Frauenquoten für die Parteien

Nach dem durch die Stärkung konservativer Parteien der Anteil der Frauen im Bundestag gesunken ist wurde in einem Beitrag in dem SPD-Blatt „Vorwärts“ durch Frau Elke Ferners die Idee ins Gespräch gebracht, dass man eine Frauenquote für die Parteien benötigen würde:

Wir sehen, dass der Frauenanteil in den Parteien mit parteiinternen Quotenregelungen deutlich besser ist. Der Frauenanteil bei Grünen und Linken liegt bei über 50 Prozent, bei der SPD bei 42 Prozent. Für uns ist es nach 2013 die zweite Wahlperiode mit über 40 Prozent in der SPD-Bundestagsfraktion. Deutlich wird aber auch, dass mit dem geltenden Wahlrecht eine paritätische und damit repräsentative Vertretung von Frauen und Männern im Bundestag kaum zu erreichen ist.

Was ist zu tun?

Wenn in dieser Wahlperiode das Wahlrecht geändert wird, plädiere ich dafür, auch das Thema paritätische Besetzung der Parlamente anzugehen. Vorbild können Frankreich und andere europäische Länder sein, in denen eine paritätische Besetzung bereits im Wahlrecht verankert ist. Diese Debatte muss jetzt geführt werden.

Dann ist der geringe Frauenanteil im neuen Bundestag als Signal zu verstehen?

Die Parlamente sollen ein repräsentativer Querschnitt der Bevölkerung abbilden. Frauen zählen etwas mehr als die Hälfte der Bevölkerung und sollten auch die Hälfte der Mandate im Bundestag haben. Wenn das über die Parteien nicht möglich ist, müssen wir das über unser Wahlrecht absichern.

Das war auch bereits Thema anderer Beiträge auf anderen Blogs zB:

Die Kritik wären aus meiner Sicht:

  • Es besteht kein Anspruch auf repräsentative Vertretung: Sie existiert auch für keine andere Gruppe. Wenn Leute mehr Frauen im Parlament wollen, dann müssen sie eben Parteien wählen, die mehr Frauen aufstellen. Wenn ihnen diese nicht gefallen, dann müssen sie Prioritäten setzen, wie bei jeder sonstigen Frage auch
  • Wenn man mit Quoten bei Frauen anfängt, warum dann nicht auch für Männer (zB bei den Grünen), oder nach Alter, Hautfarbe, Beruf oder anderen Kriterien, die nicht vertreten sind?
  • Es ist mit unserem Wahlrecht schwer zu vereinbaren, weil Direktmandate vorhanden sind nach der 1. Stimme. Hier würde selbst eine Vorschrift, die vorschreibt, dass auch diese zu 50% besetzt werden wenig helfen, weil in bestimmten Kreisen eine höhere Aussicht auf ein Direktmandat besteht. Es wäre auch schwer zu entscheiden, welcher Wahlkreis jetzt quotendienlich besetzt wird und welcher nicht. Ein „Nachrücken“ des mit weniger Abgeordneten bedienten Geschlechts könnte zwar Abhilfe schaffen, würde aber auch nicht helfen, wie die CDU zeigt, bei der über die Liste niemand einzieht, sondern nur Direktmandate.
  • Es ist eine unzulässige Einmischung in die internen Angelegenheiten einer Partei und auch auf deren Besetzung und damit auf das Wahlrecht:
    Wenn eine feministische Partei allein Frauen aufstellen will um das Patriarchat zu bekämpfen, dann muss ihr das möglich sein.
    Wenn eine „Väterpartei“ nur Väter aufstellen möchte, dann muss ihr auch das möglich sein.
    Aber auch abseits solcher Spezialthemen muss eine Partei entscheiden können, wer ihre Interessen und ihre Überzeugungen am Besten vertritt und diese Person aufstellen können. Und das eben auch, wenn es eher Männer als Frauen oder eher Frauen als Männer sind.
    Es kann nicht sein, dass eine Partei eine andere Person vorziehen muss, die weniger hinter ihrer Idee steht oder diese aus ihrer subjektiven Sicht schlechter oder weniger engagiert vertritt oder auch nur mit geringeren finanziellen eigenen Aufwand weil sie einer Quote folgt. Gerade das Argument der „Repräsentation“ spricht dafür, dass man sich davon andere Inhalte verspricht, darauf darf in einer freien Wahl aber kein Einfluss genommen werden.
  • Es spricht den Frauen die Fähigkeit ab, nach ihren eigenen Interessen zu wählen: Wer meint, dass Frauen bei freien geheimen Wahlen keine Entscheidung treffen können, die für sie vorteilhaft ist und damit als mündige Bürger wählen, der sieht sie nicht als mündige Bürger an.

Aranxo verweist zu recht auch auf die Rechtsprechung, die darauf abstellt, dass der Staat keinen Einfluss auf die Wahl nehmen darf, auch nicht um die Gleichstellung der Frau durchzusetzen.

Die interessanten Vorschriften aus dem Grundgesetz sind aus meiner Sicht diese:

Art. 21

(1) 1Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. 2Ihre Gründung ist frei.3Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. 4Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(3) 1Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind von staatlicher Finanzierung ausgeschlossen. 2Wird der Ausschluss festgestellt, so entfällt auch eine steuerliche Begünstigung dieser Parteien und von Zuwendungen an diese Parteien.

(4) Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 sowie über den Ausschluss von staatlicher Finanzierung nach Absatz 3 entscheidet das Bundesverfassungsgericht.

(5) Das Nähere regeln Bundesgesetze.

Damit gibt das Grundgesetz vor, dass die innere Ordnung lediglich demokratischen Grundsätzen entsprechen muss, wozu Gleichberechtigung oder gar Gleichstellung erst einmal nicht gehört. Wer weniger Frauen ins Parlament bringt will auch nicht die FDG beseitigen oder beeinträchtigen.

Des weiteren heißt es dort:

Art. 38

(1) 1Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. 2Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

Dort wird bereits angeführt, dass die Abgeordneten Vertreter des ganzen Volkes sind und nicht etwa Männer nur Vertreter der Männer. Eine repräsentative Vertretung, wonach nicht Vertreter eines Volkes, sondern einzelner Gruppen einziehen, ist damit schwer zu vereinbaren.

Frau Ferner führt an;

Nun werden Kritiker einwerfen, dass es Gleichstellung bereits gibt und Frauen alle Möglichkeiten haben. Was sagen Sie denen?

Das ist wieder das Motto „die Frauen sind selbst schuld“. Frauen haben aber die gläsernen Decken nicht erfunden. Das sind Schutzwälle der Männer. Schauen wir beispielsweise auf die FDP. Die behauptet immer, wer qualifiziert ist, wird auch gewählt. Wenn es aber bei der FDP nur ein Fünftel qualifizierte Frauen und bei der Union noch weniger gibt, die sichere Plätze haben und in den Bundestag einziehen, dann tun mir die Frauen in diesen Parteien einfach nur leid. Leider wirkt sich das dann auch auf die Gleichstellungspolitik aus. Frauen und Männer, die sich eine tatsächliche Gleichstellung wünschen und in einer modernen vielfältigen Gesellschaft mit gleichen Chancen für alle leben wollen, haben keine Lobby in diesen Fraktionen. Diese Wahlperiode wird eine des gleichstellungspolitischen Stillstandes werden.

Nur das die CDU mit deutlich weniger Frauenanteil eben wesentlich mehr Frauen überzeugt hat als die SPD. Man könnte dem Gedanken folgend anführen, dass einem die SPD leid tun kann, die anscheinend  mit doppelt so vielen Frauen nur die Hälfte der Wählerinnen überzeugen konnte. Werden die Frauen dann in der SPD vierfach so stark unterdrückt, weil sie anscheinend ihre Ideen zur Frauenvertretung nicht umsetzen konnten, denn sonst hätten sie nach der Logik ja mehr Frauen gewählt?

Anscheinend haben Frauen, die sich eine Gleichstellung wünschen schlicht keine Lobby bei den Wählerinnen.

Nun mehr diesen Wählerinnenwillen zu umgehen indem man zwangsweise Frauen in die Parteien setzt ist geradezu absurd und undemokratisch. Zum einen erklärt sie, dass Gleichstellung nur über Frauen geht. Zum anderen spricht sie den Wählerinnen ab, dass sie Parteien wählen, die ihre Interessen vertreten.

Tatsächlich ist es auch keine gläserne Decke, gegen die Frauen stoßen, sondern schlicht ihre schlechte Beteiligung an den Parteien. Alle Parteien haben prozentual zumindest die gleiche Anzahl  weiblicher Abgeordnete in den Bundestag geschickt die auch dem Verhältnis weiblicher Mitglieder entspricht.

Weiter im Interview

Frau Ferner, die SPD hat mit Andrea Nahles eine Frau an die Spitze der Bundestagsfraktion gewählt. Freut Sie das?

Ja, es freut mich wirklich sehr. Am Mittwoch hat die SPD-Bundestagsfraktion Geschichte geschrieben. Etwas spät, wie ich finde. Aber besser spät als nie. Nun ist zu hoffen, dass auch die anderen Funktionen, nämlich in der Fraktion und in der Partei paritätisch besetzt werden.

Auch interessant:

Ihre Partei „schreibt Geschichte“ mit einer ersten weiblichen Fraktionsvorsitzenden und Null  (0) weiblichen Kanzlerkandidatinnen, die Partei, der sie Stillstand der Gleichstellung vorwirft, 2002 ihre erste Fraktionsvorsitzende hatte (Merkel)  und seit 2005 eine Bundeskanzlerin stellt (ebenfalls Merkel). Auch die FDP hatte bereits 2009 eine Fraktionsvorsitzende (Birgit Homburger). Und die AFD hat von Anfang an mit Weidel eine Fraktionsvorsitzende (zusammen mit Gauland).  Tatsächlich ist die SPD die letzte der im Bundestag vertretenen Parteien, die eine weibliche Fraktionsvorsitzende hatte. 

Vielleicht geht es eher den Frauen in der SPD schlechter als in anderen Parteien.

Interessant aus dem ersten Abschnitt fand ich im übrigen noch ihren Hinweis auf Frankreich und die EU.

Zu Frankreich habe ich das hier gefunden:

Seit Beginn des Jahrhunderts wurde die Gesetzgebung zum Thema Gleichstellung zwischen Mann und Frau mehrfach geändert. 1999 wurde im Rahmen einer Verfassungsänderung Artikel 3 der Verfassung der Fünften Republik wie folgt ergänzt: „Das Gesetz fordert den gleichen Zugang von Frauen und Männern zu den Wahlmandaten und auf einer Wahl beruhenden Ämtern“. Diese Ergänzung wurde 2008 in Artikel 1 aufgenommen. Erst diese neue verfassungsrechtliche Bestimmung machte die Verabschiedung weiterer Gesetze zur Förderung des Zugangs von Frauen zu Wahlmandaten möglich.

2000 wird die öffentliche Finanzierung politischer Parteien per Gesetz so geändert, dass ein Teil der staatlichen Förderung nur dann ausgezahlt wird, wenn die Kriterien für eine gleichberechtigte Aufstellung von Kandidaten bei regionalen und nationalen Wahlen erfüllt sind.

Also eine indirekte Frauenquote über die Parteienfinanzierung. Ich würde davon ausgehen, dass auch ein solcher Ansatz als Umgehung gegen die oben angeführten Wahlgrundsätze verstoßen würde. In Frankreich wird allerdings auch jeder Wahlkreis nach dem Mehrheitsprinzip vergeben (also der mit den meisten Stimmen im zweiten Wahlgang erhält den Platz). Zur EU habe ich nichts zu Quoten gefunden.

Dann noch ein paar taktische Erwägungen:

Ist es tatsächlich schlau für die SPD (oder linke Parteien) eine Frauenquote für alle Parteien einzuführen?

Ich würde sagen: Es kommt darauf an

  • Wenn es so wäre, dass die anderen Parteien damit keine Fraueninteressen vertreten und damit Frauen mehr Gleichberechtigung oder gar mehr Gleichstellung einfordern wollen, dann rauben sich die linken Parteien ein Alleinstellungsmerkmal bei einer großen Wählerschicht.
    Ihr Argument „Hier werdet ihr von Frauen vertreten, wählt daher uns“ würde dann wegfallen und die CDU, die FDP etc könnten anführen, dass sie genauso mit Frauen aufwarten können, wie die anderen Parteien auch.
  • Gehen sie davon aus, dass mehr Frauen im Bundestag dazu führen, dass die CDU feministischer wird, dann würden sie auch eher Wähler verlieren und könnten sich weniger abgrenzen
  • Wenn sie davon ausgehen, dass die Frauenquote eine Last ist und die CDU einen Vorteil davon hat, dass sie diese nicht hat, dann wäre es taktisch schlau, dass sie eine solche einführen wollen
  • Wenn sie davon ausgehen, dass eine solche eh nicht umgesetzt werden kann, sie aber mit Virtue Signalling Punkte machen, dann wäre es ebenfalls taktisch schlau, dies in die Diskussion zu werfen, die Umsetzung wäre dann aber nicht Priorität-

Natürlich kann aus Sicht feministischer Parteimitglieder der Anteil der Frauen am Parlament ein Gewinn an sich sein, bei dem taktische Gedanken keine Rolle spielen.

 

Tag der deutschen Einheit

Der Tag der deutschen Einheit ist immer ein Tag, bei dem es auch darum geht, ob Deutschland zusammengewachsen ist.

Interessant sind da die Ergebnisse der Bundestagswahl:

Bundestagswahl 2017 Ost west

Bundestagswahl 2017 Ost west

Natürlich haben Menschen, die arm sind, auch an sich eher AFD und die Linke gewählt und der Osten ist ärmer als der Westen.

Meine Theorie ist ja, dass der Osten die stärkere Akzeptanz der AFD auch dem Sozialismus zu verdanken hat: Sozialismus ist eine Ideologie, die die Gemeinschaft an erste Stelle stellt und das Individuum dahinter zurücktreten lässt. Jede Ideologie, die darauf abstellt, hat ein Trittbrettfahrerproblem und muss ein entsprechendes Denken, dass jeder seinen Teil beitragen muss, besonders predigen und doch vorhandene Trittbrettfahrer bestrafen.

In der DDR hieß es folglich in § 249 STGB DDR:

§ 249. Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch asoziales Verhalten.

(1) Wer das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit beeinträchtigt, indem er sich aus Arbeitsscheu einer geregelten Arbeit entzieht, obwohl er arbeitsfähig ist, wird mit Verurteilung auf Bewährung, Haftstrafe oder mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer der Prostitution nachgeht oder in sonstiger Weise die öffentliche Ordnung und Sicherheit durch eine asoziale Lebensweise beeinträchtigt.

(3) In leichten Fällen kann von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen und auf staatliche Kontroll- und Erziehungsaufsicht erkannt werden.

(4) Ist der Täter nach Absatz 1 oder 2 oder wegen eines Verbrechens bereits bestraft, kann auf Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren erkannt werden.

(5) Zusätzlich kann auf Aufenthaltsbeschränkung und auf staatliche Kontroll- und Erziehungsaufsicht erkannt werden.

Es würde mich wenig verwundern, wenn man als in einem solchen System erzogenen gegenüber Asylanten bzw Leuten, die sich als solche ausgeben, um staatliche Leistungen zu erhalten, wesentlich kritischer eingestellt ist.