Im Missymagazin geht die Autorin darauf ein, dass sie nicht jeden als Ally akzeptieren kann. Ally ist jemand, der in einer Kategorie zwar nicht der Diskrimierte ist, sondern der Privilegierte, aber dennoch auf Seiten der Diskriminierten stehen und für sie kämpfen will.
Also beispielsweise ein Mann, der gegen Sexismus ankämpfen will. Warum er sich nicht einfach Feminist nennen kann, sondern Ally nennen soll? Weil er eben keine eigene Opfererfahrung hat und damit nur Unterstützer sein kann. Eben eine schöne Hierarchie, in der der Diskrimierte oben steht.
Wie ist nun das Ally-Leben?:
Es reicht nicht, sich „korrekt“ verhalten zu wollen, es geht auch darum zu sehen, was „inkorrektes“ Verhalten mit denen macht, die sich das jeden Tag geben müssen, die sich nicht aussuchen können, ob sie es jetzt unangebracht finden (zum Beispiel als Scheiß-Ausländer bezeichnet zu werden) oder nicht. Sprich: Einfach mal zuhören und Deutungshoheit an der Garderobe abgeben. Sich einzugestehen, dass man bestimmte Dinge im Leben nie erfahren wird, weil man schlicht und ergreifend anders aussieht und sozialisiert wurde, heißt manchmal auch einfach: Deine Realität ist nicht meine und wird nie meine sein. Oft passiert es aber leider doch, dass man sich, wenn man von seinen Erlebnissen und Erfahrungen erzählt, anhören muss: Das ist nicht so. Das hast du dir bestimmt nur eingebildet. Du übertreibst.
Ein schlecht abgerichteter Ally ist wirklich eine Zumutung. Ein guter Ally würde so etwas nie sagen. Denn er kann es ja gar nicht beurteilen. Weil er eben nicht diskrimiert ist und damit sie die absolute Deutungshoheit hat. Wir wissen ja, dass der Feminismus da ganz objektiv ist und sich nie in etwas reinsteigert oder aus einer Mücke einen Elefanten macht.
Passiert allen mal. Beschissen nur für diejenigen, die sich solche Sätze hunderttausendmal anhören mussten und müssen. Und nicht jede*r hat ständig Lust, die eigene Realität zu erklären, detailgenau aufzuschlüsseln, warum bestimmte Situationen zu Unwohlsein führen, weil es manchmal einfach nur nötig ist, Dampf abzulassen, ohne sich dafür zu legitimieren. Als Ally sucht man in dieser Situation vielleicht nach einer Patentlösung, nach einer, die man gelernt hat. Oder es fällt einer*m gar nicht erst auf.
Das ist auch eine klassische Figur im Feminismus: Der Angehörige der Opfergruppe ist immer in Besitz des vollen Durchblicks und könnte es erklären, das geht aber zu weit. Der Ally muss es dann akzeptieren und darf keine eigenen Gedanken dazu haben, die von denen der Meisterin abweichen. Ich habe recht, was immer ich mache. Du hast unrecht, weil du keine Ahnung haben kannst. Und wenn man nicht recht hat, dann hat man doch recht, weil man sich eben einfach mal abreagieren muss. Weil ja eh zuviel Diskriminierung in der Welt ist.
Als Freund*in, Partner*in etc. lässt sich die Verstimmung schlechter unter den Perserteppich kehren. Man versucht eher individuell auf die Person einzugehen und die durch die Verletzung entstandenen Scherbenhaufen aufzukehren als an einen 10-Punkte-Plan zum Erfolg zu denken. Dann geht es nicht mehr um das politisch korrekte Verhalten, sondern darum, dass es dem Gegenüber wieder besser geht, denn ins Fettnäpfchen treten wir alle. Aber kein politisches Social-Justice-Konzept kann erklären, wie man den Müll am besten entsorgt. Das geht nur, wenn irgendeine Form der emotionalen Bindung da ist. Dann geht das Verhältnis über einen konstruierten Anspruch, alles richtig zu machen, hinaus und es geht dann eher um das, was wirklich wichtig ist: das Wohlbefinden eine*r Freund*in oder Partner*in. Und dieses Wohlbefinden sieht am Ende des Tages bei allen Menschen anders aus, weil unterschiedliche Menschen unterschiedliche Formen der Unterstützung brauchen. Und das ist das, was die oberste Priorität haben sollte. In diesem Fall lassen sich Fehltritte auch leichter verzeihen.
Ich finde es ja schon recht bezeichnend, dass sie jemanden, der sich für ihre Sache einsetzt, erst einmal auf den Ally-Status reduzieren. Jetzt muss es schon ein nahestehender Mensch sein, damit man ihm überhaupt den Ally-Status gewähren kann. Denn bei allen anderen erträgt sie es nicht, wenn sie ihr widersprechen.
Was für eine menschenfreundliche Ideologie.
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