Film: „Weil du mir gehörst“

Hier ein paar Besprechungen des Films „Weil du mir gehörst“: (zur Eltern-Kind-Entfremdung an sich hier klicken)

Frankfurter Rundschau:

Ohne Hintergrundwissen wirkt „Weil du mir gehörst“ wie ein frauenfeindliches Pamphlet: einseitig, ungerecht und völlig übertrieben. Berechtigt wäre jedoch allenfalls der Einwand, dass die Menge der Männer, die sich keinen Deut für ihre Kinder interessieren und regelmäßig die Unterhaltszahlungen schuldig bleiben, deutlich größer sein dürfte als die Zahl der entsorgten Väter. Davon abgesehen hält sich das Drehbuch von Katrin Bühlig jedoch an die Tatsachen: Was Tom erlebt, deckt sich exakt mit den Erlebnissen, die Wolfspergers Leidensgenossen in dessen Film geschildert haben; mittlerweile gibt es zudem diverse Artikel über das Phänomen.

Taz:

taz: Frau Möller, am Mittwoch zeigt die ARD das Drama „Weil du mir gehörst“. Warum kommen Mütter darin aus Ihrer Sicht schlecht weg?

Sybille Möller: Ich denke, weil in diesem Film eindeutig die Mutter diejenige ist, die dem Kind etwas einredet, und weil der Film gleichzeitig in misogynen Gruppen exzessiv geteilt wird. Die Botschaft ist aber sehr verflacht, die Vielschichtigkeit so eines Konflikts kommt gar nicht heraus. So entsteht eine Welle an Vorurteilen gegen Mütter.

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PAS ist stark umstritten. Die relevanten Wissenschaftsverbände lehnen es international als unwissenschaftlich ab. Es gibt Gruppen, die möchten PAS als psychische Erkrankung im ICD-Katalog definiert haben, was es nach bisherigem Stand nicht ist. Gleichzeitig warnen Fachleute davor, weil dies so viele Gefahren birgt.

Zum Beispiel?

Fremdsein zwischen zwei Menschen kann sich ja auf ganz verschiedene Weise entwickeln. Es kann am nicht betreuenden Elternteil liegen, an Desinteresse. Oder die Bindungsqualität zum Kind ist zu wenig ausgeprägt, weil ein Elternteil zu wenig feinfühlig ist oder zu kontrollierend. Die Mutter kann Gewalt erfahren und Angst haben. Die Forschung belegt eine große Bandbreite an Gründen. Manipulieren ist nur eine Erklärung von vielen.

 dafür, dass ein Kind den Papa nicht sehen will.

Es kommt auch vor, dass eine Mutter die Trennung nicht verarbeitet hat und das Kind instrumentalisiert. Aber: Wie gewichtet man das in der Öffentlichkeit beim Thema Trennung? Installiert man da jetzt pauschal ein Feindbild? Oder schaut man passgenau bei jeder Familie nach den Ursachen? Die Ursache für die Ablehnung kann auch beim Kind selbst liegen. Es kann den eigenen Konflikt damit vermeiden wollen, eine schlechte Beziehung zum Elternteil haben oder misshandelt worden sein.

Spielt PAS bei Gerichten eine Rolle?

Nicht direkt, es gibt dafür Synonyme. Jugendämter, Richter und Gutachter sprechen gerne von „Bindungsintoleranz“. Die Mutter soll „Bindungsfürsorge“ zeigen. Selbst bei Gewalt verlangen manche Verfahrensbeteiligte, dass die Mutter in der Wohnung Bilder vom Vater aufstellt. Teils müssen Mütter Strafe zahlen, weil ihr Kind den wegen Missbrauch verurteilten Vater nicht sehen will.(…)

Ist der Film Väter-Lobbyarbeit?

Zumindest einseitig beraten. Derjenige, der die Drehbucharbeiten beraten hat, arbeitet nachweislich mit der Szene zusammen. Das merkt man auch an der verengten Perspektive des Films, der sich objektiv gibt, aber nur eine einseitige Sicht darstellt. Selbst die strategischen Wordings und vermeintlichen Lösungen dieser Lobby sind bewusst in dem Film platziert worden.

Was will die Väter-Lobby?

Die Väterverbände möchten bei strittigen Trennungen das Wechselmodell als Regel und preisen es als Pauschallösung gegen das Schreck­szenario „Entfremdung“ an. Demnach sollen Kinder im Streitfall immer hälftig bei beiden Eltern wohnen, egal unter welchen Bedingungen. Will eine Mutter das nicht, hätte sie zu beweisen, warum das für das Kind nicht gut wäre. Der Film passt also gut zur populistischen Strategie, weil er Ängste schürt und Feindbilder pusht.

Wie sähe Ihr Film aus?

Wir erleben, dass Müttern, die sehr bindungsfördernd sind, trotzdem vor Gericht PAS unterstellt wird. Schon wenn sie sagen, „meinem Kind geht es nicht gut“, wird ihnen Bindungsintoleranz zur Last gelegt. Es gibt zunehmend Forschung aus den USA darüber, dass PAS einen Genderbias hat, der Männer bevorzugt und Frauen benachteiligt.

Wieso ist PAS so präsent?

Es gibt eine starke, international vernetzte Väterrechtsbewegung. Diese hat viele Jahre Vorlauf gegenüber den Müttern. Auf Genderkongressen war das immer Thema: Trennungskinder sollen nicht mehr so viel bei den Müttern wohnen. Da hat sich eine Eigendynamik entwickelt, die schwer zu bremsen ist. Man sucht nach Schablonen und nach Schuldigen.

Trifft es Alleinerziehende?

Ja. Bei Gericht und im Jugendamt ist das Klima mütterfeindlicher geworden. Jugendämter werden auch von Lobby-Akteuren weitergebildet, die auf die PAS-Ideologie ausgerichtet sind.

Weser Kurier:

Selten hat man einen härteren Einstieg in einen psychologischen Film gesehen als in Alexander Dierbachs ARD-Drama „Weil du mir gehörst“: „Anni, wie ist dein Verhältnis zu deinem Vater?“, fragt da ein Richter ein achtjähriges Kind. Anni antwortet darauf mit versteinerter Mine: „Nicht gut. Ich hab‘ Angst vor ihm“, sagt sie und fügt hinzu, dass der Papa jähzornig und egoistisch sei, „das weiß ich genau.“ Als sei das alles noch nicht genug, fügt Klein-Anni auch noch hinzu: „Er schlägt die Mama, und mich auch.“

(…)

Katrin Bühlig, die Drehbuchautorin, berichtet, sie habe die Geschichte anfänglich nur aus der Sicht des Kindes erzählen wollen. Der Gedanke wirkt äußerst einsichtig. Schade, dass die Umsetzung nicht möglich erschien, weil – Zitat – so „die ganzen juristischen Auseinandersetzungen der Eltern und die daran gut verdienende Scheidungsindustrie“ weggefallen wäre. Die kindliche perspektive hätte sicher für mehr Empathie gesorgt. So aber werden einem die zwielichtigen, am Gesetz orientierten Verhaltensmaßregeln und die schlauen Richtersprüche auf Dauer etwas zu viel. Dennoch ist „Weil du mir gehörst “ ein wichtiger und aufrüttelnder Beitrag darüber, was Erwachsene sich – und vor allem ihren Kindern – antun können, wenn sie von ihren Gefühlen aus der Bahn geworfen werden. Das Phänomen einer Eltern-Kind-Entfremdung („Parental Alienation Syndrom“, PAS) nach einer Scheidung wird niemand, der diesen Film gesehen hat, mehr unterschätzen.

Mann-Tau:

Anni, enorm verletzt, möchte schließlich gar nichts mehr mit dem Vater zu tun haben, und Tom wird erst von einer Mitarbeiterin des Jugendamtes aufgeklärt, dass sie offenbar unter dem Eltern-Entfremdungs-Syndrom (PAS – Parental Alienation Syndrome) leide. Julia aber setzt vor Gericht das alleinige Sorgerecht durch, weil dort nicht geklärt werden kann, ob sie selbst die Verantwortung für die Vater-Tochter-Entfremdung trägt.

Als sie aber auch noch die Besuche Toms ganz unterbinden möchte, schreitet der Richter ein, den wir in der ersten Szene des Films kennengelernt haben. Er widerspricht einem Aussetzen des Umgangs, setzt wieder beide Eltern als Sorgeberechtigte ein und verpflichtet sie zu einer gemeinsamen Beratung. Auch wenn der Richter reale Vorbilder hat, vor allem wohl den Entwickler des Cochemer Modells Jürgen Rudolph, wirkt er hier wie ein Deus ex machinaaus dem klassischen Drama, der die Handlung zu einem versöhnlichen Ende führt, das nicht mehr zu erwarten war.

(…)

„Weil du mir gehörst“ konterkariert die gängigen, auch politisch gern genutzten Bilder der fürsorgenden und aufopferungsvollen Mutter und des desinteressiert-egoistischen Vaters, indem es diese Bilder aufgreift und dann seine eigene Geschichte dagegen erzählt. Allein dieses Aufbrechen von Geschlechterklischees ist ein großes Verdienst, und ein noch größeres ist es, dass die Schädigung der Tochter durch die Entfremdung vom Vater überzeugend und einprägsam sichtbar wird.

Nachvollziehbar zeigt der Film auch die Hilflosigkeit des Vaters, der wütend ist – der nicht versteht, warum er nicht einfach bei seiner Tochter sein kann – und der einsehen muss, dass jeder offene Konflikt seine und seiner Tochter Situation nur noch schlimmer macht. Das wird hier so präsent, dass ich beim Anschauen in der Mediathek die Handlung öfter einmal anhalten musste, weil sie mich zu sehr an meine eigene Geschichte mit unserem Sohn und seiner Mutter erinnerte.

Und noch ein paar Twitterstimmen: