Gewaltstudie -NRW will die Dunkelziffer aufklären und meint, dass Gewalt gegen Männer damit deutlicher werden könnte

Die Welt berichtet:

Erst wer Licht in dieses Dunkelfeld bringe, werde fundierte Aussagen treffen können – zu Ausmaß, Tätern oder Opfertypen. Davon sind die Fachleute in NRW überzeugt. Weshalb Frauenministerin Ina Scharrenbach und Innenminister Herbert Reul (beide CDU) Anfang Januar die bundesweit erste repräsentative und alle Opfertypen umfassende Dunkelfeldstudie zum Thema starten werden, wie WELT vorab erfuhr. Die Untersuchung soll Opfer männlichen Geschlechts ebenso in den Blick nehmen wie solche aus schwulen oder lesbischen Beziehungen. Denn bei diesen Opfergruppen vermuten deren Vertreter eine besonders ausgeprägte Scheu, Leiderfahrungen bekannt zu machen, also ins Hellfeld zu treten. Außerdem möchte das Land sicherstellen, dass auch Migrantengruppen ihrem Bevölkerungsanteil entsprechend unter den Befragten zu finden sind, damit auch über Menschen mit Zuwanderungsgeschichte als Opfer und Täter verlässliche Aussagen möglich werden.

Das man bewusst nicht auf den Mann als Täter und die Frau als Opfer fixiert ist, ist natürlich ein Vorteil. Allerdings ist die Dunkelziffer natürlich auch sehr schwer aufzuschlüsseln und noch viel mehr Arbeit würde es sein, da wirklich belastbare Informationen zu erhalten.

Wer nur fragt „Wurden sie geschlagen“ der erfährt eben nichts zu den Hintergründen der Tat, ob dem eine starke Provokation vorausgegangen ist und ob der andere evtl sogar vorher zugeschlagen hat.

Ministerin Scharrenbach sagte zu WELT, „nach den widerlichen Übergriffen in der Kölner Silvesternacht 2015/16“ sei es ihr ein persönliches Anliegen gewesen, „dass die Landesregierung mit ihrer Arbeit dazu beiträgt, das Dunkelfeld zu erhellen“. So unvorhersehbar die Ergebnisse dieser Untersuchung auch sind, eines ist klar: Mit großer Wahrscheinlichkeit werden sie belegen, dass das Bundesfamilienministerium die Ausmaße der Beziehungsgewalt viel zu niedrig beziffert hat. Es ist zwar richtig, dass bundesweit nur rund 140.000 Opfer in der Polizeistatistik registriert sind, wie vom Bundesministerium vermeldet wurde. Falsch dürfte aber Giffeys Einschätzung sein, es gebe darüber hinaus vermutlich Hunderttausende nicht gemeldete Fälle.

Im NRW-Frauenministerium hält man diese Zahl für viel zu niedrig. Und verweist auf die bislang einzige, allerdings nicht repräsentative Dunkelfeldstudie zum Thema aus Niedersachsen. Dort wurde eine ganz andere Größenordnung erkennbar. Vom Land beauftragte Forscher kamen dort 2014 zu dem Ergebnis, in 7,8 Prozent aller Partnerschaften sei es 2012 zu Gewalt gekommen. Rechnete man diesen Prozentsatz auch nur auf die fast 21 Millionen registrierten Ehen und Lebensgemeinschaften in der Bundesrepublik hoch, wären das grob gerechnet 1,6 Millionen Menschen – nicht nur Hunderttausende.

Bei einer hinreichenden Aufweichung des Gewaltbegriffs dürften es etwa 84 Millionen sein. Damit kann man dann beliebige Programme rechtfertigen.

Ein anderes Ziel der Studie ist dagegen unstrittig: Der Anteil männlicher Opfer soll verlässlicher erforscht werden. FDP-Politikerin Schneider sagte dieser Zeitung, man müsse hier von einem besonders hohen Dunkelfeld ausgehen, weil alles darauf hindeute, „dass Männer sich besonders schämen, als Opfer einer Frau zu gelten“. Dass laut der von Giffey zitierten Kriminalstatistik nur 18 Prozent der Opfer männlich seien, gebe nicht die tatsächlichen Ausmaße wider, so Schneider.

Dem stimmt auch Arne Hoffmann vom Männerrechtsverband MANNdat zu. WELT sagte er, die öffentliche und politische Unterstützung für männliche Opfer sei deutschlandweit unterentwickelt. Umso löblicher, dass sich dies in NRW nun erstmals ändere. Giffey hingegen hatte jüngst gesagt, Männer stellten nur eine eher kleine Opfergruppe dar, deshalb werde die vom Bund unterstützte Telefon-Hotline für Opfer häuslicher Gewalt auch weiterhin unter dem Titel „Gewalt gegen Frauen“ firmieren.

Hier freut mich die Erwähnung von Arne.  Und das macht die Studie sicherlich auch für Männerrechtler interessant: Würde dort herauskommen, dass Männer und Frauen in der Dunkelziffer gleich stark betroffen sind, Männer aber eigentlich mehr Hilfe brauchen, weil sie sich schämen, dann wäre das ein Ergebnis, was die Politik zu entsprechenden Schritten auch für Männer veranlassen könnte.