Die Schachweltmeisterin Anna Muzychuk verzichtet auf Teilnahme an WM, weil ihr in Saudi Arabien die Frauen zu unfrei sind

Es ist durchaus eine Form von Feminismus, für die ich Verständnis habe: Schachweltmeisterin Anna Muzychuk schreibt auf Facebook:

In a few days I am going to lose two World Champion titles – one by one. Just because I decided not to go to Saudi Arabia. Not to play by someone’s rules, not to wear abaya, not to be accompanied getting outside, and altogether not to feel myself a secondary creature. Exactly one year ago I won these two titles and was about the happiest person in the chess world but this time I feel really bad. I am ready to stand for my principles and skip the event, where in five days I was expected to earn more than I do in a dozen of events combined. All that is annoying, but the most upsetting thing is that almost nobody really cares. That is a really bitter feeling, still not the one to change my opinion and my principles. The same goes for my sister Mariya – and I am really happy that we share this point of view. And yes, for those few who care – we’ll be back!

In der Übersetzung auf Welt:

Sie schrieb also: „In ein paar Tagen werde ich zwei Weltmeister-Titel verlieren – einen nach dem anderen. Nur weil ich mich entschieden habe, nicht nach Saudi-Arabien zu gehen. Nicht nach den Regeln von irgendjemandem zu spielen, nicht die Abaya zu tragen, nicht begleitet zu werden, um nach draußen zu gelangen, und alles in allem, um mich nicht wie ein Mensch zweiter Klasse zu fühlen. Vor genau einem Jahr habe ich diese beiden Titel gewonnen und war die glücklichste Person in der Schach-Welt. Aber dieses Mal fühle ich mich wirklich schlecht.“

Sie sei bereit, „für meine Prinzipien einzustehen und die Veranstaltung sausen zu lassen, wo zu erwarten gewesen wäre, dass ich in fünf Tagen mehr verdient hätte als in einem Dutzend von Veranstaltungen zusammen. All das nervt, aber das Ärgerlichste ist, dass es fast niemanden wirklich interessiert. Das ist ein wirklich bitteres Gefühl, aber ich bin deswegen noch lange nicht diejenige, die ihre Meinung und ihre Prinzipien ändert.“ Schon die WM im vergangenen Jahr in Teheran, wo Frauen sich auch großen Restriktionen ausgesetzt sehen, sei für sie eine Zumutung gewesen.

Zwar müssen die Teilnehmenden während des Turniers weder einen Hidschab (islamisches Kopftuch) noch eine Abaya (Überkleid, das von Frauen über der normalen Kleidung getragen wird, wenn sie das Haus verlassen) tragen. Dies hatte die World Chess Federation im November verkündet. Es sei „das erste Mal, dass dies für ein Sport-Event in Saudi-Arabien gilt“, wurde stolz mitgeteilt.

(…)

An der politisch-gesellschaftlichen Situation der Frauen im Land aber ändert das natürlich herzlich wenig. Die saudische Politik wird von einer strengen Auslegung des Islam beherrscht. Keine Frau darf sich etwa unverschleiert in der Öffentlichkeit zeigen. Vorgeschrieben ist die Vollverschleierung von Kopf bis Fuß.

Israelische Teilnehmer bekamen kein Visum

Frauen dürfen auch nicht ohne männliche Zustimmung reisen, weder im In- noch im Ausland. Auch eine Scheidung ist Frauen nur erlaubt, wenn ein männlicher Vormund sie gestattet. Unter anderem gilt auch eine strikte Geschlechtertrennung beim Einkaufen oder bei Restaurantbesuchen mit Männern, die nicht zu ihrer Familie gehören. Sie sind strengstens untersagt. Der Staat als Hüter der religiösen Werte werde weiter die Sicherheit und den Schutz der Gesellschaft garantieren, hieß es in der Erklärung, als vor Kurzem angekündigt wurde, dass Frauen ab Juni 2018 wohl Auto fahren dürfen.

Bei der Schach-WM nun stieß aber auch der zart aufkeimende Liberalismus im Landschnell an politische Grenzen. Sieben israelischen Teilnehmern wurde kein Visum gegeben, berichtete die BBC. Wohl aus reiner Willkür und innig gepflegter Feindschaft. Das wahhabitische Königreich und der jüdische Staat unterhalten nicht mal diplomatische Beziehungen.

Was sagt ihr dazu?

Sollte man die Veranstaltung unterstützen, weil sie eben selbst Regeln in einem sehr strengen Land aufbricht und damit auch ein Zeichen für die dortigen Frauen ist oder ist der Boykott eher der richtige Weg, weil eben eine WM nicht in einem Land statt

54 Gedanken zu “Die Schachweltmeisterin Anna Muzychuk verzichtet auf Teilnahme an WM, weil ihr in Saudi Arabien die Frauen zu unfrei sind

  1. ich finde ihre Entscheidung richtig! Man muss Ländern zeigen das sie sich isolieren wenn sie die Religion an erste Stelle stellen. Ich kann weder Schach- noch den Fussballverband verstehen.

  2. Das ist kein Feminismus. Das ist das Bild was Feminismus immer für sich beansprucht, aber nie umsetzt. (Siehe Womens March). Das halte ich eher für Exceptionalismus (sie kann etwas sehr gut, also kann sie bestimmte Dinge auch fordern/umsetzen).

  3. Natürlich ist es richtig, was Sie macht, nur den Hype, der um diese Person gemacht wird, ist natürlich wieder mal völlig unnötig! 🙂
    Vor allem zelebriert sie sich auch noch als armes Hascherl, das doch so viel Schweres auf sich nehmen muss, nur damit sie ihren Prinzipien treu sein kann. Aber natürlich gute Story für die Boulevardpresse und ihre Adepten. 🙂

    • Ja es ist richtig, dieser lächerliche religiöse Fanatismus ist schon schlimm.
      Genauso richtig ist die Kritik an der Inszenierung der tapferen Frau.
      Von dem Einzelfall abgesehen, es ärgert, daß in der öffentlichen und veröffentlichten Wahrnehmung völlig untergeht, daß diese zwangsneurotischen Kulturen ja auch der Masse der Männer viele Zwänge auflegt, diese ebenfalls keineswegs eine freie Persönlichkeitsentwicklung nehmen können. Nicht zuletzt basierten diese Kulturen ja auf der massenhaften Ausbeutung von oft männlichen Sklaven, heute Gastarbeiter, meist aus dem indischen oder südostasiatischen Raum.

      • Vorab, ich betrachte das auch nicht als eine feministische Aktion, sondern als eine der Menschenrechte.
        Von daher finde ich sie gut.

        „Genauso richtig ist die Kritik an der Inszenierung der tapferen Frau.“

        Da hast Du als Promi manchmal keinen Einfluss drauf. Natürlich richten sich alle Scheinwerfer auf Dich, wenn Du eine außergewöhnliche Tat ankündigst. Und die Ankündigung, als Weltmeisterin nicht an einer WM teilzunehmen, ist mit Sicherheit spektakulär.

        „Von dem Einzelfall abgesehen, es ärgert, daß in der öffentlichen und veröffentlichten Wahrnehmung völlig untergeht, daß diese zwangsneurotischen Kulturen ja auch der Masse der Männer viele Zwänge auflegt, diese ebenfalls keineswegs eine freie Persönlichkeitsentwicklung nehmen können.“

        Was jetzt nichts mit dem diskutierten Sachverhalt zu tun hat.
        Muzychuk fordert tatsächlich fehlende Menschenrechte für Frauen ein, und das ist gut so.

    • @Mark

      Untertitel: Kirsan Ilyumzhinov (L), president of the world chess body Fide, watches winner Tan Zhongyi of China (C) and second-placed Anna Muzychuk (R) of Ukraine with their trophies after their Women’s World Chess Championship final in Tehran, Iran

      Feminismus kann so viel Spaß machen, wenn man Prinzipien hat (ohne geht´s allerdings doppelt so gut)!

      • „Es steht so ÜBER dem Bild!“

        Naja, Schleier ist noch was anderes, als Kopftuch.
        Ein Kopftuch kann man auch als eine Respektsbezeugung vor den Sitten eines Landes akzeptieren.
        Ich habe mir sagen lassen, dass man auch nicht in Jeans und Holzfällerhemd zur Nobelpreisverleihung in Norwegen antreten darf, nicht mal als Preisempfänger. Und darüber regt sich auch keiner auf.

        Wir sollten nicht aus den Augen verlieren, dass es auch in D vor 50 Jahren noch als sehr ungewöhnlich empfunden wurde, wenn eine Frau ohne Kopfbedeckung vor die Tür ging. Ich habe als Kind meine Mutter gar nicht anders gekannt. Das Kopftuch hing ganz selbstverständlich im Flur mit den Jacken an der Garderobe.

        Bei den Schwedinnen finde ich es allerdings schäbig und doppelmoralisch. Man kann nun mal nicht das Kopftuch als Symbol der Unterdrückung verdammen und dann damit antreten, auch wenn es in einigen arabischen Ländern Sitte ist.

  4. „Was sagt ihr dazu?“

    Super! Sie hat meine vollste Unterstützung.
    Mich bringen keine 10 Pferde in ein Land, in dem Menschenrechte dermaßen mit Füßen getreten werden.

  5. Aus der NZZ

    Schlau macht das Saudiarabien. Die Regierung in Riad unterstellt die Frauen männlicher Vormundschaft, lässt Ketzer auspeitschen und Geistliche köpfen, aber medial inszeniert sich Saudiarabien gleichzeitig als das Land der permanenten Lockerung. Man darf jetzt ins Kino gehen und zum Sport, Frauen dürfen Auto fahren, und eine etwas aus dem Lot geratene Welt findet das auch noch zum Klatschen.

    Auch Schachspielen ist seit kurzem erlaubt. Das war es 2016 noch nicht, damals hatte die wahhabitische Geistlichkeit noch befunden, es sei ein «Teufelswerk», vergleichbar dem Glücksspiel. .

    Es gibt viele, viele Probleme in dem Land. Die eigentlich wichtigen aber sind die der Frauen, sagt Muzychuk.

    • „Die eigentlich wichtigen aber sind die der Frauen, sagt Muzychuk.“

      Was ist eigentlich aus dem saudischen Blogger geworden, der seit fast 6 Jahren im Knast sitzt und zu 1.000 Peitschenhieben und 250.000 Euro Geldstrafe verurteilt wurde?

      Ah…egal: Go Girl!

  6. Die hat doch Arsch in der Hose!
    Und der Hype ist m.E. auch berechtigt. Sie selbst war völlig unbekannt und wir es auch bald wieder sein, schon allein weil die Damen-WM im Schach bei den Männern nicht mal in die Vorentscheidung kommen könnte ( das ärgert die Femis übrigens derbe, da es nix mit der körperlichen Muskulatur oder Knochen zu tun hat, sondern mit dem Gehirn, weshalb sie i.d.R. Schach auch verbissen totschweigen … 😉 ).
    Ergo ist es richtig, wenn sie kurzfristig mit allen Mitteln versucht ordentlch Staub aufzuwirbeln, um auf die Zustände bei „den besten Kumpels der USA“ hinzuweisen. Mehr kann sie nicht tun.
    Gefällt mir mir das Mädel!

    • „Sie selbst war völlig unbekannt und wir es auch bald wieder sein, schon allein weil die Damen-WM im Schach bei den Männern nicht mal in die Vorentscheidung kommen könnte“

      Eher, weil man im Schachbereich eh keine Sau kennt, wenn man sich nicht eh dafür interessiert.
      Den männlichen amtierenden Schachweltmeister kennt auch keiner.

          • Magnus Carlsen ist ein Sonderfall da Wunderkind und Exzentriker. Eine Art Tiger Woods des Schach (aber leider ein böser weißer Mann). Der war sogar schon mal im Spiegel mit einer größeren Story. Also einer von hundert kennt ihn vielleicht.

      • Sie ist übrigens nicht die Schachweltmeisterin. Das ist Tan Zhongyi.

        Anna M. ist Weltmeisterin im Blitz- und im Schnellschach. Das ist was anderes. Das sind zwar nicht gerade ein Scherztitel, aber viel weniger bedeutend als der richtige Frauen-Weltmeistertitel. Und tausend mal weniger bedeutend als der allgemeine Weltmeistertitel, oft fälschlicherweise als der Titel der Männer bezeichnet, aber Frauen dürfen dort auch mitspielen, wenn sie gut genug sind.

  7. Muzychuk macht das richtig. Ich empfinde es als moralisch verwerflich aufgrund des Geschlechts weniger Rechte zu haben. Ein biologischer Rechtfertigungsgrund liegt nicht vor.
    Auch die Kultur in Saudi-Arabien kann sich nur langsam fortentwickeln, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt nicht zu gefährden. Ob man vor diesem Hintergrund ein internationales Turnier ausrichten sollte, erscheint m.E. fraglich.
    Für mich handelt hier der Verband jedoch unmoralisch, denn aus monetären Gesichtspunkten ist er anscheinend bereit, die Rechte seiner Spielerinnen in nicht tragfähiger Weise beschränken zu lassen. Die Interessen seiner Spielerinnen standen vermutlich auf der Prioritätenliste im hinteren Bereich.

    • Fairerweise muss gesagt werden, dass sie nach eigener Aussage schon damals den Bekleidungszwang als Zumutung empfand. Man kann gewisse Konsequenzen auch zu einem späteren Zeitpunkt ziehen ohne gleich als unredlich zu gelten.

    • Im Iran muss man als Frau auch nicht ein Sackartiges Übergewand mit Vollverschleierung tragen, darf als Frau Autofahren, sich alleine auf der Strasse bewegen usw usw…
      Irgendwo hat halt jeder seine Schmerzschwelle, und als professionelle Schachspielerin hat man es auch nicht so dicke mit dem Einkommen, dass man just for fun mal auf ein ziemlich gutes Preisgeld verzichten kann.
      Wenn man sich ihre Begründung durchliest, dann wird schnell klar, dass sie „nur“ konsequent gemäß ihrer Ansichten handelt. Sie will nicht als minderwertiges Wesen behandelt werden.
      Sie schwingt nicht die Moralkeule gegenüber anderen Teilnehmern (wie es ja heutzutage so gerne nicht nur im real existierenden Feminismus gemacht wird).
      Jedenfalls tritt sie tatsächlich für Frauenrechte und für Menschenrechte ein, also macht sie genau das, für was Feminismus nach eigener Aussage zwar steht, aber bedauerlicherweise zum. hierzulande schon lange nicht mehr der Realität entspricht.

      Die eigentliche Schuld an diesem Debakel gebührt der FIDE, die sich imho schlichtwegs bestechen lies. Die Anforderungen des Gastlandes Saudi-Arabien an die Teilnehmerinnen sind absolut unangemessen, der Ausschluß israelischer Spieler eigentlich komplett inakzeptabel und komplett gegen die Ausschreibungsregeln. Und dann besitzt die FIDE auch noch die DREISTIGKEIT, die Tatsache, dass sich Frauen im Spiellokal NICHT vollverschleiern müssen, als gewaltigen Fortschritt hinzustellen…

      • Wer in ein fremdes Land reist muss sich an die dortigen Regeln halten. Im Gegenzug steht es ihr frei nicht dorthin zu reisen. Das ihr dafür eine Aberkennung der Weltmeisterschaften droht ist das eigentliche Problem. Dies ist meiner Ansicht nach nicht zu rechtfertigen. Der generelle Auschluss von Spielern aus Israel ist auch nicht zu rechtfertigen und sollte die Veranstaltung als Weltmeisterschaft disqualifizieren.

        • „Der generelle Auschluss von Spielern aus Israel ist auch nicht zu rechtfertigen und sollte die Veranstaltung als Weltmeisterschaft disqualifizieren.“

          Sehe ich genauso. Und hier stellt sich natürlich die Frage nach den Organisatoren, dem Welt-Schachverband (wie heißt der genau?) – wieso spielen die da mit und wieso führen die die Weltmeisterschaft nicht in einem freien Land durch?

          Ist wohl alles eine Frage des Geldes, also letztlich der Korruption.

  8. Falls sich jemand übrigens über die Verflechtungen von deutschen ökonomischen und politischen Herrschaftseliten mit den Herrschaftseliten von Scharia-Staaten informieren möchte, dazu gibt es inzwischen zwei gut recherchierte, lesenswerte Bücher:

    Sascha Adamek – Scharia-Kapitalismus. Den Kampf gegen unsere Freiheit finanzieren wir selbst

    https://www.bol.de/shop/home/suchartikel/scharia_kapitalismus/sascha_adamek/EAN9783430202404/ID64788265.html

    und

    Markus Bickel – Die Profiteure des Terrors. Wie Deutschland an Kriegen verdient und arabische Diktaturen stärkt

    https://www.bol.de/shop/home/verknuepfung/die_profiteure_des_terrors/markus_bickel/EAN9783864891526/ID47093063.html#reviewsHeader

    Zwar stehen in den beiden Büchern speziell die Verflechtungen zwischen deutschen Großkapitalisten (und ihren gekauften Handlangern in der Politik) und Scharia-Staaten im Vordergund, aber bezüglich des Großkapitals anderer westlicher Staaten dürfte es wohl oft ähnlich aussehen, (bei den USA natürlich sowieso).

    Das hinter dem Relativieren, Schönreden und der Förderung des Scharia-Islams seitens westlicher Herrschaftseliten in letzter Instanz die Profit- und Herrschaftsinteressen großkapitalistischer Akteure stehen, ist also inzwischen nicht mehr nur eine begründete Hypothese, sondern dies lässt sich auch belegen.

    • Danke. Auch wenn ich es sicher nicht lesen werde, kann es als Referenz wertvoll sein.

      Es ist alles so furchtbar. So ein hässlicher gordischer Knoten aus Geld, Korruption, perversen Strukturen und daraus folgender Macht. Ich frage mich, ob wir das jemals loswerden, wie wir es loswerden und durch was wir es ersetzen.

    • Tja, der absolute Gipfel der Dämlichkeit war Trumps Schulterschluss mit den Saudis unter dem Label „Kampf dem Terrorismus“. Wie so ziemlich jeder weiss ist Saudi Arabien der Financier radikaler europäischer Moscheen, wo Hass gegen die Ungläubigen geschürt wird. Es gibt auf dieser Erde wahrscheinlich kein elenderes Pack als diese wahabitische Herrscherclique mit ihren Moralvorstellungen aus den 7 Jahrhundert.

    • Auch auf Rubikon, findet man den einen oder anderen Artikel, der sich u.a. mit der Rolle der Natostaaten, Öllobbies etc. in Verbandelung mit den Saudis befasst. Wobei man natürlich immer achtsam sein muß, daß Rubikon keine knallhart festgelegte Linie verfolgt, es also auf den jeweiligen Autoren und dessen Ausrichtung ankommt. Aber informativer als die MS-Medien allemal.

  9. Bevor der Eifer, für die unterdrückten Frauen in islamischen Ländern das Wort zu ergreifen, überhand nimmt, weise ich darauf hin, dass der Zufriedenheitsindex muslimischer Menschen (und damit Frauen) in den vereinigten arabischen Emiraten, Kuweit, Marokko oder Bahrain größer ist, als bei uns. Saudi Arabien liegt nur 2 Punkte hinter Deutschland:

    http://news.gallup.com/poll/169322/people-worldwide-reporting-lot-positive-emotions.aspx?version=print

    Islamische Frauen verteidigen die islamische Kultur:

    http://www.womeninislam.ws/de/missverstandnisse_uber_frauen_im_islam.aspx

    Das sollte einem, der sich mit Feminismus beschäftigt, nicht erstaunen.

    • Eine Reflexion über diesen Sachverhalt könnte zu folgender Schlussfigur kommen:

      A. Der empirisch belegte Zufriedenheitsindex westlicher Frauen hat u.a. mit dem Erstarken des Feminismus abgenommen – derjenige der Männer hat zugenommen
      B. Eine mögliche Ursache könnte im Aufbrechen traditioneller Rollen liegen und hier in der Abnahme der Verantwortung von Männern für die Subsistenz einer Familie und in der der Zunahme der finanziellen Verantwortung der Frauen
      C.Im Islam wird explizit die traditionelle Rolle des Ernährers dem Mann zugewiesen
      D.Es könnte sein, dass sich der Zufriedenheitsindex islamischer Länder verteilt über die Geschlechter umgekehrt verhält zu den verteilten Zufriendenheitsindex über die Geschlechter westlicher Länder

      Schluss:

      Der Zufriedenheitsindex westlicher Männer ggü. islamischer Männer fällt zugunsten westlicher Männer aus. Da der Zufriedenheitsindex westlicher Frauen abgenommen hat, derjeniger muslimischer Frauen mögicherweise gleich geblieben ist, aber der nicht über die Geschlechter verteilte Zufriedenheitsindex in der golup-Studie bei einigen muslimischen Ländern höher ist, als z.B. in Deutschland, müsste der Zufriedenheitsindex muslimischer Frauen ggü. westlicher Frauen drastisch höher sein.

      Daher auch die Affinität des Feminismus zum Islamismus.

  10. Internationale Sportevents (im weitesten Sinne auch Schach) sind, wie das bei internationalen Dingen halt so ist: international. Man hat also ständig mit Spinnereien anderer Nationen zu tun. Ob man die Bedingungen von Unterbringung und Wettkampf akzeptiert, muss also jeder für sich selbst entscheiden.

    Wer allzu moralisch an die Sache herangeht, kann an solchen Events nicht mehr teilnehmen, da es in jedem Land problematische Zustände der einen oder anderen Art gibt. Imperialismus bei den Amis, Besatzungspolitik bei Israel, Frauenentrechtung in muslimischen Ländern, böse AfD in Deutschland, Krim“diebstahl“ in Russland etc. pp.

    Ich bin der Meinung ein Verein sollte Minimalanforderungen an die Wettkampfbedingungen usw. sicherstellen (und Länder meiden, die sie nicht einhalten) und ansonsten maximal unpolitisch sein.

    Aber ich bin ja auch nur ein schmutziger Ethnopluralist, der sich nicht immer überall oberlehrerhaft einmischen muss…

  11. Auch ich finde ihre Weigerung gut!

    Ja, es wird zurecht angemerkt, dass es auch genug andere Probleme hat, die man mit Saudi-Arabien haben sollte (etwa den Ausschluss von Ju… oh, pardon, man meint natürlich nur Israelis), aber das ändert nichts daran, dass hier – auf eigene Kosten – Stellung zumindest gegen EIN Unrecht dieses Landes bezogen wird. Ich mache niemanden einen Vorwurf, weil er sich den dortigen Sitten unterwirft (mit Ausnahme der erwähnten schwedischen Regierung, die so stolz auf ihren Feminismus war, als es gegen Trump ging, vor echten Frauenunterdrückern aber auf die Knie ging), aber ich finde es höchst löblich, dass sie so offen und sichtbar verdammt hat, was dort vorgeht. Das wird allein nicht unbedingt etwas ändern, aber ich halte es für richtig, totalitären Regimes den Prestigegewinn zu versagen, den sie durch Weltmeisterschaften u.ä. bekommen.

    Und ich sehe es durchaus auch als feministische Aktion. Eben im Geiste des richtigen, löblichen Feminismus, der oft behauptet, hier aber auch mal erfüllt wird. Dass etwas um Menschenrechte geht, schließt ja nicht aus, dass es auch speziell um Frauenrechte gehen kann.

    • Ich verstehe deine Ansicht und hätte sie vor wenigen Jahren noch geteilt.

      Mittlerweile erkenne ich sie als Projektion. Du sprichst von totalitären Regimen und implizierst uns als Gegenpol dazu, das ist z.B. eine Ansicht, die ich nicht mehr teile. Spätestens seit ich weiß, wie man hier mit unliebsamer Opposition umspringt, welche perversen Doppelstandards da gelten, welche unglaubliche Medienmaschine hier die Gehirne wäscht.

      Du sprichst von Unrecht dieses Landes, aber dort ist es nicht Unrecht, sondern geltendes Recht. Man kann dagegen das Menschenrecht in Stellung bringen, aber selbiges wird bei uns auch benutzt, um UNS gegenüber Zuwanderern zu entrechten. Spätestens seitdem ist mir der Doppelcharakter und die Verlogenheit, vermeintlich absoluter Rechtsnormen, ein Ärgernis.

      Wir messen die Saudis an unseren Werten. Dort wo wir unsere Werte in die islamische Welt getragen haben, wurden sie aber bekämpft. Mit der islamischen Revolution im Iran ebenso, wie etwa in Afghanistan.

      Ich mag die Saudis nicht, wir haben welche als Kunden. Sie sind aufbrausend und korrupt. Wüstensöhne halt, aber die müssen schon ihren eigenen Weg finden. Ich habe Respekt, wenn jemand persönliche Nachteile in Kauf nimmt, um in einem fremden Land irgendwas (vermeintlich) zu verbessern, andererseits fehlt mir selbst die Arroganz unsere Gesellschaft für das Richtmaß zu halten, gerade in Frauensachen…

      • Ähm… wie werden wir mit Hilfe der Menschenrechte gegenüber Zuwanderern entrechtet?
        Musst du mal bitte genauer ausführen, insbesondere welche Rechte Zuwanderer haben, die ich als Deutscher nicht habe?
        (Und bitte nicht die alte Doppelstaatsbürgerschaftswahlrechtsleier… danke sehr)

        Intressierte Grüße
        Mike

  12. Bei der Schach-WM nun stieß aber auch der zart aufkeimende Liberalismus im Land schnell an politische Grenzen. Sieben israelischen Teilnehmern wurde kein Visum gegeben, berichtete die BBC.

    Israel ist Mitglied der FIDE, also des Weltschachverbandes, der für seine korrupten Strukturen berüchtigt ist.
    Wie kann es sein, dass die FIDE eine Weltmeisterschaft an ein Land vergibt, das ein Mitglied aus politischen Gründen ausschliesst?
    Typisch FIDE, korrupt bis auf die Knochen.

  13. Saudi-Arabien hat so viele Probleme, da käme es auf einen Schleier mehr oder weniger nicht an.
    Bzw., sie ist kein Mensch zweiter Klasse, nur weil sie nach Saudi-Arabien fährt.

    Andrerseits, wenn sie sich nicht als Vorzeige-Quoten-Frau-mit-nicht-so-harten-Einschränkungen ausnutzen lassen will, ist das natürlich legitim.

  14. Was mich mal interessieren würde: Laut Aussage der Frau Muzychuk hat sie durch ihre Entscheidung / Weigerung massive Nachteile zu gewärtigen. Nehmen wir das mal einfach so an.

    Frage: Welche Unterstützung erhält sie für ihre Aktion aus dem feministischen Lager? Ich hätte jetzt eigentlich erwartet, daß sie weltweit zumindest symbolische Unterstützung durch Feministinnen erhählt. Ist das so?

  15. Es ist ihre persönliche Entscheidung. Wenn diese für sie richtig ist, dann passt das schon. Jemand anders wird sich vielleicht anders entscheiden, und es ebenso für richtig halten. Es gibt hier kein richtig oder falsch im objektiven Sinne. Es ist eine Frage des eigenen Gewissens…

    Immerhin erleidet sie durch ihre Entscheidung einen erheblichen Nachteil (Verlust des Weltmeistertitels). Das nötigt zumindest mir einen gewissen Respekt ab.

  16. Ja, das reale (finanzielle und statusbezogene) Opfer, welches sie durch ihrer politische Entscheidung trägt, ist anerkennenswert.

    Immerhin ein deutlicher Gegensatz zum sonst üblichen opportunistischen Großmaul-Medienfeminismus.

  17. Im Gegensatz zu den wiederlichen schwedischen „Feministinnen“ der dortigen Regierung setzt sie für sich persönlich Grenzen der Zumutbarkeit, obwohl das für sie persönlich finanzielle und sonstige Nachteile bedeutet. Davon könnten sich die sogenannten „Netzaktivisten und *innen“ mal eine dicke Scheibe abschneiden.

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