Lucas Schoppe schreibt einen wie immer lesenswerten Artikel zu #MenAreTrash etwas dazu, wie die radikalen Vorwürfe im Feminismus gerade gegen weiße Männer einer Aufkündigung der Kooperation gleichkommen:
In der Spieltheorie nämlich ist schon lange deutlich, dass die sogenannte Tit-for-Tat-Strategie oft sehr sinnvoll ist. Damit wird auf des Verhaltens des anderen Spielers reagiert: Wenn dieser kooperiert, kooperiert man auch selbst – wenn er sich der Kooperation verweigert, zieht man sich ebenfalls aus der Kooperation zurück. Besonders gute Folgen hat diese Strategie, wenn man selbst mit einem Signal der Kooperation beginnt.
Der Sinn ist leicht nachzuvollziehen. Kooperation wird mit Kooperation belohnt, und dadurch können sich dann Strukturen eines gemeinsamen Handelns ausbilden. Demjenigen aber, der die Kooperation verweigert, werden sofort die Vorteile der Kooperation entzogen.
Würden wir hingegen unsere Kooperationsbereitschaft einfach aufrecht erhalten, obwohl der andere sichtbar nicht kooperiert – dann würden wir dessen Verweigerung sogar noch belohnen. Er könnte die Vorteile der Kooperation einstreichen, ohne die Investitionen für sie leisten zu müssen.
Wer also blind für das Verhalten des anderen stur weiter kooperiert, richtet damit auf lange Sicht sogar Schaden an, weil er ein destruktives Verhalten fördert.
Daher ist in spieltheoretischen Experimenten eine große Mehrzahl von Menschen bereit, sogar eigene Opfer in Kauf zu nehmen, wenn das die Bedingung für die Bestrafung eines anderen ist, der die gemeinsamen Regeln gebrochen hat. Das kurzfristige Opfer lohnt sich, weil damit langfristig gesichert wird, dass andere nicht einfach ungestraft die Strukturen der Kooperation ausnutzen können. Das zeigt übrigens nebenbei auch, wie groß insgesamt der Gewinn der Kooperation auch für Einzelne ist.
Wer aber nun Menschen offen, und gar allein aufgrund biologischer Zugehörigkeiten, als „Müll“ beschimpft, der signalisiert so deutlich wie nur möglich, dass er zu keiner Kooperation mit ihnen bereit ist. Er ist demonstrativ nicht einmal bereit, ihre basale Menschenwürde zu respektieren, nimmt also für die Beschimpfung sogar unverhohlen in Kauf, gemeinsame und grundlegende moralische Regeln zu brechen.
Es ist völlig nachvollziehbar, wenn Menschen auf solch ein destruktives Verhalten hart reagieren. Das ist keineswegs seinerseits verroht. Eine solch harte Reaktion haben wir eben deshalb trainiert, weil wir kooperative Wesen sind und weil wir die Spielregeln der Kooperation verinnerlicht haben.
Ich denke das ist in der Tat etwas, was bei vielen dazu führt, dass sie den radikalen Feminismus ablehnen, wenn er einmal deutlich macht, was er eigentlich vertritt und die Radikalität deutlich wird.
Sie gehen davon aus, dass sie als Frauen kooperativ mit Frauen umgehen und die Männer gehen davon aus, dass sie kooperativ mit Frauen umgehen und sie lehnen daher diese Vorwürfe ab, weil sie sich ein vernünftiges Verhältnis zwischen den Geschlechtern auf dieser Basis nicht vorstellen können.
In der Tat ist in dem Moment eine Zurückweisung solch radikaler Ideen bzw solch radikaler Ablehnung von Männern sehr sinnvoll, wenn man deutlich machen will, dass man weiterhin kooperativ spielt, eben an ein kooperatives Spiel zwischen Menschen an sich und auch den Geschlechtern glauben.
Lucas führt dann an, dass dieser bewusste Bruch mit der Kooperation letztendlich eine Machtdemonstration ist:
Der Kommentator Pjotr schreibt zu #MenAreTrash:
Die eigentliche Mitteilung auf der Beziehungsebene ist: Wir können euch Dinge an den Kopf werfen, ohne dass der grosse Aufschrei erfolgt. Ihr hingegen könnt das nicht. Das heisst: Wir haben die Diskurshoheit.
Tatsächlich wirkt die wegwerfende Betitelung anderer als Müll eben dadurch, dass sie gängige Regeln so frontal wie unverstellt bricht. Seht her: WIR können, ohne Folgen für uns, zivile Regeln brechen, an die IHR euch sorgfältig zu halten habt. So ist dieser Hashtag denn auch vor allem eine offene, schambefreite Demonstration eben derjenigen Privilegien, die zugleich projektiv den Beschimpften untergeschoben werden.
Ich würde es etwas anders sehen und dabei zunächst auf den kürzlich geposteten Artikel zu den Sichtachsen nach politischer Einstellung Bezug nehmen:
- Progressives communicate along an oppressor–oppressed axis, where those who stand up for the underprivileged are good, while those indifferent to the plights of the disadvantaged are bad.
Die Feministen sehen sich als auf der Seite der Unterprivilegierten stehend, sie sehen alles von vorneherein nicht als kooperatives Spiel, indem man eine Zusammenarbeit aufkündigen kann, sondern als Nullsummenspiel um Macht.
Ähnlich wie Terroristen sehen sie in dem Hashtag damit lediglich ein Kampfmittel, eine Provokation, mit der man Leute aufrüttelt und ihnen einen Spiegel vorhält. Dabei kann nichts zu Schaden kommen, denn es existiert eben kein kooperatives Spiel, sondern nur ein Nullsummenspiel: Jede Aufregung der Gegenseite, jede Aufmerksamkeit der Presse, ist in dieser Betrachtung ein Sieg, genauso wie Terroristen häufig nicht begreifen, dass ihre Anschläge die Sache nicht besser machen, sondern im Gegenteil mehr Leute gegen ihre Sache einnehmen.
Und natürlich – da kommt wieder etwas Diskurshoheit und ein Überlegenheitsgefühl hinein – macht es auch Spass der große Provokateur für die gerechte Sache zu sein und es beschert einem eine Menge Punkt in dem Spiel um Virtue Signalling –
„Seht, wie ich den Feind getroffen habe! Seht, wie er mich angreift und ich nicht wanke! Seht, wie hartnäckig ich für unsere Sache kämpfe!“
Das sie eigentlich alles verschlechtern bleibt ihnen verborgen.
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