„Rechten Feminismus kann es nicht geben“ (allerdings wahren schottischen Feminismus schon)

Auf Twitter lief ein mehr oder minder erfolgreicher Hashtag #120db. Bei diesem ging es darum, dass Frauen, die meist eher der identitäteren oder rechten Szene näher standen, sich gegen die aus ihrer Sicht angestiegenden Sexualstraftaten gerade durch Flüchtlinge und Ausländer protestierten.

Es schwang dort viel „Frauen Europas wehrt euch“ und „Gewalt ist importiert“ mit und natürlich hat man auch auf Kritik damit reagiert, dass linke Feministinnen sonst immer predigen, dass man Frauen glauben müsse, wenn sie von Übergriffen berichte und das man Frauen unterstützen müsse, die sexuelle Übergriffe aufzeigen.

In der Tat erscheint dort die Haltung vieler linken Feministinnen nicht konsequent:

Der Grundsatz, dass nicht hinterfragt werden darf, sondern geglaubt werden muss, der muss dann eben auch gelten, wenn der Täter Ausländer ist.

Das ist aber im  intersektionalen Feminismus keine vertretbare Position, da die Beschuldigung von Ausländern gleich Rassismus-Minuspunkte bringen würde, dass Bestreiten aber Pluspunkte.

Stokowski versucht nun im Spiegel das Dilemma aufzulösen, indem sie anführt, dass man ja gar nicht gegen Frauen, die ihre Rechte verteidigen vorgeht, sondern eben nur gegen Rechte, die Frauen für ihre rechten Zwecke vereinnahmen, in dem sie vortäuschen, dass sie Frauenrechte wahren. Als Argument führt sie an, dass Rechte Positionen eben schlicht nie feministisch sein können, sondern eben immer nur rechts und damit auch bedingungslos bekämpft werden könnten bzw müssen:

Wer aus der Vielzahl von Taten ausgerechnet nur diejenigen herauspickt, in denen die Opfer weiße Frauen sind und die Täter zum Beispiel Flüchtlinge, und so tut, als sei das die Hauptgefahr, verdreht die Realität und lässt die Mehrzahl der Fälle aus. Es gibt Fälle von Gewalt durch männliche Flüchtlinge gegen weiße Frauen, aber diese Fälle bedrohen nicht die europäische oder jeweils nationale Kultur oder Ehre oder was auch immer, weil in diesen Gesellschaften – auch jenseits aller Migration – Gewalt gegen Frauen alltäglich passiert.

(…)

Aber wie glaubhaft können Rechte sich für Frauenrechte einsetzen? Es mag für manche Leute auf den allerersten Blick feministisch erscheinen, wenn Rechte so tun, als wenn sie sich für Frauen engagieren, und bisweilen ist an den Sätzen, die sie dabei verwenden, alles richtig: „Die Freiheit der Frau ist nicht verhandelbar!“, stand auf einem AfD-Plakat zur letzten Bundestagswahl. Stimmt so. Aber ist das feministisch?

Die Antwort steht und fällt natürlich mit der Definition von Feminismus. Wenn Feminismus heißt, sich ab und zu irgendwie für irgendwelche Frauen einzusetzen, dann kann es rechten Feminismus geben, Grüße an Ivanka Trump, aber ansonsten nicht. Wenn Feminismus bedeutet – meine Definition -, dass alle Menschen die gleichen Rechte und Freiheiten haben sollten, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Sexualität und ihrem Körper, dann ist diese Haltung unvereinbar mit rechtem Denken.

Und das ist nicht mal nur deswegen so, weil es nur einen wahren Feminismus geben könnte. Aber Feminismus, der nicht auch antirassistisch und antiklassistisch ist, ist widersprüchlich und unglaubwürdig. Es gibt sehr unterschiedliche feministische Strömungen, manche sind marxistisch und manche öko, andere religiös oder hedonistisch oder ganz anders. (…)

Die Gesellschaft, die Feministinnen und Feministen wollen, kann eine parlamentarische Demokratie sein oder anarchistische Kollektive, aber sie kann nie völkisch, nationalistisch, rechtsextrem sein. Das ist einfach logisch nicht möglich, weil diese Haltungen auf Ausschluss basieren und auf der Diskriminierung oder noch härteren Bekämpfung von Minderheiten und allen, die als Fremdkörper wahrgenommen werden – und Feminismus das Gegenteil will.

Das ist schon fast witzig: Wenn wir Feminismus als wahren Schotten definieren, dann sind falsche Schotten eben kein Feminismus!

Ihr Feminismus ist allerdings mit ihrer eigenen Definition auch nur sehr eingeschränkt vereinbar, denn die Abwertung von Weißen und Männern ist sehr wohl mit ihrem Feminismus vereinbar, auch wenn sie das eben nicht als Rassismus definiert.

Rechte versuchen im übrigen solche Definitionsspiele ebenso, wenn sie sich auf einen Ethnopluralismus berufen:

Ethnopluralismus ist ein Weltbild der Neuen Rechten, deren Vertreter eine kulturelle „Reinhaltung“ von Staaten und Gesellschaften nach „Ethnien“ anstreben. Dabei definieren manche Vertreter der Neuen Rechten „Ethnien“ nicht nach ihrer Abstammung, sondern nach ihrer Zugehörigkeit zu einer „Kultur“, um sie so von „Fremden“ zu unterscheiden. Einflüsse der als „fremd“ betrachteten Gesellschaften werden als Gefährdung der „eigenen Identität“ verstanden; Fremdenangst gilt als natürliche Reaktion darauf. Anstelle von historisch durch den nationalsozialistischenVölkermord belasteten Begriffen wie „Lebensraum“ sprechen Ethnopluralisten von „angestammten Territorien

Sie sagen dann eben, dass sie ja nichts gegen Menschen aus anderen Kulturen haben, nur sollte eben bitte jede Kultur unter sich bleiben, damit jede Kultur ihre Eigenarten erhalten kann. Sie würden eben dann die Einflüsse anderer als „toxische Nafrikultur“ deuten, die sich schädlich auswirkt, genauso wie der Feminismus „toxische Männlichkeit“ ausgrenzt und anführen, dass sie gegen den gut in der deutschen Kultur verwurzelten Schwarzen ja gar nichts haben oder gegen den christlich aufgewachsenen Araber.  Ähnlich wie sie der Feminismus aus seinem Rassismus gegen Weiße herausredet, oder seinen Hass gegen Männer, reden sich dann die Rechten aus ihrem Rassismus heraus.

In einem Leserkommentar schreibt „Nostro Mo“:

Im Grunde läuft der ganze Beitrag von Stokowski darauf hinaus, dass sie bestimmte, ihr sympathische politische Positionen (Antirassismus, Einsatz für LGBT-Rechte) zu notwendigen Eigenschaften der politischen Weltanschauung des Feminismus an sich erklären möche, wobei sie jedoch leider eine logisch zwingende Argumentation zugunsten einer moralischen vernachlässigt – eine Grundschwäche, die sich leider durch beinahe alle ihre Artikel zieht.

Es ist sicherlich ehrenhaft, sich dafür einzusetzen, „dass alle Menschen die gleichen Rechte und Freiheiten haben sollten, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer Sexualität und ihrem Körper“, und ich stimme ihr absolut zu. Aber dies zur Definition des Feminismus überhaupt machen zu wollen, ignoriert nicht nur die historische Entwicklung dieser Bewegung (führende Persönlichkeiten des Feminismus wie Elizabeth Cady Stanton oder Emmeline Pankhurst waren in ihrem Denken unbestreitbar rassistisch und elitär, mithin „rechts“), sondern ist ein logischer Fehlschluss, denn der Feminismus braucht als notwendige Attribute nichts mehr als die Vorstellung, dass Frauen aufgrund ihres Geschlechtes eine politische Interessengemeinschaft bilden, und den Einsatz für diese wie auch immer gedachten gemeinsamen Interessen.

Die Miteinbeziehung besonderer politischer Aspekte (etwa der Kampf gegen ethnische oder sexuelle Diskriminierung) ist dabei möglich, aber nicht logisch notwendig. Stokowski konstruiert in ihrem Artikel einen „wahren Schotten“ aus einem moralischen Empfinden, nicht aus einen rational-logischen Argumentationskette heraus. Ihr Empfinden spricht dabei sehr für sie als Menschen, aber eben weil sie jegliche Analyse durch einen moralischen Appell ersetzt, wirkt ihr Artikel blass, moralisierend und intellektuell steril. Der Einsatz für die Gleichheit der Geschlechter in Recht und Freiheiten sollte ernst genommen werden. Auch von Margarete Stokowksi selbst.

Etwas kürzer ist es auch von von Monty Python abgehandelt worden:

Ein Feminismus, der sich dafür einsetzt, dass Frauen vor Personen aus einem Kulturkreis geschützt werden soll, der nach deren Ansicht übergriffe Gegen Frauen aufgrund eines anderen Frauenbildes eher betreibt, mag für Stokowski nicht feministisch sein, allerdings zeigt schon beispielsweise Alice Schwarzer, dass so eine Haltung ohne weiteres dem Feminismus zugerechnet werden kann.

Insofern erweitert Stokowski die Definition des Feminismus, damit sie bestimmte Haltungen ausschließen kann.