Deutsche Rap-Texte und Frauenfeindlichkeit #unhatewomen (dazu Rap-Texte und evolutionäre Geschichten)

Terre des Femmes lässt Frauen Sätze aus Rap-Liedern vorlesen.

Der Versuch bei Rappern, die aus der Provokation mit solchen Texten und der Darstellung, dass sie harte Kerle sind, die Frauen im Überfluss haben, etwas zu ändern, dürfte nicht viel sehr erfolgsversprechend sein.

Als Nichtkenner der Szene habe ich keine Ahnung, wer da wie einzuordnen ist, aber eine kurze Recherche zu dem letzten Bild im letzten Tweet, welches ich wegen der Glassplitter im Gleitgel besonders merkwürdig fand, scheint mir nahezulegen, dass teilweise auch schlicht humoristisch übertrieben wird (Finch Asozial -Fick mich)

Man schaue sich das Video an:

und dann den Text:

 

Hey du Fotze! Groupies blasen meinen Schwanz
Ich besitze keine Skrupel, keine Nasenscheidewand
Fahr die Hasenheide lang, jetzt renn’n die Grasdealer weg
Der Deutsche ist bewaffnet mit der Makita Flex
Trink das Glas Bier auf ex, was ’ne gottlose Zeit
Hier ist der Ostblockverein, saufen Rostocker Eis
Und weil Saufen bei uns Ossis Nationalsport ist
Dreh’n wir Hardcore Clips auf’m Marmortisch
Hier kommt Finch Asozial, check meine Battleparts
Versenk ein Pfeffi-Glas in Steffi Grafs sexy Arsch
Sieh, das Ende naht, verbotene Liebe
Zieh an dem Joint, ich zieh Koks von der Fliese
Der Scheiß, den ich hier sag, mach ich ein Leben lang
Du bist ’ne Fotze, die nach zwei Bier schon auf der Theke tanzt
Also laber uns nicht voll mit deinem Mädelskram
Eine Frau bleibt auf Ewigkeit ein Gegenstand
Wenn ich ein Tropfen von dem guten Bergadler koste
Stink ich aus der Fresse wie ’ne Fernfahrerfotze
Der Anfang vom Ende, du weißt jetzt schon Bescheid
Komm richtig in Fahrt, wenn die Pep Nase knallt

Peinlicherweise wird die Parodie mehrfach als Beispiel im Text oben verwendet.

Ich schrieb bereits einmal zum Rap, dass er ein Ausdruck von intrasexueller Konkurrenz unter Männern ist und zudem Merkmale intersexueller Selektion bedient:

Dabei bedienen diese Klischees klassische evolutionäre Strategien:

  • In der Regel werden die Rapper als Respektpersonen gezeigt, meist mit einer Entourage oder einer Gang, die sie als Anführer darstellt („Leader of men„, „Alphamann„).
  • Sie werden als stark und kampferfahren dargestellt, etwa mit gefährlichen Hunden oder Waffen, als Männer, die sich „auf der Straße auskennen“ und dort allgemein Respekt genießen (Anführereigenschaften, Betonung der Gefährlichkeit für eine intrasexuelle Konkurrenz)
  • Gleichzeitig wird dargestellt, dass sie genug Erfolg hatten um sich nicht mehr auf auf den Straßen aufhalten zu müssen: Dicke Autos, Reichtum, übertriebener Schmuck, Villen („Ansammlung von Ressourcen“).
  • Die Frauen gibt es üblicherweise in der Variante „Frau auf ihre sexuellen Reize reduziert und Massenware, eher Hintergrund für den Rapper“ („Preselected by other women“), das Desinteresse oder die Hinnahme der Frauen als selbstverständlich unterstreicht, dass der Rapper bei Frauen begehrt sind und keinerlei Ängste ihnen gegenüber hat, weil es für ihn klar ist, dass Frauen ihn wollen.
  • Ein guter Rapper braucht eine Hintergrundgeschichte, die deutlich macht, dass er von unten kommt und ein Gangster ist, mit dem nicht zu spaßen ist.
  • Gute Raptexte sind  gleichzeitig ein Zeichen für Intelligenz

Es sind damit kulturelle Ausformungen von intrasexueller Konkurrenz und Statusaufbau, abgestimmt auf ein bestimmtes Millieu. Wo ansonsten der intrasexuelle Konkurrenzkampf noch eher in die Arbeitswelt verlegt wurde oder Ressourcenansammlungen zurückhaltend dargestellt werden, damit man nicht zu protzerisch wirkt, ist dies in dem ärmeren Umfeld, aus dem Rap stammt nicht der Fall: Dort ist der Konflikt noch körperlicher, was sich auch in der Darstellung auswirkt und Reichtum ist so fern, dass man damit auch hemmungslos protzen kann und niemand Zurückhaltung erwartet.  Gerade der Umstand, dass man sich traut, seinen Reichtum zu zeigen ist hier ein Zeichen dafür, dass man den Reichtum auch verteidigen kann.

Wo außerhalb der Szene die Darstellung protzerisch und billig und frauenabwertend wirkt, passt sie dort dazu und die Zeichen werden als stimmig gesehen, als Zeichen von hohen Status. In einem Drogen- und Gewaltmillieu zieht eben Reichtum natürlich auch entsprechende Frauen an und dieser Umstand wird weniger verklausuliert als in Szenen, wo man das sexuelle eher herunterspielen muss und Zeichen eines geordneten Lebens eher ein Ehepartner ist.

In der Hinsicht bedienen frauenfeindliche Texte, die deutlich machen, dass für einen Frauen nur Schlampen sind, die eine Gelegenheit zum Sex darstellen, eben auch bestimmte evolutionär interessante Bilder:
Sie kommunizieren etwa:

„Ich kann mit den Frauen machen, was ich will, sie finden mich so geil, dass sie alles mitmachen“

„ich muss keine Rücksicht auf Frauen nehmen oder mich bei ihnen einschleimen, ich kann sie einfach nur benutzen, weil genug Frauen was von mir wollen“

„Ich bin gefährlich, auch für Frauen“

„Ich habe mehr Sexgelegenheiten als du“

„Mit mir können die Frauen keine Spiele machen, ich sage es, wie es ist und nehme mir, was ich brauch“

etc.

Das Mittel in diesen Texten dürfte üblicherweise gerade die Übertreibung dieser Bilder sein. Und darin, dass es ganz besonders übertrieben ist, liegt teilweise ja gerade der Reiz, der Wettstreit. Eben noch härter, noch radikaler zu sein als der andere und eine besonders übertriebenen „schonungslosen“ Text zu präsentieren.

Das muss man nicht mögen. Aber Rap, auch solcher Rap, hat eben gleichzeitig auch genug weibliche Fans. Weil er bestimmte Bilder bedient und darin eben auch nicht Frauen per se schlecht wegkommen.

Natürlich gibt es beispielsweise auch Frauen, die stolz darauf sind „zu blasen wie Hoes“ oder gefährliche Männer interessant finden oder einen Mann, der eine raue Vergangenheit hatte in dem ihm unter Drogen alles egal war, hauptsache er hatte seinen Spass, aber jetzt ist er erfolgreich mit einer Band. Oder die es nicht schlimm finden, wenn bestimmte „Hoes“ abgewertet werden, weil sie damit gar nicht gemeint sind. Oder die schlicht die Übertreibung rausfiltern können, wie man es ja auch umgekehrt bei schmalzigen Liebesliedern machen kann: Auch dort werden letztendlich Bilder bedient, die übertrieben sind, aber eben in andere (positivere) Richtungen. Und natürlich kann man damit auch schlicht einfach provozieren, weil Erwachsene die Musik fürchterlich finden.

In dem Sinne ein paar weibliche Stimmen von Twitter: