Folgendes Bild sorgte für geteilte Interpretationen:
Tag: 24. April 2017
Identitätspolitik und das damit verbundene Ausblenden der tatsächlichen Ursachen
Ein interessanter Artikel beleuchtet die Denkweise, zu der die im Intersektionalismus praktizierte Identitätspolitik verleitet.
Der Autor schildert, dass er sich für Arme in Afrika einsetzt und dabei immer wieder die Frage gestellt bekommt, warum er das macht. Er versucht sie so gut wie möglich unter Hinweis auf die Missstände und das Leid der Leute vor Ort zu beseitigen, aber diese Antwort genügt den Fragenden nicht. Sie wollen seinen persönlichen Grund wissen, der für sie nur in der Identitätspolitik liegen kann, also dem Umstand, dass er als Weißer Schuld auf sich gelagert hat:
It quickly dawned on me that my advisors were, for the most part, largely incapable of understanding how a wealthy White American could possibly care about impoverished Black Africans, apart perhaps from White guilt or some deeper personal connection to poverty.
In the world of the far-Left, the only sensible explanation for why one person would care about the suffering of another is that they personally identified with them on the basis of culture, ethnicity, race, or gender. Moral universalism has become inconceivable for many academics on the Left, who doubt that it’s possible to care about the suffering of another human being independently of your respective identities. Do I think this problem is exclusive to the political Left? No. But I do think it’s been exacerbated to phenomenal levels by identity politics.
Er passt sich dann an um seine Arbeit fortführen zu können:
I quickly learned that a more effective way to explain why a White Westerner would be concerned about global poverty was by appealing to a sense of justice rather than a sense of caring, specifically by invoking postcolonial White guilt. If I couldn’t explain that I care about people in developing nations for their own sake, at least I could explain that I as a White Westerner felt a sense of responsibility to formerly colonized regions of the world.
Allerdings sieht er erhebliche Folgen dieser Denkweise:
The strategy of playing upon White guilt does, however, come at a cost. When we leverage guilt as our primary motivation for helping the developing world, problems which aren’t obviously related to colonialism, including preventable disease and geographic impediments to trade, almost by definition become unimportant. (By contrast, if we were driven by a sense of universal compassion, then we should care about every problem in the developing world regardless of whether or not it’s a derivative of colonialism).
In other words, the Left’s obsession with structural oppression and social justice has led it to neglect problems like malaria which are, in my view, arguably more critical. When I would mention the problems posed by disease, either in my essays or in mock interviews, my reviewer would often respond with something like, and how do you view malaria as being related to structural oppression?
My honest answer is that I don’t. Structural oppression isn’t the only thing wrong with the world, and many of the major challenges facing developing nations are non-structural in nature. Sometimes our efforts are better spent distributing anti-malarial bednets than trying to restructure society. However, I was explicitly encouraged not to say anything like this in my applications. To many on the far-Left, structural issues almost by definition trump all other concerns, and to think otherwise is something of a heresy. And so, I began to deliberately avoid discussing non-structural issues, omitting any mention of geography and giving only a cursory nod to disease, instead focusing almost exclusively on things like power relations between developing and developed nations.
Und das ist aus meiner Sicht in der Tat eines der größten Probleme, die aus der Identitätspolitik des intersektionalen Feminismus enstehen: Wer diesem „Glauben“ anhängt, der hat die Lösung für alle Probleme bereits vorliegen: Es ist strukturelle Unterdrückung.
Das ist ganz ähnlich wie bei einer Religion, bei der man annimmt, dass alles Böse durch den Teufel oder seine Handlanger verursacht wird. Man muss dann nur noch diese Handlanger bekämpfen, also die Hexe, die die Ernte durch das Hinaufbeschwören von schlechtem Wetter vernichtet hat und eifrig beten.
Ähnlich ist es im Feminismus: Man macht schlicht strukturelle Unterdrückung verantwortlich, schon hat man jemanden, den man bekämpfen kann (hier dann: Den alten, weißen, heterosexuellen Mann und seine Verbündeten).
Eine Suche nach weiteren Ursachen wird dabei blockiert und gilt sogar als falsch und evtl gar als Schuldverlagerung.
Religon, schrieb Dawkins in „der Gotteswahn“ ist an Lücken in dem Wissen der Menschen interessiert. Denn jede Lücke kann mit Glauben gefüllt werden. Deswegen ist Religion dem Grunde nach wissenschaftsfeindlich, denn Wissenschaft muss eben Lücken in dem Wissen finden und systematisch und ergebnisoffen erforschen, wie man die Ergebnisse auf diesem Gebiet deuten kann.
Mit intersektionalen Feminismus ist dies ähnlich: Er braucht auch Lücken, denn in diesen findet er strukturelle Unterdrückung. Er hat kein Interesse daran, die Ursachen des Gender Pay Gap zu untersuchen, denn jede zusätzliche Erklärung macht den Anwendungsspielraum „Strukturelle Unterdrückung“ kleiner.
Das Gegenmittel ist, dass man auch jede Erklärung ihrerseits wieder ohne Hinterfragen der „Strukturellen Unterdrückung“ zuordnet:
Frauen setzen länger aus und arbeiten dann Teilzeit? Strukturelle Unterdrückung, weil ihnen quasi gegen ihren Willen die Kinderbetreuung aufgedrückt wird.
Strukturelle Unterdrückung wird damit zur Antwort auf alles. Nachfragen macht es immer schwerer dieses Narrativ aufrecht zu erhalten. Weswegen Feministen Filterblasen lieben und auf Kritik äußerst allergisch reagieren.