„Frauen, träumt ihr heimlich davon, euch vom Job ins Muttersein zu flüchten?“

Das Jugendmagazin der Süddeutschen stellt in der Rubrik „Querfragen“, bei denen Vertreter eines der Geschlechter eine Frage an das andere Geschlecht formuliert und Vertreter dieses anderen Geschlechts sie dann beantworten, eine interessante Frage:

Frauen, träumt ihr heimlich davon, euch vom Job ins Muttersein zu flüchten?

Ein Auszug aus der Frage:

Die ganze Zeit muss man performen und sich selbst und anderen vorgaukeln, dass man Ahnung hat, alles im Griff und natürlich maßlos begeistert ist von dem, was man tut. Und wofür genau nochmal? Selbstverwirklichung? Ha!

Und jetzt stellt euch vor, wie ihr bei Vogelzwitschern in einem Garten sitzt, bei selbstgemachtem Rhabarberkuchen und Ingwertee und mit guten Freundinnen über Rhabarberkuchenrezepte plaudert. Jede mit einem quiekenden Bündel im Arm. Und jede von euch hat so ein seliges Lächeln auf den Lippen, wenn ihr hinunter schaut zu diesem warmen, weichen Wesen, das euch mit großen Augen voller bedingungsloser Liebe anguckt. Und ihr wisst: Euer Leben hat Sinn. Arbeit und Konkurrenzkampf? Völlig egal, ganz weit weg, interessiert euch nicht mehr.

Jaja, schon klar, Muttersein beinhaltet mehr als Duzi-duzi, Knuddel-knuddel und ab und zu die Brust geben. Aber blendet ihr das manchmal heimlich aus und spielt mit der Idee, einfach das Kondom wegzulassen, um der Arbeits- und Karrierewelt zu entkommen?

Ein Auszug aus der Antwort:

Klar, manchmal bin ich neidisch auf die Frauen in meinem Umfeld, die derzeit keine Lohnarbeit leisten und sich Vollzeit um ihr Kind kümmern. Die keine Kolleg:innen haben, die ihnen Druck machen, keine Sorge haben um Deadlines, die nur ein bisschen mitleidig seufzen, wenn Freund:innen ihnen von Überstunden erzählen. Dann aber fällt mir sehr schnell wieder ein, dass ihre Verantwortung eine viel größere ist als jede, die wir im Job so haben. Ihr Kopf ist voller To-Do-Listen und Sorgen. Die wenigsten von ihnen können in Ruhe eine einminütige Sprachnachricht aufnehmen, nicht in Ruhe duschen und schon gar nicht entspannt einen Kuchen backen.

(…)

Mit Duzi-duzi ist es nicht getan. Und diese romantischen Kuchen-Runden, die ihr in eurer Frage beschreibt, gibt es meiner Erfahrung nach eher selten. Viel wahrscheinlicher ist, dass ein Kind kränkelt, das nächste Hunger hat und das dritte gerade zahnt – das Bündel im Arm also nicht niedlich quiekt, sondern quengelt.

So schwirrt die Vorstellung von der Jobflucht qua Schwangerschaft zwar schon immer mal durch unsere Köpfe. Umgesetzt wird sie aber nur von Frauen, die wirklich einen großen und vor allem akuten Kinderwunsch haben. Alle anderen beißen in stressigen Phasen die Zähne zusammen, erinnern sich an das, was sie an ihrem Job mögen – und verhüten weiterhin.

Natürlich kann man eine solche Frage nicht pauschal beantworten. Dazu sind auch die meisten Menschen zu verschieden.

Es werden Faktoren hineinspielen wie:

  • Wie sehr mag man seinen Job: Ist es ein schlechter und langweiliger Job, evtl noch mit einem launischen Chef oder mit erheblichen Druck, dann wird man eher aus diesem entfliehen wollen
  • Was hat man in diesen Job investiert und inwieweit möchte man eh in diesen zurückkehren? Wer studiert hat und hart dafür gearbeitet hat und Freunde hat, die einen auch danach bewerten wird auch seltener aus einem solchen Job fliehen wollen
  • Stellt ein Partner oder der Staat das passende Einkommen für ein passendes Leben parat? Mit einem gut verdienenden Partner mag es interessanter sein, sich eher aus einem spannenden Job zurückzuziehen, ebenso mit finanziellen Verhältnissen, die eh nicht viel von Sozialhilfe abweichen.
  • Haben andere Freunde schon Kinder und scheinen sich wohl zu fühlen? Wie will man danach arbeiten? Es kann etwa die Phase mit einem Baby oder 1jährigen sehr stressig sein und wenig Schlaf bedeuten. Aber so ab 2 1/2 werden Kinder ja schon wesentlich selbständiger und klar kann man Teilzeit arbeiten und sie vor dem Fernseher parken und dabei durchaus ein einfaches leben haben.

Ich halte allerdings auch nichts davon, solche Thesen wie „alle Frauen sind bereit die Pille abzusetzen“ etc zu behaupten. Klar mag das nicht repräsentativ sein, aber zumindest die Frauen in meinem Umfeld sind nach Absprache mit dem Partner schwanger geworden.

Aber dennoch kann Kinder bekommen ein wunderbarer Ausstieg aus dem Beruf sein. Ein Vormittag im Büro geht eben schnell rum und auch wenn Kinderbetreuung anstrengend sein kann kann sie auch sehr schön sein und Zeit für sich lassen.

Ich kann mir schon vorstellen, dass jede Frau in dem passenden Alter mit einem passenden Partner schon einmal bei der Arbeit gedacht hat „jetzt schwanger werden wäre ein guter Ausstieg“. Wer hat sich bei einem stressigeren Part eines Jobs noch nicht gedacht, dass es cool wäre mal auszusteigen? Es ist ein netter Tagtraum, der ja auch noch nicht mal realistisch sein muss.

Hätten wir Männer etwas vergleichbares, dann würde uns dieses Gefühl ebenso  ab und zu überkommen.

Genauso kann dieser Traum dann, wenn man eine gute Zeit bei der Arbeit hat und eine Freundin erzählt wie müde sie gerade ist und das das Kind sie schon wieder vollgekotzt hat, eher eine Abschreckungswirkung haben.