Frauen als Zuckerguss und Stahlträger

Margarete Stokowski bedient mal wieder die Opferrolle der Frau:

Harmonische FeiertageFrauen als Stahlträger und Zuckerguss

Geschenke besorgt, Essen gekocht, Schwiegereltern angerufen. An Weihnachten zeigt sich: Die Welt glaubt immer noch, dass Frauen anderen das Leben schöner machen sollen. Wie wäre es an dieser Stelle mal mit Streik?

Die Welt, dass sind übrigens Männer und Frauen. Häufig genug sind es durchaus auch Frauen, die eben ein Weihnachtsfest auf bestimme Weise ausgestalten wollen. Und gegen sich selbst zu streiken ist in der Hinsicht eben nicht so einfach.

Eine Gans ist im übrigen auch kein so wahnsinniger Aufwand: Sie muss zwar lange in den Ofen, aber das besagt ja wenig über die Arbeit die man damit hat. Die Klöße gibt es aus der Packung und den Rotkohl aus dem Glas.

Natürlich: das ist nicht das Einzige, was zu Weihnachten erledigt werde muss: Die Geschenke müssen besorgt werden, es muss eingekauft werden, das Haus muss vielleicht geschmückt werden und geputzt werden, wenn man Besuch hat und je nach Verhältnis zu insbesondere der Schwiegermutter oder der eigenen Mutter kann das natürlich stressig sein.

Aber es ist ja nun nicht so, dass besonders stressige Zeiten oder Überstunden in einem Bereich Männern fremd sind. In ihrer kostenlosen Versorgerrolle gegenüber der Familie sind es weitaus eher die Männer, die die Überstunden machen.

Fröhliche Weihnachten, das heißt immer auch, fröhliche Tage in einer Welt, die von Frauen zusammengehalten wird. Frauen, die sich kümmern, weil es sonst niemand tut, weil sonst alles zusammenbricht.

Und üblicherweise auch Männer, die einen ganz wesentlichen Teil  des dafür erforderlichen Geldes dafür verdienen. Und die in den meisten Familien ja auch ihren Teil machen: Hier ein Geschenk kaufen, dort den Weihnachtsbaum kaufen und aufstellen, Getränkekisten erwerben und in den Keller schleppen oder eifrig um die Bewahrung des Hausfriedens zwischen einer gestressten Mutter und aufgeregten Kindern und den weiteren Verwandten bemüht sind.

Ich habe gelesen, es gibt Planungen für einen Frauen*streik am 8. März, und wie könnte ich anders, als das gut zu finden? Aber viel interessanter wäre ein Frauenstreik über Weihnachten. Nicht im Sinne der Niederlegung von Erwerbsarbeit, sondern als Verweigerung der Familien-, Beziehungs- und emotionalen Arbeit, die am Ende dazu führt, dass die Geschenke unterm Baum liegen, das Essen auf dem Tisch steht und die Schwiegereltern angerufen werden. Einmal diese Apokalypse sehen!

Ja, oder der Männerstreik bei dem diese das Weihnachtsgeld für ihre Hobbys ausgeben statt es der Familie zukommen zu lassen und dann zusehen, wenn das Geld nicht mehr für die Geschenke, den Baum und die Weihnachtsdeko reicht. Das wäre ungefähr auf dem gleichen Niveau.

Natürlich liegt es auch an jeder Frau, wie sie ihren Mann oder andere Mitglieder der Familie an einem Weihnachtsessen oder den Vorbereitungen beteiligt bzw an einer Familie, wie sie eine solche Arbeit untereinander verteilt,  aber wenn man eine Arbeitstteilung hat, bei der sie Halbtags arbeitet, damit Zeit für den Haushalt bleibt und er Ganztags arbeitet, damit das Geld vorhanden ist, ist es auch nicht ungerecht, wenn sie Familienarbeit im Rahmen dieser Absprache erledigt.

Und die Carearbeit ist eh etwas, was Feministinnen beliebig ausweiten und zu einer ungeheuren Belastung ausbauen. Jedes freundliche Wort, jedes anhören von Sorgen, jedes Einkaufen, ist wertvolle Carearbeit, bei der die Frau ausgebeutet wird. Seinen Kindern ein Geschenk zu kaufen kann dabei natürlich auch schlicht etwas schönes sein, was Spass macht (und muss in den Zeiten von Amazon auch nicht sonderlich in Stress ausarten).

In Stokowskis Welt ist es natürlich Schwerstarbeit, bei der die Frau schuftet und der Mann gemütlich Zigarre raucht, jedes sprechen mit den Kindern ist bei ihr Carearbeit, während er so etwas aus Prinzip nicht macht.

Frauen sind immer noch die Stahlträger und der Zuckerguss dieser Gesellschaft. Das ist an Weihnachten am irrsten, wenn sie wochenlang dafür sorgen, dass dieses Konzentrat bürgerlicher Vorstellungen von Familie und Harmonie halbwegs ansehnlich ausfällt und man den Kindern dann erzählt, dass irgendwelche drolligen Fantasiefiguren die Geschenke besorgt hätten. Konkret: ein Kind oder ein alter Mann, aber nie eine Frau.

Das Feindbild ist schon tief verinnerlicht, wenn man da wochenlange Arbeit zusammenfantasiert und meint, dass das Geschlecht der Fantasiefigur da wirklich von Bedeutung ist.

Natürlich hat auch der Mann seinen Teil dazu beigetragen, er hat in diesem klassischen Bild die Geschenke bezahlt (und in der klassischen Hausfrauenehe bezahlt er letztendlich sogar sein eigenes Geschenk und bedankt sich dann für dieses bei seiner Frau).

Gleichzeitig berichten die Betreiberinnen von Frauenhäusern oder Hilfetelefonen regelmäßig, dass sogenannte häusliche Gewalt gegen Frauen um Weihnachten herum besonders zunimmt, was kein Wunder ist bei einem Fest, das hauptsächlich darin besteht, besoffene Angehörige zu ertragen.

Natürlich ist Gewalt in einer Beziehung schlecht. Aber es darauf runter zu brechen, wer in eine Frauenhaus geht, ist schon deswegen etwas simpel, weil es nun einmal keine Männerhäuser gibt. Und natürlich gibt es auch genug Provokationen und Streitigkeiten, die von den Frauen angefacht und ausgetragen werden.

Ich muss da immer an Bill Burs Video Denken:

Was Gewalt nicht schönreden soll oder in Abrede stellen soll, dass es auch Männer gibt die gewalttätige Mistkerle sind und ihre Frauen ohne Grund schlagen.

Eva, Intrigen, Total-Absturz

Die allerbesten Chancen, Aufmerksamkeit zu bekommen, haben Frauen immer noch, wenn sie sich der Rolle der Harmonieversprüherin unter den Menschenartigen verweigern. Die ganze christliche Tradition beruht auf der Erzählung über eine Frau, die sich angeblich danebenbenommen hat. Eva, die erste freche Frau.

Die armen Frauen, die sonst immer nur Harmonie versprühen. Engeln gleich schweben sie durch die Welt, tun Gutes, bis ein Mann sie schlägt um sie zu unterdrücken.

Nie hat eine Frau von sich aus Stress gemacht, nie ihren eigenen Anteil an Streit.

Und dann geht man im Jahr 2018 in einen beliebigen Kiosk und findet immer noch Zeitschriften, deren komplettes Geschäftsmodell daraus besteht, die vermeintlichen Verfehlungen (essen, trinken, selbst entscheiden) von Frauen zu dokumentieren: „Jennifer Aniston: ihre peinliche Trennungslüge!“, „Katie Holmes: Total-Absturz! Dramatische Schock-Fotos! Jetzt droht Katie die Psychoklinik“ („InTouch“).

Wer ist im übrigen der Hauptkonsument dieser Artikel? Die überwiegend weibliche Leserschaft. Weil man eben im Rahmen intrasexueller Konkurrenz gerne über Verfehlungen der anderen liest.

Die „In“ berichtet über den „Krieg“ der Promi-Mütter, die „Bunte“ lässt Boris Becker über seine Trennungsgründe sprechen („Sie hatte die falschen Freunde, sie hatte Probleme mit meinen großen Kindern“) und die „Gala“ forscht in England den „Intrigen am Hof“ nach, weil es unmöglich sein kann, dass Kate und Meghan einfach alles im Griff haben. Und sie alle sind bereit, seitenlang Mutmaßungen über innere Zustände zu halluzinieren, sobald sie eine prominente Frau beim Nichtlächeln erwischen, dem Verstoß gegen die erste weibliche Bürgerpflicht.

Und auch hier: Sie zeichnet ein sehr einseitiges Bild. Natürlich hat die Bunte auch Lilly Becker gerne zu Wort kommen und die Intrigen am Hof sind eben genauso intrasexuelle Konkurrenz. Zumal man über Harry ja nun auch genug geschrieben hat.

Alle Promis haben Paparazzi, die aus allem gerne einen Skandal machen wollen. Ob Mann oder Frau.

„Lächel doch mal“

Ich würde gern behaupten, dass es übertrieben ist zu behaupten, Frauen seien immer noch dafür zuständig, die Welt mit Liebe zu dekorieren, aber dazu wird Frauen immer noch viel zu oft in den unmöglichsten Situationen ein „Lächel doch mal“ oder „Warum so ernst?“ reinpenetriert, wenn sie gerade auf den Bus warten oder ein Graubrot kaufen. Würden Männer gleich oft solche Kommentare hören, gäbe es wahrscheinlich dreimal so viele Amokläufe, nur eine kleine optimistische Schätzung.

Oh, wenn Männer von allen möglichen Frauen gesagt bekommen würden, dass sie doch mal lächeln sollen, ich glaube sie würden das ganz interessant finden, als Interesse ansehen, als Versuch der Kontaktaufnahme und als Einstieg in einen Flirt. Und natürlich gibt es auch genug über die Gemütsregungen diverser männlicher Stars.

„Der einzige Grund dafür, warum die Welt noch nicht in Flammen steht, ist die Fähigkeit von Frauen, ihre Gefühle im Griff zu behalten“, hat Alena Schröder vor Kurzem im „SZ Magazin“ geschrieben.

Was für ein idiotischer Satz. Hat mich gleich dazu veranlasst, den Artikel mal nachzuschlagen:

Der einzige Grund dafür, warum die Welt noch nicht in Flammen steht, ist die Fähigkeit von Frauen, ihre Gefühle im Griff zu behalten. Wenn die weibliche Hälfte der Menschheit mit ihrer berechtigten Wut über Sexismus und Unterdrückung genauso umgehen würde, wie es die männliche Hälfte der Menschheit in den vergangenen Jahrtausenden getan hat, läge das Patriarchat längst in Trümmern. Und der Planet wahrscheinlich auch.

Dass Wut nach wie vor ein männliches Privileg ist, konnte man in der vergangenen Woche beispielhaft in den USA beobachten, wo die Psychologieprofessorin Christine Blasey Ford vor dem Kongress aussagte, von Brett Kavanaugh, dem designierten Kandidaten für einen lebenslangen Sitz im obersten Gerichtshof der USA, als 15-Jährige massiv sexuell bedrängt worden zu sein.

Frauen, die ihre Wut zurückhalten? Wo denn das? Ich vermute mal die feministische Autorin schließt das daraus, dass Frauen doch über die fiese patriarchische Welt, von der sie ausgeht wütend sein müssten. Dass diese die meisten Frauen gar nicht sehen und schlicht deswegen nicht wütend sind kann einer Fanatikerin natürlich nicht in den Sinn kommen. Um so bizarrer, wenn es mit den Anschuldigungen gegen Kavanaugh begründet wird, die sich inzwischen ja als falsch herausgestellt haben.

„Frauen haben verinnerlicht, wie wichtig es für die öffentliche Wahrnehmung ist, dass sie ihre berechtigten Anliegen freundlich vortragen.“ Aber nicht nur für die öffentliche. Zumindest kenne ich auch aus dem Privatleben wenig Geschichten über Männer, die Konflikte mit der Familie so lächelnd wie möglich ertragen, um sich anschließend auf der Toilette einzuschließen und vor Wut zu weinen.

Ich kenne Konflikte zwischen Frauen eigentlich eher so, dass sie nicht mit einem Lächeln ausgetragen werden, sondern mit vielen Spitzen, Vorwürfen, kleinen Verächtlichmachungen und Abwertungen und mit ziemlich viel Auslegungen auf eine möglichst ungünstige Weise („Das hat sie doch nur gesagt, weil sie weiß, dass …“). Es mag sein, dass Frauen dann eher auf der Toilette weinen als Männer. Weil Männer eben eine andere Art und Weise haben so etwas auszutragen. Und weil sei schlicht weniger emotional an solche Themen herangehen.

Jetzt könnte man sagen, Frauen sollen das alles eben nicht mitspielen, und natürlich gibt es längst Frauen, die sich dem Wahn verweigern. Das ist schön, aber nicht die einzige Lösung, weil die feministische Lösung für Probleme der Ungleichheit nie sein kann, Frauen einfach einen Tick mehr Kampf ans Herz zu legen.

„Einen Tick mehr Kampf“. Warum eigentlich nicht? Oder noch besser: Ein sachliches Ansprechen, was ihr nicht gefällt und eine konstruktive Planung für das nächste Jahr. Keiner verlangt, dass sie alles alleine macht, nur muss sie dann eben auch bereit sein, bestimmte Aufgaben abzugeben und einverstanden damit sein, dass der andere sie auf seine Weise durchführt.

Es gibt ein Kunstprojekt von Tatyana Fazlalizadeh, das „stop telling women to smile“ heißt. Der Adressat: eine Welt, die glaubt, dass Frauen dazu da sind, anderen das Leben schöner zu machen. Eine Welt, in der Frauen geben und Männer nehmen. Eine Welt, die es verdient hat, angezündet zu werden. Fröhliche Weihnachten!

Welch schreckliche Welt, in der gelegentlich Frauen  gelegentlich darum gebeten werden zu lachen. Ich hatte dazu meine Sicht schon mal dargestellt:

Nun ist „lächele doch mal“ erst einmal eine harmlose Aussage. Sie stammt vermutlich daher, dass gerade Männer für sie interessantere Frauen nicht gerne traurig sehen und dies quasi beenden wollen, ihnen aber sonst nichts einfällt.

Aber hier ist es natürlich schlicht die Unterwerfung der Frau und ein Grund die Welt anzuzünden.

Ich wäre jedenfalls für einen Streik feministischer Frauen, gerne auch Stokowski, zu haben.  Vielleicht zusammen mit dem Streik der Gender Studies