Wie in diesem Blog schon häufiger angeführt ist der Gender Pay Gap keineswegs überall in Deutschland gleich, es gibt erhebliche Unterschiede. Gerade im Osten finden sich zB Gegenden, in denen Frauen mehr verdienen, darunter auch Cottbus. Im Rahmen des gestrigen Equal Pay Days bin ich auf einen Artikel gestoßen, der die Gründe dafür benennen will:
Cottbus ist ein Extremfall beim Gender Pay Gap. Der unbereinigte GPG liegt bei -17,4 Prozent – der direkte Vergleich zwischen Männern und Frauen ergibt also einen gut 17 Prozent höheren Verdienst für Frauen. Was ist anders?
„In Cottbus funktioniert der Arbeitsmarkt aus historischen Gründen anders: Die Frauen aus der Industrie mussten sich nach 1990 neu orientieren und besetzen heute mehr Stellen im Öffentlichen Dienst, im Bildungs- und Gesundheitssektor als Männer“, erläutern Dr. Pflücke. Zudem herrsche ein großes kulturelles Selbstverständnis, dass Frauen arbeiten.
Doch ist das noch nicht die ganze Wahrheit: „Der in Cottbus scheinbar umgekehrte Gender Pay Gap kommt auch durch weniger verfügbare typische „Männer-Jobs“ im Industriebereich zustande“, gibt Dr. Pflücke zu bedenken. So verdienen die Frauen in Cottbus nicht mehr als im Bundesdurchschnitt; durch weniger vorhandene traditionelle Männer-Arbeitsplätze verdienen die Männer in Cottbus deutlich schlechter.
Betrachtet man den bereinigten Gender Pay Gap für Cottbus, zeigt sich das bekannte Bild: Bei gleicher Qualifikation verdienen Frauen 12 Prozent weniger als ihre Kollegen.
Das finde ich ja immer faszinierend:
Plötzlich ist es ganz einfach mit einer Bereinigung nachzuweisen, dass die Frauen weniger verdienen statt mehr, einfach mal 29%-Punkte Unterschied erklärt.
Es wird auf dieses weiterführende Material verwiesen
Draus zB:
Überraschenderweise hat der Hauptsitz von VW sehr viele Produktionsberufe und Cottbus nicht.
Bei Frauen würde man wohl anführen, dass die Frauen „nicht in die Männerberufe gelassen werden“ oder „es unfair ist, dass die vorhanden Frauenberufe nicht genauso bezahlt werden wie die Männerberufe – Carearbeit muss wie VW bezahlt werden“
Bei Männern fallen die Berufe weg und es ist egal, dass die Frauen gegenwärtig die für die Örtlichkeiten besseren Berufe haben. Die absoluten Zahlen:
Monatsgehalt in Cottbus (GPG – 17,4%):
2.814€ Frauen
2.398€ Männer
Zu der Bereinigung kann ich nichts finden, aber dann sollen die Frauen plötzlich weniger verdienen als die Männer – bei gleicher Qualifikation.
Cottbus steht als Teil der ‚Transformationsregion Lausitz‘ vor großen Herausforderungen – und Chancen. Mit scheidenden Industrien verschiebt sich die Arbeitslandschaft hin zur Dienstleistungsbranche. Der Bildungssektor, der Tourismus und mit dem Gesundheitscampus auch Berufe in Medizin und Pflege, gewinnen zunehmend an Bedeutung – Arbeitsplätze, für die sich die Frauen in Cottbus durch ihre Flexibilität bereits in Stellung bringen.
Doch der Strukturwandel ist eine ganzheitliche Aufgabe, sodass für den Spezialfall Cottbus Gleichstellung auch anders herum betrachtet werden muss. So darf der Fokus nicht nur auf einem ausgeglichenen Gender Pay Gap liegen; typische Geschlechterarrangements müssen neu gedacht werden. Dr. Pflücke erklärt wie: „Für den ‚modernen Mann‘ ist der Strukturwandel in Cottbus auch eine Chance. Ein Teil der Lösung für die Lausitz wäre, Männer für traditionell weiblich besetzte Branchen zu begeistern.“
Für den Mann ist so etwas immer eine Chance. Für Frauen hingegen würde man es wohl nie als Chance bezeichnen, doch jetzt endlich mal in einer Fabrik arbeiten zu können. Sondern als Kampf gegen die Unterdrückung