Ein Bericht von Birgit Kelle im Focus zu einer geplanten Stiftung:
Kurz vor Ende der Legislaturperiode will die SPD noch eine ominöse Bundesstiftung zur Gleichstellung gründen. Davon abgesehen, dass die Sozialdemokraten Gleichberechtigung mit Gleichstellung verwechseln, soll äußerst viel Geld und Personal in das Gender-Projekt fließen. Die Union schaut zu.
Nun soll sie also kommen, die Bundestiftung Gleichstellung, gerade kursiert der Gesetzesentwurf dazu in den Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD, unterzeichnet von den Fraktionsführern Ralph Brinkhaus, Alexander Dobrindt und Rolf Mützenich. Kommende Woche will man es intern diskutieren und dann möglichst schnell verabschieden. Es drängt wie üblich die SPD – so, wie bei allen ähnlichen Gesetzesinitiativen: wie etwa zu Kinderrechten in die Verfassung, Transsexuellen-Gesetz und Mit-Mutterschaft. Diese Themen will man offenbar noch über die Ziellinie retten, bevor sich im Herbst nach der Bundestagswahl die Mehrheitsverhältnisse ändern und die SPD im Nirvana der Opposition verschwinden könnte.
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Doch zurück zur Bundesstiftung Gleichstellung, wir lernen: „Gleichstellung macht Deutschland spürbar besser“. Allein das eine gewagte These. Der Einstieg in die Begründung, warum eine weitere Stiftung mit Steuergeld in Deutschland nötig sei, beginnt zwar mit dem schönen Wort „Gerechtigkeit“ endet aber bereits nach fünf Zeilen und in ständiger Wiederholung dort, wo Frauenpolitik in Deutschland immer endet: bei Gleichstellung. Nun ist das eine nicht das andere, sonst bräuchte es auch nur einen Begriff für beides. Dass die Begriffe inzwischen von den einen achtlos und unbedacht, von jenen, die sie einführen aber ganz gezielt genutzt werden, zeigt die Stoßrichtung der neuen Bundesstiftung recht gut: Weiter so im Quotendenken, im „Gleichstellen“. Statt Chancengerechtigkeit, soll Ergebnisgleichheit hergestellt werden. Gerne auch als „Parität“ getarnt, wunderbar auch unter dem Begriff „Partnerschaftlich“ vorzugsweise durch Mitglieder der SPD verbal verschleiert.
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Unterschiedliche Lebenskonzepte und Vorlieben von Männern und Frauen aufgrund ihres Geschlechtes passen wiederum nicht einmal ansatzweise in feministische Ideologien oder gar in Gender-Dogmatiken und weil politisch nicht sein darf, was nicht sein soll, muss immer weiterhin ein „System“ behauptet werden, um weitere Gleichstellungspolitik zu begründen. Jede Quotenforderung folgt der Behauptung der systemimmanenten „gläsernen Decke“ des patriarchalen Systems. Das Grundgesetz fordert also Gerechtigkeit, die Gleichstellungspolitik eine selbst definierte Utopie.
Und das böse System findet sich dann auch in der Begründung offiziell wieder „strukturelle Benachteiligung“ aber auch „Geschlechterstereotype“ werden als „Hindernisse für gleiche Verwirklichungschancen“ genannt. Was genau meint die Bundesregierung hier mit „Geschlechterstereotype“? Wer etwas bekämpfen will, sollte sagen, was er dafür hält. Was dem einen ein Geschlechterstereotyp, ist dem anderen eine durchschnittliche traditionelle Familie.
In der weiteren Begründung heißt es, „gleichstellungspolitische Aspekte und Genderfragen“ müssten berücksichtigt werden. Ja, ich hätte da durchaus auch ein paar „Genderfragen“. Was genau sind denn jene, die man zu berücksichtigen gedenkt, und welche nicht. Auch hier werden ideologisch durchaus nicht unbelastete Sammelbegriffe gestreut, die dann im Anschluss alles und nichts bedeuten können. Da nun die Gendertheorie explizit von einer „Vielfalt der Geschlechter“ ausgeht, der Gesetzesentwurf aber durchweg und erfreulicherweise nur von Männern und Frauen spricht, sich also im binären Geschlechtersystem bewegt, drängt sich einmal mehr die Frage auf: Inwiefern soll die Genderperspektive nun einfließen oder nicht?
Explizit heißt es zudem, man leiste mit dieser Stiftung „auch einen wichtigen Beitrag zur nationalen Umsetzung der Ziele der Pekinger Aktionsplattform, die zusammen mit der Pekinger Erklärung von den Mitgliedstaaten bei der vierten Weltfrauenkonferenz von Peking im Jahr 1995 verabschiedet wurden“. Es handelt sich dabei nicht um irgendeine, sondern um genau jene UN-Weltfrauenkonferenz, wo Gender Mainstreaming als Handlungsmaxime unter großem Widerstand erstmalig als feministische Forderung verabschiedet wurde. Bindend war sie für die Nationalstaaten noch nie, steht die deutsche Geschlechterpolitik ja nicht unter der Regierungsgewalt internationaler Frauen-Lobby-Gruppen, aber es lässt aufhorchen, in welcher Tradition man sich hier offensichtlich wähnt.
In dem Papier wird bereits angekündigt, dass diese Stiftung perspektivisch „die Geschäftsstelle für die Gleichstellungsberichte und die Gleichstellungsstrategie der Bundesregierung betreiben“ könne. Diese Planung irritiert in ihrer strukturellen Dimension: Hier wird eine Stiftung installiert, die die Erstellung einer Strategie zur Geschlechterpolitik aus der Regierung und dem zuständigen Ministerium, also aus der direkten parlamentarischen Verantwortung freiwillig an eine außerparlamentarische Stiftung vergibt, wo man sich als Parlament nur noch mit abgezählten Aufsichtsratsposten zu Wort melden kann, anschließend soll diese Strategie aber als Regierungsprogramm umgesetzt werden. Mit welcher demokratischen Legitimation? Wieso verzichten Parlament und Regierung hier auf ihre Richtlinienkompetenz zugunsten einer Handvoll Wissenschaftler und Lobbygruppen?
Entsprechend findet sich im Gesetzesentwurf nun die Zielrichtung: Es fehle an Struktur, um gerechte Partizipation zu ermöglichen, die Kapazitäten könnten erhöht werden, um effektiver die Beseitigung bestehender Nachteile zu beseitigen. Ziel dieses Gesetzes zur Installation einer neuen Gleichstellungsstiftung sei also, eine „Einrichtung zu schaffen, die die Gleichstellung von Frauen und Männern voranbringt und beschleunigt“ durch Bereitstellung von mehr Informationen, Stärkung der Praxis und Entwicklung neuer Ideen für die Gleichstellung. „Fachwissen“ könne breiter, umfassender und nachhaltiger genutzt werden, die Stiftung soll die Struktur bilden, um dies Wissen besser in die Politik zu transferieren und diese Prozesse dann auch zu begleiten.
Das Ganze wird den Steuerzahler laut Budgetprognose in diesem Jahr noch 3 Millionen Euro kosten und dann in allen Folgejahren weitere 5 Millionen. Ende nicht in Sicht, es besteht eher zu befürchten, dass eine einmal installierte Stiftung eher die Ausweitung des Budgets fordern wird, als jemals zuzugeben, dass Gleichstellung erreicht sei, um die eigene Auflösung bekanntzugeben. Man plant laut Gesetzesentwurf zum Start mit 33 Personalstellen (Direktorin und Direktor, Leitung der Referate, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Sachbearbeitung und Assistenz)..
Ein Stiftungsrat aus der jeweiligen Familienministerin und 10 Mitgliedern des Bundestages soll die Arbeit überwachen. Spannend ist, dass diese zehn aus der Mitte des Parlamentes gewählt werden sollen, werden sie aus welchen Gründen auch immer nicht gewählt, ist der Stiftungsrat dennoch arbeitsfähig. Damit können unliebsame Mitglieder der Opposition mit Leichtigkeit durch „Nichtwahl“ ausgeschlossen bleiben.
Es soll also eine neue Stiftung werden, die mit Steuergeldern Fachwissen und Expertentum aus dem vorparlamentarischen Raum in die Politik bringen soll. Da ist von Innovationswettbewerben die Rede, von Dialogformen, Publikationen, Initiativen, Kompetenzsammlungen. Umso spannender ist die Frage: Welche Experten werden das sein, wer wählt sie aus, oder stehen sie gar schon fest?
Immerhin heißt es unter §3,6 Stiftungszweck: „Unterstützung gleichstellungspolitischer Initiativen, insbesondere, indem die Stiftung als Vernetzungsplattform der Zivilgesellschaft im Sinne eines offenen Hauses für Gleichstellung fungiert.“ Vier auserwählte Lobbygruppen werden jeweils einen Mann, wahrscheinlich eher eine Frau in den Stiftungsbeirat senden dürfen. (Paragraf 9, (2), Nr.3)
Man darf wohl davon ausgehen, dass jene Vereine, die bereits in die Vorbereitung der Stiftungspläne eingebunden waren und bereits seit Juli 2020 auf allen Kanälen die Einführung dieser Stiftung forderten, mit von der Partie sein werden und darauf hoffen können, auch weiterhin vom staatlichen Geldsegen aber auch von der Einbindung in die Regierungsarbeit profitieren zu können. Das Zauberwort heißt schließlich immer „Vernetzung“ und so sollen auch im Stiftungsbeirat weiteren Vertretern der Gleichstellungspolitik aus Bund und Ländern, Wissenschaftlern und vier Verbandsvertreter dauerhaft ein Sitz gesichert werden, letztere vier schlägt das Familienministerium vor
Die Frage, wer wohl zum Zuge kommen wird, beantwortet sich möglicherweise sehr einfach und aufschlussreich durch eine Kleine Anfrage der FDP (Drucksache 19/18451), die im Parlament Antwort begehrte, wer denn genau im Haushaltsjahr 2020 bereits zur Vorbereitung der Bundesstiftung Gleichstellung eingebunden worden ist, immerhin hatte das im Bundeshaushalt einen Posten von 655.000 Euro beansprucht. Zum 31. März 2021 erteilte die Bundesregierung, genauer das Familienministerium seine Auskunft wie folgt:
Den Löwenanteil von 431.000 Euro erhielt der Verein „Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik e. V. (ISS)“, ein von der Arbeiterwohlfahrt (AWO) gegründeter Verein, der sowieso bereits vom Familienministerium finanziell gefördert wird für seine „Fachliche Unterstützung und strategische Beratung beim Aufsetzen einer Gleichstellungsstrategie mit dem Ziel der Errichtung einer/eines „Bundesstiftung/Instituts Gleichstellung“. Verantwortlich ist dort Benjamin Landes, Mitglied der SPD Hessen, damit bleibt alles in der SPD-Familie.
Ganze 102.000 Euro erhielt der Verein „Frauen aufs Podium e. V.“ zur Förderung des Projekts „Untersuchung und Erarbeitung eines deutschlandweiten Grundkonsenses zur erfolgreichen Implementierung gesellschaftlicher Gleichstellung“. Spannend ist die Frauendefinition dieses Verbandes, der die Vermutung leider bestätigt, dass hier Gender-Dogmatik über die Hintertüre implementiert werden soll. Zitat von der Homepage des Vereins: „Mit Frauen* sind alle Personen gemeint, die sich weiblich positionieren. Frauen* können unterschiedliche Körper haben und z. B. trans, cis oder inter sein. Nicht-binäre und nicht heterosexuelle Geschlechtdidentitäten und Begehrensformen sind dabei explizit eingeschlossen.“
Mitbegründet hat den Verein die Politologin Bettina Praetorius, engagierte Streiterin für das Brandenburger Parité-Gesetz, man findet die Erfolgsmeldungen immer noch auf der Homepage des Vereins, auch wenn das Verfassungsgericht im Sommer 202 genau dies Gesetz als verfassungswidrig gekippt hat. Man darf aber davon ausgehen, dass dieser Verband ein starker Verfechter von Frauenquoten ist.
ISS und die Frauen vom Podium hatten beide bereits 2019 weitere Zuwendungen bekommen zu vorbereitenden Tätigkeiten, wobei keine Summen genannt sind. Klar ist: Man kennt sich schon länger.
Weitere 24.000 Euro erhielt die „Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros und Gleichstellungsstellen/Vereins zur Förderung der Frauenpolitik in Deutschland e. V.“ zur Aufstockung des Projekts „Erfolgreiche Gleichstellungspolitik auf kommunaler Ebene: Qualität – Image – Strukturen“ zur Untersuchung eines möglichen Aufgabenfeldes des Bundesinstitutes.
Die begleitende Öffentlichkeitsarbeit, um die Idee einer nationalen Gleichstellungsstrategie in der Bevölkerung voranzutreiben, hat man mit weiteren 86.000 Euro gefördert und das nicht etwa mit Leuten aus der eigenen Pressestelle des Familienministeriums, sondern durch Vergabe an nicht näher benannte „Rahmenvertragsagenturen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zur begleitenden Öffentlichkeitsarbeit für die ressortübergreifende Gleichstellungsstrategie“. Was macht man in den Ministerien überhaupt noch selbst?
Irgendjemand ohne Namen hat dann noch einen „Werkvertrag für unterstützende Arbeiten bei der Ressortübergreifenden Gleichstellungsstrategie“ in Höhe von 5.000 Euro erhalten und 7.000 Euro erhielt ein Projekt von Frau Prof. Dr. Gabriele Diewald, Expertin für geschlechtergerechte Sprache an der Universität Hannover und Mitverfasserin des Buches „Richtig gendern“ im Duden Verlag und die Lex Lingua GmbH für ein gemeinsames Projekt zur praxisnahen Anwendung geschlechtergerechter Sprache. Die Lex Lingua GmbH ist insofern zusätzlich interessant, als sie erst im Sommer 2021 gegründet wurde und nach eigener Auskunft im Bundesjustizministerium von Christiane Lambrecht einen „Redaktionsstab Rechtssprache“ unterhält, um Gesetze zu prüfen. Es schleicht sich die Ahnung ein, dass die Schaffung dieses Redaktionsstabes im Justizministerium nicht ganz unschuldig sein könnte, an dem Gesetzesentwurf zum Insolvenzrecht aus dem Oktober 2020, den die Justizministerin in rein weiblicher Sprache vorlegte und der zu Recht sofort in den Müll wanderte.
Was hier also faktisch in Form einer Stiftung getan wird, ist die Installation einer Vorfeldplattform, um ideologische und auch einseitig definierte gleichstellungspolitische Ambitionen mit staatlichem Geld und Segen auszustatten und auf Jahre abzusichern. Dass diese Geschlechterpolitik eine klare linke Schlagseite hat und genderpolitische Ziele verfolgt ist klar erkennbar, man arbeitet mit Organisationen zusammen, die sehr klar die Zielrichtung bisheriger SPD-Politik bestätigen, Quotendenken befürwortet und sich in einer Tradition mit der UN-Gender-Resolution betrachten.
Die Frage, die unbeantwortet bleibt: Wieso sehen CDU und CSU eigentlich mit großer Gelassenheit zu und unterstützen dies Vorhaben gar, das ihnen auf viele Jahre eine steuerfinanzierte vorparlamentarische Opposition in Fragen der Geschlechterpolitik bescheren wird? Und es bleiben nur zwei Optionen offen: Entweder sie teilen die frauen- und geschlechterpolitischen Ansichten der SPD inzwischen ohne Abstriche und geben jeden eigenen familienpolitischen und frauenpolitischen Gestaltungsanspruch im Sinne ihres zumindest schriftlich in einer Schublade abgelegten Parteiprogramms ab, oder es ist ihnen schlicht egal. Hauptsache sie stellen die „Bundeskanzler*in“.
Eine Stiftung, die allerlei Genderblödsinn erstellen wird und vermutlich zu verschiedensten Punkten als „Experte“ oder „neutrale Stelle“ auftreten wird und natürlich entsprechende Personen mit Geld versorgt. Das lässt nichts Gutes ahnen.
Berechtigt die Frage, warum bürgerliche Parteien das mitmachen. Sie haben dort nichts zu gewinnen und ziehen sich in der Tat eher Widerstand groß. Aber natürlich auch riskant öffentlich einer Stiftung für Frauengleichstellung zu widersprechen. Die effektivste Strategie, wenn man es verhindern will, wäre wohl es zu sabotieren und den Vorgang in die Länge zu ziehen. Wobei man befürchten kann, dass die nächste Regierung nicht besser wird.