Rubin Ritter: „Gebe Vorstandsposten auf und werde mich um die Familie kümmern, meine Frau und ich sind uns einig, dass ihr Beruf nunmehr Priorität haben soll“

Der Co-Chef von Zalando Rubin Ritter teilt mit, dass er sich aus dem aktiven Geschäft zurückzieht. Begründung ist, dass er mit seiner Frau vereinbart hat, dass er sich um die Familie kümmert und ihre Karriere nunmehr Priorität hat.

Aus einem Bericht:

Mit Blick auf die Karriere seiner Ehefrau hängt der Co-Chef des Online-Modehändlers Zalando, Rubin Ritter, seinen Vorstandsposten an den Nagel. „Nach mehr als elf einmaligen Jahren, in denen Zalando für mich Priorität hatte, möchte ich meinem Leben eine neue Richtung geben“, teilte Ritter überraschend am Sonntagabend mit.

Bis zur Hauptversammlung im kommenden Jahr, deren Zeitpunkt noch nicht feststeht, will Ritter neben den beiden Firmengründern Robert Gentz und David Schneider weiter Europas Branchenprimus leiten. Danach wolle er sich mehr seiner wachsenden Familie widmen, sagte der 1982 geborene Ritter: „Meine Frau und ich sind uns einig, dass in den kommenden Jahren ihr Beruf Priorität haben soll.“

(…)

Die Aufsichtsratsvorsitzende Cristina Stenbeck teilte mit, der Aufsichtsrat werde gemeinsam mit Ritter an der vorzeitigen Aufhebung seines bis November 2023 laufenden Vertrages arbeiten. Stenbeck sagte: „Der Aufsichtsrat bedauert Rubins Entscheidung, aber wir haben für seine persönlichen Motive höchsten Respekt.“

Als Mit-CEO eines großen Konzern dürfte er einiges an Geld verdient haben und wenn er nunmehr keine Lust mehr darauf hat und sich lieber der Familie widmen will, dann ist das natürlich sein gutes Recht. 

Erstaunlicherweise habe ich noch nichts dazu gelesen wie hart er es nun mehr haben wird, wo er die ganze kostenlose Care-Arbeit übernimmt. Er begibt sich ja quasi in eine Form der Unterdrückung und eines ungeheureren Drucks, sich um alles Sorgen zu müssen, von dem Waschen der Wäsche bis zum Umstand ob genug Essen vorhanden ist. Wird er diese Verantwortung und diese Mental Load, verwöhnt von seinen Privilegien im Vorstand eines Unternehmens, schultern können?

Auf t-online wird das ganze noch einmal feministisch bewertet:

Der Co-Chef des Zalando-Konzerns, Rubin Ritter, verlässt das Unternehmen – zugunsten der Karriere seiner Frau. Die Entscheidung trotzt vielen Respekt ab. Doch sie offenbart einmal mehr eine riesige Ungerechtigkeit. 

„Meine Frau und ich sind uns einig, dass in den kommenden Jahren ihr Beruf Priorität haben soll“: Mit diesen Worten verabschiedet sich Rubin Ritter, Co-Chef des Onlinemode- und Schuhhändlers Zalando zur Hauptversammlung 2021 von der Spitze des Konzerns. Die Ankündigung kam für viele überraschend – und Ritter wird nun als Held gefeiert, der für seine Frau einen Rückzieher macht. Der seine Karriere hintanstellt.

Man muss kein Genie sein, um zu erkennen, dass Ritter kein Held ist. An sich sollte es selbstverständlich sein, dass auch ein Mann zugunsten seiner Frau seine Karriere zurückstellt. Und nicht immer nur andersherum.

Natürlich ist Ritter in dieser Sicht kein Held. Er kann es gar nicht sein, denn im Feminismus gibt es „keine Kekse für Selbstverständlichkeiten“. Ein Mann HAT seine Karriere zurückzustellen und seiner Frau Raum zu geben. Alles andere ist nur das genießen seiner Privilegien und nicht gut. 

In einer perfekten Welt würde es deshalb nicht mehr Ritters geben. Nein. In einer perfekten Welt gäbe es für Frauen und Männer die gleichen Aufstiegschancen. Die gleichen Möglichkeiten, einen Job auszuüben. Und auch die gleichen Löhne bei gleicher Arbeit.

Und alles, was nicht perfekt ist, ist schlecht und man darf es abwerten! Es ist schon amüsant, dass es dabei um die Leitung eines Geschäfts für im wesentlichen Frauenkleidung geht. Wie hätten Frauen so etwas gründen können? 

Das die Möglichkeiten, einen Job auszuüben, durchaus auch für Frauen besteht und das vielen einfach andere Jobs attraktiv erscheinen als typische Männerjobs und das es im wesentlichen gleichen Lohn für gleiche Arbeit gibt hatten wir hier ja schon sehr häufig besprochen. 

Doch in solch einer Welt leben wir nun einmal nicht. Die Realität sieht anders aus:

Die unbereinigte Gender Pay Gap, also die Lohnlücke, die etwa Kindererziehungszeiten und Unterbrechungen der Erwerbstätigkeit mit einbezieht, liegt bei stolzen 20 Prozent. 20 Prozent, die Frauen weniger als Männer verdienen. Und selbst die um die zuvor genannten Faktoren bereinigte Lohnlücke ist gigantisch: Sie liegt bei sechs Prozent – wohlgemerkt bei gleicher Ausbildung und Berufserfahrung.

Tatsächlich kann man auch auf 2% bereinigen und das, was als unbereinigter Gender Pay Gap bleibt ist kein Nachweis für eine Diskriminierung, dass wäre ein Argument mit Nichtwissen. Es ist schlicht ein noch nicht aufgeklärter Unterschied. 

Und die Statistik der Führungskräfte ist mehr als traurig: 2019 gab es in den 100 größten deutschen Unternehmen gerade einmal 11,6 Prozent Frauen in Vorständen.

Viele Vorstände sind Machos

Die Gründe dafür scheinen vielfältig: Frauen haben oft deutlich längere Elternzeiten oder sehen sich gezwungen, in Teilzeit zu arbeiten. Bei Beförderungen haben sie deshalb oft das Nachsehen. Das mag unternehmerische Gründe haben, wohl auch systemische. Doch es hat oftmals mit einem zu tun: der Machohaftigkeit vieler Unternehmensvorstände.

Sie sind gezwungen in Teilzeit zu arbeiten. So so. 

Genug Studien kommen immer wieder zu den Ergebnis, dass Frauen eine andere Work-Life Balance wollen als Männer, die oft mit einer Führungsposition nicht zu vereinbaren ist. Aber natürlich werden Frauen gezwungen.

Damit, dass Ritter hier gezwungen wird, Kinder zu betreuen, durch seine Frau, würde er wohl niemals kommen. Bei Frauen unterstellt es der Autor erst einmal

Ein Mann beruft einen Mann, weil er ihm ähnlicher ist. Männer schreiben Männern eher Führungsqualitäten zu. Und viele Männer glauben nicht daran, dass eine Frau ebenso gut – wenn nicht gar deutlich besser – wirtschaften könnte.

Vor allem sehen sie, dass in den Bereichen kaum Frauen verfügbar sind. 

Zalando sollte Frau in Vorstand berufen

Dass Ritter nun kürzer tritt, trotzt vielen Respekt ab. Eigentlich sollte es das aber gar nicht. Es sollte völlig normal sein.

Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Ein Weg, auf dem nicht nur mehr Männer ihr Machotum zurückstellen und Frauen echte Aufstiegschancen einräumen, sondern auf dem auch mehr Männer von Anfang an am Gemeinschaftsprojekt Familie mitarbeiten sollten.

Einen ersten Schritt hat Ritter getan. Nun sollte Zalando den zweiten Schritt gehen – und für Ritter eine Frau in den Männervorstand berufen. Erst dann wird – pardon – ein Schuh draus.

Es ist erstaunlich, dass man bei so etwas überaus feministischen gewollten wie einem Mann, der sagt, dass er nunmehr die Karriere seiner Frau fördert und die Kinder versorgt dem Mann nicht zugestehen darf, dass er da etwas im feministischen Sinne Gutes tut und das er harte Carearbeit vor sich hat. 

Nein, es muss sofort abgewertet werden.

Und klar muss nunmehr eine Frau her. Was auch sonst. 

Interessant finde ich hingegen, dass über seine Frau und ihre evtl Karriere kaum etwas zu finden war. Noch nicht einmal ihr Name. Weiß da jemand mehr?

 

Update:

Das hier habe ich noch zu seiner Frau gefunden:

„My wife and I have agreed that for the coming years, her professional ambitions should take priority,“ Mr Ritter said in a statement.

„I want to devote more time to my growing family. After more than 11 amazing years where Zalando has been my priority, I feel that it is time to give my life a new direction.“

The company declined to name Mr Ritter’s wife or her occupation. But it said the couple had one child and were expecting another in early 2021.

Mr Ritter, 38, earned €6.8m in 2019 and €20.2m in 2018, making him one of Germany’s highest paid executives.

Sie ist also gerade hochgradig schwanger. Wäre interessant, wenn sie sich nach der Geburt direkt in die Karriere stürzt. Klar, vielleicht nehmen sich beide auch ein Jahr Familienzeit. Aber schon erstaunlich, dass man nichts über sie weiß. Es würde natürlich gleichzeitig einen erheblichen Druck auf sie ausüben, dann auch wirklich Karriere zu machen. 

Auch den nächsten Absatz finde ich interessant

Mr Ritter has been spearheading efforts to improve equality at Zalando, which sells fashion and beauty products in 17 countries.

Currently no women sit on its management board and its gender pay gap is 22% in favour of men, slightly wider than the national average in Germany.

However, in November Mr Ritter said the retailer was progressing towards its goal of achieving balanced representation in its top tiers of management by 2023.

„While transformation takes time, and we are still at the beginning of our journey, our progress indicates that we are moving in the right direction,“ Mr Ritter said.

The executive has been in charge of strategy and communications on the three-way management team, but he was also finance chief until last year.

Wäre natürlich interessant, wenn er damit den Weg für eine Frau freimacht und insofern tatsächlich ein echtes Opfer nennt, dass aber runterspielt, weil es eben keine Kekse für richtiges Verhalten ist. Die andere Option die mir – man wird zynisch – einfällt ist, dass allen anderen seine Gleichstellungsbemühungen auf die Nerven gingen und man sich deswegen von ihm getrennt hat. 

Etwas anderes ist auch interessant: Der erfolgreichste Shop für Schuhe, Mode und Kosmetik mit einem GPG von 22% (unbereinigt). Wie konnte er damit so hoch aufsteigen? Männliche Manager sind ja bekanntlich gar nicht in der Lage die Bedürfnisse der Frauen zu kennen und ihnen die richtigen Schuhe, Mode und Kosmetik anzubieten! Hätten sie doch nur mehr Frauen in den gut bezahlten Positionen, dann würden sie besser dastehen