Konkurrenz im Beruf unter Frauen

Ein interessanter Artikel behandelt Konkurrenz unter Frauen im Beruf:

Konkurrenz unter Frauen ist ein weit verbreitetes Phänomen und gleichzeitig ein Tabuthema. Während Männer beim Aufstieg sich verbünden und gemeinsam in Führungspositionen aufsteigen, kämpfen sich Frauen allein durch männliche Monokulturen an die Spitze. Wie diese Phänomene sich in geschlechtsspezifisch erlernten Verhalten von Konkurrenz, Rivalität, Wettbewerb, Solidarität und Verbündung sowie in dem sogenannten „Zickenstereotyp“ widerspiegeln, zeigt dieser Artikel von Gastautorin Doris Cornils.

Der Ansatzpunkt ist demnach wohl eine eher soziale Begründung unterschiedlichen Verhaltens, aber interessant ist ja unabhängig von der letztendlichen Begründung welches unterschiedliches Verhalten erst einmal vorliegt.

Aufruf zur Solidarität und einem Change in Richtung Diversity

Der Artikel ist gleichsam ein Aufruf an alle Frauen sich zu solidarisieren. Und aktiv den Change hin zu einer diversen Arbeitswelt mitzugestalten, in der wir alle voneinander lernen dürfen! In diesem Beitrag nehme ich nicht die strukturellen Faktoren in den Blick, die dazu beitragen, dass Frauen in geringerer Anzahl in Führungspositionen anzutreffen sind. Vielmehr stelle ich wissenschaftliche Studienerkenntnisse vor, an denen ich mitgewirkt und die ich Laufe der letzten Jahre weiterentwickelt habe.

Ein wissenschaftlicher Einblick ist eine interessante Sache. Hier stellt sie Publikationen dar, allerdings alles eher im deutschsprachigen Bereich wenn ich das richtig sehe.

Konkurrenz oder Wettbewerb? Alles Gender oder was?

Die Begriffe Wettbewerb und Konkurrenz werden oftmals im allgemeinen Sprachgebrauch synonym verwendet. Jedoch bestehen hinsichtlich der Ausdrucks- und Bedeutungskraft Differenzen.Laut Duden handelt es sich bei Wettbewerb um eine Situation, an dem mehrere Personen beteiligt sind und die das Ziel verfolgen, die jeweils beste Leistung zu erzielen, um bestenfalls als SiegerInnen daraus hervorzugehen.Konkurrenz, lat. concurrere (zusammenlaufen, -treffen, eilig zusammenkommen, aufeinanderstoßen), beinhaltet darüber hinaus den Aspekt der Rivalität (den Kampf um den Vorrang) und bezieht sich neben dem Wettbewerb auch auf den Wettstreit. Im Rahmen unserer Studie „Mikropolitik und Aufstiegskompetenz von Frauen“ an der Universität Hamburg (2009-2012) konnten wir recht eindrucksvoll nachzeichnen, dass beim Aufstieg in Führungspositionen Frauen untereinander tendenziell eher in Konkurrenz und Männer eher in den Wettbewerb miteinander treten. Dem zu Grunde liegen unterschiedliche Sozialisationserfahrungen und Stereotype, die beide Geschlechter vom Aufwachsen bis ins hohe Alter (unbewusst) erlernen, verinnerlichen und die ihr alltägliches und somit berufliches Handeln prägen.

Die Studie selbst habe ich nicht gefunden, aber immerhin diese Zusammenfassung der Autorin

Die Aneignung mikropolitischer Kompetenz wirkt sich förderlich auf den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen aus, so ein zentraler Befund aus dem kürzlich abgeschlossenen Forschungsprojekt „Mikropolitik und Aufstiegskompetenz von Frauen“ an der Universität Hamburg.
In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschungi geförderten Forschungsprojekt untersuchten Prof. Dr. Daniela Rastetter, Doris Cornils und Anna Mucha drei Jahre lang, ob sich die Aneignung mikropolitischer Kompetenz positiv auf den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen auswirkt. Kernstück der Studie bildete das im Projekt konzipierte Mikropolitik-Coaching©. Im
Rahmen einer Intervention erhielten 30 weibliche Nachwuchsführungskräfte aus großen Unternehmen über einen Zeitraum von sechs Monaten hinweg ein professionelles Coaching in mikropolitischer Kompetenz.
Mikropolitisches Handeln bedeutet, Taktiken und strategische Vorgehensweisen (gezielt) einzusetzen, um die eigene Macht(-Position) aufzubauen bzw. aufrechtzuerhalten und dadurch die persönlichen Handlungsspielräume zu erweitern. Mikropolitische Interaktionen finden während des Aufstiegs und innerhalb von Führungspositionen im Kräftefeld der Organisation in unterschiedlichen Handlungsfeldern statt. Sieben mikropolitisch für den Aufstieg relevante Handlungsfelder wurden von den Forscherinnen identifiziert. Dabei handelt es sich um Selbstdarstellung, Networking/Koalitionen bilden, Unternehmenskultur, Körperlichkeit, Emotionen, Vereinbarkeit von Karriere und Familie/Work-Life-Balance und Verhältnis zu Macht.
Die Ergebnisse zeigen, dass weibliche Nachwuchsführungskräfte im Handlungsfeld Selbstdarstellung besonders mit der strategischen Nutzung gering strukturierter Situationen (wie z. B. Besprechungen) Probleme haben. Da es sich hierbei um karriererelevante Gelegenheiten für die Selbstdarstellung handelt, gilt es für Frauen in Aufstiegspositionen, diese zu erkennen und in ihrem Sinne zu nutzen. Die Selbstdarstellung sollte dabei situativ und flexibel an die jeweiligen kulturellen Parameter anpasst werden, denn dem Handlungsfeld Unternehmenskultur kommt als normativem Rahmen mikropolitischen Handelns für den Aufstieg eine wichtige Bedeutung zu.

Voraussetzung für einen strategischen Umgang innerhalb und mit der Kultur ist es, sich mit der jeweiligen Unternehmenskultur, mit ihrem (informellen) Regelwerk vertraut zu machen. Dass die Unternehmenskulturen häufig von „männlich“ sozialisierten Spielregeln geprägt sind, zeigt sich besonders hinsichtlich des beruflichen Umgangs mit Emotionen. Einer Identifikation mit dem gesellschaftlich weit verbreiteten Stereotyp, Frauen seien „Emotionsmenschen“ und würden deshalb ihre Emotionen unkontrolliert zum Ausdruck bringen, widerspricht jenem Typus „professioneller“ Führung, der sich am etablierten „männlichen“ Managerideal, das mit Emotionskontrolle in Verbindung steht, orientiert. Frauen sind deshalb gut beraten, so ein weiteres Resultat, sog. „Emotionsregulationskompetenz“ zu entwickeln. Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass der bewusste Umgang mit Geschlechterstereotypen für Frauen in Führungspositionen von zentraler Bedeutung ist, da diese Schemata und Aufstieg nur schwer miteinander zu vereinbaren sind. Während z. B. die Identifikation mit dem Stereotyp der „fleißigen Biene“ hinderlich für die Selbstdarstellung ist, verhindert eine Reproduktion des Stereotyps der „Zicke“ Solidaritätshandlungen und damit Networking unter Frauen. Für eine erfolgreiche Karriere sind für Frauen jedoch sowohl der strategische Umgang mit
„Old-Boys-Networks“ als auch der Aufbau von karriereförderlichen Frauennetzwerken unerlässlich. Ganz allgemein lässt sich zusammenfassen: Ein positives Verhältnis zu Macht sowie die Bereitschaft mikropolitisch zu Handeln wirken sich positiv auf den Aufstieg von Frauen in Führungspositionen aus.

Klingt eigentlich ganz interessant, auch die „Emotionsregulationskompetenz“. Hat etwas von „Agreeableness“ und „Sensitivity„.
Interessant auch die Auswahl der vorhandenen Klischees :“Fleissige Biene“ macht wahrscheinlich ihre Arbeit ohne zu murren, erregt keinen Widerstand, stellt sich nicht in den Vordergrund etc. Die Zicke hingegen legt sich mit allen an.
Stellt sich aber die Frage, warum man nicht ein geschlechtsneutrales Verhaltensmuster haben sollte, wie die „Harte, aber gerechte Königin/der König“ oder etwas in dieser Art. Kollidiert dann aber vielleicht eher damit, dass Frauen ihre Beziehungen eher auf Gleichheit als auf Hierarchien aufbauen.

Die ernsten Spiele des Wettbewerbs

„Männer konkurrieren einfach auf eine andere Art und Weise.“ „…weil man halt von einem Mann denkt, dass der das sportlich sieht. Der Bessere siegt“ (Cornils 2011). Die von Jungen und von Männern laut Bourdieu praktizierten „ernsten Spiele des Wettbewerbs“ spiegeln genau das wider: Konkurrenzsituationen werden als Wettbewerb aufgefasst.

Intrasexuelle Konkurrenz um Status musste bei Frauen eher „entwaffnet“ und ritualisiert werden, da es eher mit erheblichen Folgen belastet war, gerade wenn dieser mit Gewalt ausgetragen werden konnte.
Bei Frauen war dies so gesehen auch der Fall, nur das dort das Konkurrenzverhältnis um Status nicht in gleicher Weise existierte, da es für Männer weitaus weniger wichtig in der Partnerwahl war. Männer konnten es sich für Jagd und Konkurrenz mit befeindeten Gruppen nicht erlauben auf körperliche Auseinandersetzung zu verzichten und mussten daher daneben stehende intrasexuelle Wettbewerbe schaffen, die so etwas auf friedlichere Weise simuliert haben. Ein „faires Spiel“ verhindert den Rückfall auf Gewalt. Es wäre insofern nicht erstaunlich, wenn Männer eher entsprechende Regeln aufgestellt haben bzw auf die Akzeptanz dieser und die Deeskalationsstrategien eher selektiert sind.

Versinnbildlicht am Fußballspiel, das von Männlichkeitsforschern bezüglich des Wettbewerbsverhaltens unter Männern fundiert untersucht ist gilt: Auf dem Spielfeld sind sie Konkurrenten und jeder will gewinnen. Ist das Spiel zu Ende, können alle, Gewinner und Verlierer, gemeinsam ein Bier trinken gehen. Bei den ernsten Spielen des Wettbewerbs sind Wettbewerb und Solidarität zwei Seiten einer Medaille. Sie gehören zusammen: Ich will den Job, du auch, wir sind im Wettbewerb. Und: Wenn du den Job bekommst und aufsteigst, dann hol mich nach. Hier spiegelt sich das ebenfalls geschlechtsspezifisch erlernte Verhalten der Verbündung im Netzwerk und das Prinzip „der Ähnliche unterstützt den ihm Ähnlichen“ wider. Das führt im Netzwerk zu Vertrauen unter Vertrauten.  Dem Netzwerk-Solidaritätsprinzip liegt das Motto, „Eine Hand wäscht die andere“, zu Grunde. Dieses Prinzip trägt maßgeblich dazu bei, dass Männer in Führungsetagen als Gruppe gemeinsam aufsteigen.

Das wäre ja erst einmal ein sehr schlaues Prinzip. Es ist interessant, dass es hier als rein geschlechtsspezifisch erlerntes Verhalten dargestellt wird. Und was müsste man Frauen beibringen, damit sie anders vorbringen? Ein gesünderes Verhältnis zu Konkurrenz? Auch im Frauensport dürfte es üblich sein mit der gegnerischen Mannschaft nach dem Spiel freundschaftlich umzugehen oder nicht?
Könnten die Frauen hier etwa „positives männliches Verhalten“ lernen und ihre „toxische Weiblichkeit“ verlernen?

Beziehungsspiele: Freundin oder Feindin

Frauen hingegen beschreiben sich in der Konkurrenz um Jobs gegenseitig als schlechte Verliererinnen: „Die dreht einem danach den Hals um oder redet schlecht über einen. Von klein auf lernen Mädchen Beziehungsspiele, die innerhalb des sozialen Geschlechterlernens zwischen wenigen, im Laufe der Pubertät zwischen zwei Mädchen erfolgen und nicht, wie beim Geschlechterrollenlernen unter Jungs üblicher, innerhalb einer Gruppe. Frauen, die im Kindesalter mit Jungs aufgewachsen sind, mit Legos gespielt haben oder ähnlich, verfügen ebenfalls über diese Sozialisationserfahrungen und fühlen sich in männlich dominierten Berufsfeldern häufig „wohler“ als unter Frauen.

Dass das Spielverhalten einen starken biologischen Anteil hat ist inzwischen durch Studien gut belegt. Das spricht dafür, dass auch korrelierende Verhaltensweisen einen biologischen Anteil haben könnten.
Interessant dazu auch die „prosoziale Dominanz“

Mädchen gehen eher indirekt vor. Sie suchen bei anderen Mädchen Anerkennung, die sie entweder erhalten oder die ihnen verweigert wird. Aggression äußert sich kaum brachial, sondern vor allem als sogenannte Beziehungsaggression, die im Wesentlichen auf soziale Ausgrenzung abzielt. Zwei reden beispielsweise abfällig über eine dritte oder ein Mädchen droht einem anderen Mädchen an, es nicht mehr mitspielen zu lassen oder es nicht zum Geburtstag einzuladen, um so seinen Willen durchzusetzen. Typisch für Mädchen mit Ranganspruch ist ferner, daß sie sich um das seelische Wohlbefinden der anderen kümmern, sie also im Fall von Kummer zu trösten suchen. Dieses Sich-kümmern kann schnell einmal die Form ungefragter Ratschläge annehmen. Die Psychologie spricht hier von “prosozialer Dominanz”, wobei es sich um eine Mischung aus Besorgtheit einerseits und Bevormundung andererseits handelt. Schon kleine Mädchen im Kindergarten erklären anderen gern, was gut für sie ist und was sie machen dürfen und was nicht.

 

Sie wählen außerdem häufiger sog. MINT-Berufe (Mathematik, Ingenieurwesen, Naturwissenschaft, Technik), in denen mehr Männer mehrheitlich vertreten sind.

Das wäre ein weiteres Indiz.

Bei Beziehungsspielen geht es um das Erlernen von Kooperation und Konkurrenz. Es handelt sich bei Kooperation und Konkurrenz nicht um zwei Seiten einer Medaille, sondern um Entweder-oder-Optionen. Entweder sind wir Freundinnen oder Feindinnen (Rivalinnen). Entweder kooperieren oder konkurrieren wir um das bessere Aussehen, den Jungen beziehungsweise Mann, den Job und so weiter.

Das scheint mir etwas düster gemalt, aber vielleicht ist Kooperation und Unterstützung bei entsprechender Gleichheit (aber mit durchaus vorhandenen geheimeren Hierarchien, siehe die Queen Bee Problematik) eher ein weibliches Modell. Frauenfreundschaften mussten vielleicht eher einplanen, dass die andere die Kinder versorgt und beaufsichtigt und da ist ein gewisses Vertrauen und eine gewisse Exklusivität wichtiger, während bei Männern etwa die Verteilung der Jagdbeute durchaus Hierarchien zulässt.

Konkurrenz unter Frauen wird persönlich genommen

Konkurrenzsituationen zwischen Frauen werden auf der persönlichen Beziehungsebene ausgetragen, deshalb werden sie auch persönlich genommen. Frauen haben gelernt sich als Rivalinnen zu begegnen, die erbittert gegeneinander kämpfen. Wenn eine den Job bekommt und die andere nicht, kann es passieren, dass die Verliererin jahrelang nicht mit der anderen spricht. Eng verbunden mit dem Konkurrenzverhalten steht das sog. „Zickenstereotyp“. Die Äußerung „das ist eine Zicke“ oder „die ist zickig“, wird alltagssprachlich recht gebräuchlich und häufig von Frauen untereinander verwendet. Wenn wir uns das Stereotyp einmal genauer betrachten, hat das keinesfalls positive Auswirkungen auf die Beziehung von Frauen untereinander.

Reputationsbeschädigung bzw der Kampf um die soziale Dominianz etc als klassische Mittel weiblicher intrasexueller Konkurrenz.
Andererseits entwickeln sich auch aus männlichen Konkurrenzkämpfen gerne Feindschaften und die Leute nehmen es persönlich. Insofern ist es eben keine binäre Angelegenheit „Männer kämpfen gegeneinander und helfen sich dann trotzdem, Frauen werden erbitterte Feinde“, sondern „Männer zeigen dieses Verhalten häufiger und andere weniger und umgekehrt“.

Das Zickenstereotyp

 „Also ich denke immer noch die größten Konkurrenten sind Frauen untereinander.“, „Das war ein Gezicke vor dem Herrn, wirklich ganz schlimm unter Frauen“, sie „bekriegen sich dann halt untereinander“, soweit, „dass es Zickenkriege gibt“ (Cornils 2011). Diese Aussagen weiblicher Führungskräfte bringen es auf den Punkt: Es sind überwiegend Frauen, die sich gegenseitig als „zickig“ oder „stutenbissig“ bezeichnen. Dahinter verbirgt sich ebenfalls ein Geschlechterstereotyp. Jedoch eines, das vorrangig Mädchen und Frauen im Laufe ihres Lebens erlernen und verinnerlichen.

Auch eine interessante Formulierung. Da klingt es so als wäre es eher ein Gerücht, etwas was über Frauen behauptet wird. Etwas was Frauen über andere Frauen annehmen.
Die interessante Frage wäre ja, ob es stimmt.

Die Zicke gilt als störrisch, launisch, widerspenstig und eigensinnig. Ihr typischer Laut, das Meckern bedeutet im Stereotyp übersetzt, sich beschweren, keifen, nörgeln oder sich gehässig zu äußern. Geraten Frauen in einen „Zickenkrieg“ miteinander, dann heißt das schlichtweg, sie sind streitorientiert, fallen sich gegenseitig in den Rücken und verhalten sich unsolidarisch. Sie sind dann Konkurrentinnen, die sich bekriegen. Manche Stereotype sind so tief verinnerlicht und unbewusst, dass sie wirkungsmächtig werden. Im Verhalten unter Frauen in der Berufswelt spiegelt es sich darin wider, dass Frauen sich häufig allein an die Führungsspitze kämpfen, während Männer in Grüppchen an ihnen vorbeiziehen.

„Manche Stereotype sind so tief verinnerlicht und unbewusst, dass sie wirkungsmächtig werden“ ist auch eine interessante Formulierung. Eben eine rein soziale Begründung, die einfach auf das Narrativ und seine Wirksamkeit abstellt.

Man möchte in Umkehrung der Theorien zur toxischen Männlichkeit sagen: Frauen müssen diese toxische Weiblichkeit überwinden. Und sie sind dafür verantwortlich, dass sich die Gruppe der Frauen ändert. Aber natürlich wird irgendwie das Patriarchat daran schuld sein.

Vom Netzwerk-Solidaritätsprinzips lernen

Häufig wird von Frauen kritisch angemerkt, dass sie nicht Männer in ihrem Verhalten nachahmen wollen. Für sie fühlt es sich nicht authentisch an, wenn sie sich den männlichen Spielregeln anpassen.

Zumindest für einen Teil der Frauen ist es wahrscheinlich schwieriger. Andere werden sich eben in dem Bereich ganz wohl fühlen. Das ist ja bei Männern nicht anders, nur eben mit anderer Prozentzahl.

Mit diesem Beitrag rege ich zu einer anderen Perspektive an: Meines Erachtens gilt es (übrigens auch für Männer)

  • Geschlechtersozialisationsprogramme bewusst zu machen und diese zu verstehen,
  • sie kritisch zu hinterfragen sowie
  • von den positiven Aspekten des jeweils anderen Geschlechterprogramms zu lernen.

Es zeigt sich, dass das Prinzip der Netzwerk-Solidarisierung unter Männern sehr erfolgreich ist. Beim Aufstieg in Führungspositionen gehen männliche Aufstiegskandidaten auf der einen Seite in den Wettbewerb. Auf der anderen unterstützen sie sich beim Aufstieg, indem sie sich solidarisieren und andere Männer nachholen. Die Wahrscheinlichkeit also als Gruppe in den Führungsspitzen anzukommen ist dadurch groß. Es geht mir nicht darum dieses Prinzip per se zu idealisieren. Kritisch ist anzumerken, dass ausschließlich bestimmte Männlichkeitstypen von der, wie Connell es bezeichnet „patriarchalen Dividende“ (2014) profitieren. Die Folge davon ist, dass nur sozialisationsbedingt ähnliche Männer sich unterstützen.

Tatsächlich scheinen Männer auch Frauen stärken zu unterstützen als etwa weibliche Mentoren. Und das Frauen seltener gefördert werden scheint auch schlicht daran zu liegen, dass es weniger Frauen gibt, die nach oben wollen. Die Gefahr, dass einem eine Affaire unterstellt wird mag dazu beitragen.

Der Thomas-Kreislauf – der Ähnliche wählt den Ähnlichen

Die Allbright-Stiftung identifizierte 2017 den sogenannten „Thomas-Kreislauf“ in den DAX-Vorständen. Sie konnten nachweisen, dass in den Vorständen mehr Männer mit den Vornamen Thomas (50 Jahre alt, deutsch, Wirtschaftswissenschaftler oder Ingenieur) und Michael (insgesamt 49) vertreten waren, als weibliche Vorstandsvorsitzende (Anzahl 46) insgesamt! Es ist folglich hinsichtlich sozialer, nachhaltiger, wirtschaftlicher und chancengerechter Aspekte nicht nur gegenüber Frauen, sondern auch gegenüber anderen Männlichkeitsidentitäten, die dem Typus nicht entsprechen, von Nachteil, wenn Thomas den ihm ähnlichen Thomas fördert und wir in den Führungsetagen eine Monokultur männlicher Manager antreffen. Die ZEIT machte mit dem Beitrag „Die Hans-Bremse“ deutlich, dass das männliche Netzwerk-Solidaritätsprinzip nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in den Behörden somit in der Verwaltung in Deutschland vorherrscht. Seit 1949 gab es bis zum Erscheinungsdatum des Beitrags 692 beamtete Staatssekretäre, davon gerade einmal drei Prozent Frauen. Welcher Vorname dominierte? Richtig: Hans.

Diese Vornamengeschichte ist auch ein eher schwaches Argument. Natürlich sind bestimmte in der relevanten Altersgruppe häufige männliche Vornamen bei Führungspositionen eher vorhanden, wenn Männer ihr Leben eher auf Karriere ausrichten und Frauen eher auf eine Vereinbarkeit mit Familie. Eine Kausalität zum männlichen Namen herzustellen bzw damit zum Geschlecht blendet eben gerade diese Faktoren, die mit dem Faktor „Mann“ zusammen hängen aus, wie etwa die Bereitschaft zu mehr Wochenstunden, das höhere Interesse an Statusaufbau etc

Frauen solidarisiert Euch!

Aus diesen „Fehlern“ der Reproduktion von Chancenungleichheit die folgerichtigen Schlüsse ziehend, können Frauen von dem Netzwerk-Solidaritätsprinzip lernen. Sie können sich bewusst machen, wie ihr eigenes Verhältnis zu Konkurrenz ist. Oder wie stark sie mit dem „Zickenstereotyp“ identifiziert sind und es gegebenenfalls im Alltag weitertragen. Und sie können sich fragen, ob sie sich mit Frauen (diversen Alters, sexueller Ausrichtungen, unterschiedlicher Herkunft etc.) gegenseitig unterstützen und solidarisieren wollen. Sie können einander im Wettbewerb begegnen und sich gleichzeitig untereinander fördern und in Netzwerken kooperieren und unterstützen. Gemeinsam in die Führungsetagen aufzusteigen würde bedeuten, dass sie dort nicht nur zahlreicher vertreten wären (was hinsichtlich sozialer, wirtschaftlicher und nachhaltiger Aspekte für uns alle von Vorteil wäre), sondern auch, dass nicht weiterhin eine männliche Monokultur vorherrscht. Deshalb lautet mein Aufruf an alle Frauen da draußen: Solidarisiert Euch und gestaltet den Change zu einer diversen Arbeitswelt, in der wir alle voneinander lernen dürfen, aktiv mit!

Oder: Eignet euch die „männliche Strategie“ unabhängig von dem Geschlecht eures Konkurrenten ab und seht zu, dass ihr auf diesem Weg selbst nach oben kommt statt euch auf andere Frauen zu verlassen.