Eine Frau verkleidet sich zu Karnveal als Mann und entgeht so der sexuellen Belästigung, merkt aber auch, dass es eine sehr einsame Sache sein kann:
Als ich in diesem Aufzug durch Kölns Straßen laufe, guckt mich kaum jemand an, geschweige denn mir hinterher. Die Blicke vieler Männer heften sich an Frauen in Hexen- oder Krankenschwester-Kostümen. Manche von ihnen bekommen das anscheinend gar nicht mit, sind vertieft in Gespräche mit ihren Freundinnen. Andere ziehen ihre Röcke weiter nach unten. Und ich frage mich wie so oft: Können Frauen sich nicht weiblich anziehen, ohne begafft zu werden? Das einzige Kompliment, das mir währenddessen zugerufen wird, ist: „Guter Charlie, Dude.“ Ich freue mich darüber. Denn offenbar bin ich so gut verkleidet, dass ich jetzt genau das bin: ein Dude.
Meine Freund*innen, einige neue Bekannte und ich gehen tanzen, in einer kleinen engen Bar, die für diesen Abend zur Tanzfläche umfunktioniert worden ist. Es ist heiß, ich ziehe meine Maske ab, mein geschminkter Bart muss für sich stehen. Obwohl sich alle dicht an dicht drängen, alle betrunken sind, einige Pärchen schon wild knutschend in Ecken stehen, werde ich kein einziges Mal bedrängt. Niemand quetscht sich an mir vorbei und lässt seine Hand dabei zu lange auf meiner Brust liegen. Niemand beugt sich an mein Ohr und fragt mich, ob ich öfter hier sei. Während meine Freundin, verkleidet als niedliche Giraffe, immer wieder von fremden Typen angetanzt wird, tanze ich mit mir selbst. Und liebe es.
Ein Theorie ist ja immer, dass des einen Geschlechts Hölle des andren Geschlechts Himmel sein kann. Die meisten Männer wären wohl mit einem Karnevalabend, bei dem viele Frauen mit ihnen Flirten und Tanzen wollen voll einverstanden und würden es gut finden, wenn Frauen ihnen an den Hintern greifen oder mit deutlichen Körperkontakt an ihnen vorbei quetschen. Wie lange und von wem wäre eine andere Sache, aber Männer fürchten wohl eher den zweiten Zustand: Alle Freunde werden angetanzt, nur man selbst nicht. Alle wollen sich mit den Freunden unterhalten und man selbst ist das fünfte Rad am wagen, welches allenfalls mühsam von den Freunden ins Gespräch gebracht werden muss.
Sie geht dann noch mal zur Kontrolle sexy los und alles ist beim alten.
Es erinnert natürlich etwas an Nora Vincents Experiment. Ihr Fazit war damals:
Vincent says she’s healed now and glad to be rid of Ned. But her views about men have changed forever.
„Men are suffering. They have different problems than women have, but they don’t have it better,“ she said. „They need our sympathy. They need our love, and maybe they need each other more than anything else. They need to be together.“
Ironically, Vincent said, it took experiencing life as a man for her to appreciate being a woman. „I really like being a woman. … I like it more now because I think it’s more of a privilege.“
Das dieser Gedanke bei einer Feministin nicht eintreten kann ist klar.