In einem Artikel, den ich hoch intessant finde, fand ich auch etwas zu dem Persönlichkeitsmerkmal „Agreeableness“ welches insbesondere auch sehr relevant für die Frage sein soll, ob man Karriere macht.
„Agreeableness“ ist Bestandteil der „Big Five“, also der „Großen fünf Persönlichkeitsmerkmale und weist einen Geschlechterunterschied auf.
Zu dem Inhalt aus der Wikipedia:
Verträglichkeit (englisch agreeableness) ist eine der fünf zentralen Dimensionen im Fünf-Faktoren-Modell (FFM) der Persönlichkeit. Personen, die verträglich sind, zeichnen sich durch Altruismus und Hilfsbereitschaft aus. Hohe Werte bei diesem Persönlichkeitsmerkmal sind charakterisiert durch Adjektive wie mitfühlend, nett, warm, vertrauensvoll, hilfsbereit, kooperativ und nachsichtig. Menschen mit niedrigen Werten werden als streitbar, egozentrisch, gegensätzlich und misstrauisch gegenüber den Absichten anderer beschrieben. Sie verhalten sich eher wettbewerbsorientiert als kooperativ.
Die verträgliche Seite der Dimension scheint sozial erwünschter zu sein. Dennoch darf nicht vergessen werden, dass die Fähigkeit, für eigene Interessen zu kämpfen, in vielen Situationen hilfreich ist. So ist Verträglichkeit im Gerichtssaal nicht unbedingt eine Tugend
Das nette Leute, die sich nicht gern anderen Gegenüber durchsetzen seltener in Führungspositionen kommen, wo sie genau das machen müssen. Eine Erfahrung von Führungspositionen ist, dass man in vielen Fällen nicht mehr der Kollege sein kann, sondern der Chef sein muss, man ist nicht mehr „einer von ihnen“, sondern jemand, bei dem sie etwas aufpassen müssen, bei dem es aber auch gefährlich sein kann, wenn die Leute meinen, sie können einem auf der Nase herumtanzen und müssten einen nicht ernst nehmen. Wer jedem Konflikt ausweicht, der kann eben häufig auch schlecht führen.
Die Textpassage also:
Another possible factor that may help further our understanding of pervasive stereotypical expectations may also have to do with recognizing the importance of the tails of the personality distribution. Even relatively small differences at the average level can lead to very large differences in the proportion of groups at the extremes. For instance, if you look at the density distribution for agreeableness, the average difference between males and females is only about .4 of a standard deviation. However, if you look closely you can see that there are way more women than men who are super-agreeable and way more men than women who are super-disagreeable. It’s likely that the behaviors carried out by those tails have a huge impact on society– on social media, in politics, in the boardroom, and even in the bedroom.
Und dann die dazu passende Grafik, die aus der verlinkten Studie entnommen ist:
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Hier sieht man, dass die Kurven zwar eine erhebliche Überlagerung haben, aber die Mittelwerte von einander abweichen und auch sonst eine Verschiebung vorhanden ist. Es ist gut zu sehen, dass in den Extrembereichen deutlich mehr Männer vorhanden sind und auch in den bereichen ab 3,5 insgesamt noch weitaus mehr Männer sind.
vgl auch:
- Anforderungen an Führungspersonen, hier beim Spiegel, und Agreeableness
- „Männer stellen die meisten Fragen, auch wenn sie in der Minderheit sind“
- Menschen mit hohen Werten in Unverträglichkeit
- Geschlechterunterschiede in der Persönlichkeit
- Männer und Frauen in Führungspositionen zeigen gleiche Persönlichkeitseigenschaften
- „Männliche“ Wörter wie offensiv, durchsetzungsstark und analytisch schrecken Frauen ab
- Unterschiede zwischen den Geschlechtern bei Persönlichkeit und sozialem Verhalten
Ich denke, man müsste bei dieser Frage noch irgendwie eine thematische Einstufung vornehmen. Um es mal polemisch auszudrücken:
– Männer – so meine Erfahrung – sind bei unwesentlichen Dingen praktisch immer „agreeable“, auch wenn sie Führungsrollen oder -aufgaben wahrnehmen
– Frauen – so meine Erfahrung – sind bei unwesentlichen Dingen praktisch nie „agreeable“, auch wenn sie keine Führungsrollen oder -aufgaben wahrnehmen.
So, diese unklare und polemische Einstufung „unwesentlich“ müsste man jetzt ersetzen durch eine genauere Beschreibung – so in Richtung: das, was Frauen im allgemeinen ziemlich wichtig ist, und was Männern im allgemeinen ziemlich unwichtig, also z. B. welche Farbe die Dose vom Haarwaschmittel hat, oder so.
Ich merke das immer wieder in Projekten, bei denen es auch weibliche Mitglieder im Team gibt. Die Männer arrangieren sich mit den praktischen Gegebenheiten – Hauptsache, man kriegt die Arbeit irgendwie geschafft. Das gilt auch für die jeweiligen Projektleiter.
Frauen im Team dagegen haben gern Extra-Wünsche und machen auch gern Extra-Touren – egal, ob dadurch die Arbeit irgendwie befördert wird. Und sie halten an diesen Vorgaben auch dann fest, wenn der Projektleiter Einspruch erhebt. So meine subjektive Erfahrung.
Spannender Einwand.
Wie stark ist die Korrelation zwischen agreeable und kompromissbereit?
Jene zwischen agreeable und sach- und lösungsorientiert ist jedenfalls nahezu null.
Interessant wäre auch, in welchem Kontext diese Eigenschaft „gemessen“ wird. Im Kontext dem eigenen Partner gegenüber bin ich mindestens so skeptisch wie du.
„Eine Erfahrung von Führungspositionen ist, dass man in vielen Fällen nicht mehr der Kollege sein kann, sondern der Chef sein muss, man ist nicht mehr „einer von ihnen“,…“
Mit diesem Rollenkonflikt können viele nicht umgehen, das ist auch ein Grund, warum Führungskräfte oft von „auswärts“ angeworben werden.
Dieser Konflikt kann aber auch in die andere Richtung gehen. Wenn eine Führungskraft bspw. selbst einen weiblichen Vorgesetzten hat. Deren „Verträglichkeit“ artet nämlich oft in Harmoniesucht aus und der neue Chef passt sich diesen Erwartungen an, statt seine eigene Linie durchzuziehen.
Schade, dass die ermittelte Agreeableness nicht über der Phase des Menstruationszyklusses aufgeschlüsselt ist.
Sehr guter Hinweis!
Die PMS-Disabreeableness kenne ich aber eher aus dem inneren sicheren Raum der Familie, da könnte meine Frau dann zum Tier werden bevor sie ihr erstes Kind bekommen hat, aber in der Firma war sie trotzdem die Alte. Ich denke, in der Firma hatten sie keinen Menstrualtionskalender von ihr.
Ganz unabhängig von privat oder beruflich – ich bin überzeugt, dass man bei einer ausreichend großen Datenbasis durchaus eine statistisch signifikante Zyklusabhängigkeit finden würde.
Meiner Erfahrung nach sind Frauen in weiten Teilen wesentlich egozentrischer als Männer. Beispiele: sämtliche Ich-habe-ein-Problem-also-ändert-gefälligst-die-Gesetze/Gesellschaft-für-mich-Artikel in ZON, SPON, editionf, pinkstinks, ze.tt, bento, usw.
Das würd aber die Verträglichkeit senken. Oder meinen die „Egoismus“?
Amigo du bist da aber in einer sehr speziellen Selektionsgruppe unterwegs.
Bei der normalen Frau im echten Leben (das is gott sei dank die Mehrheit) finde ich deckt sich mein subjektiver Eindruck doch sehr mit der Studie…
Ich kenne (ja ich weiss ich schäme mich) tatsächlich persönlich eine SPD Frau, die in ihren sozialen Medien das übliche postet, sich aber in einer echten Diskussion im realen Leben eher „agreeable“ gezeigt hat.
Also entweder eine falsche Schlange oder sie hat keine Eier in der Hose. Ich für meinen Teil vertrete meine Meinung online wie auch im realen Leben. Hüh und Hott, je nach Medium gibt es bei mir nicht. Aber ich bin ja auch keine Frau.
Imho könnte das allerdings eine Erklärung sein, warum die SPD sich in Richtung einstellig bewegt. Denn wer sich wie ein Fähnchen im Wind dreht, wirkt nicht glaubwürdig.
„Das nette Leute, die sich nicht gern anderen Gegenüber durchsetzen seltener in Führungspositionen kommen, wo sie genau das machen müssen. Eine Erfahrung von Führungspositionen ist, dass man in vielen Fällen nicht mehr der Kollege sein kann, sondern der Chef sein muss“
Ja. Ich muss zugeben, dass die Führungspositionen in meiner Firma mich überhaupt nicht reizen. Ich könnte mir schon vorstellen, selbst ein Unternehmen zu führen und meine Ansichten durchzusetzen, für eine Sache halt, von der ich überzeugt bin und bei der ich die Verantwortung und das Sagen habe.
Im mittleren Management eingeklemmt zu sein und den Blödsinn aus der Chefetage exekutieren zu müssen, nur des höheren Gehaltes wegen, fehlt mir aber komplett der Sinn. Die menschlichen Kompromisse, die man allein dafür eingeht, dass man in eine herausgehobene Position kommt, sind m.E. schon schwer zu ertragen. Das ist mit „nette Leute“ nur unzureichend umschrieben. Eine herausgehobene Position zu haben, bedeutet m.E. oft eine gewisse Einsamkeit, viele unfaire Anfeindungen und teilweise sinnlose Konflikte, viele alberne soziale Rituale (die es einzuhalten gilt, damit niemand beleidigt ist), viel Arbeit und Bürokratie und last but not least einen neuen Kollegen-Freundeskreis, der auf etwa gleicher Ebene ist (was die Auswahl zwangsweise verringert). Für sowas bin ich irgendwie auch zu „nett“, brauch ich schlicht nicht. Ich war ja mal kurzzeitig Vorstand von einem Verein, da bekommt man ein ganz gutes Gefühl dafür, wie das ist…
Wie recht du hast! Als junger Mann hing ich auch den gängigen Vorstellungen von beruflicher Karriere an. bis ich mal das „Vergnügen“ hatte, zwei Monate provisorisch eine Abteilung leiten zu dürfen. Danach war ich gründlich kuriert.
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