Aus Anlass des Women March äußert sich eine Feministin zum Verhältnis des Feminismus zu Männern:
Schawinski wirft ihrem Artikel Sexismus gegen Männer* vor, denn «toxische Männlichkeit» bedeute ja nichts anderes als «Männer sind (prinzipiell) giftig».
Nein, Herr Schawinski, «toxische Männlichkeit» bedeutet nicht «Männer sind giftig». Man versteht darunter bestimmte gesellschaftliche Erwartungen davon, wie Männer* zu sein und sich zu verhalten haben. Dass ein «richtiger» Mann keine Gefühle zeigt, sich an Schlägereien beteiligt oder mit möglichst vielen Frauen* schläft. Und dass er als Mann nichts dafür kann, denn «Jungs sind nun mal einfach so»: emotionslos, aggressiv, triebgesteuert. Diese Vorstellungen sind «toxisch», da sie einerseits Männer* dazu zwingen, einem Bild zu entsprechen, mit dem sie sich nicht unbedingt identifizieren können. Und andererseits, weil sie in aggressivem Verhalten (oder sogar Gewalt) gegen andere resultieren können.
Was geht es eigentlich Frauen an, wenn ein Mann keine Lust hat besonders gefühlsbetont zu sein und statt dessen lieber mit vielen Frauen schlafen möchte? Ist daran irgend etwas schädlich? Selbst wenn er sich mit anderen Männern raufen möchte (was die wenigsten Männern überhaupt regelmäßig vorhaben) wäre das, wenn der andere das auch will, erst einmal seine Sache.
Natürlich steht es ja jedem Mann offen anders zu leben und sich eine Clique von Männer zu bilden, die gerne Gefühle zeigen und nicht mit vielen Frauen schlafen wollen und nicht von Raufereien halten. Die meisten Jungs werden das dann eben für ihre Sache halten, auch wenn die ganz harten und die ganz weichen sich dann vielleicht nicht super verstehen. Es gibt ja genug Männer.
Aber ein solches Bild von Männern an sich will sie ja nun wirklich nicht positiv nennen oder? Es ist ungefähr so negativ-klischehaft wie es eine Aussage wäre wie „Wir haben nicht gegen Polen. Nur nichts gegen toxische Polenhaftigkeit. Dieses dauernde Autoklauen und das anstiften anderer dazu, dass ist doch wirklich schädlich für alle“. Natürlich könnte ein Pole auf den Gedanken kommen, dass er da beleidigt ist, weil es als verpflichtendes Klischee keineswegs auf die Mehrheit der Polen zutrifft.
Die meisten Männern zeigen durchaus Gefühle, wenn sie es für richtig halten, etwa Liebe gegenüber ihrer Freundin/Frau, Verbundenheit mit ihren Freunden, Freude und Begeisterung wenn ihr favorisierter Sportverein gewinnt, Hilfsbereitschaft und Dankbarkeit, so zu tun als würden nur Frauen Emotionen kennen, weil sie eher mal heulen ist doch arg übertrieben.
Und auch wenn viele Männer sehr gerne mit sehr vielen Frauen schlafen würden, leben die meisten ja in Partnerschaften, in der sie mit einer Frau schlafen. Die Bonobowelt ist weit von der Realität entfernt, ebenso wie die gewünschten 64 Sexualpartner
Ob Schawinski im Vorfeld der Sendung lediglich schlecht recherchiert hatte, oder ob er absichtlich provozierte, um die Einschaltquoten zu erhöhen, sei dahingestellt. Fest steht, dass er mit seiner Meinung nicht alleine ist. Ob in den Kommentarspalten der Tageszeitungen oder am Küchentisch mit Freund*innen, wer sich als Feminist*in outet, wird oft als Männerhasser*in abgetan.
Weil viele Feministinnen Männerhasser sind. Und wenn sie das nicht sind, dann ist es ihnen evtl nur nicht bewußt, wie viel Hass die feministischen Theorien transportieren. .
Wir sind keine Männerhasser*innen
Daran sind nicht nur die anderen schuld. Denn Feminismus ist nicht immer selbsterklärend. Ich kann gut verstehen, dass Männer* (und auch Frauen*), die sich bisher kaum mit Geschlechterfragen auseinandergesetzt haben, «toxische Maskulinität» im ersten Moment mit Männerfeindlichkeit assoziieren. Dass sie sich unter «dem Patriarchat» nicht viel vorstellen können. Oder dass sie Angst haben, des «mansplaining» beschuldigt zu werden, wenn sie sich dann doch in eine Diskussion einschalten wollen.
„Toxische Männlichkeit“ ist auch Männerhass. Etwas verkleideter Männerhass, aber einer Gruppe pauschal schlechte Eigenschaften zu unterstellen, an denen die Welt zugrundegeht, wenn diese Gruppe im wesentlichen ein friedliches hochproduktives Leben führt hat eben starke Elemente von Hass.
Das man sich unter dem Patriarchat nichts wirklich vorstellen kann außer das Männer irgendwie Frauen unterdrücken oder es zumindest besser haben als diese oder die Welt zu ihrem Vorteil eingerichtet haben macht es auch nicht weniger Hassfrei.
Ebenso wenig wie die Verwendung eines sexistischen Begriffs wie Mansplaining, der gerne dazu genutzt wird Männern die Berechtigung zu nehmen, sich zu äußern und Aussagen ohne Beachtung ihres Inhalts aufgrund des Geschlechts abzulehnen.
Trotzdem schreiben wir häufig lieber «Fuck Patriarchy» auf unsere Transparente, statt zu sagen, was wir damit meinen und was wir damit erreichen wollen. Nämlich Gleichberechtigung für alle*, nicht die Bevorzugung der Frau*.
Erheiternd. Gleichberechtigung für Frauen gibt es ja schon. Sie müsste nicht groß gefordert werden. Tatsächlich wird eher Gleichstellung verlangt und jeder Unterschied in den Bereichen in dem er vorteilhaft für Männer ist wird als Unterdrückung angesehen:
Es sind weniger Frauen in Führungspositionen? Unterdrückung!
Man muss in einer Führungsposition in einem harten Wettbewerb stehen und 60-70+ Stunden die Woche hart für das Geld arbeiten? Toxischer Maskulismus, warum nicht das gleiche Geld für einen Teilzeit-Führungsjob ?
Feminist*innen sind keine Männerhasser*innen. Und Männer* sind im Feminismus willkommen.
Mhmm. Ja. Ganz willkommen.
Ernsthaft, wie wenig Ahnung hat sie von der Männerfeindlichkeit des Feminismus?
Das müssen wir immer und überall klarstellen, auch wenn es manchmal anstrengend sein kann. Und wir müssen unsere Diskussionen so führen, dass sie alle* abholen – und nicht nur diejenigen, die sowieso schon dabei sind. Theoretische Begriffe sollen nicht als Totschlagargumente gelten. Um das klar zu machen, brauchen wir Feminismus nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis.
Der ganze Feminismus besteht nur aus theoretischen Begriffen als Totschlagargument. Die Theorie baut auf einem starken Gut-Böse Schema auf. In einer Kategorie immer binär angelegt und auf die ganze Gruppe erstreckt. Der eine ist privilegiert und muss seine Privilegien abbauen. Der andere ist benachteiligt und kämpft einen gerechten Kampf gegen die Privilegierten.
Vom Alltagssexismus zum Alltagsfeminismus
Das bedeutet vor allem, dass wir uns nicht nur über Geschlechterrollen unterhalten. Sondern auch, dass wir im Alltag daraus ausbrechen. Doch das fällt Männern* noch immer deutlich schwerer als Frauen*. Noch immer ist es gesellschaftlich stigmatisiert, wenn Männer* in der Öffentlichkeit weinen, sich die Fingernägel lackieren oder lieber zum Ballett als zum Fussballspiel gehen.
Warum sollte ich mir auch meine Fingernägel lackieren wollen? Und Ballett ist nun auch nicht gerade spannend, auch wenn ich nicht der größte Fußballfan bin.
Aber das sind ja absolute Kleinigkeiten. Die Welt wird nicht besser, wenn man sich die Fingernägel lackiert und zum Ballett geht.
Wobei das ein sehr schwacher Beleg dafür ist, dass Männer schwerer ausbrechen. Die meisten Frauen hätten genau so Probleme damit aus ihrer Rolle in bestimmte Richtungen auszubrechen. Bei einigen fängt das damit an eine Bohrmaschine in die Hand zu nehmen oder mal eben nicht zu heulen, wenn es etwas rauer zugeht. Einfach mal einen Spruch wegzustecken statt sich darauf berufen, dass man eine Frau ist und deswegen so etwas gegen einen nicht statthaft ist. Genug Frauen würden schon nicht bereit sein eine Woche ungeschminkt durch die Gegend zu laufen und ihr „wahres Gesicht“ zu zeigen.
Noch interessanter wird es dann, wenn es um die Partnerwahl geht und die Frage wie attraktiv so ein beständig gefühlezeigender Mann ist, der aller (toxischen) Männlichkeit entsagt hat.
Und daran haben auch Frauen* (selbst die emanzipierten unter uns) einen Anteil. Denn auch Frauen* können sexistisch sein.
So beispielsweise, wenn sie erwarten, dass der Mann* beim ersten Date bezahlt, denn das sei ja «Tradition». Wenn sie ihrem tränenüberströmten Sohn raten, «seinen Mann zu stehen», statt ihn in den Arm zu nehmen und ihm zuzuhören. Oder wenn sie einen «starken» Partner suchen, der sie beschützt. Damit stehen sich Frauen* selbst im Weg: Denn, wenn es ein «starkes Geschlecht» gibt, gibt es per Definition auch ein «schwaches». Neue Frauenbilder und neue Männerbilder bedingen sich gegenseitig.
Eben: So hart wie der typische Mann wollen Frauen gar nicht leben. Vielen gefällt es ganz gut, dass „weichere“ Geschlecht zu sein und sie haben nichts gegen eine Arbeitsteilung. Sie mögen einen starken Partner und müssen an dessen Seite auch nicht unterlegen sein, denn Weiblichkeit ist nicht schwach im Sinne von Unterlegen.
Das ist nicht zuletzt relevant für die Gewaltdebatte. Um Gewalt gegen Frauen* (und Männer*) zu bekämpfen, reicht es nicht aus, die Gewalttat an sich zu verurteilen. Wir müssen in Frage stellen, dass körperliche Überlegenheit und aggressives Verhalten noch immer als besonders «männlich» gelten. Natürlich wird nur eine Minderheit «starker» Männer* effektiv auch gewalttätig. Das relativiert aber nicht die Tatsache, dass die Ursache vieler Gewalttaten in der Vorstellung liegt, dass ein «richtiger» Mann* eben auch mal zuschlägt. Diese Vorstellung ist erlernt, nicht naturgegeben: Sie wird Jungs vom Kindesalter an in Büchern und in Spielfilmen, im Sport und auf dem Spielplatz vermittelt. Will heissen: Sie ist sozial konstruiert. Und daher veränderbar.
Gar nicht männerfeindlich diese Vorstellung einfach mal so als typisches Männerbild auszugeben. Es gilt immer noch weit eher „Ein Mann schlägt keine Frauen“. Noch niht mal, wenn sie ihn schlägt. Gewalt war immer schon weitaus eher gegen andere Männer gerichtet, aber auch das ist im wesentlichen passe, Wettbewerbe werden heute nicht mehr über körperliche Gewalt ausgetragen und ein zuschlagender Mann außerhalb der Notwehr gilt weit eher als primitiv, sofern er nicht Frauen beschützen soll.
Wir leben in einer Gesellschaft mit einer sehr sehr niedrigen Gewaltrate. Einer der niedrigsten in der Geschichte jemals. Im Feminismus wird so getan als würden sich alle Männer pausenlos kloppen.
Solidarität statt Geschlechterfronten
Um traditionelle Männlichkeitsvorstellungen zu verändern, müssen wir im Kleinen, Alltäglichen ansetzen. Unsere Freunde, Söhne und Mitarbeiter wissen lassen, dass sie nicht «stark» sein müssen, um als «richtige» Männer* zu gelten. Unseren eigenen Alltagssexismus reflektieren. Und uns mit Männern* solidarisieren, die aus traditionellen Rollenbildern ausbrechen wollen. Frauen* müssen sich nicht nur gegenseitig, sondern auch die Männer* «empowern» – und es ihnen dadurch leichter machen, dem Teufelskreis der toxischen Männlichkeit zu entkommen.
Nur das die eben gar nicht toxisch ist und da nicht viel auszubrechen ist. Weil sie ein falsches Bild von Männlichkeit zeichnet. Das Verhalten der meisten Männer ist vollkommen okay und sie tun niemanden etwas. Sie müssen sich nicht ändern und können so bleiben wie sie sind.
Männlichkeit und Weiblichkeit müssen gleichermassen diskutiert werden. Doch damit neue Rollenbilder nicht nur auf dieser Diskussionsebene verharren, sondern in den Alltag Einzug halten, müssen alle* daran teilnehmen. Wir Feminist*innen müssen Männer* als gleichberechtigte Partner – und nicht bloss als Sympathisanten – an unseren Demos und Podiumsdiskussionen willkommen heissen. Wir müssen unsere Botschaft so klar wie möglich formulieren, damit sie bei allen* ankommt. Wir müssen gemeinsam auf die Strasse, um unser Recht auf Rollen und Identitäten einzufordern, die von der «traditionellen» Geschlechternorm abweichen. Denn nur so kommen wir zu unserem Ziel: zu einer toleranten, gleichberechtigten und gewaltfreien Gesellschaft.
Aber nur solange sie einsehen, dass es toxische Männlichkeit gibt. Was die meisten eben gar nicht so sehen und das durchaus zurecht. Sobald man sie darauf anspricht ist es dann bei den meisten Feministinnen vorbei mit der Gleichberechtigung: Die erfordert eben erst, dass man deren Ideologie akzepiert.
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