Unterschiede zwischen linker und rechter Identitätspolitik

Identitätspolitiken sind sowohl im rechten als auch im linken Lager verbreitet. Die Wikipedia zur Definiton:

Der Begriff Identitätspolitik (engl. identity politics) ist eine Zuschreibung für politisches Handeln, bei dem Bedürfnisse einer jeweils spezifischen Gruppe von Menschen im Mittelpunkt stehen. Angestrebt werden höhere Anerkennung der jeweiligen Gruppe, die Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Position und die Stärkung ihres Einflusses. Um die Mitglieder einer solchen Gruppe zu identifizieren, werden kulturelle, ethnische, soziale oder sexuelle Merkmale verwendet. Menschen, die diese Eigenschaften haben, werden zu der Gruppe gezählt und häufig als homogen betrachtet. Menschen, denen diese Eigenschaften fehlen, werden ausgeschlossen.

Der Hauptfehler aller Identitätspolitiken liegt darin, dass sie Mitgliedern einer Gruppe abstrakt bestimmte Eigenschaften zuweisen und diese als homogen sehen und andere entsprechend ausschließen. Dies insbesondere, weil es weitaus eher Normalverteilungen sind, die selbst dann, wenn es unterschiedliche Mittelwerte gibt, immer noch erhebliche Überlappungen in den Trägern haben. Es ist also dieser alte Fehler (wenn überhaupt andere Eigenschaften vorliegen):

Damore Populationen Normalverteilungen

Damore Populationen Normalverteilungen

Aber was unterscheidet nun linke und rechte Identitätspolitik? Es wäre da interessant Verschiedenheiten herauszuarbeiten.

Ich brainstorme daher mal etwas:

  • rechte Ideologien sehen überwiegend eine (zumindest in ihrer Vorstellung) objektiv gegebene Unterscheidung, die die eigene Gruppe überlegen macht. Sie streben wegen dieser Überlegenheit eine Dominanz dieser Gruppe über die anderen Gruppen an („zB die Überlegenheit der weißen Rasse“)
  • linke Ideologien sehen eine kulturell entstandene Unterschiedlichkeit, die eine Gruppe benachteiligt und die andere Gruppe bevorzugt, sie streben eine nach ihrer Vorstellung gerechtere Welt an, in dem diese Unterschiedlichkeit beseitigt wird, was dadurch erreicht wird, indem die schwächere  Gruppe gestärkt wird. Dabei wird gerne ein moralische Überlegenheit der (vermeintlich) schwächeren Gruppe postuliert, das diese gegen eine Unterdrückung/Benachteiligung ankämpft. („Die Kapitalisten haben sich aller Produktionsmittel bemächtigt, diese müssen an das Volk zurück“ „Die weißen/hterosexuellen/Männer haben alle Führungspositionen, diese müssen sie hälftig an die Frauen/PoCs/Homosexuellen  abgeben“)

Man könnte deswegen argumentieren, dass die rechten Theorien gefährlicher sind, da sie die anderen Gruppen als minderwertig ansehen („Die Vernichtung unwerten Lebens“ „Die Reinhaltung des deutschen Blutes“ „Blutschande“). Gleichzeitig wird der Unterschied gering, wenn „Umerziehungslager“ gleichzeitig Todeslager sind, weil man gemerkt hat, dass eine Umerziehung oft schwierig ist und nur oberflächlich die Meinung geändert wird. Hinzu kommt, dass die Zuordnung zum „Gemeinwohl“ auch erlaubt, dass man Leute aussortiert, die dem Gemeinwohl nicht dienen und es nur belasten.

Beides kann recht dicht beieinander liegen, etwa wenn man Frauen Friedfertigkeit und eine Verbesserung der Arbeitswelt zuweist als quasi angeborene Eigenschaft und sie deswegen quas in eine Herrschaft erheben will („Am Wesen der Frau wird die Welt genesen“).

Wie würdet ihr es einordnen?

51 Gedanken zu “Unterschiede zwischen linker und rechter Identitätspolitik

  1. @Christian

    Es ist *Linken* völlig egal, welche Hautfarbe oder welches Geschlecht die Besitzer der Produktionsmittel haben. Kapitalismus ist auch keine Beschreibung einer „Identität“.

    In die biologischen Merkmale „weiß“ und „männlich“ ist man unumkehrbar *hineingeboren*, was die identitären Pseudo-Linken also herstellen, ist eine Analogie zum FEUDALISMUS, in dem man in einen bestimmten Stand hineingeboren ist und dieser die soziale Position in der Gesellschaft bestimmt.
    Dass diese Idioten- und vor allem Idiotinnentheorie (immer geschlechtergerecht sein!) aus den USA kommt ist ironisch, weil es dort seit 1776 keinen Feudalismus gab.
    Hier wird nur besonders deutlich, die Pseudo-Linke muss *zwangsläufig* an der Beschreibung der kapitalistischen Gesellschaft scheitern.
    Die Idee, dass man auf *soziale* Kategorien, wie „Bildung“, „Beruf“, „Einkommen“, „Status“ großzügig verzichten kann, weil biologische – wie Geschlecht und Hautfarbe – existieren, kann nur so lange funktionieren, als es wenigstens eine anscheinsplausible Kausalität gibt.

    Wenn in den USA deutlich mehr junge Frauen als Männer das College besuchen, wird es schwierig von Bildungsnachteilen für Frauen zu reden.
    Wenn „asians“ per Punktesystem am Besuch von Elite-Universitäten gehindert werden müssen, wird es unglaubwürdig, von der *generellen Benachteiligung* von Minderheiten zu sprechen.
    Die Besessenheit der Pseudo-Linken mit Geschlecht und Rasse fällt gerade auf sie zurück, WEIL der Abbau von echten oder empfundenen Benachteiligungen/Diskriminierungen die biologistische Statik ihrer „Theorie“ falsifiziert – der Erfolg gibt ihnen Unrecht.
    Sargon hat durchaus recht, wenn er von einem „ideologischen Kollaps“ dieser Pseudo-Linken spricht.

    Nicht weniger idiotisch ist die rechte Konstruktion bspw. einer „judäo-christlichen“ abendländischen Kultur/Identität. Wenn diese Kultur uns so sehr geprägt hat, wieso wurde der erste Teil bis 1945 so engagiert ausgerottet?
    Natürlich habe ich eine deutsche Identität, mit der ich aber nicht identisch bin, weil ich mich in einer völlig anderen Tradition sehe und auf diese beziehe, als es Rechte gemeinhin tun.
    Der Kampf der Rechten um diese deutsche Identität ist ein notdürftig verkleisterter Revisionismus.

      • Eigentlich sind das Funktionen meine ich.

        Identifikation fällt bei mir nicht auf Arbeiter (das, was ich tue), sondern auf meinen Beruf (wer ich bin).

          • @Christian

            Biiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiitttttttttttttttttttttttttte, lies doch mal eine Zeile Marx im Original.
            Wenn ich dir etwas empfehlen darf, dann lediglich die Vorworte und Nachworte des ersten Bands des Kapitals – das sind Pi mal Daumen 30 Seiten.

            Zum Klassenbegriff Michael Heinrich: „Viele Strömungen des traditionellen Marxismus verstanden die Marxsche Kapitalanalyse in erster Linie als Klassenanalyse, als Untersuchung des Kampfes zwischen Bourgeoisie und Proletariat.

            Den meisten der heutigen Konservativen und Liberalen gelten die Begriffe „Klassen“ und insbesondere „Klassenkampf“ als „ideologisch“, was so viel heißen soll wie „unwissenschaftlich“. In der Regel sind es meistens Linke, die diese Begriffe benutzen.

            Allerdings ist die Rede von Klassen keineswegs spezifisch für Marx. Schon vor Marx sprachen bürgerliche Historiker von Klassen und Klassenkampf und David Ricardo, der wichtigste Vertreter der klassischen politischen Ökonomie, stellte die fundamental gegensätzlichen Interessen der drei großen Klassen der kapitalistischen Gesellschaften (Kapitalisten, Grundeigentümer, Arbeiter) heraus.“

            Womit die Idee, „Klasse“ wäre eine Erfindung von Marx sich hoffentlich ein für alle mal erledigt haben sollte.

          • @crumar

            „Viele Strömungen des traditionellen Marxismus verstanden die Marxsche Kapitalanalyse in erster Linie als Klassenanalyse, als Untersuchung des Kampfes zwischen Bourgeoisie und Proletariat.“

            Das ist doch gerade das typische an einer Identitätspolitik: Zumindest zwei Gruppen werden in einem Nullsummenpiel gegenüber gestellt, die einen sind die guten und die anderen die bösen.
            Und das absolut.
            Es ist auch relativ egal ob Marx das nur als Analyse gesehen hat, solange es im praktischen Kommunismus letztendlich auf eine Identiätspolitik „Wir sind gute Genossen, die sind böse Kapitalisten“ hinaus lief.
            Ich habe noch nicht einmal behauptet, dass Marx den Begriff Klasse erfunden hat.
            ich habe angeführt, dass hier Klasse innerhalb der Ideologie, meinetwegen auch ohne das Marx das wollte, zu einer Identität ausgebaut worden ist. Es sollte eben ein Arbeiterstaat entstehen. Jeder sollte sich mit dieser Position identifizieren und das gegenüber hassen.

          • @Christian

            „Das ist doch gerade das typische an einer Identitätspolitik: Zumindest zwei Gruppen werden in einem Nullsummenpiel gegenüber gestellt, die einen sind die guten und die anderen die bösen.
            Und das absolut.“

            Zwei prinzipielle Missverständnisse:
            1. Zur Ständegesellschaft im Feudalismus *vor* der französischen Revolution:
            „Der Dritte Stand (frz. tiers état) war sozial sehr unterschiedlich zusammengesetzt und umfasste vom Großbürgertum über Handwerkerschaft, Bauernstand und Tagelöhnern bis zu den städtischen Unterschichten alle Personen, die nicht zu den ersten beiden Ständen gehörten. Dies waren 1789 etwa 98% der Bevölkerung: 25 Millionen gegenüber 500.000 Aristokraten und Klerikern.“ (Wiki)

            *Politisch und rechtlich* war der „Dritte Stand“ tatsächlich *eine Gruppe* mit übereinstimmenden politischen Interessen, obwohl diese *sozial* und *ökonomisch* heterogen zusammengesetzt war.
            Wohlbemerkt bildete diese Gruppe die überwältigende Mehrheit der Gesellschaft.
            Ungeachtet deiner oder *irgendeiner* moralischen Wertung.

            2. Ganz anders jedoch die heutige Identitätspolitik in der Spielart der Linken.
            Es gibt keine „Gruppe aller Männer“, die in einem politischen und rechtlichen Rahmen existiert, der nur für diese Gruppe gilt. Vor dem Gesetz gibt es keinen Unterschied der Geschlechter.
            Dass die Politik Männer begünstigt, können wir ins Reich der Märchen verweisen.
            Die Gruppe der Männer ist weiterhin sozial und ökonomisch heterogen zusammengesetzt.

            Kurz: Hatte „Identitätspolitik“ am Vorabend der französischen Revolution mit dem „Dritten Stand“ wenigstens ein *real existierendes Subjekt* mit tatsächlich übereinstimmenden *politischen* Interessen, verweist die aktulle „Gruppe aller Männer“ der Linksidentitären auf eine Leerstelle.
            Ersteres macht eine entstehende „Gruppenidentität“ plausibel, letzteres beschreibt eine „Konstruktion“, ein Märchen.

            Dass die Märchenerzähler sagen, die „einen sind die guten und die anderen die bösen“ ergibt sich aus der Literaturgattung, aber die Aufführung von „Rotkäppchen und der böse Wolf“ ist nicht identisch mit der Realität – zumindest wenn man dem Kindergartenalter entwachsen ist, sollte man das verstanden haben.

            Die „zwei Gruppen (die) in einem Nullsummenpiel gegenüber gestellt“ werden, in unserem Beispiel Männer und Frauen, haben in der Realität wesentlich mehr gemeinsame als sie trennende Interessen.
            Die unterschiedlichen Identitäten, die zum *Zweck* des Nullsummenpiels konstruiert werden, sind die Erfindung der *Spielmacher*.
            Und diese Spielmacher sind die einzigen, die in diesem Spiel etwas zu gewinnen haben – alle anderen verlieren.

          • @ Christian

            es ist bedauerlich, dass Du auf Argumente nicht eingehst, wenn es für Dich argumentativ eng wird. Ich habe den kategorialen Unterschied von „Identität“ und „Interesse“ lang und breit an einem wirklich simplen Beispiel erklärt und aufgezeigt, wie sich bei wechselnder Klassenzugehörigkeit die Interessen verändern, während die „Identität“ so bleibt, wie sie schon immer war. Aber da herrscht bei Dir schlichtes Schweigen.
            Du hattest hier vor ein paar Tagen einen recht interessanten Aufsatz von Walter Benn Michaels gebracht, der nachwies, dass der Abbau von tatsächlichen oder vermeintlichen rassischen und kulturellen Diskriminierungen in den USA über die Jahrzehnte seit dem 2. Weltkrieg hinweg parallel lief mit der gleichzeitigen Zunahme gesellschaftlicher ökonomischer Ungleichheiten. Und dieser Unterschied ist ein Unterschied ums Ganze, wo „Identitäten“ und „Interessen“ kategorial auseinandertreten. Natürlich wird eine linke Politik stets auch auf Beseitigung von Diskriminierungen aufgrund askriptiver Merkmale wie Geschlecht, sexueller Orientierung oder Hautfarbe drängen. Dies muss aber stets eingebunden sein in dem Bestreben, strukturell bedingte sozioökonomische Ungleichheiten zu beheben. Eine Politik, die lediglich Benachteiligungen aufgrund askriptiver Merkmal abbaut, sich aber um die sozioökonomischen Ungleichheiten in der Breite nicht kümmert – und diese sogar ungerührt befördert wie der „progressive Neoliberalismus“ (Nancy Fraser) -, ist nicht links im sozialistischen oder sozialdemokratische Sinne, sondern klassisch LIBERAL. Der Liberale ist für Rechtsgleichheit – und trifft sich da partiell mit „Identitätspolitiken“, soweit es sich um die Beseitigung rechtlicher Diskriminierungen handelt -, aber die Überwindung sozioökonomischer Ungleichheiten interessiert ihn einen Scheißdreck.

      • @ Christian

        Nein, der Besitz von Produktionsmitteln und die damit verbundene soziale Spaltung in „Kapitalisten“ und „Arbeiter“ beruht eben nicht auf „Identitäten“, sondern auf „Interessen“. „Identitäten“ und „Interessen“ sind zwei völlig unterschiedliche Kategorien. Über „Interessen“ kann selbst beim Vorliegen schärfter Konflikte verhandelt und auf dem Kompromissweg ein Interessenausgleich erzielt werden, bei „Identitäten“ geht das nicht, denn niemand verhandelt darüber, wer er ist und wer er sein soll.
        Wenn der Angehörige einer ethnischen Minderheit als Lohnabhängiger tätig ist, dann eint ihn das „Klasseninteresse“ mit den Lohnabhängigen der ethnischen Mehrheit nach höherem Lohn, besseren Sozialleistungen, humanen Arbeitsbedingungen usw., die dem „Klasseninteresse“ des Kapitalisten widersprechen, weil dies für ihn höhere Kosten verursacht. Wenn dieser Angehörige einer ethnischen Minderheit nun – aus welchen Gründen auch immer – selbst Kapitalist werden sollte, dann wechselt er NICHT seine „Identität“, sondern sein „Klasseninteresse“. War er als klassenbewusster Lohnabhängiger einst für höhere Löhne, so ist er jetzt als klassenbewusster Kapitalist dagegen, um seinen Profit zu erhöhen und stellt sich auch gegen alles weitere, was er einst in einer anderen Klassenposition als sein Interesse vertreten hat. Aber seine „Identität“ hat er während all der Wechsel nirgendwo verändert.

        Dieses Beispiel ist bewusst simplifizierend gehalten, um den Unterschied zwischen „Interesse“ und „Identität“ herauszuarbeiten. Wenn ich nun den bisher benutzten Klassenbegriff von Marx durch den von Max Weber ersetze, dann heißt es dort, dass sich die „Besitz- und Erwerbsklassen“ am Markt bilden. Entlang der unterschiedlichen Marktchancen bilden sich unterschiedliche Lebens- und Sozialchancen heraus, die zur Klassenbildung führen. Sowohl bei Marx als auch bei Weber beruht die Klassenbildung nicht auf „Identitäten“. Im Gegenteil: der Markt zersetzt „Identitäten“, wo ehemalige Adlige oder der ehrbare Zunftmeister wirtschaftlich ruiniert sein können, während der einst sozial verachtete (eventuell jüdische) Krämer am Markt reüssiert und sich ein großes Haus leisten kann („Alles Stehende und Ständische verdampft“ heißt es im Kommunistischen Manifest). Der zünftige Handwerksmeister besaß nach Einführung der Gewerbefreiheit zwar in seiner Stadt das Bürgerrecht, aber er „fraß den Kitt von den Wänden“, während ihn der unzünftige „Freimeister“ ohne Bürgerrecht vor der Stadt auf der grünen Wiese mit einer großen Fabrik in Grund und Boden konkurrierte. Es war dieser Übergang „vom Stand zur Klasse, vom Status zum Kontrakt“, der die rechte Identitätspolitik befeuerte, weil der Markt als „zersetzendes“ Element die angeblich „natürlichen“ gesellschaftlichen Hierarchien zerstörte. Denn wenn der bisherige Status und die Standeszugehörigkeit ökonomisch und sozial nichts mehr bedeuten, dann werden diejenigen, die darin ihre „Identität“ betrachten, sich umso wütender daran klammern und „Identitätspolitik“ gegen den Zerfall der „natürlichen“ Ordnung betreiben.
        Identität und Interesse finden nur da partiell zusammen, wo rechtliche oder ökonomische Benachteiligungen mit identitären Zuschreibungen erfolgen. Allerdings fällt diese Verbindung sofort auseinander und das Klasseninteresse wird dominant, wenn die Diskriminierungen fallen. So engagierten sich im 19. Jahrhundert auch jüdische Kapitalisten auf seiten der sozialistischen und bürgerlichen Linken, weil diese für die Judenemanzipation eintraten. Nach dem endgültigen Vollzug der Judenemanzipation und dem Wegfall auch der informellen Zurücksetzung im konservativen Milieu entfiel diese Präferierung der linken Parteien, weil es keinen Anlass mehr dazu gab, so dass sich Juden heute ohne Ausschläge nach der einen oder anderen Seite über das gesamte Parteienspektrum verteilen. Bei den Schwulen war das ähnlich. Als der § 175 StGB noch galt, waren es die linken und liberalen Parteien, die deren „identitätspolitische“ Interessen vertraten. Mit dem Wegfall der Strafbestimmungen und der allgemeinen gesellschaftlichen Akzeptanz schwuler sexueller Orientierung entfiel diese „identitätspolitische“ Neigung, und ein bekennender Schwuler wie Jens Spahn heute agiert am „rechten“ Flügel der CDU – worüber sich allerdings an meinem Heimatort eine grüne Europaabgeordnete echauffierte, weil sie dem „linken“ identitätspolitischem Irrtum aufsaß, dass ein askriptives Merkmal wie die schwule sexuelle Orientierung doch eigentlich mit einer rechten Gesinnung unvereinbar wäre (was natürlich völliger Quatsch ist).

        • „Nein, der Besitz von Produktionsmitteln und die damit verbundene soziale Spaltung in „Kapitalisten“ und „Arbeiter“ beruht eben nicht auf „Identitäten“, sondern auf „Interessen“. „Identitäten“ und „Interessen“ sind zwei völlig unterschiedliche Kategorien.“

          Ja ja und das nach dem Feminismus die Männer alle Macht in den Händen haben und die Spaltung in Männer und Frauen beruht auch nicht auf Identitäten, sondern eben auf den Machtverhältnissen.

          Was ich damit sagen will: Natürlich können zwischen Gruppen verschiedene Interessen vorliegen und dennoch eine Identität aufgebaut werden, die letztendlich dazu dient den (vermeintlichen, tatsächlich sind Produktionsmittel heute nicht mehr wirklich relevant, man kann ja alles in China produzieren, siehe etwa appel) Interessenkampf zu vereinfachen.
          Das ist doch der älteste Trick im Buch: Wenn zwei königreiche scharmützel an ihren Grenzen führten, dann waren eben die einen jeweils für den anderen Blutrünstige Mordbrenner, während man selbst ein edler Verteidiger des ehrbaren Volkes war. Natürlich ging es dennoch um interessen.

          • Interessen, Machtverhältnisse – alles das gleiche. Natürlich ist am Ende alles nur ein Machtkampf und wer gewinnt hat eben recht. Nur: Dann ist es eben auch sinnvoll, über eine Gruppenidentität gemeinsam stärker zu sein und es geht nur noch um die Frage, welche Identität diese Gemeinsamkeit am besten herstellen kann.

          • “ Nur: Dann ist es eben auch sinnvoll, über eine Gruppenidentität gemeinsam stärker zu sein und es geht nur noch um die Frage, welche Identität diese Gemeinsamkeit am besten herstellen kann.“

            identitäten sind ja auch nicht per se schlecht. Nur alles unter diesem Gesichtspunkt zu sehen, und das ganz ohne Betrachtung des Individuums ist eben schlecht.

          • @ Christian

            Es ist wirklich ärgerlich, dass Du – obwohl Du schon von mehreren Seiten darauf hingewiesen worden bist – Marx ständig den moralischen Dualismus von „Gut“ und „Böse“ unterstellst, den er explizit abgelehnt hat. Wenn Du diese Hinweise für falsch hälst, dann musst Du Marx-Zitate bringen, die Deine Sicht bestätigen und Leszek, Crumar und mich widerlegen. Im Gegenteil: Der marxistischen Tradition wird (m. E. zu Recht) vorgehalten, dass sie in der moralischen Reflexion defizitär sei, weil sie die sozialen Konflikte einem historischen Determinismus unterwerfe, welcher der menschlichen Eigenwilligkeit und der menschlichen moralischen Verantwortlichkeit nicht gerecht werde.
            Etwas anderes ist, dass in diesen Interessenkämpfen die beteiligten sozialen Gruppierungen ihre unterschiedlichen Positionen moralisch begründen. Sie tun dies aber auf der Grundlage universalistischer Prinzipien (nach Kant) als „transzendentale Subjekte“ unabhängig von der Hautfarbe, unabhängig vom Geschlecht, unabhängig von der sexueller Orientierung und was es da sonst noch für identitäre Merkmale gibt. Und auf dieser universalistischen Begründungsebene können sich dann die Beteiligten heftig streiten, aber diese universalistische Begründungsebene stellt sicher, dass dies auf einem gemeinsamen Boden geschieht, wo Argument und Gegenargument aufeinanderstoßen. Es ist ja gerade das Problem, dass die Identitätspolitik (ob rechts oder links) diese universalistische Ebene und die Existenz eines „transzendentalen Subjekts“ leugnet und die Verallgemeinerungfähigkeit ihrer moralischen Positionen ablehnt. Wenn dem aber so ist, dann treffen partikulare Ethiken unvermittelt und konfrontativ im Freund-Feind-Dualismus aufeinander. Wenn Du schon einen Stichwortgeber für Identitätskonflikte suchen willst, dann ist das nicht Karl Marx, sondern der Nazi-Jurist Carl Schmitt, der die Entgegensetzung von „Freund“ und „Feind“ als jeweils „existentiell Andere“ zum Inbegriff des Politischen erklärte.

            Vielleicht findet sich ja hier einer meiner sozialwissenschaftlich interessieren Mitdiskutanten, einen Beitrag zu schreiben „Der Feminismus als Identitätspolitik im Spiegel des Freund/Feind-Denkens von Carl Schmitt“. Ich bin dazu zu faul. Aber hier mal einen Aufschlag, der dann mit einschlägigen Zitaten von Judith Butler & Co verglichen werden kann. „Die eigentliche politische Unterscheidung ist die von Freund und Feind. Sie gibt menschlichen Handlungen ihren politischen Sinn… Die Unterscheidung von Freund und Feind bezeichnet die äußerste Intensität einer Verbindung oder Trennung… Der politische Feind braucht nicht moralisch böse, er braucht nicht ästhetisch häßlich zu sein; er muß nicht als wirtschaftlicher Konkurrent auftreten, und es kann vielleicht sogar vorteilhaft und rentabel scheinen, mit ihm Geschäfte zu machen. Er bleibt aber ein Anderer, ein Fremder.“
            https://www.zeit.de/1983/46/freund-oder-feind

          • „Marx ständig den moralischen Dualismus von „Gut“ und „Böse“ unterstellst, den er explizit abgelehnt hat“

            Ich werfe es denn Kommunismus vor, nicht Marx.
            Und der hat ihn bisher immer sehr stark praktiziert oder nicht?
            Versteckt euch doch nicht immer hinter der Theorie

          • @Christian

            So langsam geht mir die Geduld aus.

            „Zur Vermeidung möglicher Mißverständnisse ein Wort. Die Gestalten von Kapitalist und Grundeigentümer zeichne ich keineswegs in rosigem Licht. Aber es handelt sich hier um die Personen nur, soweit sie die Personifikation ökonomischer Kategorien sind, Träger von bestimmten Klassenverhältnissen und Interessen. Weniger als jeder andere kann mein Standpunkt, der die Entwicklung der ökonomischen Gesellschaftsformation als einen naturgeschichtlichen Prozeß auffaßt, den einzelnen verantwortlich machen für Verhältnisse, deren Geschöpf er sozial bleibt, sosehr er sich auch subjektiv über sie erheben mag.“

            Karl Marx, VORWORT zur ERSTEN AUFLAGE des ERSTEN Bandes des „Kapitals“, MEW 23, Seite 16.
            Natürlich kann man dieser Position vorwerfen, „in letzter Instanz“ *amoralisch* zu sein.
            Fair enough.
            Aber er sagt im VORWORT das genaue GEGENTEIL von dem, was ihm von dir unterstellt wird zu sagen oder zu meinen und das kann niemand überlesen.

          • @Crumar,Friedhelm, Chrissy
            Ich vermute mal, @Chrissy meint hier weder Marx noch den Kommunismus ( seine sprachlichen/kognitiven Fähigkeiten sind manchmal etwas suboptimal ) sondern eher irgendwelche Kampagnenslogans o.ä., die er mal als „irgendwie programmatisch“ von irgendwelchen Personen o. Gruppierungen vernommen hat, die sich selbst als kommunistisch, marxistisch bezeichnet haben o. von Dritten so bezeichnet wurden.
            Dann wird sein Getexte zumindest etwas nachvollziehbarer. Also bspw. hat Honni ja gern seinen Antiimperialistischen Schutzwall moralisch mit Gut&böse verteidigt, DDR wird ( von wem auch immer ) mit Kommunismus assoziiert, also nimmt Chrissy das als quasi teildefinitorisch an.
            Guevara und Castro haben die Kubaner ( und noch so’n paar … ) befreien wollen und Mao wollte ja auch ein „kommunistisches Paradis“ erschaffen u.s.w….

            Logesch, daß Ihr da – sofern meine Vermutung stimmt – automatisch aneinander vorbeischreibt, bei so unterschiedlichen Diskussionsgrundlagen.

    • „Wenn diese Kultur uns so sehr geprägt hat, wieso wurde der erste Teil bis 1945 so engagiert ausgerottet?“

      Wurde er doch gar nicht.

    • Man versteht diese „Pseudolinken“ viel besser, wenn man ihre Ideologie unter der Prämisse des eigentlichen linken Weltbildes analysiert: den Kampf gegen die bürgerlich-liberale Ordnung westlicher Gesellschaften.
      Dann wird auch logisch, warum für heutige Linke weiße Männer problematisch sind, der repressive Islam aber nicht.

      • Linke Ideologien sind ohnehin leicht zu durchschauen, wenn man eine vollumfängliche Analyse ihrer Geschichte vornimmt, linke Ideologie in den welthistorischen Kontext einbettet, und ein wenig von sozialen Hierarchien und menschlicher Psychologie versteht.
        Wenn man natürlich bei Marx stehen bleibt, analysiert man unterkomplex.

          • Danke Jochen. Ich kann es auch verkürzen:
            Die Linke hasst die westliche Gesellschaft und befürwortet daher alles, was ihre Grundlagen unterminiert.

  2. [..]Man könnte deswegen argumentieren, dass die rechten Theorien gefährlicher sind, da sie die anderen Gruppen als minderwertig ansehen[…]
    Koennte man, aber nur wenn man ordentlich durchindoktriniert ist. Stalin und Mao haben erheblich mehr Tote produziert als Hitler-Deutschland. Das wird gerne verschwiegen, wobei ich von Wettbewerben dieser Art nichts halte. Aber die Diktaturen des Proletariats waren i.d.R. ziemlich moerderisch.

    Man kann die Kategorien dieser Identitaeten so unterscheiden. Die einen sind bei Menschen unveraenderbar, biologisch, wie Rasse/Ethnik (wobei man beliebig fein bis zum Individuum unterscheiden kann) oder Geschlecht. Die anderen sind (zumindest bedingt) waehlbar und aenderbar, wie soziale oder kulturelle Identitaet. Letzteres halte ich eher fuer Pseudo-Identitaeten, vor allem im Bereich Gender.

    Vielleicht hat Marx die Pseudo-Identitaeten Kapitalist, Proletarier, usw. auch als feststehend angesehen und hat deshalb so viele Fehlschluesse gezogen. Crumar u/o Leszek koennen darauf sicher mit mind. 1.000 Worten und 20 nutzlosen Links antworten 🙂

    Das Problem der Identitaeten ist der Extremismus, auf beiden Seiten, links wie rechts, der zu den Katastrophen fuehrt.

    • Das Problem der Identitaeten ist der Extremismus, auf beiden Seiten, links wie rechts, der zu den Katastrophen fuehrt.

      In der Tat. Leider haben die extremeren Gruppen immer die Tendenz, das Heft des Handelns an sich zu reißen, einfach weil ihre Motivation am größten ist. Das gilt für Linke, Rechte und Muslime etc. gleichermaßen.

      • Nachtrag: sobald die Mitte der Gesellschaft sich also spalten lässt und für eine der extremen Gruppen Position ergreift, beginnt eine gefährliche Entwicklung, mit unklarem Ausgang.

        Aktuell ist man so im „Kampf gegen rechts“ geeint, dass man Linksextremismus großzügig gegenübertritt, während man rechte Positionen, selbst die vernünftigsten und moderatesten, verteufelt. Den Islam wiederum ignoriert man (es sei denn, er dient als Vorwand für einen Nato-Krieg).

        Das führt in eine Situation, in der entweder ein linksextremer Staat sich durchsetzen kann oder früher oder später eine zunehmend „gehärtete“ rechte Opposition. Auch einen lachenden Dritten könnte es geben. Immer unwahrscheinlicher wird hingegen der einzig sinnvolle moderate Mittelweg.

    • Noch einmal: Es geht um die kategoriale Unterscheidung zwischen „Identität“ und „Interesse“. Wer diese kategoriale Unterscheidung nicht beachtet, richtet nur ein begriffliches Wirrwarr und ein argumentatives Chaos an.

      • Vielleicht bist ja du ja derjenige, der es nicht begreift.

        Willst du ernsthaft behaupten im realen Kommunismus wurde nicht mit starken Identitäten gearbeitet?
        Die Identifizierung als Genosse und die Identifikation mit der Partei waren doch wohl ganz ganz wesentliches Element.

        Und das gegenmodel des kapitalisten ist doch auch ganz klar aufgebaut. Muss ich hier jetzt alte Propagandaplakate raussuchen?
        Der Arbeiter war rechtschaffen und edel, mit ihm konnte das Volk etwas aufbauen.
        Einen guten Kapitalisten, der seine Arbeiter ordentlich behandelt und faire Löhne zahlte, gab es aber nicht. Es gab nur den Ausbeuter per se.

        Was genau willst du mir jetzt erzählen? Das genau diese Unterscheidung, dieses binäre, nicht auf Identitäten, sondern auf Interessen beruhte, weil die keinen Individualismus zulassen?

        • Im real existierenden Sozialismus gab es keine „bösen Kapitalisten“. Die gab es nur im kapitalistischen Ausland, wo man umgekehrt die anderen nur als „böse Kommies“ gesehen hat.

          Und Marx war ein Theoretiker, der eine Theorie des Systems geschaffen hat, in dem Leute – sinnvoller Weise – nach ihrer Funktion im System und ihren sich daraus ergebenden Interessen in den unvermeidlichen Konflikten geordnet betrachtet werden. Es ist vielleicht das größte Problem des Marxismus und der Linken überhaupt, dass sich die Leute lieber für Brotkrumen von den Eigentümern der Produktionsmittel kaufen lassen anstatt sich auf eine gemeinsame Identität zu besinnen.

          • „Im real existierenden Sozialismus gab es keine „bösen Kapitalisten“. Die gab es nur im kapitalistischen Ausland, wo man umgekehrt die anderen nur als „böse Kommies“ gesehen hat.“

            Kurzzeitig schon, dann eben im Gulag/umerziehungslager oder vor einem Erschießungskommando

            „Und Marx war ein Theoretiker, der eine Theorie des Systems geschaffen hat, in dem Leute – sinnvoller Weise – nach ihrer Funktion im System und ihren sich daraus ergebenden Interessen in den unvermeidlichen Konflikten geordnet betrachtet werden. Es ist vielleicht das größte Problem des Marxismus und der Linken überhaupt, dass sich die Leute lieber für Brotkrumen von den Eigentümern der Produktionsmittel kaufen lassen anstatt sich auf eine gemeinsame Identität zu besinnen.“

            Herausgekommen ist dennoch ein System, welches stark auf einer gemeinsamen Identität aufgebaut hat und eine Sündenbockidentität auf der Gegenseite hatte.

          • „Im real existierenden Sozialismus gab es keine „bösen Kapitalisten“.“

            Richtig, entweder man hat sie mit Beginn umgebracht (Kulturrevolution, Gulag) oder zumindest enteignet (Landnahme LPG usw.) oder ruinös besteuert (ich meine 90% auf Gewinne in der DDR).

            Trotzdem waren die Kapitalisten allezeit zugegen, jenseits der Grenze. Sie waren stets das verkörperte Böse, Faschismus und Ausbeutung in einem. Den dämlichen Kadern ist genau dieses Schwarz-Weiß-Bild auf die Füße gefallen, denn jeder sehnte sich nach „Westpäckchen“, schaute fasziniert Westfernsehen und Werbung und wenn Besuch kam, dann in Autos, die, selbst wenn sie alt und gebraucht waren, immer noch besser waren, als unsere neuen, auf die wir 10+ Jahre warten mussten. Die Gehälter im Westen waren höher, es gab keine Stasi, die einen für einen falschen Witz einbuchtete und selbst Sozialhilfeempfänger lebten besser, als der Durchschnittsossi. Das offensichtlich falsche Schwarz-Weiß-Bild führte letztendlich dazu, dass man es umkehrte und dem eigenem Regime gar nichts mehr glaubte, während man das andere für heilig hielt.

            Heute weiß ich, dass das auch naiv war, vieles stimmte, was die Kommunisten sagten. Aber es waren halt blöde besserwisserische Kadertheoretiker, die kein normaler Arbeiter ausstehen konnte. DA gab es zwei Identitäten, sozusagen zwei Klassen und sie kämpften gegeneinander und die Arbeiter gewannen.

            Vermutlich ist DAS das Hauptproblem: niemand außer die Theoretiker mag den Kommunismus, einfach weil er nicht zum Menschen passt.

          • Herausgekommen ist dennoch ein System, welches stark auf einer gemeinsamen Identität aufgebaut hat und eine Sündenbockidentität auf der Gegenseite hatte.

            Du meinst „wir freien Kapitalisten gegen die böse Tyrannei der Kommunisten“? So machen das alle im Krieg. Dein Argument ist den anderen vorzuwerfen auf der anderen Seite gewesen zu sein?

          • @Androsch @Christian

            „Vermutlich ist DAS das Hauptproblem: niemand außer die Theoretiker mag den Kommunismus, einfach weil er nicht zum Menschen passt.“

            Niemand der ursprünglichen „Theoretiker“ war noch am Leben, als die Sowjetunion unter Stalin und dann später die DDR entstand, die immerhin nie die Chuzpe hatten, sich „kommunistisch“ zu nennen.
            Zweitens, eine aus mehreren Bevölkerungsgruppen bestehende Schicht hat sich die Staatsapparate unter den Nagel gerissen und zeitgleich auch die Theorie. Danach bestimmten eben „besserwisserische Kadertheoretiker“, was Kommunismus ist und sein soll.

            „Heute weiß ich, dass das auch naiv war, vieles stimmte, was die Kommunisten sagten.“
            Schau auf das, was die Kapitalisten tun, die z.B. die „freie Konkurrenz“ und freie Wirtschaft predigen.
            Als Griechenland in der Krise steckte, hatte die Troika bezaubernde Ideen, eine davon war:

            „Nach der Aussage eines engen Mitarbeiters des ehemaligen Wirtschafts- und Finanzministers Papakonstanitinou spielte die Frage der Reduzierung der Anzahl der Kleinunternehmer schon bei den ersten Verhandlungen mit der Troika eine Riesenrolle. „Sie haben uns klargemacht, dass eine Million Selbstständige aus dem Markt verschwinden müssten (…).“ Klemm, Schultheiß (Hg.), Die Krise in Griechenland, S. 462

            Zu diesem Zeitpunkt hatte Griechenland ca. 5,2 Millionen Erwerbstätige insgesamt und davon 35% Selbstständige. Man kann sich selber ausrechnen, was das bedeutet hätte.
            Nachweislich kein Marxist in der Troika involviert.

        • Siehe meinen Beitrag oben, der etwas verrutscht ist.
          Ich sehe keinen Sinn darin, hier die intellektuell minderwertigen Propagandaschlachten von anno dunnemal zu schlagen (der Westen war da auch nicht viel niveauvoller). Beim „Vulgärmarxismus“ und der staatssozialistischen Phraseologie haben wir es mit Formen politischer Religion zu tun, die Sinnstiftung und Existenzverständnisse formulierten. Aber wir sollten hier an diesem Ort doch eine sinnvolle sozialwissenschaftliche Diskussion führen, welche die analytischen und theoretischen Schwächen identitätpolitischer Positionen aufweist und auch den vielerorts betriebenen Etikettenschwindel entlarvt.

          • @Friedhelm

            „Beim „Vulgärmarxismus“ und der staatssozialistischen Phraseologie haben wir es mit Formen politischer Religion zu tun, die Sinnstiftung und Existenzverständnisse formulierten.“

            Nicht einverstanden.
            Dann nämlich verzichten wir auf eine materialistische Analyse der „staatssozialistischen Phraseologie“, indem wir der „politischen Religion“ bescheinigen, ganz „Religion“ zu sein.
            Wenn wir anders herum betrachten, welche Notwendigkeiten es gab, den Marxismus in einen „Vulgärmarxismus“ zu verwandeln und wessen Interessen dies bediente, kommen wir m.E. der Politik dieser Religion eher auf die Spur.

  3. Ich kann wieder mal nur inständig vor der Benutzung der Wikipedia warnen, insb. bei ideologischen Begriffen. Es geht den Wikipedianern immer darum, ihre politische Weltsicht zu verbreiten. Gerne auch als Versteckspiel unter Benutzung völlig verkrampfte Formulierungen, hier besonders auffällig im 1. Satz:

    Der Begriff Identitätspolitik (engl. identity politics) ist eine Zuschreibung für politisches Handeln, bei dem Bedürfnisse einer …

    Welchen Personen wird denn hier von anderen Personen etwas zugeschrieben? Der ganze Satz ist Unfug, jemand ist Mitglied einer identitäten Gruppe, weil er selber sich so definiert bzw. faktisch so handelt, nicht weil andere ihm das zuschreiben.

    Auch ansonsten betreibt der Wikipedia reine Schönfärberei. Es geht um „höhere Anerkennung“, „Verbesserung ihrer gesellschaftlichen Position“, „soziale Bewegungen“ usw., nicht etwa um die Erzeugung von Hetze und gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit auf „die anderen“.

    Ich hätte da eine konkurrierende Definition (der natürlich auch eine Weltsicht zugrundliegt, nämlich meine 😉 ) im Angebot: Identitätspolitik

  4. Zwei Einwände habe ich hinsichtlich des Brainstorms:

    Hinsichtlich rechter Identitätspolitik übernimmst Du die linke Fremdwahrnehmung, deren Ziel nicht eine objetive Beschreibung, sondern eine Delegitimation des Gegners ist. Wenn Du Dir den europäischen Rechtsintellektualismus seit dem zweiten Weltkrieg anschaust, findest Du hier weniger Überlegenheitsphantasien als viel mehr den Versuch, das im Prozess des Verschwindens sich Befindende zu retten – rechte Identitätspolitik ist der Argumentation (und – so sie denn stattfindet – Umsetzung) nach rein defensiv ausgerichtet; weder bei Mohler noch im Umfeld von Junger Freiheit und Sezession finden sich imperiale Träume von rassischer Dominanz. Auf Ethnie bezogener Biologismus ist in Europa ein rotes Tuch, mit dem sich niemand mehr schmücken will, und selbst in den USA, wo der Umgang mit diesem Themenkomplex wesentlich freizügiger verläuft, leitet sich in den seltensten Fällen eine Machtlegitimation daraus ab.

    Was die linke Identitätspolitik angeht, geht es weniger um Benachteiligungen, sondern um Hierarchien/Unterschiedlichkeit als solche, die für die Linke ein Problem darstellt, so dass die einzelnen ‚Opfergruppen‘ nichts weiter als Mittel zum Zweck sind. So erklärt sich einerseits, warum sich sowohl Mitglieder der Nation of Islam als auch LGBTQWERT-Vertreter als Teil der intersectional left wiederfinden, obgleich sie weltanschaulich mehr trennt als eint; und andererseits ist dies (zusammen mit der Tendenz der Linken, Menschen als Gruppenmitglieder, nicht als Individuen zu sehen) der Hintergrund, vor dem es möglich wird, eine Sarah Sanders (Frau), Cadance Owens (Schwarze und Frau) oder Dave Rubin (Schwuler und Jude) mit teilweise wüstesten Beschimpungen und Bedrohungen zu belegen, da sie ‚Verräter‘ (an der Sacher ‚ihrer‘ Gruppe) seien.

  5. „Der Hauptfehler aller Identitätspolitiken liegt darin, dass sie Mitgliedern einer Gruppe abstrakt bestimmte Eigenschaften zuweisen und diese als homogen sehen und andere entsprechend ausschließen. Dies insbesondere, weil es weitaus eher Normalverteilungen sind, die selbst dann, wenn es unterschiedliche Mittelwerte gibt, immer noch erhebliche Überlappungen in den Trägern haben.“

    Hmm, teilweise hat das schon kuriose Effekte (Wann ist z.B. ein PoC ein PoC wenn es sehr viele Weiße in der Ahnenreihe gibt?). Immerhin, bei frauenbewegten Frauen scheint es den Meta-Konsens zu geben, dass angeborene Eierstöcke das Minimalkriterium ist. Die umgebauten sind da eher nur geduldete Deko (oder gleich unerwünscht)

    Ansonsten bin ich ja kein besonderer Anhänger von „Links-Rechts“ Kategorisierungen. Es sind analytisch unbrauchbare Begrifflichkeiten und lediglich als Emo-Kampfbegriffe nutzbar.

      • „Die volle Weiblichkeit“? So was billigen sich doch nicht mal miteinander befreundete Frauen untereinander je nach Laune und Zyklusstand zu. Aber vielleicht kennst Du ja tatsächlich welche, die jenseits von opportunen Lippenbekentnissen so ticken…

        • Im medialen Diskurs ist die Frage nach der Aufrichtigkeit hinfällig, denn wenn eine Fernsehmoderatorin insinuiert, dass Transgender-Frauen echte Frauen seien, haben wir keine Informationen über ihre tatsächliche private Ansicht, sondern müssen das erst einmal für bare Münze nehmen, zumal dies eine öffentliche, in einen Diskurs eingebettete Äußerng ist. Schon dadurch schafft bzw. verstärkt sie eine vorhandene Atmosphäre ideologischer Dominanz, so dass die Überzeugung, mit der sie dies tut, nicht weiter von Bedeutung ist. Für das Argument/den Beitrag ist es irrelevant, wie der sich Äußernde dazu steht.

          Und ja, ich kenne tatsächlich Frauen, die solcherlei Meinung mit innigster Überzeugung äußern; der Umgang mit ihnen gestaltet sich oftmals… anstrengend…

          • „Schon dadurch schafft bzw. verstärkt sie eine vorhandene Atmosphäre ideologischer Dominanz, so dass die Überzeugung, mit der sie dies tut, nicht weiter von Bedeutung ist. Für das Argument/den Beitrag ist es irrelevant, wie der sich Äußernde dazu steht.“

            So einfach ist es m.E. nicht. Kommunikation ist vielschichtig und oftmals geht es (wie in dem verlinkten Beispiel) gar nicht um die Aussage als solche sondern lediglich darum, eine Konfrontationslinie aufzubauen. Damit wird auch das Argument als solches irrelevant, es dient lediglich als Emo-Trigger.

            Dies kommt dann auch genau so im Auditorium an und enthebt Zuschauer/Zuhörer damit von jeder Selbstreflektion hinsichtlich des eigenen Standpunkts in dieser Frage.

            „der Umgang mit ihnen gestaltet sich oftmals… anstrengend…“

            Ja, kann ich sehr gut nachvollziehen.

    • „Es sind analytisch unbrauchbare Begrifflichkeiten und lediglich als Emo-Kampfbegriffe nutzbar.“

      Dein Wort in Gottes Ohr! Es soll ja in diesem Board Mitglieder geben, welche die Dinge unserer Welt geradezu krankhaft einteilen in Links vs. Rechts.

      Analytisch völlig wertlos. Moralisch irrelevant. Historisch fragwürdig.

    • @Focus

      Der Artikel berührt einen Punkt, ohne Ursache und Wirkung und ohne Verantwortliche zu benennen.
      Zwangsläufig.

      Hier: „Wehrhaftigkeit heißt anders als bei der Rechten nicht Kriegsbereitschaft, sondern den Willen der Gesellschaft, Werte und Überzeugungen überhaupt wieder gemeinsam verteidigen zu wollen.“
      Dazu müsste es aber die Vorstellung geben, es existierten gemeinsam geteilte, UNIVERSELLE *gesellschaftliche Werte und Überzeugungen*, was eine universalistisch orientierte Linke begrüßen würde, aber die postmoderne Pseudo-Linke nicht.

      Während, was er hier analysiert:
      „Die Entwicklung einer in jeder Hinsicht diversen Gesellschaft hat den Blick auf das Land individualisiert und auf eigene Interessen reduziert: Man zieht sich in viele Minderheitsgruppen zurück, in die diverse, gegenderte Gesellschaft, in der die Mitglieder nur für diese Minderheit eintreten, aber nicht mehr für allgemeine, grundsätzliche Werte und Überzeugungen.“
      präzise beschreibt, was für *Konsequenzen* die linksidentitäre, postmoderne Politik hatte und hat.

      Die „diverse Gesellschaft“, die sich nach Geschlecht, Hautfarbe, sexueller Orientierung, geografischer Herkunft, Religion usw. unterteilt besteht aus „Minderheitsgruppen“ (im Falle des Geschlechts eine glatte Lüge), die jeweils nur Partikularinteressen vertreten können und wollen (sollen).

      Die „Theorie“ besagt letztlich, Männer kämpfen gegen Frauen, Weiße gegen Farbige, Heterosexuelle gegen Schwule und Lesben, Migranten gegen Einheimische, mit allen Allianzen, die die Dumpfbacken-Theorie hergibt und dem gemeinsamen Dumpfbacken-Feindbild des „weißen, heterosexuellen, alten Mannes“.
      Wenn der Autor schreibt: „Die Neue Rechte hat Angst vor dem Verlust von „Wehrhaftigkeit“.“, sollten wir herzlich lachen. Die linksidentitäre „Theorie“ machte die KRIEGERISCHE Metapher des Kampfs ALLER GEGEN ALLE zu ihrem verborgenen Konstruktionsprinzip.
      Der „war on women“, der allgemeine Geschlechterkrieg, der Rassenkrieg – medial gefeiert von Linksidentiären als permanente Mobilmachung gegen den *falschen Feind*.

      Die Spinner, die die „diverse Gesellschaft“ mit ihren Klein- und Kleinst“identitäen“ produziert haben und dafür gesorgt haben, dass alle sorgsam ihren Opfer-Kleingarten bewachen, erschrecken nun über die politischen Konsequenzen ihre Dumpfbacken-Theorie.

      Ich bin dafür, den Autoren straffrei in ein Fass mit Katzenscheiße tunken zu dürfen.

      • Was ist denn eine „gegenderte Gesellschaft“? Muss man da Armbinden mit Sternchen tragen?

        „Man zieht sich in viele Minderheitsgruppen zurück, in die diverse, gegenderte Gesellschaft, in der die Mitglieder nur für diese Minderheit eintreten, aber nicht mehr für allgemeine, grundsätzliche Werte und Überzeugungen.““

        Und dann beklagt man sich das es keine Zivilcourage mehr gibt.

        Brasilien ist sehr divers und dort werden jedes Jahr deutlich mehr Menschen getötet wie anderswo:

        Während man in Japan, einer sehr homogenen Bevölkerung 3-4 Jährige alleine mit der U-Bahn fahren läßt, weil man dort einander vertraut:

        „What accounts for this unusual degree of independence? Not self-sufficiency, in fact, but “group reliance,” according to Dwayne Dixon, a cultural anthropologist who wrote his doctoral dissertation on Japanese youth. “[Japanese] kids learn early on that, ideally, any member of the community can be called on to serve or help others,” he says.“

        https://www.citylab.com/transportation/2015/09/why-are-little-kids-in-japan-so-independent/407590/

        • Die zersetzende Wirkung hoher „Heterogenität“ bzw. „Diversität“ auf Gesellschaften, ist sehr gut belegt:
          http://1nselpresse.blogspot.com/2017/02/vielfalt-nahe-krieg-hier-die-beweisliste.html

          Wird nur gerne von den, ach so wissenschaftlichen, „Progressiven“ ignoriert. Ist ihnen eh egal, die sind globalistisch orientiert und meinen, immer verschwinden zu können, wenn ihnen was nicht passt. Verantwortung ist so… gestrig.

          Beide (Heterogenität und Homogenität) haben natürlich Vor- und Nachteile und hängen von der Art der Gesellschaft und den Gruppen darin ab.

  6. rechte Ideologien sehen überwiegend eine (zumindest in ihrer Vorstellung) objektiv gegebene Unterscheidung, die die eigene Gruppe überlegen macht. Sie streben wegen dieser Überlegenheit eine Dominanz dieser Gruppe über die anderen Gruppen an („zB die Überlegenheit der weißen Rasse“)

    Das Spektrum ist weit, natürlich gibt es Rassisten, aber ich sehe das aktuell nicht als dominant an. Die Grundaussage (die so vermutlich nur Rassisten und Linke über Rechtsextreme machen würden) ist schon falsch. Man muss seine eigene Gruppe nicht als überlegen sehen, um andere Gruppen abzulehnen. Ich lehne Multikulti allein deshalb ab, weil es diesen Staat dysfunktional macht und unnötig Konflikte schafft, die man nicht haben müsste (und dass es so ist, ist in vielen Studien nachzulesen).

    Ich würde auch nie behaupten, dass z.B. alle Deutschen „gleich sind“, zweifelsohne gleichen sie sich aber, allein deshalb, weil sie die selbe Sprache sprechen, das selbe Bildungssystem durchlaufen habe, die selbe Geschichte teilen, dem selben Staat gegenüber stehen. Sie haben also ein Framing, welches ähnlich ist, auch wenn sie sich darin beliebig unterscheiden mögen, können sie sich auf Basis des Framings i.d.R. sinnvoll verständigen und reden nicht ständig aneinander vorbei.

    Auch ist nicht richtig, was luisman schreibt, man kann die Ethnie (anders als die „Rasse“) sehr wohl wechseln. Nennt sich Assimilation, funktioniert aber eben nur, wenn der Zustrom fremder Bürger begrenzt genug ist, wenn es entsprechende Forderungen an die Zuwanderer gibt und diese sich auch assimilieren wollen und das ausreichend unterstützt wird. Das Aussehen (also die Rasse) kann das beliebig erschweren, ein richtiger Schwarzafrikaner wird vermutlich immer mit „Vorurteilen“ zu kämpfen haben, selbst wenn er hier geboren wurde. Die Grenze ist also durchaus fliessend und nicht ganz unproblematisch. Menschen sind halt, wie sie sind. Auch kann man sich „assimilieren“, zumindest äußerlich, aber innerlich immer noch etwa dem Islam angehören. Das ist erstmal kein Problem, kann aber zu einem werden, wenn eine kritische Masse überschritten wird. Jeder der hierherkommt, trägt einen Teil anderer Traditionen, Anschauungen und Erfahrungen herein, diese können negativ oder auch positiv sein, jedenfalls beeinflussen sie die Richtung der Entwicklung. Keine Kultur ist feststehend.

  7. @ Christian „rechte Ideologien sehen überwiegend eine (zumindest in ihrer Vorstellung) objektiv gegebene Unterscheidung, die die eigene Gruppe überlegen macht. (…)
    linke Ideologien sehen eine kulturell entstandene Unterschiedlichkeit, die eine Gruppe benachteiligt und die andere Gruppe bevorzugt“

    So beschreiben das Linksidentitäre auch gern: Während Rechte biologistisch oder kulturalistisch argumentieren würden, würden Linke lediglich auf die „Zuschreibungen“ der Gesellschaft REAGIEREN. Dort ginge es um „soziale Konstruktionen“, um gesellschaftliche „Strukturen“, die Herrschaftspositionen und Ausschlussmechanismen reproduzieren würden. Linke würden sich ja eben gerade gegen die Verletzung von Individuen durch ihre beliebige Unterordnung unter Gruppenzugehörigkeiten und durch die Marginalisierung dieser Gruppen wehren. Wer diese Gegenwehr aber leisten wolle, müsse nun einmal zwangsläufig auf die gesellschaftlich konstruierten Gruppenidentitäten zurückgreifen, um sie benennen zu können.

    Leider stimmt daran bei genauerem Hinsehen gar nichts. Wer die eigene Haltung prinzipiell nur als Reaktion auf die Haltungen anderer beschreibt, leugnet eine Verantwortung für das eigene Tun. Vor allem aber bleibt notorisch unbestimmt und diffus, was mit „Strukturen“ überhaupt gemeint ist – welche Funktion „soziale Konstruktionen“ haben, abseits der Unterstellung, Herrschaftsreproduktion zu sein – wie sich denn eigentlich die Marginalisierung nachweisen lässt, oder die Dominanz der anderen Gruppen – etc. Die Diffusität wird noch dadurch beträchtlich vergrößert, dass die Lieblingsgruppenzugehörigkeiten Linker – Mann, Frau, weiß, PoC – so unbestimmt sind, so viele unterscheidliche soziale Gruppen fassen, dabei aber zugleich untereinander so viele Überschneidungen bieten, dass sie für eine Analyse sozialer Strukturen nur bedingt geeignet sind.

    Anders formuliert: Natürlich betreiben auch Linksidentitäre einen Essentialismus. Sie reden von sozialen Konstruktionen, bleiben dabei aber so diffus und prinzipiell unwiderlegbar, dass sie sich damit de facto nicht von Menschen unterscheiden, die sich auf biologische Essentials konzentrieren und die soziale Position von Menschen eben damit bestimmen.

    Übrig bleibt dann wesentlich der Unterschied, dass Rechtsidentitäre sich vorwiegend auf die Kategorien „Volk“ und „Kultur“, Linksidentitäre sich weitgehend auf die Kategorien „Geschlecht“ und „Rasse“ beziehen. Die Linken betreiben z.Zt. mehr Biologismus als die Rechten.

    Dass sich Crumar oder Leszek (oder ich) sich scharf von solchen postmodernen Linken abgrenzen, ist keine „True-Scotsman“-Politik. Es geht nicht um eine Essenz EIGENTLICHER linker Politik, sondern darum, dass die Linksidentitären eigentlich so gut wie jeden Grundsatz klassischer linker Politik verletzen, ganz gleich, ob die nun kommunistisch, anarchistisch oder sozialdemokratisch bestimmt wird.
    Hätten böswillige Rechte ein U-Boot konzipiert, dass sich in die Linke einschleust, um sie ein für alle Male so rückhaltlos wie möglich zu diskreditieren – sie hätten die postmoderne linke Identitätspolitik erfunden.

    Ganz besonders verrückt finde ich übrigens das Liebäugeln mit dem Bürgerkrieg, die dämliche Fixierung darauf, Gesellschaft im Sinne von Kriegsstrukturen zu beschreiben – darauf weist ja auch Crumar schon hin. Die Hamburger Krawalle waren eine Konsequenz dieser verrückten linken Liebhaberei.

    Ich habe dazu neulich mal von einem Kommentator aus den USA die Frage gelesen, wie denn wohl die Linken sich den Bürgerkrieg vorstellen, den sie so gern beschreien. Die Rechten hätten schließlich Millionen von Schusswaffen und viele Millionen Schuss Munition – die Linken hingegen würden sich verstricken in Diskussionen über die ordnungsgemäße Benutzung der Toiletten.

    Der Spruch ist witzig, hat aber einen ernsten Hintergrund: Wenn jemand schon Gewalt wie die in Hamburg nicht aus prinzipiellen Gründen ablehnt – dann müsste er doch wenigstens mal auf die Idee kommen, dass die Legitimierung politischer Gewalt allgemeine Folgen hat, die kein Mensch gut finden kann – dass auch die „Anderen“, die nicht auf der Seite unseres „Guten“ stehen, sich dadurch legitimiert fühlen könnten.

    • @Lucas

      „Hätten böswillige Rechte ein U-Boot konzipiert, dass sich in die Linke einschleust, um sie ein für alle Male so rückhaltlos wie möglich zu diskreditieren – sie hätten die postmoderne linke Identitätspolitik erfunden.“

      Das ist meine allerliebste Verschwörungstheorie! Denn dann wären es die Rechten gewesen. 🙂
      Leider, leider ist es nicht so…
      Die postmoderne Identitätspolitik der „progressives“ in den USA hat inzwischen Formen angenommen und zeitigt absehbar Folgen, die tatsächlich unverhohlen wissenschaftsfeindlich, antiintellektuell und totalitär sind.
      In Portland drehen sie gerade so richtig am Rad: „Discussing Portland State University’s Orwellian protocols for „bias response units“, university officials who implement progressive policy.“

      Man wünschte sich, es handle sich um Satire…

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