Der Spiegel berichtet zu einer Studie zur Selbstlosigkeit und Hilfsbereitschaft bei Kleinkindern (1,5 Jahre alt)
Eine Forscherin und ein anderthalbjähriges Baby sitzen an einem Tisch. Das Kind hat Hunger, denn eigentlich ist Essenszeit. Scheinbar aus Versehen lässt die Forscherin eine Banane fallen. Wortlos müht sie sich, die Frucht zu erreichen, die genau vor die Füße des hungrigen Kindes gefallen ist. Was wird es tun? Die Banane schnappen und selbst aufessen oder helfen?
Forscher der Universität Washington haben den Test gemacht, berichten sie im Fachblatt „Scientific Reports“. Ergebnis: Immerhin jedes dritte Kleinkind hob das heruntergefallene Obst auf und gab es zurück. Wenn sie nicht hungrig waren, half sogar mehr als die Hälfte der Kinder. Für die Forscher ist das ein Zeichen, dass selbst Anderthalbjährige selbstlos handeln können, auch wenn es zu ihrem eigenen Nachteil ist und sie den Begünstigten nicht kennen.
Ich hatte hier schon einige Artikel zu den evolutionären Ursprüngen von Kooperation und da auch von Altruistischen und Kooperativen Verhalten. Der wichtigste Grundsatz ist dort wohl die „Do ut des“ Strategie, also die Strategie, dass man selbst gibt, damit einem auch der andere einem etwas gibt bzw die „Tit for tat“ Strategie: Solange du dich kooperativ verhältst verhalte ich mich auch kooperativ.
Ich verweise etwa auf diesen Artikel:
Jetzt könnte man anführen, dass Kinder nicht viel zu geben haben und lieber nehmen sollten, da sie es ja besonders brauchen. Aber gerade da Kinder besonders abhängig von einer Kooperation sind kann es sich gerade für sie lohnen, dass sie Zeichen für „Selbstlosigkeit“ oder „Altruismus“ oder zumindest gegen reinen Eigennutz senden. Denn der Erwachsene kann es ihnen natürlich erst recht wegnehmen, wenn er will und findet vielleicht eher ein Kind, welches es freiwillig anbietet besonders förderungswürdig.
Allerdings scheinen Kinder auch früh ein Konzept von „Eigentum“ zu entwicklen. Fräulein Schmidt beispielsweise weis schon welches Spielzeug ihr gehört und zuletzt bei einem Spielkontakt war sie gar nicht einverstanden damit, dass ein anderes Kind die Spielzeuge nutzen wollte oder auch nur Aufmerksamkeit von Südländerin bekommt. Es ist eben ihr Spielzeug und ihre Mama.
Es kann sinnvoll sein teilen zu können aber auch sinnvoll sein, dass eigene zu bewahren.
„Selbstlosigkeit ist eine entscheidende menschliche Eigenschaft und ein wichtiger Teil des moralischen Gefüges unserer Gesellschaft“, sagt Rodolfo Cortes Barragan, einer der Studienautoren. „Wir wollten wissen, wo dieses typisch menschliche Verhalten herkommt.“ Dafür untersuchten die Forscher das Betragen von etwa hundert Kindern im Alter von 18 Monaten.
Ob ein Kind half oder nicht, hing entscheidend vom Verhalten des Erwachsenen ab. Versuchte er, an das heruntergefallene Obst heranzukommen, löste das bei vielen Kindern den spontanen Wunsch aus, zu helfen. Wenn der Erwachsene dagegen keine Anstalten machte, an das Essen heranzukommen, blieben die Kinder reglos sitzen. Wer will sich schon aufdrängen?
„Wenn der andere es nicht haben will, dann scheint es nicht wichtig zu sein“ könnte auch ein interessanter Grundsatz sein.
Einmal noch der Abstract der Studie:
Altruistic behavior entails giving valuable benefits to others while incurring a personal cost. A distinctively human form of altruistic behavior involves handing nutritious food to needy strangers, even when one desires the food. Engaging in altruistic food transfer, instead of keeping the food, is costly, because it reduces the caloric intake of the benefactor vis-à-vis the beneficiary. Human adults engage in this form of altruistic behavior during times of war and famine, when giving food to others threatens one’s own survival. Our closest living primate relatives, chimpanzees (Pan troglodytes) and bonobos (Pan paniscus), exhibit notable constraints on the proclivity to engage in such food transfer (particularly chimpanzees), although they share many social-cognitive commonalities with humans. Here we show that in a nonverbal test, 19-month-old human infants repeatedly and spontaneously transferred high-value, nutritious natural food to a stranger (Experiment 1) and more critically, did so after an experimental manipulation that imposed a feeding delay (Experiment 2), which increased their own motivation to eat the food. Social experience variables moderated the expression of this infant altruistic behavior, suggesting malleability.
Quelle: Altruistic food sharing behavior by human infants after a hunger manipulation
Dass der Konflikt „Nährstoffe für sich vereinnahmen“ und „Signalisieren, dass man teilt, Eigentum respektiert und nicht eigennützig ist“ bei Mangel an Nährstoffen, also Hunger eher zu dessen Gunsten aufgelöst wird, erscheint logisch, wenn man bedenkt, dass man früher eher Nahrungsmangel hatte. Beides kann das Überleben erheblich beeinflussen, Nahrungsmangel ist allerdings dann die größere Gefahr.
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