Feminismus ist mal wieder gut für alle und Männer profitieren vom Patriarchat, es wäre aber auch gut für sie es abzuschaffen, obwohl es das Patriarchat nicht gibt

Stokowski im Spiegel:

Wenn die Rede davon ist, dass wir in einem Patriarchat leben, sehen einige darin einen Beweis dafür, dass Feminismus nämlich doch eine verdammte Ideologie ist. Wie kann man – so ein häufiger Einwand – in Deutschland davon reden, dass das Patriarchat immer noch da ist, wenn wir seit fast 13 Jahren eine Kanzlerin haben? Heißt Patriarchat nicht, dass die wichtigen Schaltstellen von Männern besetzt sind? Kann man den Begriff noch ernst meinen, in diesen Tagen, in denen wahrscheinlich auch die zweite der beiden größten Parteien Deutschlands eine Frau zur Chefin wählen wird?

Und vor allem, wenn Frauen die Mehrheit der Wähler stellen und viele Gesellschaften zwar von Männern geführt werden, aber sich dennoch auf weibliche Kunden ausrichten, ganz zu schweigen davon, dass eben auch am Boden der Gesellschaft mehr Männer sind und die meisten Männer keine Führungspositionen haben

Man kann. Erstens, allein schon in Anbetracht der Zeitpunkte, zu denen beide ihre Chance ergreifen konnten – als ihre Parteien von Männern vor die Wand gefahren waren.

Das könnte man auch anders sehen. Denn Merkels Linksruck hat eben die große Krise ausgelöst, die Grünen haben eine Doppelspitze und die SPD hatte auch genug Frauen in den Entscheidungsbereichen. Zumal eben Frauen sich auch nach wie vor nicht darum reißen in der Politik involviert zu sein.

 

Und zweitens fällt etwas auf an der Art, wie über die Macht dieser Frauen gesprochen wird. Denn hinter jeder erfolgreichen Frau steht mindestens ein Mann, der es nicht aushält, dass diese Frau eine Frau ist.

Oh nein, auch Frauen sind nicht gegen Kritik immun und werden nicht allein deswegen akzeptiert, weil sie Frauen sind. Ob es wohl einen Mann gibt, der bedingungslos akzeptiert wird? Und gerade angesichts der gegenwärtigen Hetze gegen weiße heterosexuelle Männer scheint man da auch so seine Probleme zu haben

Angela Merkel wurde, seit sie Kanzlerin ist, schon unzählige Male „das Merkel“ genannt, oder, noch häufiger, „Mutti“, als wäre das die einzige Rolle, in der Frauen etwas zu sagen haben könnten.

Und Kohl wurde „Birne“ genannt. Spitznamen bilden sich, Mutti ist keineswegs etwas negatives.

Und über Andrea Nahles schrieb neulich erst der „FAZ“-Redakteur Jasper von Altenbockum: „Der einzige Mann in der SPD-Führung scheint Andrea Nahles zu sein.“ (Zwei Tage später folgte die Erklärung, warum er das für eine seriöse Analyse hielt.)

Auch das ist eben nur ein Spruch, aber eben durchaus auch ein passender und alter. Weil Männer eben üblicherweise die „Eier“ haben.

Nicht alle Männer fürchten sich

Dabei reicht es im Patriarchat natürlich nicht, irgendeine Art von Mann zu sein, um ganz nach oben zu kommen, und deswegen ist auch die Abschaffung des Patriarchats nicht für alle Männer gleich anstrengend. Sie ist tatsächlich für die allermeisten gar nicht gefährlich, denn „Patriarchat“ bezeichnet keine Männerherrschaft, sondern kommt von „pater“, was für den Vater steht (oder auch Stammvater oder Sippenoberhaupt), in dessen Machtbereich die Traditionen und Linien der Machtweitergabe männlich geprägt sind.

Das hieß früher, dass Eigentum und Rechte des Paters an den Sohn weitergehen, und heute, dass männliche Chefs zu häufig lieber andere Männer einstellen als Frauen, wenn sie nicht durch eine Quote an deren Existenz erinnert werden.

Und was wäre mit „Alle Männer sind privilegiert“ und „Alle Männer profitieren vom Patriarchat“

Steve Bannon weiß es noch nicht, aber die meisten Männer profitieren von der Abschaffung des Patriarchats. Es wird dann schwieriger sein, sich im Hotel-Bademantel auf eine Frau draufzuschmeißen, mit der man eigentlich etwas anderes machen sollte.

Aber, who cares? Die allermeisten Männer hatten das eh nicht vor, so weit ich das sagen kann. Männer werden, wenn dieser Drops gelutscht ist, genauso lange leben wie Frauen. Sie werden weniger Stress haben und seltener Opfer von Gewalt werden, sie werden öfter ihre Kinder sehen und wissen, wann deren Freunde Geburtstag haben.

Nur das es eben kein Patriarchat gibt, welches man abschaffen kann. Es gibt eine Leistungsgesellschaft, die nicht durch Männer geschaffen wurde, sondern zum einen weil sie funktioniert, zum anderen auch, weil Frauen eifrig daran mitarbeiten und Männer wollen, die Teil dieser Leistungsgesellschaft sind.

Natürlich kann man auch Zustände für Männer verbessern, etwa im Familienrecht, ohne das man deswegen so tun muss als habe sich ein Patriarchat gegen die Frauen verschworen. Das hilft Männern dann noch mehr, denn sie hätten die Vorteile davon, müssten aber sich nicht gleichzeitig beschimpfen lassen, dass sie nur wegen ihrer Priviligen nach oben gekommen sind, statt durch Arbeit und auch keine ungerechten Quoten hinnehmen.