Audis Mitarbeiter, die Audianer_innen, sollen zukünftig gendern

Ein Bericht in der Augsburger Zeitung führt an, dass Audi nunmehr wohl innerhalb des Konzerns gendern möchte und dies auch seinen Mitarbeitern nahe legt:

Jahrhunderte lang sollten sich Frauen im generischen Maskulinum, also bei verallgemeinernden männlichen Personen- und Berufsbezeichnungen, „mitgemeint“ fühlen. Dabei machen sie mehr als die Hälfte der gesamten Bevölkerung in Deutschland aus. Hinzukommen all jene Menschen, die sich keinem binären Geschlecht – sprich Mann oder Frau – zuordnen wollen oder können. Laut der Deutschen Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität (dgti) sind das bundesweit 100.000 bis 120.000 Personen. Auch die sollten sich im generischen Maskulinum alle „mitgemeint“ fühlen. Seit einiger Zeit wird das generische Maskulinum jedoch zunehmend infrage gestellt. Und auch immer mehr Unternehmen in Deutschland wollen in ihrer Kommunikation alle Menschen und ihre geschlechtliche Identität gleichermaßen berücksichtigen. Zum 1. März hat nun der Ingolstädter Automobilhersteller Audi begonnen, zu gendern.

Man merkt, die Schreiberin des Artikels ist ein Freund des Genderns. Allerdings ist es gegenwärtig eher immer noch eine Kunstsprache, die für die meisten im täglichen Gebrauch viel zu umständlich ist. Das wird denke ich eine Verbreitung über enge Kreise hinaus sehr schwierig machen. Ich bezweifele, dass der typische Bandarbeiter bei Audi seine Sprache großartig umstellen will oder darin, ob männlich, weiblich oder divers, einen großen Vorteil sieht. 

Wie Denise Mathieu, Leiterin Diversity Management, und Antonia Wadé aus der Projektgruppe „Gendersensible Sprache“ berichten, haben sie ein Jahr lang intensiv an der Planung und Umsetzung der Richtlinien gearbeitet, die Audi ihren Beschäftigten ab sofort für die interne und externe Kommunikation an die Hand gibt. In dem dreizehnseitigen Dokument, das den Titel „Vorsprung beginnt im Kopf“ trägt, werden mehrere Möglichkeiten aufgezeigt.

Es ist die Frage, ob es eine kluge Idee von einem Unternehmen ist, sich eine Diversity Managment Abteilung zu geben und die dann auch noch mit Anhängern solcher Theorien zu besetzen. Denn dann kommen solche Vorschläge nach „einem Jahr intensiver Arbeit“ dabei heraus, die dann im Raum stehen und eine Entscheidung verlangen.

Was an dreizehn Seiten zu gendergerechter Sprache ein Jahr dauert wäre eine andere Frage. Ich vermute mal es wird die zu erwartenden Ausführungen enthalten, also etwa eine Einleitung wie dieser Artikel nur etwas länger, ein Überblick über die Möglichkeiten und einen Vorschlag zur Umsetzung. 

So können sowohl Begriffe verwendet werden, die das Geschlecht unsichtbar machen, wie neutrale Bezeichnungen, Partizipformen oder Passivkonstruktionen, als auch eine Variante, die alle Geschlechter bewusst sichtbar macht.

Immer ein gutes Mittel: Zeigt man den Leuten welche fürchterlichen Formen des Gendern es gibt, dann erscheint der „Gender Gap“-Unterstrich plötzlich als eine interessante Wahl. Ich vermute mal hätte man alle Formen bei der Belegschaft zusammen mit „Wir lassen alles wie es ist“ zu einer anonymen und geheimen Wahl gebracht, dann wäre das Ergebnis gegen das Gendern erfolgt. Aber hier hat man es mit der Darstellung, dass Audi etwas machen muss in den verschiedenen Möglichkeiten zur Wahl gestellt und anscheinend hat dann der Unterstrich gewonnen. 

Hier hat sich Audi für den sogenannten „Gender Gap“ entschieden, den Unterstrich. Beispiel: Audianer_innen. „Der Gender Gap schafft Raum für alle nicht-binären Geschlechtsidentitäten“, erklärt Wadé. Außerdem sei er noch nicht belegt wie das Gendersternchen, das vor allem bei IT-Anwendungen zu Problemen führen könne.

Ich bin mal gespannt, wann die ersten Werbungen mit Unterstrich kommen, denn bei Werbungen geht es ja tatsächlich um etwas. Gut, „Vorsprung durch Technik“ muss man nicht gendern und auch sonst kann man sich wahrscheinlich drum drücken. 

„Audiander_innen“ klingt jedenfalls schrecklich. 

 

Audi beginnt aus Gründen der Wertschätzung, Offenheit und Integrität zu gendern

Der Anstoß zur Verwendung geschlechterneutraler Sprache kam nicht nur aus der Diversity-Abteilung, die für Vielfalt im Unternehmen verantwortlich ist, sondern ebenso aus anderen Bereichen der Belegschaft, sagt Mathieu. So hätten sich die Beschäftigten eine Anleitung gewünscht, wie sie ihre Arbeit, zum Beispiel im Vertrieb, diskriminierungsfrei erledigen können. Mit dem Leitfaden wolle man nun für eine Einheitlichkeit in der Kommunikation sorgen. Sabine Maßen, Vorständin für Personal und Organisation bei Audi, betont: „Wertschätzung, Offenheit, Verantwortung und Integrität sind die Basis unserer Unternehmenskultur.

Es würde mich interessieren, da mehr darüber zu erfahren inwiefern die Belegschaft da tatsächlich den Wunsch hatte zu gendern oder ob sie den Auftrag hatten ihre Arbeit diskriminierungsfrei zu machen und dafür notgedrungen Anweisungen wollten. 

Dies machen wir auch in unserer Sprache deutlich.“ Gendersensibel zu kommunizieren sei eine Frage des Respekts und Ausdruck einer Haltung gegen Diskriminierung und für Vielfalt. Der Mutterkonzern Volkswagen nutzt übrigens – zumindest in der Kommunikation nach außen – noch keine genderneutrale Sprache. Eine Sprecherin teilte hierzu auf Nachfrage mit, dass man derzeit prüfe, „wie sich diversitysensible Sprache nachhaltig umsetzen lässt“. Man wolle eine Lösung erarbeiten, die auf breite Akzeptanz stößt.

Bei Volkswagen schiebt man das Thema also noch etwas raus und nutzt vielleicht auch Audi mal als Versuchsballon. 

Bei der Entwicklung des Leitfadens arbeitete der Ingolstädter Automobilhersteller mit der Organisation Prout at Work zusammen, eine Stiftung, die LGBT*IQ-Themen am Arbeitsplatz sichtbar machen will, das heißt, Anliegen von Menschen, die sich nicht mit der heterosexuellen Norm und deren Geschlechterrollen identifizieren. Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Dalia aus dem Jahr 2016 beträgt der LGBT-Anteil in Deutschland 7,4 Prozent – der höchste in der Europäischen Union.

Deutschland hat den höchsten LGBT-Anteil in der EU? Wobei da ja auch immer die Definition relevant ist. Dennoch wäre das interessant. 

Audi beginnt zu gendern: „Sprache prägt unser Denken.“

Für Jo Labecka, zuständig für Unternehmenspartnerschaften bei Prout at Work, ist genderinklusive Sprache eine Herzensangelegenheit. Jo gehört selbst zur Queer-Community, will keinem bestimmten Pronomen zugeordnet und am liebsten beim Vornamen genannt werden. Jo ist 34 Jahre alt, kommt ursprünglich aus Polen und hat bereits einige schlechte Erfahrungen hinter sich.

Jo klingt für mich sehr anstrengend. Ich hoffe, dass ich beruflich davon verschont werde alles zu gendern. Und das ich wenig mit Leuten zu tun habe, die besondere Sprachregelungen wünschen. 

„Ich habe mich anfangs in der Arbeitswelt versteckt. Das hat mich viel Kraft gekostet. Ich will nicht, dass andere das Gleiche durchmachen müssen wie ich und ihr Potenzial nicht frei entfalten können.“ Umso wichtiger ist es Jo, dass Unternehmen veraltete Rollenbilder überwinden. Sprache sei hierbei von besonderer Bedeutung. „Sprache prägt unser Denken. Erst wenn wir etwas lesen, hören und sprechen, wird es Wirklichkeit“, findet Jo.

Man wird sehen, ob das wirklich etwas ändert. Die meisten Leute werden schlicht wenig Kontakt zu Diversen haben und es als unbequem empfinden. Ob sie positiv darauf reagieren, wenn Leute auf diese Art zu sprechen, die ja sonst keinerlei Vorteile bringt, besteht oder ob sie nicht eher den Leuten zumindest unterbewußt vorwerfen, dass sie ihr Leben kompliziert machen wird abzuwarten sein. 

Eine weitere große deutsche Firma, die gendersensible Sprache nutzt, ist das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim. Bereits 2015 hat die Firma Empfehlungen zu „wertschätzender Kommunikation“ herausgegeben und war nach eigener Aussage damit eines der ersten Unternehmen in Deutschland. Die Firma empfiehlt das Gendersternchen, vorgeschrieben ist es aber nicht. Man will innerhalb des Unternehmens vor allem ein Bewusstsein für Vielfalt schaffen und zu Debatten anregen, sagt ein Sprecher von Boehringer Ingelheim.

Interessant wäre wie die Umsetzungsrate ist oder ob man es im wesentlichen ignoriert. 

 

Obgleich die Diskussionen komplizierter würden, seien die Erfahrungen insgesamt positiv. Diversität zu leben, sei allerdings ein „Marathon“. Das weltweit agierende Pharmaunternehmen erhofft sich durch eine offene Firmenkultur und Inklusion auch einen Wettbewerbsvorteil. „Wenn Teams zu homogen sind, denken alle gleich. Das bremst“, ist sich der Sprecher sicher.

Umfrage der Jobplattform Stepstone: 78 Prozent arbeiten lieber in einem diversen Umfeld

Dass sich Menschen lieber bei Unternehmen bewerben, die für Vielfalt stehen, bestätigt eine repräsentative Studie der Online-Jobplattform StepStone aus dem vergangenen Jahr. 11.000 Menschen wurden befragt, 78 Prozent gaben an, dass sie lieber in einem diversen Umfeld arbeiten. 70 Prozent meinten, dass Faktoren wie mehr Frauen in Führungspositionen einen positiven Einfluss auf wirtschaftlichen Erfolg haben. Eine länderübergreifende StepStone-Studie mit 15.000 Befragten kam zu dem Ergebnis, dass Deutschland im Vergleich zu den beiden anderen größten Volkswirtschaften Europas, England und Frankreich, in Sachen Diversität und Chancengleichheit noch weit hinterherhinkt.

Gendern als Wettbewerbsvorteil? Ich vermute eine umgekehrte Kausalität: Nur sehr große Unternehmen, denen es gut geht, können so etwas umsetzen. Und die sind eben bei Arbeitnehmern aufgrund hoher Löhne etc beliebt. 
Auch interessant: Wir haben anscheinend gleichzeitig die meisten LBTG*IQ Anteil in Europa aber auch die meiste Unterdrückung. Wie das zusammenpasst wäre interessant. 

(…)

Dass niemand den Unternehmen und Mitarbeitenden bindende Vorschriften bei gendersensibler Sprache macht, sieht Jo Labecka realistisch. „Es wäre schön, wenn das in der Praxis stärker eingefordert würde, aber das ist fast unmöglich.“ Würde man die Menschen dazu zwingen, wäre dies wohl eher kontraproduktiv.

„Die Leute würden sich dagegen wehren – und das ist das Letzte, was wir wollen.“ Petra Weitzel von der dgti wird in ihrer Forderung deutlicher: „Bei den meisten Unternehmen endet das Thema ‘divers’ in der Stellenausschreibung. Bei formellen Dokumenten und in der gesamten Kommunikation nach innen und außen muss gendersensible Sprache berücksichtigt werden.“ Sprache sei ein mächtiges Instrument. „Entweder sie symbolisiert weiter das Patriarchat oder sie hilft, es aufzubrechen.“

„Wer nicht gendert, der symbolisiert das Patriarchat“. Naja. aber immerhin verstehen sie, dass zu viel Druck eher Widerstand hervorruft.