Robert Franken stellt sich ein Horrorszenario vor: Eine Tochter macht in der Firma ihres Vaters im Rahmen eines Girls Days ein Praktikum und berichtet ihm dann wie fürchterlich es war:
Auf einer Fahrt, bei der sie alleine mit ihrer Tochter auf dem Weg zu einem Hockeyturnier im Auto sitzen, fragen sie nach dem Referat. Ihre Tochter meint nur „Ach, das ist nicht so wichtig. Aber in deine Firma setze ich keinen Fuß mehr.“
Es muss ihr schlimmes widerfahren sein. Lesen wir mal
Jetzt sind sie doch neugierig geworden. Was denn passiert sei, fragen sie. „Ihr seid ein einziger Verein von Macho-Arschlöchern, das ist passiert.“, platzt es aus Ihrer Tochter heraus. Sie wissen nicht genau, ob sie wütend oder verletzt sein sollen. Aber nun ist ihre Tochter ohnehin nicht mehr zu bremsen. „Ihr sitzt da fett auf euren Sesseln und lasst die Frauen für euch schuften. In Besprechungen reden nur die Männer. Außerdem werden andauernd blöde Witze auf Kosten der Frauen gerissen. Mich kotzt das alles an.“ Sie können nur stumm zuhören. Aber sie nehmen sich fest vor den Kollegen Bereichsleiter zur Rede zu stellen. Was hat der bitteschön mit ihrer Tochter gemacht?!
Ja, was für ein typisches Szenario. Ich kann mir vorstellen, dass Franken sich das so vorstellt. In seiner Vorstellung kann der böse Patriarchat eben nicht anders, er unterbricht Frauen und macht anzügliche Sprüche, während er fett auf Sesseln sitzt und eigentlich nichts tut, außer Frauen zu unterdrücken. Ich sehe vor meinen geistigen Auge fette weiße Männer mit Anzügen und Zigarren, die einen Spruch nach dem anderen machen, während die arme Tochter immer tiefer in den Sitz rutscht.
Der Vater konfrontiert dann noch den Abteilungsleiter, nicht ohne selbst noch einen dummen Spruch gemacht zu haben. Er sieht es aber immer noch nicht ein und spricht dann die Tochter wieder an:
Einige Tage nach diesem Austausch sprechen sie ihre Tochter direkt an. „Was war da am Girls’ Day, hat es dir nicht gefallen bei uns?“. Als hätte sie nur darauf gewartet, sprudelt es aus ihr heraus. „Ihr fragt euch, warum bei euch keine Frau in den Vorstand will? Weil sie nicht doof sind, die Frauen! Die sehen doch, wie ihr euren Job macht, und was ihr dafür an Opfern bringen müsst. Sieh’ dich an: Du bist so gut wie nie zu Hause, und wenn, dann sprichst du meist über deine Firma. Ein Glas Wein vor dem Fernseher und ab und zu Fahrdienst zu einer Sportveranstaltung von uns – das ist dein tolle Privatleben. Wer will denn so etwas? Niemand, den ich kenne. Und ich schon gar nicht.“
Auch mal wieder hervorragend:
Oben heißt es:
„Ihr sitzt da fett auf euren Sesseln und lasst die Frauen für euch schuften.
Und im gleichen Text dann schon in der nächsten Aussage der pfiffigen und feministisch geschulten Tochter:
Ihr fragt euch, warum bei euch keine Frau in den Vorstand will? Weil sie nicht doof sind, die Frauen! Die sehen doch, wie ihr euren Job macht, und was ihr dafür an Opfern bringen müsst. Sieh’ dich an: Du bist so gut wie nie zu Hause, und wenn, dann sprichst du meist über deine Firma.
In. Dem. Gleichen. Text.
Das kann man wahrscheinlich nur als männlicher Feminist: Männern sowohl vorwerfen, dass man die Frauen alle Arbeit machen lässt und ihnen vorwerfen, dass Frauen die Arbeit nicht machen wollen, weil sie zu sehr in das Privatleben einschneidet.
Franken dann weiter:
Ihre Arbeitsbelastung ist in letzter Zeit tatsächlich noch einmal stark angestiegen. Sie haben immer mehr mit Führungsaufgaben zu tun, zumal sich die Rahmenbedingungen permanent verändern. Das fordert: Zeit und Energie. Und manchmal fragen sie sich insgeheim, wie lange das noch durchzuhalten ist. Dann versuchen sie sich mit dem Blick auf all das, was sie erreicht haben, zu trösten. Wer sich einen Lebensstandard erarbeitet hat, wie sie das getan haben, der muss eben auch gelegentliche Opfer bringen. Ihre Familie hat sich daran gewöhnt. Glauben sie. Hoffen sie.
Aber wenn sie es sich recht überlegen: Ihre eigenen Prioritäten fühlen sich schon ganz lange nicht mehr so richtig passend an. Hinzu kommt, dass sie sich immer öfter kraftlos und irgendwie leer fühlen. Wann hat das eigentlich angefangen? Ist das eine Art Midlife-Crisis oder steckt mehr dahinter?
Das sexistische Schwein arbeitet hart und lässt alle Arbeit von Frauen machen!!1 Er arbeitet für seine Familie, da ist es nur gerecht, dass seine Tochter alle als Machoarschlöcher bezeichnet. Wie kann er seine Familie nur so vernachlässigen, indem er Frauen alle Arbeit machen lässt und sich damit vollkommen überarbeitet. Und dann redet er auch noch die ganze Zeit und lässt Frauen nicht zu Wort kommen.
Franken reflektiert:
Wie kommen wir da heraus?
Vermutlich, indem wir uns von einigen Dogmen verabschieden. Von der Vorstellung etwa, dass eine Führungsposition nur auf eine bestimmte Art und Weise und mit hohem zeitlichen Aufwand auszufüllen ist. Von der Annahme, dass Durchsetzungsfähigkeit in der extrovertiert-männlichen Ausprägung die Grundvoraussetzung für Führungskarrieren ist. Von der Idee, dass Kinder Sollbruchstellen in der eigenen Karrierebiografie sind. Und von vielem anderen mehr.
Am Anfang steht dabei das Reflektieren, das Sich-Einlassen, schließlich das Neu-Denken. Gedankenexperimente können ein erster Schritt sein.
Es ist auch interessant, dass er in den Selbstreflexionen gar nicht darauf eingeht, dass man da unnötige Zeit verbringt. Im Gegenteil, er führt an, dass man dort viel Arbeit hat und sie machen muss. Die Reflexion erfolgt ins blaue hinein: Franken hat keine Ahnung wie man die Führungsposition ohne diese Grundlagen, die er kritisiert, bewältigen kann.
Wir erinnern uns, dass Stevie Schmiedel in einer relativ kleinen Firma schon erklärt hat, dass sie vollkommen überarbeitet ist. Und das Männer und Frauen in Führungspositionen eben gleiche Charaktereigenschaften zeigen und alles darauf hindeutet, dass die Frauen, die sich oben halten, genau die gleichen Mittel einsetzen wie Männer. Und das „Agreeableness“ bei Männern und Frauen negativ für eine Führungsposition ist.
Natürlich leuchtet das ansonsten auch jedem ein, wenn er selbst etwas beauftragt: Wer möchte nicht, dass ihm sein Rechtsanwalt mitteilt, dass er noch einmal die ganze Nacht alle Urteilsdatenbanken durchsucht hat und dort wegen dieser langen Suche ein gutes Urteil gefunden hat? Wer nicht den Mitarbeiter, der noch einmal Extrazeit in ein Projekt investiert hat und daher den Kunden als besonders kompetent überzeugt?
Das alles ist leicht als „männlich“ zu verurteilen und natürlich hat es Auswirkungen auf das Privatleben.
Aber es ist dann doch etwas simpel gedacht, wenn man einfach anführt, dass die Männer das bitte ändern sollen, wenn es letztendlich sich aus dem System selbst ergibt.
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