Lucas Schoppe diskutiert in einem wie immer sehr lesenswerten Beitrag auch warum der Mythos der männlichen Macht für viele so nützlich ist:
Ein Beispiel anhand der Kampagne der SPD zur Care-Arbeit die angeblich fast nur von Frauen geleistet wird:
Wenn die SPD-Bundestagsfraktion nun Väter als faul und verantwortungsunwillig darstellt, während Frauen ganz allein alle Last zu tragen hätten, dann macht das betroffenen Frauen ein unmoralisches Angebot: Sie müssen dann nämlich Verantwortung weder bei sich selbst noch bei der Politik staatlicher Institutionen suchen, sondern haben einfache, leicht erkennbare und jederzeit greifbare Schuldige zur Verfügung.
Was für ein katastrophales Bild von Frauen aber hat eigentlich die SPD-Bundestagsfraktion, wenn sie davon ausgeht, dass die solche schamlosen Spekulation auf Ressentiments begrüßen und belohnen werden?
Es ist denke ich in der Tat ein Versuch sich anzubiedern, der aber nur dann erfolgreich ist, wenn man davon ausgeht, dass Männer und Frauen wirklich daran interessiert sind einen Schuldigen zu finden. Die meisten Männer und Frauen sind es denke ich nicht, die Gruppe der Alleinerziehenden scheint mir kleiner als die Gruppe der gemeinsam Erziehenden und auch viele allein Erziehenden haben neue Partner, die sie keineswegs als Feind sehen oder alte Partner, mit denen sie gut auskommen.
Aber in der Vorstellung politisch engagierter Feministinnen sieht man eben einen Kampf Männer gegen Frauen.
Lucas weiter:
Das aber ist einer der Gründe, warum sich der Mythos der männliche Macht hält, auch wenn soziale Realitäten ihn vielfach widerlegen: Er ist hochfunktional für die Legitimation institutionalisierter Machtausübung. Denn nicht nur können für alle möglichen Missstände, die eigentlich politisch zu verantworten sind, einfache. leicht identifizierbare und jederzeit adressierbare Schuldige angeboten werden. Zudem lässt sich auch noch eine Ausweitung institutioneller Macht jederzeit begründen.
Denn wenn sie die Bevölkerung etwa in der Mitte aufteilen in Privilegierte und Marginalisierte, in Mächtige und Ohnmächtige, in Skrupellose und Schutzlose, dann weisen sich politische Akteure damit selbst die Aufgabe zu, diese gesellschaftlichen Missstände fortlaufend auszugleichen. Die Fantasie, staatliche Institutionen müssten Frauen beständig gegen Männer verteidigen, schützen und fördern, liefert so eine sich selbst reproduzierende Legitimation der Ausweitung institutionalisierer Macht – und der damit verbundenen Positionen.
In der Tat ist es sehr günstig für viele Anbieter bestimmter Dienstleister, für Leute, die sich gerne über andere Erheben oder für solche, die jemanden brauchen, für den sie sich einsetzen können, gerne kombiniert mit einem Feindbild von jemanden, der sie bedroht, quasi der Ersatz für das zu beschützende unschuldige Kind.
Es bedient Leute, die ein einfaches Weltbild wollen, in dem ganz einfach in schwarz und weiß zu unterteilen ist, in Gut und böse und die dabei für die „richtige Seite“ im Einsatz sein wollen.
Aber mehr noch, die beliebte Aggression gegen alte weiße Männer transportiert ebenso wie vergleichbare Ressentiments eine tröstende Illusion: die Illusion nämlich, dass in unseren unüberschaubaren, abstrakten, global vernetzten Strukturen überhaupt noch jemand übrig geblieben ist, der Überblick und Kontrolle behalten hat. Als würden alte weiße Männer – oder Männer generell – Klimawandel, soziale Ungerechtigkeiten und Gewalt jederzeit ins Gute wenden können, wenn sie es denn nur wollten, ihre eigenen Privilegien wahrnehmen und auf diese dann endlich verzichten würden.
Das Klischee des alten weißen Mannes ist wie die Fantasie von einem Vater, gegen den ein pubertierendes Kind aufbegehrt, dessen bloße Existenz diesem Kind aber zugleich beruhigend versichert, dass da jemand die unüberschaubaren Bedingungen der modernen Welt noch überblicken und steuern kann.
Das macht dann zugleich auch verständlich, warum auch viele Männer an der Fantasie eines „Patriarchats“ festhalten, die ihnen selbst schadet: Hier wird ihnen noch die Illusion vermittelt, sie würden die Bedingungen ihres Lebens unter Kontrolle haben.
Der moderne Feminismus ist einer der letzten Bereiche, in denen Männer sich noch mächtig fühlen können.
Das ist ein geiler Satz über den nachzudenken lohnt:
Der moderne Feminismus ist einer der letzten Bereiche, in denen Männer sich noch mächtig fühlen können.
Mächtig dabei im Sinne einer anderen Vorstellung als etwa der Chef eines Dax-Unternehmes oder ein Mafiaboss: Mächtig in dem Sinne, dass die ganze Verantwortung für den Wechsel in der Tat in die Hände der Männer gelegt wird:
Diese müssen die toxische Männlichkeit überwinden, diese müssen sich vom Patriarchat verabschieden, diese allein haben die Macht Gewalt gegen Frauen zu beenden.
Das ist in gewisser Weise eine „machtlose Macht“, denn um die „Macht“ auszuüben müssen sie ja eigentlich keine Macht haben, sie an Frauen abgeben, diese an die wichtigen Positionen lassen.
Aber gleichzeitig fühlen sich natürlich viele zum „weißen Ritter“ berufen, der die Welt besser macht, als Schild vor den Frauen steht und Gefahren für diese abwehrt. Man kann sich in dieser Position sicherlich mächtig fühlen, zumal man ja – der Feminismus ist eine Form des Glaubens – die alleinig richtige Wahrheit erkannt hat und verkündet gegenüber den Unwissenden.
Lucas warnt:
Das Klischee aber ist schon allein deshalb schädlich, weil es den Blick auf reale soziale Ungerechtigkeiten verstellt und ihre Analyse erschwert: Es ist ja niemals eine Analyse nötig, weil die Antwort immer schon gegeben werden kann, bevor auch nur eine Frage gestellt wurde.
Es ist schädlich, weil es Ressentiments gegen große Gruppen von Menschen reproduziert und ihnen daher die soziale Empathie entzieht, die eine wesentliche Voraussetzung für eine Politik der sozialen Gerechtigkeit ist.
Es ist auch deshalb schädlich, weil es uns daran hindert, mit Macht rational umzugehen, wenn diese Macht von Frauen ausgeübt wird. Denn es gibt in modernen Gesellschaften weder eine spezifisch männliche noch eine spezifisch weibliche politische Macht, sehr wohl aber Herrschaftsstrukturen, die institutionell garantiert werden und die demokratisch und rechtsstaatlich kontrolliert werden müssen. Das muss natürlich auch dann gelten, wenn Frauen mit dieser Macht ausgestattet werden.
In der Tat machen solche schlichten Weltbilder, die dazu noch einen religiösen Touch haben und jede Abweichung als Ketzerei bestrafen, blind für die Fälle, in denen es von dem aus deren Ideologie vorgegebenen abweicht. Es ist klar, wer schuld ist, was geändert werden muss und was der richtige Weg ist. Nur klappt der nicht und es verbessert auch nicht.
Aber solange das Feindbild lebt kann man ja auf diese allen Ungemach schieben und einfach fordern, dass man dann eben noch mehr glauben muss, noch einseitiger den Dogmen folgen muss, noch mehr gegen die andere Gruppe vorgehen muss.
Und damit kann man natürlich in dieser Einfachheit glücklicher Kämpfer für das Gute sein
Nochmal der Link zum ganzen Beitrag
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