Ein Artikel im Handelsblatt zeigt auf, wie andere Länder den Gender Pay Gap bekämpfen wollen:
Der Druck auf deutsche Arbeitgeber von Seiten der Bundesregierung ist denkbar gering: Bis 2030 soll die Gehaltslücke der Geschlechter gerade mal von 21 auf 10 Prozent sinken, aber nicht zu unterschätzen ist der wachsende Druck für mehr Transparenz von außerhalb, aufgrund internationaler Gesetzes-Initiativen:
In Schweden und Norwegen sind die Daten der Steuererklärung also auch das Gehalt, online für alle einsehbar. Bei beiden Ländern reicht diese Tradition bis Anfang 1900 zurück. Alle Steuern und Vermögenswerte sollten erfasst und öffentlich zugänglich sein. Nun auch digital. Wer in Norwegen oder Schweden wissen will, was der Kollege verdient, kann einfach auf den Seiten der Behörden nachschauen – ohne Formulare ausfüllen oder Anträge stellen zu müssen.
Außerdem müssen Unternehmen in Norwegen mit mehr als 50 Mitarbeitern jährlich einen Gleichstellungsbericht ablegen. Gibt es hier Probleme, verpflichten sich die Unternehmen zu Maßnahmen. Derzeit liegt der Gender Pay Gap in Norwegen bei 14 Prozent, in Schweden bei 12 Prozent.
In Großbritannien etwa, wo der Gender Pay Gap ähnlich hoch wie in Deutschland ist, müssen Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern seit 2017 einmal im Jahr ihre Gehaltsdaten veröffentlichen. Am 1. April ist es wieder soweit. Auf einer Homepage der Regierung zeigt dann eine Graphik, wie sich Gehaltsunterschiede zwischen Mann und Frau auf den verschiedenen Hierarchiestufen landesweit entwickeln. Von manch einem im Königreich wird dieses Chart mit mehr Spannung erwartet als Neuigkeiten von den Royals. Auch welches Unternehmen überhaupt Frauen auf Spitzenpositionen beschäftigt, wird veröffentlicht. Und noch einen Fortschritt in Sachen Transparenz ist zu erkennen: In Großbritannien ist es bereits Standard, dass Arbeitgeber bei der Stellenausschreibung das zukünftige Gehalt angeben.
Am radikalsten zwingt Frankreich Chefs zur Offenheit. Bis nächstes Jahr will das Land die Lohnlücke komplett beseitigen. Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten müssen seit 2018 eine Software installieren, die direkt mit ihren Lohn- und Gehaltsabrechnungssystemen verknüpft ist und ungerechtfertigte Lohnunterschiede aufzeigt. Außerdem müssen Unternehmen jährlich sämtliche Kennzahlen veröffentlichen, die die unternehmensinternen Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen betreffen.
Dazu gehören etwa Entgeltunterschiede, Gehaltserhöhungen, Beförderungsmöglichkeiten, Rückkehr aus der Elternzeit und der Anteil von Frauen an den zehn bestbezahlten Positionen im Unternehmen. Daraus ergibt sich ein Index mit einem maximalen Wert von 100 Punkten, bei dem Lohngleichheit erreicht ist. Ergibt die Auswertung aber, dass ein Unternehmen unter 75 Punkte hat, drohen Bußgelder von bis zu einem Prozent des gesamten Gehaltvolumens über den Zeitraum, indem ungerecht gezahlt wurde. Der Gender Pay Gap liegt hier zwischen 12 und 15 Prozent.
Schließlich verfolgt Island einen deutlich einfacheren, wenn auch durchschlagenden Ansatz: Seit 2018 gilt in dem nordeuropäischen Land ein Gesetz, das Unternehmen vorschreibt, Männern und Frauen das gleiche Gehalt zu zahlen – wie ja auch in den anderen westlichen Ländern üblich. Mit einem gravierenden Unterschied: Bis 2022 will die isländische Regierung den Gender Pay Gap auf 0 bringen. Für wurde zum einen die Elternzeit neu geregelt. Mütter und Väter müssen die gleiche Zeit zu Hause bleiben. Unternehmen mit mehr als 25 Mitarbeitern müssen einen Nachweis erbringen, dass sie fair bezahlen. Andernfalls drohen Strafen.
Und so wächst der Zwang zur Gehälter-Transparenz für deutsche Konzerne, ob Allianz-Versicherung, Supermarkt-Kette Aldi oder Softwareproduzent SAP, über ihre Zweigstellen in Großbritannien, Frankreich oder Norwegen. Beraterin von Platen sagt zufrieden: „Wir merken das an vermehrten Anfragen.“
Da sind viele Faktoren interessant:
Was beispielsweise überprüft die Software und zeigt sie auch Gehaltsungerechtigkeiten gegenüber Männern an?
Wie berechnen andere Länder den Gender Pay Gap, beziehen sie zB Position des öffentlichen Dienstes und Freiberufler etc ein?
ist es tatsächlich die Transparenz, die zu dem niedrigeren GPG führt oder tragen andere Maßnahmen viel wesentlicher dazu bei, etwa umfangreiche Dritt-Kinderbetreuung?
Wie ist die Einstellung der Frauen in anderen Ländern zur Vollerwerbstätigkeit und wie ist die Teilzeitquote?
Wie werden Faktoren wie etwa mit dem Gehalt abgegoltene Überstunden oder aber andere weiche Faktoren bewertet?
Werden Frauen vielleicht einfach bevorzugt und nicht gerechter behandelt, weil man die Quoten bzw die Gehaltsanforderungen erfüllen muss?
Der Ansatz, dass es per se nur an Diskriminierung liegen kann behindert insofern eine tatsächliche Aufklärung eher.
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