Personality had greater impact on variance in income than sex, narcissistic men earning more, neurotic women less. https://t.co/IPuYw3d2MD pic.twitter.com/Ho6rTy9xl3
— Rolf Degen (@DegenRolf) September 29, 2017
Tag: 2. Oktober 2017
Appelle an das Wohl der Gruppe und Appelle an das Wohl des Einzelnen
Ich hatte bereits in einem Artikel etwas zu den Versuchen der SPD gesagt, sich über Gender Pay Gap etc zu profilieren:
Und selbst Bilder, die Frauen in technischen Bereichen zeigten und Lohngerechtigkeit herstellen wollten, also zeigten, dass die SPD da ganz modern denkt, halfen nicht:
Ich finde das Motiv eh interessant: Es ist in gewisser Weise ein Bekenntnis dazu, dass man Frauen natürlich auch technische Berufe zutraut. Nur arbeiten eben die wenigsten Frauen im Blaumann an Großmaschinen. Theoretisch schwächt es damit die Botschaft eher bei der typischen Wählerin ab: Sie arbeitet gerade nicht in einem technischen Bereich, sie arbeitet mit weitaus höherer Wahrscheinlichkeit in einem Büro mit sehr vielen weiblichen Kolleginnen, und das häufig eher Halbzeit. Sie ist sich wahrscheinlich sehr bewußt, dass männliche Kollegen auf einer 100% Stelle eben auch eher befördert werden als Frauen auf einer 50% Stelle. Sie nehmen für sich selbst auch keine Lohnungerechtigkeit in ihrem konkreten Job wahr, allenfalls für Frauen allgemein, aber das bringt ihnen selbst ja wenig. Es ist ein Wahlversprechen, welches der einzelnen Frau in ihrer konkreten Situation nichts bringt.
Man könnte das auch so formulieren:
- Botschaften, die auf abstrakte Verbesserungen für die Gruppe ausgerichtet sind, können für viele Frauen, die von diesen Verbesserungen nicht profitieren, ein sehr geringes Gewicht haben
- Botschaften, die nicht an die Gruppe gerichtet sind, aber dringende Probleme für viele lösen, können weitaus relevanter sein auch für die Angehörigen dieser Gruppe.
Das ist eigentlich banal. Aber es ist weniger banal, wenn man die Probleme falsch einordnet.
Wenn Leute tatsächlich glauben, dass alle Frauen 21% weniger verdienen, dann wäre es ein Problem für eine große Gruppe mit großer Bedeutung für das einzelne Mitglied.
Wenn aber tätsächlich die Gehaltsunterschiede in den gleichen Jobs marginal sind, dann verbessert ein weiteres Vorgehen quasi nichts für die jeweilige einzelne Frau. Die Sozialarbeiterin wird nicht plötzlich Ingenieur und verdient mehr. Sie erhält nach wie vor das gleiche wie der männliche Sozialarbeiter. Ein Anreiz die entsprechende Partei zu wählen besteht nicht.
Hingegen kann ein allgemeines Gefühl, dass die Flüchtlingskrise so nicht weitergehen kann und gelöst werden muss, weitaus mehr Leute bewegen oder auch abhalten, bestimmte Parteien zu wählen.
Solange man keine tatsächlichen Probleme hat, die ein Thema besonders brisant machen, kann man seine Wahl leicht an größeren Themen für die Gruppe ausrichten.
Nimmt man jedoch dringendere Probleme im eigenen Leben war, dann bringt ein Appell für allgemeine Ziele wenig.
Das gilt auch, wenn man sich persönlich für ein Modell entschieden hat, dass etwa mit den (vermeintlichen) Zielen für eine Verbesserung der Gruppe im Konflikt liegt:
Eine Frau, die sich bewußt für Teilzeit entschieden hat, weil sie Kinder betreut, hat kein Interesse daran, dass ihr Mann mit geringerer Wahrscheinlichkeit befördert wird. Denn ihr Lebensstandard leitet sich von ihrem Mann her und nur mit einem guten Verdienst von diesem kann sie ihre Planung umsetzen.
Die SPD betreibt insofern Virtue Signalling, dass sicherlich bei einigen verfängt. Es kann aber durchaus auch schlicht mit Interessen vieler Mitglieder der Gruppe, an die sie zu appellieren glaubt und die sie eigentlich umwirbt in Konflikt liegen, so dass diese lieber eine konservative Partei wählt, die keine Quoten will und immerhin Sicherheit etc ehe auf dem Programm hat.
Bei Arbeitsteilung wird es eben uninteressant das andere Geschlecht als Gegner zu sehen. Die Interessen mischen sich, eine Zuordnung ist wesentlich schwieriger. Sie verläuft nicht mehr bei den Geschlechtern, die in einem Nullsummenspiel um Macht kämpfen, sondern die Frage ist, wie die Einheit am ehesten profitiert und die eigene Position in dieser Arbeitsteilung abgesichert werden kann.