Frauen beziehen den ökonomischen Status bei der Bewertung sexueller Attraktivität deutlich stärker ein als Männer

Die Schachweltmeisterin Anna Muzychuk verzichtet auf Teilnahme an WM, weil ihr in Saudi Arabien die Frauen zu unfrei sind

Es ist durchaus eine Form von Feminismus, für die ich Verständnis habe: Schachweltmeisterin Anna Muzychuk schreibt auf Facebook:

In a few days I am going to lose two World Champion titles – one by one. Just because I decided not to go to Saudi Arabia. Not to play by someone’s rules, not to wear abaya, not to be accompanied getting outside, and altogether not to feel myself a secondary creature. Exactly one year ago I won these two titles and was about the happiest person in the chess world but this time I feel really bad. I am ready to stand for my principles and skip the event, where in five days I was expected to earn more than I do in a dozen of events combined. All that is annoying, but the most upsetting thing is that almost nobody really cares. That is a really bitter feeling, still not the one to change my opinion and my principles. The same goes for my sister Mariya – and I am really happy that we share this point of view. And yes, for those few who care – we’ll be back!

In der Übersetzung auf Welt:

Sie schrieb also: „In ein paar Tagen werde ich zwei Weltmeister-Titel verlieren – einen nach dem anderen. Nur weil ich mich entschieden habe, nicht nach Saudi-Arabien zu gehen. Nicht nach den Regeln von irgendjemandem zu spielen, nicht die Abaya zu tragen, nicht begleitet zu werden, um nach draußen zu gelangen, und alles in allem, um mich nicht wie ein Mensch zweiter Klasse zu fühlen. Vor genau einem Jahr habe ich diese beiden Titel gewonnen und war die glücklichste Person in der Schach-Welt. Aber dieses Mal fühle ich mich wirklich schlecht.“

Sie sei bereit, „für meine Prinzipien einzustehen und die Veranstaltung sausen zu lassen, wo zu erwarten gewesen wäre, dass ich in fünf Tagen mehr verdient hätte als in einem Dutzend von Veranstaltungen zusammen. All das nervt, aber das Ärgerlichste ist, dass es fast niemanden wirklich interessiert. Das ist ein wirklich bitteres Gefühl, aber ich bin deswegen noch lange nicht diejenige, die ihre Meinung und ihre Prinzipien ändert.“ Schon die WM im vergangenen Jahr in Teheran, wo Frauen sich auch großen Restriktionen ausgesetzt sehen, sei für sie eine Zumutung gewesen.

Zwar müssen die Teilnehmenden während des Turniers weder einen Hidschab (islamisches Kopftuch) noch eine Abaya (Überkleid, das von Frauen über der normalen Kleidung getragen wird, wenn sie das Haus verlassen) tragen. Dies hatte die World Chess Federation im November verkündet. Es sei „das erste Mal, dass dies für ein Sport-Event in Saudi-Arabien gilt“, wurde stolz mitgeteilt.

(…)

An der politisch-gesellschaftlichen Situation der Frauen im Land aber ändert das natürlich herzlich wenig. Die saudische Politik wird von einer strengen Auslegung des Islam beherrscht. Keine Frau darf sich etwa unverschleiert in der Öffentlichkeit zeigen. Vorgeschrieben ist die Vollverschleierung von Kopf bis Fuß.

Israelische Teilnehmer bekamen kein Visum

Frauen dürfen auch nicht ohne männliche Zustimmung reisen, weder im In- noch im Ausland. Auch eine Scheidung ist Frauen nur erlaubt, wenn ein männlicher Vormund sie gestattet. Unter anderem gilt auch eine strikte Geschlechtertrennung beim Einkaufen oder bei Restaurantbesuchen mit Männern, die nicht zu ihrer Familie gehören. Sie sind strengstens untersagt. Der Staat als Hüter der religiösen Werte werde weiter die Sicherheit und den Schutz der Gesellschaft garantieren, hieß es in der Erklärung, als vor Kurzem angekündigt wurde, dass Frauen ab Juni 2018 wohl Auto fahren dürfen.

Bei der Schach-WM nun stieß aber auch der zart aufkeimende Liberalismus im Landschnell an politische Grenzen. Sieben israelischen Teilnehmern wurde kein Visum gegeben, berichtete die BBC. Wohl aus reiner Willkür und innig gepflegter Feindschaft. Das wahhabitische Königreich und der jüdische Staat unterhalten nicht mal diplomatische Beziehungen.

Was sagt ihr dazu?

Sollte man die Veranstaltung unterstützen, weil sie eben selbst Regeln in einem sehr strengen Land aufbricht und damit auch ein Zeichen für die dortigen Frauen ist oder ist der Boykott eher der richtige Weg, weil eben eine WM nicht in einem Land statt