Sexuelle Orientierung und Neurokognitive Eigenschaften

Eine interessante Meta-Studie untersucht welche Eigenschaften Schwule und Lesben abweichend von hetereosexuellen Männern und Frauen haben. Wenn die Theorien stimmen, dass sowohl die sexuelle Orientierung als auch bestimmte geistige Eigenschaften durch insbesondere pränatale Hormone geprägt werden, dann müssten bei Schwulen die kognitiven Eigenschaften im Schnitt eher zu dem sonst bei Frauen anzutreffenden verschoben sein und bei den Lesben wäre es genau umgekehrt. Jeweils sofern beide durch pränatales Testosteron geprägt sind.

Aus dem Abstrakt:

Highlights

We conducted a meta-analysis on sexual orientation difference in cognitive ability.

Gay men were sex-atypical in both male- and female-favouring cognitive performance.

Homosexual women were sex-atypical only in male-favouring cognitive performance.

Effect size differed across cognitive domain and exclusivity of homosexuality.

Implications for the neurobiology of sexual orientation are discussed.

Abstract

The cross-sex-shift hypothesis predicts that homosexual men and women will be similar in certain neurobehavioral traits to their opposite-sex counterparts. Accordingly, it predicts that homosexual men should perform in the direction of heterosexual women, and homosexual women in the direction of heterosexual men, on neurocognitive tests that show normative sex differences. We conducted a meta-analysis on the relationship between sexual orientation and cognitive performance, and tested the effects of potential moderating variables separately by sex. A total of 106 samples and 254,231 participants were included. The meta-analysis revealed that homosexual men performed like heterosexual women in both male-favouring (e.g., spatial cognition) and female-favouring (e.g., verbal fluency) cognitive tests, while homosexual women performed like heterosexual men only in male-favouring tests. The magnitude of the sexual orientation difference varied across cognitive domains (larger for spatial abilities). It was also larger in studies comparing exclusive heterosexuals with exclusive homosexuals compared to studies comparing exclusive heterosexuals with non-exclusive homosexuals for both sexes. The results may narrow down potential sites for sexual orientation-related neural differences.

Quelle: Sexual orientation and neurocognitive ability: A meta-analysis in men and women

Der Artikel bietet einen guten Überblick über die Forschung zu Unterschieden in den kognitiven Fähigkeiten:

Sex differences in cognitive abilities are well documented.

Typically, men score higher than women, on average, on spatial tasks involving mental rotation of three-dimensional figures, spatial visualization (such as paper folding), disembedding (finding simple figures hidden in more complex forms), spatial perception (determining horizontal and vertical angles), maze navigation, spatial learning and navigation (including tests of way-finding in real-world settings as well as on computerized tests such as the Morris Water Maze), and targeting and intercepting objects.

Women score higher than men, on average, on tests of phonetic and semantic fluency, verbal memory, object location memory, visual memory, facial emotion recognition, and some tests of social cognition (e.g., Coluccia and Louse, 2004, Hyde, 1981, Kimura, 2002, Voyer et al., 1995).

Das sind hier auch schon häufiger besprochene Unterschiede.  Räumliches Denken vs. Sprache etc

Aus den Ergebnissen:

und eine nähere Aufschlüsselung nach Eigenschaften:

Das Ergebnis, dass Frauen, die gut im Bereich räumliche Fähigkeiten sind oft auch gleichzeitig gut im Bereich sprachlicher Fähigkeiten sind, war hier auch schon besprochen worden.

Aus der Diskussion:

This meta-analysis produced five main findings.

  • Firstly, homosexual men were sex-atypical in both male- and female-favouring cognitive performance, while homosexual women were sex-atypical only in male-favouring cognitive performance.
  • Secondly, the magnitude of sexual orientation difference was larger in spatial than non-spatial domains for both sexes (but largest in men).
  • Thirdly, moderator analyses showed that the difference was larger in studies comparing exclusive heterosexuals with exclusive homosexuals comp ared to studies comparing exclusive heterosexuals with non-exclusive homosexual groups for both men and women.
  • Fourthly, there was no effect of age or education level on the sexual orientation difference in either sex.
  • Finally, there was considerable heterogeneity in the data, especially for men.

Auf homosexuelle Männer treffen die geschlechtsuntypischen Leistungen also zu, bei homosexuellen Frauen haben sich nur die Eigenschaften verbessert, die sonst bei Männern besser sind.

Im Bereich des räumlichen Denkens waren die Unterschiede am größten (ich vermute, weil dabei die meisten Gemeinsamkeiten bestehen in Bezug auf zB pränatale Hormone zum richtigen Zeitpunkt)

Ausschließlich Homosexuelle zeigten diese Unterschiede eher als nicht exklusiv Homosexuelle.

Alter und Grad der Ausbildung hatten keinen Effekt auf die Unterschiede.

Es bestand eine größere Spanne in den Effekten, besonders bei Männern.

Cognitive domain was an important factor for both sexes. For men, effect size was highest for spatial tasks, moderate for verbal tasks, and small for other tasks. For women, effect size was higher for other tasks and spatial-related tasks (the effect size difference between other and spatial-related tasks was very small, 0.01), and small for verbal-related tasks.

[…]

In sum, the present findings suggest that there are sexual orientation-related differences in certain cognitive functions that follow the pattern of a cross-sex shift, especially in men. Cognitive domain and exclusivity of homosexuality appear to be significant moderators of these differences. Future work should examine whether sexual orientation-related cognitive differences are associated with structural and functional brain differences and quantify the neurodevelopment of this association over the life-course.

Diese weitere Forschung würde ich in der Tat sehr interessant finden.

Es stellt sich die Frage, ob die Ergebnisse abseits der Biologie begründet werden können.

Mit Theorien, die auf eine unterschiedliche (frühkindliche) Erziehung von Männern und Frauen abstellen scheint mir das schwer vereinbar zu sein.

Allenfalls könnte man anführen, dass es eine Art Identitätsding ist: Weil sie mit Männern schlafen sehen sich Schwule eher als Frauen und unterwerfen sich den diesbezüglichen Klischees. Macht aber wenig Sinn, denn Schwule sehen sich ja als Männer. Zudem hätte es dann auch eine gewisse Beliebigkeit und es wäre auch unklar, warum Frauen bei der Sprache nach wie vor gleich gut abschneiden.

Fällt euch eine Erklärung ein, die das rein sozial begründet?

 

vgl auch:

11 Gedanken zu “Sexuelle Orientierung und Neurokognitive Eigenschaften

  1. Ich frage mich bei solchen Studien immer, wie die an die Probanden kommen. Ist es dann ein Effekt, der mehr über die Auswahl aussagt als über das Objekt oder doch nicht?

    Der Punkt ist sexuelle Orientierung ist nicht so offen und klar wie Geschlecht. Es gibt auch eine Findungsphase, bis man die biologischen Signale richtig deutet. Die Frage ist, wäre ich in der vorgekommen, wäre ich da als homosexuell vorgekommen oder nicht? Die Chancen sind gut, dass nicht. Und wie wäre es denn ändern klar männlichen homosexuellen Ingenieuren ergangen, die ich in meinem Berufsleben getroffen haben? Also, warum so viele Homosexuelle als Leistungsträger in einem Bereich mit sehr männlichen Skillanforderungen? Wie passt das zur Normalverteilung?

    • Hilfe, dann bin ich ja seit frühester Jugend schwul und habs nicht gemerkt 🙂
      Von viel schlimmeren Praktiken will ich gar nicht erst reden.

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