich besetzte Eigenschaften, die negativer und fordernder waren als die weiblichen, angesetzt.

Im Spiegel hieß es dazu:

Aber was hilft es, die Adjektive in einer Stellenanzeige zu tauschen, wenn später doch Leute gebraucht werden, die eben genau das sind: offensiv und durchsetzungsstark? Peus hat keine Zweifel daran, dass auch Frauen diese Eigenschaften besitzen – sie glauben es nur selbst nicht.

Frauen trauen sich selbst und anderen Frauen die Rolle als Chef weniger zu als Männer. Zu diesem Ergebnis kamen die Münchner Forscherinnen in einer zweiten Studie in Zusammenarbeit mit der New York University. Die 600 Befragten hielten Frauen und Männer für grundsätzlich gleich kompetent, produktiv und effizient. Trotzdem stuften sie die Führungskompetenz der Männer höher ein.

Ich habe die Studie nicht gefunden. Hier im Artikel ist die Darstellung aber sehr einfach: Sie hat keinen Zweifel daran. Ich hoffe sie stellt das in der Studie selbst auf etwas solidere Füße. Ergänzend sie erwähnt, dass diese Eigenschaften ja nicht absolut sind: Es ist die Frage, in welchem Maße man sie besitzt und wie gerne man in einem Job, der dieses Anfordernis stellt, arbeiten möchte. Die Einschätzung anderer ist dabei aus meiner Sicht nicht so viel wert.