In der TAZ darf Hengameh Yaghoobifarah sich darüber beklagen, dass Facebook sie wegen der Veröffentlichung des Gedichtes von Sibel Schick gesperrt hat. Sie rechtfertigt das wie folgt:
Dieses Mal schickte sie uns ein Gedicht mit dem Titel „Männer sind Arschlöcher“. Sie beschreibt darin das Dilemma, dass es wenig nützt, einzelne Cis-Männer sympathisch, solidarisch oder süß zu finden, weil ihr Arschlochsein strukturell bedingt sei. Das macht Sinn. Ich sag’s mal, wie es ist: So wie Almans zu rücksichtslosen Kröten erzogen werden, ist die Rolle von Männern im Patriarchat klar definiert und das Verhalten entsprechend. Ausnahmen bestätigen die Regel.
Lieblich. Weiße Deutsche (das ist doch mit Almans gemeint oder?) werden zu rücksichtslosen Kröten erzogen, so ganz objektiv eben, wird man ja wohl noch mal sagen dürfen.
Alle Männer sind eben Arschlöcher.
Dass dieses Gedicht provoziert und polarisiert, ist klar. Niemand möchte aufgrund seines Geschlechts als Arschloch bezeichnet werden. Dann wiederum würde auch niemand behaupten, gerne an die eigene Familiengeschichte der (Mit-)Täter_innenschaft erinnert zu werden. Weil die Konfrontation mit der Realität schmerzhaft sein kann.
Das ist auch so eine typische Rechtfertigung: Es ist okay, dass wir den Männern/Weißen sagen, wie scheiße sie sind, denn man muss sie „mit der Realität konfrontieren“, eben dass sie äußerst schlechte Menschen sind, qua Geschlecht und Hautfarbe.
Damit sie einsehen, wie schlecht sie sind, was sie am ehesten machen, wenn man sie beleidigt.
In der Logik ist ein Aufregen darüber dann ein Beleg, dass es geklappt hat, denjenigen zu konfrontieren. Da derjenige ungerechtfertige Angriffe wegen seiner Gruppenzugehörigkeit und Vorurteilen des Betreffenden gegen diese Gruppe nicht gut findet, weil er selbst ja nichts falsch gemacht hat kann da kein Argument sein. Um so dringender muss er mit seiner Gruppenschuld bekannt gemacht werden.
Eine durch unterdrückende Strukturen geformte Welt
Die Auseinandersetzung mit der eigenen Machtposition ist immer ein anstrengender Prozess, aber auch ein notwendiger. Sex ist ganz cool und so, aber hast du schon mal verlernt, eine rücksichtslose Kröte oder ein Arschloch zu sein?
Veröffentlicht in großen Tageszeiten, hat Kolleginnen in großen Tageszeitungen, die ihre Positionen teilen, jede kleinste dort gestartete Kampagne ihrer Ideologie wird bundesweit aufgegriffen, aber Männer haben per se die Macht über alles. Gut, dass sie sich schon einmal mit ihrer Machtposition auseinandergesetzt hat.
In ihrem Weltbild ist ein Mann eine rücksichtslose Kröte oder ein Arschloch und muss das erst verlernen.
Aber Männerhass gibt es im Feminismus natürlich nicht.
Es nervt, keine Freund_innen unter „Almans hassen diesen Trick“-Memes taggen, keine Selfies liken und vor allem meinen Job nicht machen zu können. Aber wisst ihr, was noch mehr nervt? Dass ein Beitrag, der nicht einmal sexistisch ist, von Facebook gelöscht wird, ein Haufen antisemitischer, rassistischer, völkischer, homofeindlicher, transfeindlicher, sexistischer und anderweitig menschenfeindlicher Beiträge aber nicht.
Tja, wenn man Regulierungen von HateSpeech fordert, dann geht das für jemanden, der seine eigene Hatespeech nicht erkennt eben gerne nach hinten los.
Die Hassprediger_innen von der Bild dürfen ihre ekelhaften Artikel verbreiten, ein polemisches Gedicht über Männer im Missy Magazine wird jedoch zensiert. Auf der von Facebook eingekauften App Instagram wird die Abbildung eines Nippels, der keinem Cis-Mann zugeschrieben wird, schneller gelöscht als die eines Hakenkreuzes.
Leider ist das genau die Welt, wie sie durch unterdrückende Strukturen geformt wird. Deshalb ist das Gejammer von Menschen, die von Antisemitismus, Rassismus und Sexismus profitieren, in Debatten um #MeTwo und #MeToo manchmal lauter als die Stimmen der Betroffenen. Ich bin nicht sauer auf Sibel Schick oder das Missy Magazine, sondern auf Facebook. Ich würde das Gedicht immer wieder teilen.
Das glaube ich ihr sofort. Sie ist so in ihrer Welt, dass sie gar nicht mehr erkennt, was sie dort macht.
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