Mit extremen Ausnahmen die Häufungen leugnen

Ein beliebtes Argument im feministischen ist es, extreme Ausnahmen anzuführen und das als Beleg dafür zu sehen, dass ebenso festgestellte deutliche Häufungen nicht bestehen. Ein Beispiel, der Seite „Everyday Feminism“ entnommen, führt der Blog „Why evolution is true“ an:

1. Believing That XX and XY Actually Mean Something

Boom. Let’s start with one of my favorites, if only because it tends to ignite passions the fastest.

Now, to be fair, XX and XY chromosome pairs do mean something: a general idea of future conditions a person may or may not develop that are directly due to those chromosomal pairings.

They do not, however, concretely stand for any of the following: indicating a person’s intelligence, physical abilities, sexual orientation, development during puberty, appearance or make of genitals, or what level of bodily production of which sex hormones.

In short, XY does not indicate a biological man and XX does not indicate a biological woman.

Why not?

We simply have too many examples of when any of the above was untrue.

Transgenderism, intersexuality, and Androgen Insensitivity Syndrome (AIS), to name a few. (Fun fact: That last one can sometimes give female-identified people the stereotypical look of a model. Just sayin’.)

Think about it: If one instance of a mathematical proof is shown to be wrong, then the entire proof has to be tossed on account of it being deemed inaccurate. Because it’s—you know—useless to the bettering and/or benefit of humankind.

Call me starry-eyed, but I’m preeeeetty sure we like to treat our science like our math as often as we can.

Ein durchaus klassisches Argument: Es soll dargelegt werden, dass es Ausnahmen gibt und daraus soll Folgen, dass das ganze Konzept nicht stimmt und nicht stimmen kann.

Das ist in der Tat erst einmal ein logischer Ansatz: Die Behauptung „Alle Raben sind weiß“ kann man widerlegen, in dem man einen schwarzen Raben präsentiert.

Allerdings wird eben die Behauptung „Die allermeisten Raben sind schwarz“ nicht widerlegt, in dem man einen weißen Raben präsentiert. Auch dann würde man man, wenn auf tausende von Schwarzen Raben ein weißer Rabe kommt nicht die Aussage, dass Raben (grundsätzlich) schwarz sind, nicht für falsch halten, ungeachtet der wenigen weißen Raben, weil die Ausnahme schlicht zu selten ist. Dies gilt um so mehr, wenn man sich bewusst macht, dass Albinismus üblicherweise auf bestimmten Mutationen beruht, bei denen ein Enzym nicht produziert wird, welches zu der schwarzen Farbe führt.

Biologie ist voller Ausnahmen. Lebewesen einer Spezies sind eben nicht nach einheitlichen Bauplan in einer Fabrik produziert, sondern teilen sich nur einen gemeinsamen Genpool, der ihnen erlaubt, sich untereinander fortzupflanzen, der aber ansonsten eine Vielzahl von Unterschieden aufweist. Aussagen in der Biologie können daher selten absolut sein, aber dennoch gibt es bestimmte Abläufe im menschlichen Körper und viele Prozesse, die einheitlich ablaufen. Und ein sehr einheitlicher Mechanismus ist eben, dass  bei XY-Chromosomen ein Programm abläuft, welches den Menschen zu einem Mann macht und bei XX-Chromosomen einen Menschen zur Frau macht.

Dieses Programm hängt nicht schlicht an den Chromosomen, sondern hat verschiedene weitere Ausführungsschritte. Insbesondere führt das Y-Chromoson dazu, dass Hoden „gebaut“ werden und dies führt wiederum zu Testosteronausschüttungen, die wiederum bestimmte andere Programme aktivieren. Zwei X-Chromosome hingegen führen zu Eierstöcken, die dann wiederum Östrogene und andere Hormone auschütten, die ihrerseits andere Programme bzw Wachstumspläne aktivieren als das Testosteron.

In dem Blog dazu:

Yes, there are a few exceptions, like AIS, but the various forms of that syndrome occur between 1 in every 20,000 to 1 in only 130,000 births.  Is that “too many examples” to all0w us to say that biological sex is not connected with chromosomes? If you look at all cases of intersexuality that occur in people with XX or XY chromosomes (we’re not counting XOs or XXYs or other cases of abnormal chromosomal number), the frequency of exceptions is far less than 1%. That means that, in humans as in flies, there is almost a complete correlation between primary/secondary sex characteristics and chromosome constitution.  As for intelligence, no, I know of no correlation, but who’s claiming that the sexes differ in smarts? As for physical abilities, sexual orientation, appearance of genitalia, and hormone titer, the correlation between being XX or XY and those traits is very tight. Again, there are exceptions: some females are bigger, stronger, and have more muscles mass than some males, but there’s a biological reason why most Olympic events depending on physical traits are separated by sex. What we see is a bimodality of traits depending on sex-chromosome constitution, with a very low valley between those two XX and XY peaks. 

How does James St. James respond to these uncontestable correlations? By saying that we have to abandon the whole notion of biological sex because there is a small percentage of exceptions, as the correlation is not perfect. As he says (I’m assuming James St. James is a “he”):

Bei AIS werden zwar die Ansätze von Hoden gebildet, da ein Y-Chromoson vorhanden ist, das dann ausgeschüttete Testosteron wird aber nicht oder nur im geringeren Maße erkannt, weil die Rezeptoren, die dies sonst machen, hier nicht funktionieren. Da kein Testosteron erkannt wird läuft nicht das normale Programm ab, welches bei Y-Chromosonen vorgesehen ist (Das „männliche Programm“), sondern das „weibliche Programm“ mit der Ausnahme der Unterschiede, die nicht durch Testosteron bedingt sind. Es ist also innerhalb dieser Theorien gut erklärbar, warum die Unterschiede in diesem konkreten Fall bestehen und daher kann damit die Theorie nicht widerlegt werden, sie ist dann lediglich verkürzt dargestellt.

In dem Blog dazu:

I wouldn’t call him starry eyed, but arrantly ignorant of biology, and willfully so because he wants to believe that sex is a complete continuum, which fits his ideological agenda. I suppose that agenda comes from assuming that we have to shade the biological truth because those who don’t conform to the norms (intersexes, transgender people, and so on) will be marginalized or discriminated against.

And indeed, that can happen, and has happened. But the solution is not to lie about or distort biology, pretending that biological sex is a complete continuum with no modes. The solution is to accept the biological facts and realize that they say nothing about what’s moral or immoral, or about how we should treat people. A genuine bimodality of sexual traits does not mean that we should treat those who lie between the peaks as “inferior” or “wrong”.

And we don’t treat biology like math, ignoring a phenomenon if there are some exceptions.  Math is a system of logic; biology is the messy real world, where things can go awry and there are no absolute “laws” in the sense that physics has them. To use part of a famous quote by Richard Feynman, “reality must take precedence over public relations, for Nature cannot be fooled.”

Indeed. It’s a characteristic of the Regressive Left that they deny scientific truths when it’s convenient for them to do so—when they’re faced with Ideologically Inconvenient Truths. We all know the dangers of that route—Lysenko comes to mind. It’s far better to know what’s true, and deal with it, than make up stuff that fits your narrative. The latter is what theologians do, not rational people.

Die Annahme, dass man mit diesen extremen Ausnahmen bei einem Genpool und Mutationen etwas widerlegen könnte, zeigt ein Unverständnis für die Biologie. Und extreme Ausnahmen entwerten dort auch ansonsten Konzepte nicht.

Beispielsweise ist es weitaus häufiger in einigen Gegenden, dass Menschen mehr als 5 Finger haben:

Die isolierte Polydaktylie – die häufigste Variante ist die Hexadaktylie – hat beim Menschen in Europa, Asien und Nordamerika eine Häufigkeit von 1:3.000, in Afrika von 1:300. In etwa 40 Prozent der Fälle tritt die Veränderung beidseitig auf.[8] Polydaktylie wird generell mit einer Häufigkeit von 1:500 Lebendgeburten angegeben

Würde man hier die in den feministischen Theorien bestehenden Regeln anwenden, dann müsste man alle Angaben, dass Menschen 5 Finger haben, als unwahr ansehen und fordern, dass mehr mehralsfünffingrige Menschen abgebildet werden. Ähnliche Punkte könnte man für nahezu alles am Menschen bringen: Der Mensch hat bestimmte Sinne? Ha, keineswegs, viele Menschen haben sie eben gerade nicht. Also falsch. Der Mensch hat Beine? Einige Menschen werden ohne Beine geboren etc. All das macht keinen Sinn, auch wenn es sowohl Menschen ohne Beine als auch Menschen mit einem Bein und mit 2 Beinen gibt wird die Anzahl der Beine, die ein Mensch üblicherweise hat, dadurch nicht verändert.

 

 

7 Gedanken zu “Mit extremen Ausnahmen die Häufungen leugnen

  1. Irgendwann muss ich noch mal die wesentlichen Punkte von Kahnemanns „Schnelles Denken, Langsames Denken“ zitierbar rausschreiben.

    In diesem Kontext relevant: Menschen haben keine statistische Intuition. Man hat kein Gefühl für Wahrscheinlichkeiten. Im Gegensatz zum Beispiel zu geometrischer Intuition; die Größen von Gegenständen, auch relativ, können wir recht gut intuitiv einschätzen.*)
    Es kam nie dazu, dass das intuitive, präzise Erfassen des Unterschiedes zwischen 80% und 60% einen evolutionären Vorteil ergab.

    Stattdessen haben immer Heuristiken gereicht, die ohne Statistik auskommen. In diesem Fall u.a. die Verfügbarkeitsheuristik: Je leichter mir ein Beispiel für X einfällt, desto wahrscheinlicher finde ich, dass X.

    Mit anderen Worten: Wenn ich mich ganz viel mit Trans beschäftige und viele Transleute kenne, dann überschätze ich vollständig die Häufigkeit von Trans in der Gesamtbevölkerung. Dann sind das nicht „weit unter 1%“, sondern gefühlt ein Drittel.

    Wenn dann noch eine Logikschwäche hinzukommt, ist man seiner Statistikimkompetenz wehrlos ausgeliefert.

    —-
    *) Interessantes Experiment:

    In what’s known as the framed-line task, you are shown a square with a line drawn inside it. You then turn the page and see an empty square that is larger or smaller than the original square. Your task is to draw a line that is the same as the line you saw on the previous page, either in absolute terms (same number of centimeters; ignore the new frame) or in relative terms (same proportion relative to the frame). Westerners, and particularly Americans, excel at the absolute task, because they saw the line as an independent object in the first place and stored it separately in memory. East Asians, in contrast, outperform Americans at the relative task, because they automatically perceived and remembered the relationship among the parts.

    • Log …
      Logarithmus kommt mir da in den Sinn und das Unfug oft verbunden ist mit Geisteswissenschaften und abgesenktem Niveau.
      Die Mathematik beschreibt es ja nur, das lässt sich sinnvoll benutzen um Steuerbetrug aufzudecken und ohne Sinn und Verstand lässt es sich außer acht lassen und dann passiert, was du beschreibst.

  2. Ich denke hier liegt ein stillschweigendes Verschieben eines in der Mathematik richtigen Argumentes (“ If one instance of a mathematical proof is shown to be wrong, then the entire proof has to be tossed on account of it being deemed inaccurate.“) auf die empirische Ebene vor, auf der es eben nicht gültig ist.

    • Nein, auch in der Mathematik kannst du die Aussage „Die Menge n ∈ N mit n > 100 ist größer als die Menge m ∈ N mit m < 100" nicht widerlegen mit: "Aber es gibt 99!!! Zahlen, die kleiner sind als 100".

      Es geht schon darum, dass die Leute weder Wahrscheinlichkeit noch die Semantik von Kategorien kapieren.

  3. „Würde man hier die in den feministischen Theorien bestehenden Regeln anwenden, dann müsste man alle Angaben, dass Menschen 5 Finger haben, als unwahr ansehen und fordern, dass mehr mehralsfünffingrige Menschen abgebildet werden.“
    Naja, laut akademischen Papers ist es ja auch „ableism“ wenn man behauptet, dass der aufrechte Gang ein wesentliches Merkmal des Menschen ist…

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