vgl. auch:
Tag: 13. Juli 2017
„ja, Feministinnen sind oft wütend“
Anne-Sophie Keller erzählt davon, warum sie Feministin ist:
Wenn Anne-Sophie von den Erlebnissen berichtet, die sie zur Feministin gemacht haben, dann kann man als Frau nur ein «Amen» drunter setzen. Dem weiblichen Teil unserer Redaktion geht es auf alle Fälle so – obwohl (oder gerade weil) es alltägliche und auf den ersten Blick undramatische Erlebnisse sind. «Diesen einen, traumatischen Schlüsselmoment gab es nicht bei mir», erzählt Anne-Sophie, «es waren eher kleine Dinge, die mich zur Feministin gemacht haben.» Dazu gehören Busen-Grapschereien im Club, unerwünschte Büro-Kosenamen oder arrogante Chefs, die einem die Welt erklären wollen – und jetzt mal ehrlich: welche Frau kennt das nicht?
Das kennen wahrscheinlich viele Frauen. Sie sehen es aber schlicht als das, was es ist: Einzelne Personen, die übergriffig werden und nicht Männer an sich, die systematisch Frauen belästigen, um sie klein zu halten.
Feminismus? Nein Danke!
Dass sich trotzdem nur wenige junge Frauen so zum Feminismus bekennen wie Anne-Sophie, liegt wohl am verstaubten und unglamourösen Image, das diesem immer noch anhaftet. «Viele denken beim Stichwort ‹Feminismus› an verbitterte, männerhassende Karrieremonster mit Haaren unter den Armen.»
Es ist interessant, dass sie zum einen auf Belästigungen hinweist, aber dann anführt, dass die Ideologie, die sich dagegen richtet, als verbittert wahrgenommen wird. Das passt, wenn es von Frauen als Problem gesehen wird, welches einem System folgt, nicht. Es macht auch keinen Sinn, dass eine solche Ideologie, wenn man das Problem ernst nimmt und kennt, als Männerhassend wahrgenommen wird.
Darüber sollten Feministinnen vielleicht mal nachdenken
Das sei alles Humbug – sie zum Beispiel wolle unbedingt mal Kinder und eine Hochzeit in Weiss. «Ausserdem sind viele meiner Freundinnen Feministinnen – und keine einzige davon ist verbittert.»
Sie will eine Hochzeit in Weiss und Kinder – da kann sie ja nicht männerhassend sein. Hinreißende Logik.
Und das „meine besten Freundinnen sind nicht so“ ein schlechtes Argument ist, sollte eigentlich auch bekannt sein. Die Ingroup sieht – möchte man fast feministisch sagen – eben ihre eigenen Fehler nicht.
Feminismus liegt im Trend
In der Tat scheint der Feminismus seit Kurzem ein Comeback zu feiern. Stars wie Taylor Swift oder Beyoncé bekennen sich öffentlich dazu, auf der ganzen Welt finden «Womens Marches» für Gleichberechtigung und Toleranz statt und immer mehr junge Frauen organisieren sich in feministischen Gruppen. Anne-Sophie ist Mitglied bei aktivistin.ch – einem Kollektiv, das mit Aktionen auf Ungerechtigkeiten wie z.B. die immer noch existierende Lohnungleichheit zwischen Männern und Frauen aufmerksam macht.
Gähn. Die Lohnungleichheit, die nicht existiert.
«Feminismus ist zugänglicher geworden und weniger akademisch und verkopft», meint Anne-Sophie. Staatsoberhäupter wie Donald Trump spielen diesem Trend mit Aussagen wie «Grab them by the Pussy» zusätzlich in die Hände.
Nur der Anfang
Trotzdem muss noch einiges getan werden, findet Anne-Sophie. «Vor allem müssten Männer – auch in der Schweiz – endlich einsehen, dass wir Frauen de Facto immer noch Bürger zweiter Klasse sind.» Aber auch die Frauen sieht sie in der Pflicht: «Wir haben oft zu wenig Mut um für unsere Rechte einzustehen und gleiche Behandlung und Wertschätzung zu fordern. Zur Aufhebung von Stereotypen braucht es uns alle, Frauen und Männer.»
Da fehlt natürlich der Hinweis, wer die Frauen zu Bürgern zweiter Klasse macht – nämlich die Männer, die man aber nicht hasst, obwohl sie an der Unterdrückung der Frau mitwirken.
Tatsächlich sind Frauen gar keine Bürger zweiter Klasse. Aber das Frauen keine Opfer sind, davon wird man Feministinnen nicht überzeugen können. Schon gar nicht, wenn sie unkritisch den Gender Pay Gap übernehmen.
Auch die Früchte ihrer feministischen Arbeit würde Anne-Sophie übrigens gerne mit den Männern teilen. Gleichberechtigung komme uns allen zu Gute, ist sie überzeugt. Denn: «Wenn Frauen gleiche Chancen haben wie Männer, geht es auch den Männern besser.»
Haben sie ja bereits im Westen. Jetzt wollen sie ungerechte Vorteile. Dadurch kann es Männern nicht besser gehen