Wie sehr feministische Theorie die Realität ausblenden kann erstaunt mich immer wieder. Ganz besonders bei der Idee, dass Heterosexualität, wie man aus dieser Ecke hört, eine vergleichsweise neue Sache sein soll.
Dieser Artikel führt dazu beispielsweise aus:
The 1901 Dorland’s Medical Dictionary defined heterosexuality as an “abnormal or perverted appetite toward the opposite sex.” More than two decades later, in 1923, Merriam Webster’s dictionary similarly defined it as “morbid sexual passion for one of the opposite sex.” It wasn’t until 1934 that heterosexuality was graced with the meaning we’re familiar with today: “manifestation of sexual passion for one of the opposite sex; normal sexuality.”
Whenever I tell this to people, they respond with dramatic incredulity. That can’t be right! Well, it certainly doesn’t feel right. It feels as if heterosexuality has always “just been there.”
Okay, also die Bedeutung von _Wörtern_ hat sich verändert, aber auch das Konzept dahinter?
A few years ago, there began circulating a “man on the street” video, in which the creator asked people if they thought homosexuals were born with their sexual orientations. Responses were varied, with most saying something like, “It’s a combination of nature and nurture.” The interviewer then asked a follow-up question, which was crucial to the experiment: “When did you choose to be straight?” Most were taken back, confessing, rather sheepishly, never to have thought about it. Feeling that their prejudices had been exposed, they ended up swiftly conceding the videographer’s obvious point: gay people were born gay just like straight people were born straight.
The video’s takeaway seemed to suggest that all of our sexualities are “just there”; that we don’t need an explanation for homosexuality just as we don’t need one for heterosexuality. It seems not to have occurred to those who made the video, or the millions who shared it, that we actually need an explanation for both.
Und die Erklärung für Heterosexualität ist auch in der Biology gefunden worden. Sie lautet nicht einfach „Fortpflanzung“, dass geht auch ohne Geschlechter, etwa durch Teilung, sondern der Vorteil ist insbesondere, dass wir damit im „Red Queen Race“ gegen Krankheitserreger mit wesentlich kürzerer Lebensdauer und damit wesentlich schnellerer evolutionärer Anpassungsmöglichkeit einen Vorteil haben. Ich schrieb zu den Vorteilen geschlechtlicher Fortpflanzung:
Der große Vorteil von Sex ist dabei, dass zwei verschiedene Genmaterialien gemischt werden, was verschiedene Vorteile bieten kann:
- „schlechte Gene“ können aussortiert werden, gute übernommen und angesammelt werden. Bei ungeschlechtlicher Fortpflanzung gilt „alles oder nichts“. Die Zelle teilt sich, es entsteht ein Klon. Hat dieser eine Mutation, dann gibt er sie an seine Nachkommen weiter, aber diese Mutation muss direkt in einem seiner Vorfahren aufgetreten sein, sie kann nicht von einem anderen Stamm übernommen werden (oder nur im wesentlich geringeren Umfang). Ebenso wenig kann man ungünstige Mutationen „loswerden“, wohingegen diese bei zweigeschlechtlicher Fortpflanzung nur in einem Teil der Nachkommen landen können (und mit diesen aussterben können)
- Unterschiede erhöhen die Anpassbarkeit an besondere Situationen. Ein Gen gegen „Kälteresistenz“ kann in einem besonders kalten Winter bestimmte Nachfahren überleben lassen, ein Gen für einen etwas kräftigeren Schnabel kann sie andere Kerne fressen lassen etc
- Die „Red Queen Hypothese“: Sie geht davon aus, dass Tiere mit einem langsameren Fortpflanzungzyklus in einem Wettrennen mit Parasiten und Viren stecken, welches sie zu verlieren drohen, da beispielsweise eine Generation bei einem Menschen 20 Jahre dauert, eine Generation bei bestimmten Viren aber nur ein paar Minuten. Demnach können sich Viren viel schneller auf eine Abwehrmaßnahme zB des Menschen einstellen und eine Mutation, die diese austrickst kann schneller eintreten. Wir laufen in dieser Hinsicht beständig mit den Viren und Parasiten um die Wette und wir müssen – genau wie die rote Königin aus Alice im Wunderland – laufen, um überhaupt auf der gleichen Stelle zu bleiben. Der Genpool führt dazu, dass es Millionen von verschiedenen Varianten von „Menschen“ gibt. Hat ein Virus durch Mutation einen Weg gefunden zB das Immunsystem zu umgehen kann das Immunsystem des nächsten Menschen ein klein wenig anders sein und daher diese Umgehung erschweren oder nicht so effektiv machen. Demnach erschwert ein Genpool die Anpassung an den Wirt, die bei ungeschlechtlicher Fortpflanzung wesentlich schneller eintreten kann.
Gleichzeitig hat dieses System aber Kosten:
Wenn sich ein Lebewesen durch Zellteilung fortpflanzt, dann können Nachkommen schneller produziert werden. Wenn sich ein Wesen durch Klonung pro Generation zweimal fortpflanzt, dann bestehen nach 4 Generationen schon 16 Wesen. Bei sexueller Fortpflanzung bestehen hingegen, weil man immer zwei Wesen braucht, um zwei neue zu schaffen, und sich jedes von diesen zweimal fortpflanzt, immer noch nur 2 Wesen.
Da ist auch noch einmal ausgeführt, dass die Kosten des Sex auch dadurch hochgetrieben werden, dass die Sexualpartner sich finden müssen und insbesondere auch den richtigen Partner finden müssen. Das ist jedoch auch gleichzeitig ein Vorteil, da man so „gute Mutationen“ für seine Nachkommen „hinzuerwerben“ kann. Es hat insofern den Vorteil der sexuellen Selektion, die eine „Höherentwicklung“ fördern kann.
Insofern ist auch der Grund für Heterosexualität etwas komplizierter als die Meisten meinen. Allerdings könnte man ihn auf einer einfacheren Ebene auch schlicht auf: „es ist das bei unserer Spezies bestehende System der Fortpflanzung“ reduzieren.
Homosexualität zu erklären ist hingegen wesentlich schwieriger, schlicht weil dabei keine Nachkommen entstehen und es die Weitergabe der eigenen Gene stark erschwert, wenn man Sex mit dem anderen Geschlecht uninteressant findet.
Die gängigste Erklärung ist daher, dass Homosexualität ein Nebenprodukt anderer Selektionen ist, die auf eine Verbesserung der Weitergabe der Gene im heterosexuellen Sex ausgerichtet sind und dort Vorteile bringen, sei es weil zB weibliche Verwandte von Schwulen durch die gleichen Gene fruchtbarer sind oder die Gebährfähigkeit der Mutter auf diese Weise eher erhalten bleibt. Ein Grund dürfte auch sein, dass wir im Rahmen unserer evolutionären Geschichte immer weiter weg von direkten Austragen intrasexueller Konkurrenz durch Gewalt hin zu Kooperation zumindest in der Gruppe gekommen sind und dabei auch der Testosteronspiegel abgesenkt worden ist und nunmehr näher an der relevanten Grenze liegt, so dass Stress etc sich auch stärker auswirken können.
There’s been a lot of good work, both scholarly and popular, on the social construction of homosexual desire and identity.
As a result, few would bat an eye when there’s talk of “the rise of the homosexual” – indeed, most of us have learned that homosexual identity did come into existence at a specific point in human history. What we’re not taught, though, is that a similar phenomenon brought heterosexuality into its existence.There are many reasons for this educational omission, including religious bias and other types of homophobia. But the biggest reason we don’t interrogate heterosexuality’s origins is probably because it seems so, well, natural. Normal. No need to question something that’s “just there.”
But heterosexuality has not always “just been there.” And there’s no reason to imagine it will always be.
Die Heterosexualität war nicht schon immer „einfach so da“. Da würde ich ihm in der Tat zustimmen. Lange Zeit gab es eben keine geschlechtliche Fortpflanzung und damit weder Heterosexualität noch Homosexualität. Die Sexualität hat sich vermutlich erst vor ca. 600 Millionen Jahren im Neoproterozoikum etabliert. In der Tat gibt es keinen Grund anzunehmen, dass es sie immer gab, selbst die Bibel hat vor die menschliche Sexualität (zumindest) 5 Tage gesetzt.
When heterosexuality was abnormal
The first rebuttal to the claim that heterosexuality was invented usually involves an appeal to reproduction: it seems obvious that different-genital intercourse has existed for as long as humans have been around – indeed, we wouldn’t have survived this long without it. But this rebuttal assumes that heterosexuality is the same thing as reproductive intercourse. It isn’t.
“Sex has no history,” writes queer theorist David Halperin at the University of Michigan, because it’s “grounded in the functioning of the body.” Sexuality, on the other hand, precisely because it’s a “cultural production,” does have a history. In other words, while sex is something that appears hardwired into most species, the naming and categorising of those acts, and those who practise those acts, is a historical phenomenon, and can and should be studied as such.
Or put another way: there have always been sexual instincts throughout the animal world (sex). But at a specific point on in time, humans attached meaning to these instincts (sexuality). When humans talk about heterosexuality, we’re talking about the second thing.
Also die Auffassung, dass Sex und die gesellschaftliche Betrachtung sexueller Praktiken etwas anderes ist. Das ist sicherlich richtig, aber auch die sexuellen Praktiken haben eben über das Begehren einen biologischen Hintergrund, weil dieses Begehren auf Biologie beruht wie Zwillingsstudien zeigen.
Sexualität ist insofern eben gerade keine reine kulturelle Konstruktion. Natürlich kann gleichgeschlechtliche Sexualität auch Funktionen in der Biologie haben, die einen Hang zu diesen Praktiken vorteilhaft machen, aber das ist etwas anderes. Und natürlich kann auch die Lust am Sex gerade im Sinn einer Ausweichsexualität entsprechendes Handeln fördern, aber das bedeutet nicht, dass Begehren rein sozial konstruiert ist.
Hanne Blank offers a helpful way into this discussion in her book Straight: The Surprisingly Short History of Heterosexuality with an analogy from natural history. In 2007, the International Institute for Species Exploration listed the fish Electrolux addisoni as one of the year’s “top 10 new species.” But of course, the species didn’t suddenly spring into existence 10 years ago – that’s just when it was discovered and scientifically named. As Blank concludes: “Written documentation of a particular kind, by an authority figure of a particular kind, was what turned Electrolux from a thing that just was … into a thing that was known.”
Something remarkably similar happened with heterosexuals, who, at the end of the 19th Century, went from merely being there to being known. “Prior to 1868, there were no heterosexuals,” writes Blank. Neither were there homosexuals.
Will der Autor wirklich gerade anführen, dass der Umstand, dass man erst ab einem gewissen Zeitpunkt die Bezeichnung „Homosexualität“ und „Heterosexualität“ hat irgend etwas ändert?
In der Bibel heißt es immerhin schon:
Lev 18,22 EU: Du sollst nicht bei einem Mann liegen wie bei einer Frau; es ist ein Gräuel.
Lev 20,13 EU: Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so haben sie getan, was ein Gräuel ist, und sollen beide des Todes sterben; Blutschuld lastet auf ihnen.
Das Praktiken, die dazu führten, dass man getötet wurde, nicht unbedingt geeignet waren eine positive Identität auszubilden und das man für das „Normale“ eben keinen besonderen Namen hatte, bedeutet eben nicht, dass es keine Homosexualität oder Heterosexualität gab.
It hadn’t yet occurred to humans that they might be “differentiated from one another by the kinds of love or sexual desire they experienced.” Sexual behaviours, of course, were identified and catalogued, and often times, forbidden. But the emphasis was always on the act, not the agent.
Ich bin mir sehr sicher, dass es auch damals schon genug sexuell behaftete Beleidigungen gegeben hat, vom „Eselficker“ bis zum einem Äquivalent von „Schwuchtel“. Siehe zB „„Wer Männer begehrte, die dem Alter eines eromenos entwachsen waren, wurde als weibisch verspottet. (…) Die Römer haben ihren ebenfalls im negativ wertenden Sinne auf die sexuelle Passivität freier Männer abzielenden Begriff cinaedus wahrscheinlich in hellenistischer Zeit aus dem griechischen Wort kinaidos abgeleitet“
So what changed? Language.
In the late 1860s, Hungarian journalist Karl Maria Kertbeny coined four terms to describe sexual experiences: heterosexual, homosexual, and two now forgotten terms to describe masturbation and bestiality; namely, monosexual and heterogenit. Kertbeny used the term “heterosexual” a decade later when he was asked to write a book chapter arguing for the decriminalisation of homosexuality. The editor, Gustav Jager, decided not to publish it, but he ended up using Kertbeny’s novel term in a book he later published in 1880.
The next time the word was published was in 1889, when Austro-German psychiatrist Richard von Krafft-Ebing included the word in Psychopathia Sexualis, a catalogue of sexual disorders. But in almost 500 pages, the word “heterosexual” is used only 24 times, and isn’t even indexed. That’s because Krafft-Ebing is more interested in “contrary sexual instinct” (“perversions”) than “sexual instinct,” the latter being for him the “normal” sexual desire of humans.
Poststrukturalismus und die aus meiner Sicht naive Überzeugung, dass sich eine Ansicht erst bildet, wenn man ein Wort dafür findet. Aus meiner Sicht macht „wer mit einem Mann liegt, wie mit einer Frau, sollte gesteinigt werden“ recht deutlich, dass man dieses Verhalten weder als normal noch als unproblematisch ansieht.
“Normal” is a loaded word, of course, and it has been misused throughout history. Hierarchical ordering leading to slavery was at one time accepted as normal, as was a geocentric cosmology. It was only by questioning the foundations of the consensus view that “normal” phenomena were dethroned from their privileged positions.
Normal muss noch nicht einmal eine Wertung enthalten. Das Häufige ist normal, das Seltene die Ausnahme. Aber es hat eben häufig auch einen wertenden Charakter. Und die Frage, was häufiger ist, ist eben eine Frage, die nicht der Wertung unterliegt, sondern eine faktische Frage. Die meisten Leute sind heterosexuell.
The emphasis on procreation comes not primarily from Jewish or Christian Scriptures, but from Stoicism
For Krafft-Ebing, normal sexual desire was situated within a larger context of procreative utility, an idea that was in keeping with the dominant sexual theories of the West. In the Western world, long before sex acts were separated into the categories hetero/homo, there was a different ruling binary: procreative or non-procreative. The Bible, for instance, condemns homosexual intercourse for the same reason it condemns masturbation: because life-bearing seed is spilled in the act. While this ethic was largely taught, maintained, and enforced by the Catholic Church and later Christian offshoots, it’s important to note that the ethic comes not primarily from Jewish or Christian Scriptures, but from Stoicism.
As Catholic ethicist Margaret Farley points out, Stoics “held strong views on the power of the human will to regulate emotion and on the desirability of such regulation for the sake of inner peace”. Musonius Rufus, for example, argued in On Sexual Indulgence that individuals must protect themselves against self-indulgence, including sexual excess. To curb this sexual indulgence, notes theologian Todd Salzman, Rufus and other Stoics tried to situate it “in a larger context of human meaning” – arguing that sex could only be moral in the pursuit of procreation. Early Christian theologians took up this conjugal-reproductive ethic, and by the time of Augustine, reproductive sex was the only normal sex.
Ein sehr wesentlicher Punkt dürfte auch sein, dass die meisten Menschen sich sexuell nur von dem anderen Geschlecht angezogen gefühlt haben und daher mit diesem Sex wollten und ihre Abneigung gegen gleichgeschlechtlichen Sex, weil dieser eben nicht ihrem Begehren entsprach, dann mit Begründungen versehen haben.
While Krafft-Ebing takes this procreative sexual ethic for granted, he does open it up in a major way. “In sexual love the real purpose of the instinct, the propagation of the species, does not enter into consciousness,” he writes.
In other words, sexual instinct contains something like a hard-wired reproductive aim – an aim that is present even if those engaged in ’normal‘ sex aren’t aware of it. Jonathan Ned Katz, in The Invention of Heterosexuality, notes the impact of Krafft-Ebing’s move. “Placing the reproductive aside in the unconscious, Krafft-Ebing created a small, obscure space in which a new pleasure norm began to grow.”
The importance of this shift – from reproductive instinct to erotic desire – can’t be overstated, as it’s crucial to modern notions of sexuality. When most people today think of heterosexuality, they might think of something like this: Billy understands from a very young age he is erotically attracted to girls. One day he focuses that erotic energy on Suzy, and he woos her. The pair fall in love, and give physical sexual expression to their erotic desire. And they live happily ever after.
Auch hier wird aus meiner Sicht eher eine künstliche Trennung errichtet. Denn die Begründung über den reproduktiven Instinkt (den es so als Instinkt nicht gibt) ist ja eher ein intellektuelles Nachreichen gewesen, die eine Rechtfertigung für ein Unbehagen geben sollte. Das derjenige damit keine Kinder bekommt dürfte den meisten schlicht egal gewesen sein. Wir können den Aspekt der Fortpflanzung natürlich heute eher ausblenden, weil wir Verhütungsmittel haben und damit ist allgemein ein lockeres Verhältnis zur Sexualität aufgetreten, welches dann auch der Homosexualität zugute kommt.
Without Krafft-Ebing’s work, this narrative might not have ever become thought of as “normal.” There is no mention, however implicit, of procreation. Defining normal sexual instinct according to erotic desire was a fundamental revolution in thinking about sex. Krafft-Ebing’s work laid the groundwork for the cultural shift that happened between the 1923 definition of heterosexuality as “morbid” and its 1934 definition as “normal.”
Der Begriff „Heterosexualität“ ist eine hybride Wortneubildung aus dem Jahre 1868, geprägt vom Schriftsteller Karl Maria Kertbeny aus Griech. ἕτερος heteros ‚der andere‘, ‚ungleich‘ und lat. sexus ‚das männliche und das weibliche Geschlecht‘. Gleichzeitig prägte er als Antonym den Begriff „Homosexualität“. Nach ihm verwendete den Begriff erstmals Gustav Jäger 1880 in der zweiten Auflage seines Buches Die Entdeckung der Seele.[1]
Sex and the city
Ideas and words are often products of their time. That is certainly true of heterosexuality, which was borne out of a time when American life was becoming more regularised. As Blank argues, the invention of heterosexuality corresponds with the rise of the middle class.
The invention of heterosexuality corresponds with the rise of the middle class
In the late 19th Century, populations in European and North American cities began to explode. By 1900, for example, New York City had 3.4 million residents – 56 times its population just a century earlier. As people moved to urban centres, they brought their sexual perversions – prostitution, same-sex eroticism – with them. Or so it seemed. “By comparison to rural towns and villages,” Blank writes, “the cities seemed like hotbeds of sexual misconduct and excess.” When city populations were smaller, says Blank, it was easier to control such behaviour, just as it was easier to control when it took place in smaller, rural areas where neighbourly familiarity was a norm. Small-town gossip can be a profound motivator.
Because the increasing public awareness of these sexual practices paralleled the influx of lower classes into cities, “urban sexual misconduct was typically, if inaccurately, blamed” on the working class and poor, says Blank. It was important for an emerging middle class to differentiate itself from such excess. The bourgeois family needed a way to protect its members “from aristocratic decadence on the one side and the horrors of the teeming city on the other”. This required “systematic, reproducible, universally applicable systems for social management that could be implemented on a large scale”.
Ganz im Gegenteil zu den alten Gesellschaften in der Bibel, die sich nicht differenzierten, sondern schlicht eine fröhliche gemeinsame Steinigung durchführten, wenn ein Mann mit einem Mann schlief. Sehr verbindend.
In the past, these systems could be based on religion, but “the new secular state required secular justification for its laws,” says Blank. Enter sex experts like Krafft-Ebing, who wrote in the introduction to his first edition of Psychopathia that his work was designed “to reduce [humans] to their lawful conditions.” Indeed, continues the preface, the present study “exercises a beneficent influence upon legislation and jurisprudence”.
Krafft-Ebing’s work chronicling sexual irregularity made it clear that the growing middle class could no longer treat deviation from normal (hetero) sexuality merely as sin, but as moral degeneracy – one of the worst labels a person could acquire.
Richtig, eine Sünde, für die Mann gesteinigt wird und die so schlimm ist, dass man ihr noch nicht einmal einen normalisierenden Namen gibt, ist natürlich keine moralische Degeneration und auch kein schlimmes Label: Wir weisen dir hier kein Label zu, aber steinigen müssen wir dich eben leider doch, einfach weil wir das Gemeinschaftserlebnis brauchen, das verstehst du doch sicherlich?
“Call a man a ‘cad’ and you’ve settled his social status,” wrote Williams James in 1895. “Call him a ‘degenerate’ and you’ve grouped him with the most loathsome specimens of the human race.” As Blank points out, sexual degeneracy became a yardstick to determine a person’s measure.
Degeneracy, after all, was the reverse process of social Darwinism. If procreative sex was critical to the continuous evolution of the species, deviating from that norm was a threat to the entire social fabric. Luckily, such deviation could be reversed, if it was caught early enough, thought the experts.
The formation of “sexual inversion” occurred, for Krafft-Ebing, through several stages, and was curable in the first. Through his work, writes Ralph M Leck, author of Vita Sexualis, “Krafft-Ebing sent out a clarion call against degeneracy and perversion. All civic-minded people must take their turn on the social watch tower.” And this was certainly a question of civics: most colonial personnel came from the middle class, which was large and growing.
Stimmt, die Bezeichnung Homosexueller ändert gegenüber der Bezeichnung als „weibisch“, als „cinaedus“ oder wie auch Schwule bei anderen Völkern bezeichnet worden sind, alles.
Though some non-professionals were familiar with Krafft-Ebing’s work, it was Freud who gave the public scientific ways to think about sexuality. While it’s difficult to reduce the doctor’s theories to a few sentences, his most enduring legacy is his psychosexual theory of development, which held that children develop their own sexualities via an elaborate psychological parental dance.
For Freud, heterosexuals weren’t born this way, but made this way. As Katz points out, heterosexuality for Freud was an achievement; those who attained it successfully navigated their childhood development without being thrown off the straight and narrow.
And yet, as Katz notes, it takes an enormous imagination to frame this navigation in terms of normality:
According to Freud, the normal road to heterosexual normality is paved with the incestuous lust of boy and girl for parent of the other sex, with boy’s and girl’s desire to murder their same-sex parent-rival, and their wish to exterminate any little sibling-rivals. The road to heterosexuality is paved with blood-lusts… The invention of the heterosexual, in Freud’s vision, is a deeply disturbed production.
That such an Oedipal vision endured for so long as the explanation for normal sexuality is “one more grand irony of heterosexual history,” he says.
Nur hat diese Darstellung von Freud eben heute keinen Wert mehr, wir haben weitaus bessere Erklärungen gefunden und diese Theorien sind inzwischen überholt.
Still, Freud’s explanation seemed to satisfy the majority of the public, who, continuing their obsession with standardising every aspect of life, happily accepted the new science of normal. Such attitudes found further scientific justification in the work of Alfred Kinsey, whose landmark 1948 study Sexual Behavior in the Human Male sought to rate the sexuality of men on a scale of zero (exclusively heterosexual) to six (exclusively homosexual). His findings led him to conclude that a large, if not majority, “portion of the male population has at least some homosexual experience between adolescence and old age”. While Kinsey’s study did open up the categories homo/hetero to allow for a certain sexual continuum, it also “emphatically reaffirmed the idea of a sexuality divided between” the two poles, as Katz notes.The future of heterosexuality
And those categories have lingered to this day. “No one knows exactly why heterosexuals and homosexuals ought to be different,” wrote Wendell Ricketts, author of the 1984 study Biological Research on Homosexuality. The best answer we’ve got is something of a tautology: “heterosexuals and homosexuals are considered different because they can be divided into two groups on the basis of the belief that they can be divided into two groups.”
In der Tat gibt es keinen Grund dafür, Homosexuelle oder Heterosexuelle anders zu behandeln. Letztendlich geht es um ein paar Hormone und die darauf aufbauenden Ausrichtungen des Gehirns.
Was nicht bedeutet, dass es keinen Unterschied gibt und das die Heterosexualität gerade erst erfunden worden ist. Beides hat nichts miteinander zu tun.
Though the hetero/homo divide seems like an eternal, indestructible fact of nature, it simply isn’t. It’s merely one recent grammar humans have invented to talk about what sex means to us.
Ja und nein. Es ist weitaus mehr als eine grammatikalische Unterscheidung, die gerade erst erfunden worden ist. Es ist aber gleichzeitig auch kein Grund Leute abzuwerten.
Heterosexuality, argues Katz, “is invented within discourse as that which is outside discourse. It’s manufactured in a particular discourse as that which is universal… as that which is outside time.” That is, it’s a construction, but it pretends it isn’t. As any French philosopher or child with a Lego set will tell you, anything that’s been constructed can be deconstructed, as well. If heterosexuality didn’t exist in the past, then it doesn’t need to exist in the future.
Nur wurde das aber eben gerade nicht belegt.
I was recently caught off guard by Jane Ward, author of Not Gay, who, during an interview for a piece I wrote on sexual orientation, asked me to think about the future of sexuality. “What would it mean to think about people’s capacity to cultivate their own sexual desires, in the same way we might cultivate a taste for food?”
Wahrscheinlich würden wir dann alle schwul werden, jede Menge Sex haben und glücklich sterben. Aber bisher sind alle Bemühungen jemanden umzuerziehen, gescheitert. Wenn Leute schwul blieben, obwohl darauf die Todesstrafe stand (teilweise vollstreckt, mit glühenden Eisenstangen, die in den Anus eingeführt worden) dann wird es durch einfaches „Sein lassen“ erst recht nicht klappen. Heterosexualität ist da nicht anders. Und wenn in einer freien Gesellschaft mit Verhütungsmitteln auch kein Grund für eine Ausweichsexualität auf das eigene Geschlecht mehr besteht (sondern dann lieber auf Pornos, wenn man keinen Sex mit dem anderen Geschlecht bekommt) wird gleichgeschlechtliche Liebe auch deswegen wohl der große Durchbruch versagt bleiben.
Though some might be wary of allowing for the possibility of sexual fluidity, it’s important to realise that various Born This Way arguments aren’t accepted by the most recent science. Researchers aren’t sure what “causes” homosexuality, and they certainly reject any theories that posit a simple origin, such as a “gay gene.” It’s my opinion that sexual desires, like all our desires, shift and re-orient throughout our lives, and that as they do, they often suggest to us new identities. If this is true, then Ward’s suggestion that we can cultivate sexual preferences seems fitting. (For more of the scientific evidence behind this argument, read BBC Future’s ‘I am gay – but I wasn’t born this way’.)
Fewer than half British 18-24 year-olds identify as being 100% heterosexual
Once upon a time, heterosexuality was necessary because modern humans needed to prove who they were and why they were, and they needed to defend their right to be where they were. As time wears on, though, that label seems to actually limit the myriad ways we humans understand our desires and loves and fears. Perhaps that is one reason a recent UK poll found that fewer than half of those aged 18-24 identify as “100% heterosexual.” That isn’t to suggest a majority of those young respondents regularly practise bisexuality or homosexuality; rather it shows that they don’t seem to have the same need for the word “heterosexual” as their 20th-Century forebears.
Wäre interessant da mal die Aufspaltung nach Geschlecht zu sehen. Aber leichte Aufweichungen bedeuten da eben auch nicht viel.
Debates about sexual orientation have tended to focus on a badly defined concept of “nature.” Because different sex intercourse generally results in the propagation of the species, we award it a special moral status. But “nature” doesn’t reveal to us our moral obligations – we are responsible for determining those, even when we aren’t aware we’re doing so. To leap from an observation of how nature is to a prescription of nature ought to be is, as philosopher David Hume noted, to commit a logical fallacy.
Why judge what is natural and ethical to a human being by his or her animal nature? Many of the things human beings value, such as medicine and art, are egregiously unnatural. At the same time, humans detest many things that actually are eminently natural, like disease and death. If we consider some naturally occurring phenomena ethical and others unethical, that means our minds (the things looking) are determining what to make of nature (the things being looked at). Nature doesn’t exist somewhere “out there,” independently of us – we’re always already interpreting it from the inside.
In der Tat wäre es ein naturalistischer Fehlschluss aus der Seltenheit der Homosexualität etwas zu deren Moral herzuleiten. Das eine hat mit dem anderen schlicht nichts zu tun. Was aber eben auch noch nicht dazu führt, dass die Sexualität plötzlich unwesentlich wird.
Until this point in our Earth’s history, the human species has been furthered by different-sex reproductive intercourse. About a century ago, we attached specific meanings to this kind of intercourse, partly because we wanted to encourage it. But our world is very different now than what it was. Technologies like preimplantation genetic diagnosis (PGD) and in vitro fertilisation (IVF) are only improving. In 2013, more than 63,000 babies were conceived via IVF. In fact, more than five million children have been born through assisted reproductive technologies. Granted, this number still keeps such reproduction in the slim minority, but all technological advances start out with the numbers against them.
Socially, too, heterosexuality is losing its “high ground,” as it were. If there was a time when homosexual indiscretions were the scandals du jour, we’ve since moved on to another world, one riddled with the heterosexual affairs of politicians and celebrities, complete with pictures, text messages, and more than a few video tapes. Popular culture is replete with images of dysfunctional straight relationships and marriages. Further, between 1960 and 1980, Katz notes, the divorce rate rose 90%. And while it’s dropped considerably over the past three decades, it hasn’t recovered so much that anyone can claim “relationship instability” is something exclusive to homosexuality, as Katz shrewdly notes.
Und all das ist für die Frage, ob jemand homosexuell oder heterosexuell ist, vollkommen ohne Belang.
The line between heterosexuality and homosexuality isn’t just blurry, as some take Kinsey’s research to imply – it’s an invention, a myth, and an outdated one. Men and women will continue to have different-genital sex with each other until the human species is no more. But heterosexuality – as a social marker, as a way of life, as an identity – may well die out long before then.
Ich würde dagegen wetten. Es steht zuviel Biologie dahinter, die sich so schnell nicht ändern wird. Eher driften wir in die virtuelle Heterosexualität ab.
„But heterosexuality – as a social marker, as a way of life, as an identity – may well die out long before then.“
Heterosexualität war niemals eine Identität. Das Normale muss nicht identifiziert werden. Deshalb haben ja auch Schwuchteln das Wort erfunden um ihre eigene Identität als Nichtnormale zu stärken.
Erstaunlich wie diese Leute in ihrem semantischen Elfenbeinturm leben. Niemand muss sich als heterosexuell bezeichnen, und die meisten Heteros tun dies auch nicht. Weil es dafür schlicht keine Notwendigkeit gibt, ausser man trifft mal auf einen der Handvoll Schwuchteln in unserer Gesellschaft, die sich als solche zu erkennen geben.
„In der Tat gibt es keinen Grund dafür, Homosexuelle oder Heterosexuelle anders zu behandeln.“
Da der Mensch ein sexuelles Wesen ist, lässt sich das nicht vermeiden.
„Heterosexualität war niemals eine Identität. Das Normale muss nicht identifiziert werden.
Deswegen auch die Gegenmaßnahme es zu einer Identität zu machen, genau wie cis, dazu noch eine irgendwie negative Identität
„Deshalb haben ja auch Schwuchteln das Wort erfunden um ihre eigene Identität als Nichtnormale zu stärken“
Identitätspolitik ist in der Hinsicht verständlich, in der radikalen Art und Weise wie intersektionale Feministen sie vertreten aber schädlich, weil sie es gleichzeitig in gut und schlecht einordnen
@Christian
Du warst hier am Kernpunkt aus meiner Sicht:
„Die Sexualität hat sich vermutlich erst vor ca. 600 Millionen Jahren im Neoproterozoikum etabliert. In der Tat gibt es keinen Grund anzunehmen, dass es sie immer gab,“
Weil der gesammelte Text, den du vorstellst und kritisierst auf bizarre Art und Weise das Werk eines Kreationisten/intelligent designers ist.
Es wird die Entwicklung *des Menschen* aus der Evolution herausgetrennt und diese wiederum zur *eigentlichen* Grundlage der gesamten Evolution gemacht.
Wer dies hier schreibt:
“Sex has no history,” writes queer theorist David Halperin at the University of Michigan, because it’s “grounded in the functioning of the body.” Sexuality, on the other hand, precisely because it’s a “cultural production,” does have a history.
möchte den Sexualdimorphismus ignorieren, der Hand in Hand geht mit zweigeschlechtlicher Fortpflanzung.
Die geschichtliche Basis der „Heterosexualität“ reicht wesentlich länger zurück als die Menschheitsgeschichte.
Du schreibst: „Poststrukturalismus und die aus meiner Sicht naive Überzeugung, dass sich eine Ansicht erst bildet, wenn man ein Wort dafür findet.“
Das ist m.E. eine Verharmlosung.
Denn jede anthropozentrische Sichtweise als Ideologie hat *notwendig* ein echtes Problem. *Wenn* Sexualität Produkt einer „kulturellen Produktion“ oder „Konstruktion“ ist, *dann* setzt das *eine existierende* menschliche Kultur voraus.
Wenn es keine menschliche Kultur gibt, kann aber nichts „kulturell konstruiert“ worden sein.
Mööööp.
*Aus diesem Grund* beginnt bei den Poststrukturalisten die Evolution mit dem Menschen – was immerhin ein (marginaler) Fortschritt ist gegenüber bibeltreuen Christen.
„Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist der Dekonstruktion schwebte auf dem Wasser.“
Klappt doch!
Gruß crumar
https://mobile.twitter.com/undefined/status/851143493485547521
https://mobile.twitter.com/undefined/status/851146076245590016
@Christian
Völlig einverstanden und meine Position seit Jahren wiedergebend.
BEIDE Positionen sind Spielarten des Kreationismus/intelligent designs.
Nur sehe ich – als Marxist – den Poststrukturalismus eben nicht als „links“ an.
Wer fundamental mit Erkenntnissen der Naturwissenschaften auf Kriegsfuß steht, bis hin deren offenen Verleugnung, hat sich aus der Linken verabschiedet.
An dieser Stelle bin ich ganz und gar nicht liberal: Ich würde diese irrationalen Spinner und Spinnerinnen aus der Linken werfen.
Gruß crumar
Wie bringst du denn Evolution und Marxismus unter einen Hut?
Eine Vielzahl der daraus folgenden Überlegungen lassen einen Marxismus ja auch unpraktikabel und nicht durchführbar werden?
@Christian:
»Wie bringst du denn Evolution und Marxismus unter einen Hut?«
Das ist einfach: der beiden gemeinsame Materialismus war die Befreiung von einem Übermaß an Metaphysik. Im 19. Jahrhundert war der Materialismus – in der natur- wie der sozialwissenschaftlichen Variante – neu und fortschrittlich, und die dabei produzierten Übervereinfachungen sind kein Alleinstellungsmerkmal der marxistischen Ideengeschichte. Aktuelle seriöse Kritiken des Materialismus wie etwa die von von Thomas Nagel stehen am Ende von dessen Erfolgsgeschichte und sind ohne diese nicht denkbar.
Die evolutionären theorien besagen, dass der Mensch zwangsläufig einen gewissen Eigennutz haben wird und nach Status und Ressourcen sucht. Sie besagen auch, dass der Mensch ein Hierarchietier ist.
Und sie sagen, dass soziale Umerziehung in der Hinsicht nicht funktioniert, dass es keinen blank Slate gibt, den man sozialistisch umformen kann.
Was aus meiner Sicht kein Marxismus kompensieren kann und woran bisher jeder Versuch, ein entsprechendes System zum laufen zu bringen, gescheitert ist
P.S.: gemeinsam ist beiden Ansätzen natürlich auch der Entwicklungsgedanke: Hegel hatte die Menschheitsgeschichte als eine Entwicklungsgeschichte des Geistes erzählt, und Hegel »vom Kopf auf die Füße« zu stellen bedeutete, die materiellen Voraussetzungen dieser Geistesgeschichte herauszuarbeiten und das sich historisch entwickelnde »Sein« (der im Rahmen von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen stattfindende menschliche »Stoffwechsel« mit der Natur) zur Voraussetzung eines sich historisch entwickelnden »Bewußtseins« zu machen.
Crumar schrieb:
„Nur sehe ich – als Marxist – den Poststrukturalismus eben nicht als „links“ an.“
Ich neige diesbezüglich zu folgender Interpretation:
Der ursprüngliche französische Poststrukturalismus knüpft an an das Werk zweier Philosophen, die in politischer Hinsicht rechts standen – Nietzsche und Heidegger. Der französische Poststrukturalismus versucht Teile von Nietzsches und Heideggers Philosophien für die Linke fruchtbar zu machen (was m.E. noch nicht per se kritikwürdig ist), scheitert dabei aber z.T., weil es den französischen Poststrukturalisten leider zu wenig gelang, ausreichend klar zwischen solchen Elementen in Nietzsches und Heideggers Philosophien, die potentiell progressiv und emanzipatorisch interpretiert werden können und solchen, die nur zu regressiven und reaktionären Tendenzen führen können, zu unterscheiden.
Die französischen Poststrukturalisten machten den m.E. großen Fehler die universalistischen Tendenzen der westlichen Philosophie pauschal für Kolonialismus, Faschismus, Nationalsozialismus und Stalinismus mitverantwortlich zu machen, daher tendierten sie zu einer Ablehnung von universalistischer Moral, philosophischer Anthropologie – bzw. der Idee einer universellen menschlichen Natur – und der Idee einer universellen Vernunft.
Stattdessen betonten sie das Abweichende, Besondere, Individuelle – die Differenz – ohne sich ausreichend Gedanken über die notwendigen Bedingungen zu machen, um – hegelianisch gesprochen – das Besondere und das Allgemeine zu versöhnen.
Die französischen Poststrukturalisten waren wie gesagt primär Nietzscheaner und Heideggerianer, beim französischen Poststrukturalismus handelt es sich um eine Form – es gibt auch noch andere Formen, die m.E. besser geglückt sind – von linkem Nietzscheanismus und linkem Heideggerianismus.
Die französischen Poststrukturalisten rezipierten Nietzsche und Heidegger unter der Perspektive der (Über)betonung der Differenz gegenüber dem Allgemeinen. Heraus kam dann eine m.E. sehr einseitige Philosophie, die aber, da sie eine Perspektive einnimmt, die ansonsten in der Philosophiegeschichte eher sekundär war, zum Teil auch noch interessante Erkenntnisse und Teilwahrheiten beinhaltet.
Das Hauptproblem mit dem französischen Poststrukturalismus – neben der teils schwer verständlichen Sprache (die u.a. die Funktion haben soll die Nicht-Festlegbarkeit von Bedeutung zu demonstrieren) ist m.E. – wie schon häufiger betont – sein Hang zum Relativismus in drei Formen: erkenntnistheoretischer bzw. Wahrheitsrelativismus, ethischer bzw. Moralrelativismus und anthropologischer Relativismus (Leugnung einer menschlichen Natur). Diese an das Werk von Nietzsche und Heidegger anknüpfenden Relativismen sind nicht alle bei jedem bekannten Vertreter des französischen Poststrukturalismus vorhanden und sie werden, wenn sie vorhanden sind, zum Teil im späteren Werk der entsprechenden Denker wieder abgeschwächt, aber der Hang zum Relativismus in diesen drei Formen ist doch eine gewisse Grundtendenz im französischen Poststrukturalismus und bringt diesen manchmal an den Rande der Verrücktheit – und manchmal auch über diesen Rand hinaus.
Von ihren Intentionen her waren die französischen Poststrukturalisten aber m.E. noch antiautoritär motiviert und eine Spaltung der Klassensolidarität durch Identitätspolitik und Multikulturalismus infolge ihres Werkes war nicht ihre Absicht.
Das Verhängnis nahm erst seinen Lauf als die französischen Poststrukturalisten in den USA rezipiert wurden. Im Zuge einer einseitigen, selektiven und dogmatischen US-amerikanischen Rezeption des französischen Poststrukturalismus übertrugen die US-amerikanischen Poststrukturalisten/Postmodernisten den Gedanken der Philosophie der Differenz viel stärker als die französischen Poststrukturalisten von Individuen auf gesellschaftliche Gruppen – daraus resultierte dann der postmoderne kulturrelativistische Multikulturalismus, die politisch korrekte Identitätspolitik, der Definitionsmacht-Schwachsinn usw.
Da durch den durch das Werk von Nietzsche und Heidegger inspirierten Wahrheitsrelativismus, Moralrelativismus und anthropologischen Relativismus außerdem moralische und wissenschaftliche Maßstäbe weitgehend verloren gingen, anhand deren es möglich ist, Ideen, Theorien, Forderungen usw. mit rationalen Gründen zu beurteilen und zu kritisieren, driftete der politisch korrekte US-amerikanische Postmodernismus/Poststrukturalismus dann immer mehr ins Autoritäre und Totalitäre ab.
So wurde quasi aus dem ursprünglichen poststrukturalistischen Links-Nietzscheanismus und Links-Heideggerianismus wieder ein faktischer Rechts-Nietzscheanismus und Rechts-Heideggerianismus.
@Christian:
»Eigennutz, Hierarchie, Umerziehung«
Da verwendest Du den Marxismus-Begriff aber sehr inklusiv und damit ideengeschichtlich unpräzise. Zu den sich als Marxismus deklarierenden Formen des Totalitarismus gehört mindestens noch ein ideologischer Import, der seinerseits nicht spezifisch marxistisch ist und sogar christliche Vorläufer hat: die Ideologie des »Neuen Menschen«.
Welche Bandbreite diese Idee hatte, zeigt schon dieser spontan ergoogelte Link zu einer Rezension von zwei Ausstellungskatalogen. Auf den allgemeinsten Begriff gebracht wird sie m. E. ausgerechnet von einem katholischen Theologen, Linus Hauser, der ihre Kernbotschaft mit der Formel »Menschen als Götter der Erde« umreißt.
Dieser Grundgedanke steckt in einer Mehrzahl moderner Ideologien und verschafft ihnen darin eine Art »Familienähnlichkeit«. Das heißt: die linkshegelianische, materialistische Geschichtsphilosophie ist als alleinige Quelle der marxistischen Wendungen ins Totalitäre noch nicht hinreichend erklärungskräftig.
@djadmoros
Kannst du mal konkret und ohne Links kurz sagen, wie deiner Meinung nach der Kommunismus/Marxismus über die von mir angeführten Punkt hinweg kommt?
@Christian:
Um Deinem Einwand noch etwas konkreter zu begegnen: der »Evolutionismus« in den soziologischen Modellen des 19. Jahrhunderts (von denen der Marxismus nur einer unter mehreren ist), wendet ein Stufenmodell der Entwicklung an, und von diesen Modellen lässt sich die »Aufhebung« früherer Stufen in späteren relativ problemlos denken, d.h. auch die Idee, dass die Natur des Menschen durch seine Entwicklung aufhebbar sei, lässt sich in diesem Rahmen folgerichtig denken.
Außerdem war die Idee eines Fortwirkens der menschlichen Biologie damals recht bald von den zeitgenössischen Rassetheorien besetzt, die sie als deterministisch konzipiert hat, und die waren wiederum für die Gründerväter der Soziologie inakzeptabel. Auf diese Weise sind Theorien der Kultur und Natur des Menschen in einen falschen Gegensatz geraten.
@djadmoros
„der »Evolutionismus« in den soziologischen Modellen des 19. Jahrhunderts (von denen der Marxismus nur einer unter mehreren ist), wendet ein Stufenmodell der Entwicklung an, und von diesen Modellen lässt sich die »Aufhebung« früherer Stufen in späteren relativ problemlos denken, d.h. auch die Idee, dass die Natur des Menschen durch seine Entwicklung aufhebbar sei, lässt sich in diesem Rahmen folgerichtig denken.“
Und hältst du das für eine gelungene Idee?
„Es gab Evolution, aber heute spielt sie keinerlei rolle mehr, weil das weiterentwickelte soziale das biologische ignorieren kann“ ist ja auch nur eine Form des Blank Slate
„Außerdem war die Idee eines Fortwirkens der menschlichen Biologie damals recht bald von den zeitgenössischen Rassetheorien besetzt, die sie als deterministisch konzipiert hat, und die waren wiederum für die Gründerväter der Soziologie inakzeptabel. Auf diese Weise sind Theorien der Kultur und Natur des Menschen in einen falschen Gegensatz geraten.“
Eben.
@Christian:
»Und hältst du das für eine gelungene Idee?«
Ich hätte gedacht, dass bereits aus dem Kontext klar wird, dass ich das für eine überholte Idee halte, weil: eben! 🙂
@Christian:
»… wie deiner Meinung nach der Kommunismus/Marxismus über die von mir angeführten Punkt hinweg kommt?«
Ich bin mit dem aktuellen marxistischen Denken ein gutes Stück weniger vertraut als crumar und Leszek, aber ich würde mal annehmen, dass sich das kaum bis gar nicht von dem Ansatz unterscheidet, den ich selbst als eher »bürgerlicher Soziologe« verfolgen würde: durch eine Kombination biologischer Dispositionen, die in gleichläufigen oder gegenläufigen kulturellen Kontexten wirken, wobei »Kultureller Kontext« hier weitgehend austauschbar mit dem ist, was sonst »gesellschaftliche Verhältnisse« genannt wird.
@djadmoros
Das ist eben das Problem: Die Lösung ist üblicherweise biologische Dispositionen auf dem Papier zuzugestehen, sie jedoch aufgrund der gegenstehenden Kultur für vollkommen unbeachtlich zu erklären. Das ist letztendlich ein Blank Slate, ein unbeschriebenes Blatt, nur über den Umweg, dass man sagt, dass das Blatt quasi mit Bleistift beschrieben ist und damit leicht ausradiert werden kann.
Eine echte Auseinandersetzung darüber hinaus findet aus meiner Sicht nicht statt – auch wenn ich mich da gern eines besseren belehren lasse und an entsprechenden Texten interessiert wäre.
@Christian:
»Eine echte Auseinandersetzung darüber hinaus findet aus meiner Sicht nicht statt – auch wenn ich mich da gern eines besseren belehren lasse und an entsprechenden Texten interessiert wäre.«
Für im engeren Sinne marxistische Texte musst Du Dich an crumar und Leszek wenden. Außerhalb dieses Bereiches ist der wichtigste (weil grundlegend und systematisch) jüngere Text in dieser Richtung m. E. Wolfgang Welschs »Homo Mundanus« (eine Rezension hier, ein Interview hier).
ich denke der wesentliche Schwachpunkt des Marxismus ist sein Naturverständnis, das noch ganz von idealistischer Philosophie geprägt war („Die Natur ist das Andere des Geistes“; Hegel). Marx sieht die Natur in erster Linie als Gegenstand für Menschen, den sie verändern und verbrauchen müssen, um zu überleben. Eine von Gesellschaft unabhängige Natur gibt es für Marx nicht:
„So sehr ist diese Tätigkeit, dieses fortwährende sinnliche Arbeiten und Schaffen, diese Produktion die Grundlage der ganzen sinnlichen Welt, wie sie jetzt existiert, daß, wenn sie auch nur für ein Jahr unterbrochen würde, Feuerbach eine ungeheure Veränderung nicht nur in der natürlichen Welt vorfinden, sondern auch die ganze Menschenwelt und sein eignes Anschauungsvermögen, ja seine Eigne Existenz sehr bald vermissen würde. Allerdings bleibt dabei die Priorität der äußeren Natur bestehen, und allerdings hat dies Alles keine Anwendung auf die ursprünglichen, durch generatio aequivoca erzeugten Menschen; aber diese Unterscheidung hat nur insofern Sinn, als man den Menschen als von der Natur unterschieden betrachtet. Übrigens ist diese der menschlichen Geschichte vorhergehende Natur ja nicht die Natur, in der Feuerbach lebt, nicht die Natur, die heutzutage, ausgenommen etwa auf einzelnen australischen Koralleninseln neueren Ursprungs, nirgends mehr existiert, also auch für Feuerbach nicht existiert.“
http://www.mlwerke.de/me/me03/me03_017.htm#I_I_A_1
Nicht umsonst hat es ja in der Sowjetunion besonders spektakuläre, durch den menschen hervorgerufene Umweltkatstastropehn gegeben.
@Christian
Das Problem ist m.E. du hast eine fixe Vorstellung von dem, was Marxismus ist und von der willst du auch nicht lassen.
Ich hatte dich zum Beispiel schon öfter auf die „Kritische Psychologie“ (Achtung, großes K!) verwiesen, die versucht hat, diese Einzelwissenschaft auf eine materialistische und marxistische Grundlage zu stellen.
Zu den materiellen Voraussetzungen der menschlichen Natur gehört natürlich die Biologie und demzufolge findest zu in den Quellenangaben der Kritischen Psychologie bspw. „Evolutionsbiologie“ von Ulrich Kutschera.
Das Hauptwerk des Vertreters der Kritischen Psychologie, Klaus Holzkamp, heißt „Grundlegung der Psychologie“, die 1983 in der ersten Auflage erschienen ist.
D.h. du forderst mit der „Abwendung vom blank slate“ vom marxistischem Denken eine Entwicklung ein, die sich bereits vor und seit über 30 Jahren praktisch und beweisbar vollzogen hat.
Ich frage mich, was ich zu deinen Vorwürfen noch sagen soll.
Bringt sowieso nichts.
Gruß crumar
@crumar
„D.h. du forderst mit der „Abwendung vom blank slate“ vom marxistischem Denken eine Entwicklung ein, die sich bereits vor und seit über 30 Jahren praktisch und beweisbar vollzogen hat. Ich frage mich, was ich zu deinen Vorwürfen noch sagen soll.“
Du könntest zB konkret einfach einmal sagen, wie sich
Eigennutz
Streben nach Status und Ressourcen
Der Mensch als Hierarchiewesen
in deine Vorstellung marxistischer Theorie einbauen lassen und wie sie dabei eine Form des „blank Slate“ vermeiden.
ich habe mir den Wikipediaartikel zur Kritischen Psychologie durchgelesen
https://de.wikipedia.org/wiki/Kritische_Psychologie
Da scheint mir nichts konkretes dazu zu stehen
Im Gegenteil:
Also sozialkonstruktivisten, die sich von der wissenschaftlichen Methode abwenden und sich vom naturwissenschaftlichen abgrenzen wollen?
–> der Blank slate läßt grüßen
@Christian:
»ich habe mir den Wikipediaartikel zur Kritischen Psychologie durchgelesen«
Du kannst aber nicht wiederholt Literatur anfragen, um Dich dann mit der Wikipedia zu begnügen!
@djadmoros
Ich habe keine Literatur angefragt – ich habe Argumente und Darlegungen angefragt. Ein Verweis auf Bücher ist immer bequem, weil es eine Diskussion erstickt. Wer eine solche will, der muss schon darlegen, was als wesentlicher Gedanke in den Büchern steht.
@El_Mocho:
»Eine von Gesellschaft unabhängige Natur gibt es für Marx nicht«
Das spiegelt aber auch die einschneidende Erfahrung des beginnenden Industriezeitalters wider, dass immer mehr Menschen ihr ganzes Dasein in vollständig selbstgeschaffenen, künstlichen Lebens- und Arbeitsumwelten verbringen, während die agrarische Landbevölkerung noch von Naturprozessen abhängig war. In den maschinellen Produktionsprozessen und -umgebungen kommt die Natur als »sinnliche Welt« ja tatsächlich nicht mehr vor, obwohl diese Produktionsprozesse – je länger, je mehr – Anwendungsfälle von Naturwissenschaft sind.
„Das spiegelt aber auch die einschneidende Erfahrung des beginnenden Industriezeitalters wider, dass immer mehr Menschen ihr ganzes Dasein in vollständig selbstgeschaffenen, künstlichen Lebens- und Arbeitsumwelten verbringen, während die agrarische Landbevölkerung noch von Naturprozessen abhängig war. “
Es wird immer wieder verkannt, dass die Grundkonstellationen gleich bleiben, die Gesellschaften nicht willkürlich geschaffen werden, sondern die Biologie berücksichtigen, sie nur verschieden ausgestalten.
Ob man nun als Bauer nach Status und Ressourcen strebt oder als Angestellter im öffentlichen Dienst ist relativ egal.
Dieses verbindende – was die Evolutionsbiologie benennt – wird gerne ausgeblendet. Die Menschen treibt über die Geschichte nach wie vor das gleiche an. Und wer sagt, dass der Adelige im Mittelalter eine kostbare Perücke anstrebte und der heutige Manager eben einen Oberklassedienstwagen, und das dies etwas gänzlich anderes ist, der verkennt, dass man beides wunderbar unter „Statussymbole“ zusammenfassen kann
@Christian:
»… auch wenn ich mich da gern eines besseren belehren lasse und an entsprechenden Texten interessiert wäre.«
vs.
»Ein Verweis auf Bücher ist immer bequem, weil es eine Diskussion erstickt.«
Überleg‘ Dir erst mal, was Du eigentlich willst. Die Wikipedia findest Du auch ohne unsere Hilfe.
@djadmoros
Ich will die konkreten Textpassagen. Die wichtigste Stelle rauskopiert in einem Kommentar. So dass man sie diskutieren kann ohne ein Buch zu kaufen. Oder eine Wiedergabe der wesentlichen Argumente aus einem dir gefallenen Text. So gebe ich meine Antworten üblicherweise auch
@djadmoros
„Überleg‘ Dir erst mal, was Du eigentlich willst. Die Wikipedia findest Du auch ohne unsere Hilfe.“
Das hat er mehrfach getan.
Gerade du und crumar, ihr seid eigentlich sehr, sehr gut darin, komplexe Gedanken auf eine Weise kurz zusammenzufassen, dass Unbeleckte zumindest die Richtung der Argumentation verstehen können.
Aber sobald es um die Vereinbarkeit von Marxismus (oder linker Lehre) und biologischen Voraussetzungen geht, kann auch ich mich an nichts anderes erinnern, als den Hinweis auf 1 Meter Bücherregal: Lies dies.
Menschen bilden Hierarchien.
Menschen streben nach Status.
Aus verschiedenen Fähigkeiten resultieren zwangsläufig Paretoverteilungen.
(und noch ein paar)
stehen auf der einen Seite. Auf der anderen steht
Von jedem nach seinen Fähigkeiten. Jedem nach seinen Bedürfnissen.
Es scheint unmöglich, die beiden Seiten zu vereinbaren.
Ihr seht das anders.
Was seht ihr, was nicht-Linke nicht sehen?
Es muss etwas sein, dass die ersten drei wirkungslos macht.
Was ist das, wenn nicht Blank Slate?
@only me
Dies hier:
fasst es sehr gut zusammen.
Und die Antworten legen über das ausweichen nahe, dass den anderen das Dilemma und der Umstand, dass man es nicht auflösen kann, durchaus bekannt sind.
@Christian
Könntest Du das Thema „blank slate“ und Marxismus bitte hier einmal zu einem eigenen Blog-thema machen.
Mir war wegen der DDR und der UDSSR Marx immer ein Hanswurst (Terminus den Hannah Arendt auf Eichmann anwendet), so dass ich mich bisher nie mit Marx an sich beschäftigt habe.
@yeph
ich verweise erst einmal auf diese Artikel:
https://allesevolution.wordpress.com/2012/05/01/kritik-am-kommunismus/
https://allesevolution.wordpress.com/2011/10/05/die-tragik-des-allgemeinguts/
„Könntest Du das Thema „blank slate“ und Marxismus bitte hier einmal zu einem eigenen Blog-thema machen.“
Das haben wir schon häufiger diskutiert.
Christian neigt in dieser Diskussion hier offenbar dazu jedes Menschenbild, das nicht seinem eigenen Menschenbild entspricht, als Blank Slate zu bezeichnen.
Von einem Blank-Slate-Menschenbild lässt sich aber – bei definitionsgemäßer Verwendung des Begriffs – nur sprechen, wenn jemand nicht an die Existenz einer universellen menschlichen Natur glaubt, aber keineswegs, wenn jemand ein anderes Bild von einer universellen menschlichen Natur hat, als jenes, welches Christian vertritt.
Karl Marx vertrat – worauf ich schon häufiger hingewiesen habe – kein Blank Slate-Menschenbild.
Bekannt hierzu ist folgendes Zitat von Marx:
„Wenn man zum Beispiel wissen will, was ist einem Hunde nützlich?, so muss man die Hundenatur ergründen. Diese Natur selbst ist nicht aus dem „Nützlichkeitsprinzip“ zu konstruieren. Auf den Menschen angewandt, wenn man alle menschlichen Taten, Bewegungen, Verhältnisse und so weiter nach dem Nützlichkeitsprinzip beurteilen will, handelt es sich erst um die menschliche Natur im Allgemeinen und dann um die in jeder Epoche historisch modifizierte Menschennatur.“
(aus: Karl Marx – Das Kapital, Band I, MEW 23, S. 637, Anm. 63.)
Marx sagt hier also, dass wenn man wissen will, was für den Menschen nützlich ist, es notwendig ist, die menschliche Natur zu erforschen und zwar sowohl in ihrer allgemeinen, universellen Form als auch hinsichtlich der verschiedenen Ausprägungen, die sie in unterschiedlichen kulturellen Kontexten annimmt.
Der Mythos, Marx sei ein Vertreter eines „Blank Slate“-Menschenbilds gewesen, wird ausführlich auseinandergenommen in dem Buch des Marx-Forschers Norman Geras – Marx & Human Nature: Refutation of a Legend:
http://www.bol.de/shop/home/suchartikel/marx_and_human_nature_refutation_of_a_legend/norman_geras/EAN9780860910664/ID14922433.html?jumpId=51076646&suchId=1b01623d-f850-4b64-b16b-e1f644271d75
Geras beschließt seine Untersuchung des Menschenbildes von Marx mit den Worten:
“Marx did not reject the idea of a human nature. He was right not to do so.”
Hier kann in das Buch reingelesen werden:
http://books.google.de/books?id=Tr7-92dzFEEC&pg=PA11&hl=de&source=gbs_toc_r&cad=4#v=onepage&q&f=false
Und davon abgesehen gibt es auch sonst mehrere bekannte und einflussreiche marxistische Denker, deren Menschenbild auf der Annahme einer universellen menschlichen Natur beruht.
Und diese vertreten vielleicht ein anderes Menschenbild als Christian, aber sie vertreten kein Blank Slate-Menschenbild.
„Marx sagt hier also, dass wenn man wissen will, was für den Menschen nützlich ist, es notwendig ist, die menschliche Natur zu erforschen und zwar sowohl in ihrer allgemeinen, universellen Form als auch hinsichtlich der verschiedenen Ausprägungen, die sie in unterschiedlichen kulturellen Kontexten annimmt.“
Das ändert doch nichts daran, dass der Marxismus immer dann, wenn die menschliche Natur mit den Theorien unvereinbar ist, darauf abstellt, dass diese entweder nicht bestehen, dass man sie umformen kann oder das problem einfach totschweigt.
„Von jedem nach seinen Fähigkeiten. Jedem nach seinen Bedürfnissen.“
Jeder nach seinen Fähigkeiten – individuelle Selbstentfaltung bzw. persönliche Selbstverwirklichung (verstanden im Sinne der Humanistischen Psychologie) als gesellschaftliches Leitbild.
Die persönliche Entfaltung der Individuen war eine wesentliche ethische Zielvorstellung von Marx.
Jeder nach seinen Bedürfnissen – das bedeutet, dass die Gesellschaft – so weit wie möglich – so eingerichtet werden sollte, dass die verschiedenen Bedürfnisse menschlicher Individuen gleichermaßen berücksichtigt werden.
Beides hat nichts mit einem autoritären Verständnis von Gleichheit zu tun.
„Die persönliche Entfaltung der Individuen war eine wesentliche ethische Zielvorstellung von Marx.“
Nur hat er eben nicht erkannt, dass sein Weg Leute aus dem „fesseln des Kaptialismus“ zu befreien, ihnen gleichzeitig viele weitere Freiheiten nimmt. Insbesondere unternehmerische Freiheiten. Der Mensch ist eben nicht frei, wenn er nur nach seinen Bedürfnissen etwas erhält und besondere Fähigkeiten oder Ideen oder auch nur besonderen Einsatz nicht auch darüber hinaus verwerten kann.
Insofern mag das zu seinen Zielvorstellungen gehört haben, seine Vorschläge führten aber zu erheblichen Einschränkungen der persönlichen Entfaltung vieler Individuen.
Einfach weil seine Hauptthese, dass Kapitalismus unfrei macht, falsch ist.
Jetzt mal Butter bei die Fische:
Stimmst Du Christian zu, dass der Mensch seiner Natur nach ein Bedürfnis nach Statusdifferenzierung hat (u.a. zum Zwecke sexueller Selektion)? Und wenn ja: Wie verträgt sich das mit einem Wunsch nach Gleichheit?
„Menschen bilden Hierarchien.
Menschen streben nach Status.
Aus verschiedenen Fähigkeiten resultieren zwangsläufig Paretoverteilungen.
(und noch ein paar)
stehen auf der einen Seite. Auf der anderen steht
Von jedem nach seinen Fähigkeiten. Jedem nach seinen Bedürfnissen.
Es scheint unmöglich, die beiden Seiten zu vereinbaren.“
Es ist möglich, beides miteinander zu vereinbaren, nämlich durch Eingriffe in die menschliche Biologie. Mit Drogen/Medikamenten und Genetic Engineering werden die Bedürfnisse der Menschen an die gesellschaftlichen Erfordernisse angepasst; ironischerweise wird damit die Idee der Befreiung des Menschen, wie sie der Marxismus vertritt, zu einer der totalen Kontrolle umgewandelt. Brave New World… 🙂
„Es ist möglich, beides miteinander zu vereinbaren, nämlich durch Eingriffe in die menschliche Biologie. Mit Drogen/Medikamenten und Genetic Engineering werden die Bedürfnisse der Menschen an die gesellschaftlichen Erfordernisse angepasst; ironischerweise wird damit die Idee der Befreiung des Menschen, wie sie der Marxismus vertritt, zu einer der totalen Kontrolle umgewandelt. Brave New World“
Und: Heute wäre das auch technisch noch nicht möglich
„Der Mensch als Hierarchiewesen“
Ist nur die halbe Wahrheit. Der Mensch hat auch starke evolutionär-psychologische Dispositionen hinsichtlich Gleichheit und Solidarität.
Was sich schon darin zeigt, dass kleinräumige, schriftlose Stammesgesellschaften häufig egalitär organisiert sind. Sogenannte Häuptlinge haben in egalitären Stammesgesellschaften keine Befehlsgewalt, weder über den Stamm, noch über einzelne Individuen.
Menschen sind von Natur aus Sozialisten. 🙂
Das wissenschaftliche Standardwerk zu den egalitären evolutionär-psychologischen Dispositionen des Menschen ist das Buch des Anthropologen Christopher Boehm – Hierarchy in the Forest
http://www.bol.de/shop/buecher/suche/?sq=hierarchy+in+the+forest&sswg=ANY×tamp=1491838144088
Das Buch enthält übrigens auch ein kurzes Kapitel zu der Frage, warum der sogenannte real existierende Sozialismus (in Wahrheit Staatskapitalismus) nicht funktioniert hat und kontrastiert dessen Funktionsweise mit der Funktionsweise realer egalitärer Gesellschaften.
„Ist nur die halbe Wahrheit. Der Mensch hat auch starke evolutionär-psychologische Dispositionen hinsichtlich Gleichheit und Solidarität.“
Das eine schließt das andere nichts aus.
„Was sich schon darin zeigt, dass kleinräumige, schriftlose Stammesgesellschaften häufig egalitär organisiert sind. Sogenannte Häuptlinge haben in egalitären Stammesgesellschaften keine Befehlsgewalt, weder über den Stamm, noch über einzelne Individuen.“
Eine Hierarchie kann auch bestehen, wenn keine „befehlsgewalt“ besteht, solange sich alle einig sind, dass die Meinung des Häuptlings wichtiger ist als die anderer und vielleicht der beste Jäger etwas erfolgreich dagegen sagen kann, man aber dem, der weit unten in der Hierarchie steht weit weniger aufmerksamkeit schenken wird.
Das ist dann eben eine informelle Hierarchie und sie ist auch durchaus typisch. Auch zB im Kindergarten formen Kinder (insbsondere Jungs) Hierarchien aus, auch wenn keiner von ihnen „Befehlsgewalt“ hat.
„Menschen sind von Natur aus Sozialisten“
Nein, das sind sie nicht. Eher sogar das Gegenteil.
Natürlich sind Hierarchien in kleinen Gesellschaften mit hohem Verwandtschaftsgrad und geringerem Bedarf an übergeordneten Ebenen häufig flacher oder weniger formell ausgestaltet.
„Jeder nach seinen Bedürfnissen – das bedeutet, dass die Gesellschaft – so weit wie möglich – so eingerichtet werden sollte, dass die verschiedenen Bedürfnisse menschlicher Individuen gleichermaßen berücksichtigt werden.“
Das Problem ist, dass die Bedürfnisse verschiedener Menschen in Konflikt miteinander stehen oder der Gesellschaft enorme ökonomische Kosten auferlegen können. Praktisch ist „Jedem nach seinen Bedürfnissen“ nur möglich, wenn ich „Bedürfnisse“ auf „(materielle) Grundbedürfnisse“ reduziere. In diesem Fall wäre ein BGE aber schon praktisch Kommunismus.
„Ist nur die halbe Wahrheit.“
Ist aber ein Teil der Wahrheit.
„Menschen sind von Natur aus Sozialisten.“
Und durch die Überwindung ihrer sozialistischen instinkte konnten sich sie aus ihrem Naturzustand befreien. 🙂
„Das Buch enthält übrigens auch ein kurzes Kapitel zu der Frage, warum der sogenannte real existierende Sozialismus (in Wahrheit Staatskapitalismus) nicht funktioniert hat und kontrastiert dessen Funktionsweise mit der Funktionsweise realer egalitärer Gesellschaften.“
Und was ist das Fazit? Große, komplexe und reiche Gesellschaften können nicht so funktionieren wie kleine, primitive und arme?
Ich wurde einmal so mit 30 Jahren von einer Gruppe (ich glaube schwedischer) pubertierender Mädchen verfolgt. Es war Ferienzeit und zuerst waren sie weit hinter mir.
Zuerst hat mich ein Mädchen kichernd überholt und eine Gruppe kichernder Mädchen waren direkt hinter mir. Mir war es ein wenig peinlich. Aber die Hormone dieser ?Schwedinnen? (8-12 Jahre ungefähr) hat sie einen älteren Mann verfolgen lassen mit eindeutig sexueller Konnotation. Sie waren begleitet und nur einige von vielleicht 30 „belästigten“ mich.
So nach 2 Minuten haben sich unsere Wege getrennt aber sie kicherten immer noch und sahen zu mir rüber. Damals war Schweden extrem sexuell liberal.
Ich kann mir das nur durch eine sexuelle Prägungssphase erklären die eventuell auch homosexuelle Erfahrungen beinhaltet, aber der Mainstream ist Hetero per Gene und Hormone.
@only_me:
»Aber sobald es um die Vereinbarkeit von Marxismus (oder linker Lehre) und biologischen Voraussetzungen geht, kann auch ich mich an nichts anderes erinnern, als den Hinweis auf 1 Meter Bücherregal: Lies dies.«
Leider habe ich bei Christian immer wieder den Eindruck, dieselbe Diskussion zum fünfzigsten Mal zu führen, gerade bei Formulierungen wie der folgenden:
»Es wird immer wieder verkannt, dass die Grundkonstellationen gleich bleiben, die Gesellschaften nicht willkürlich geschaffen werden, sondern die Biologie berücksichtigen, sie nur verschieden ausgestalten.«
Auf diesem Allgemeinheitsgrad kann ich darauf nichts antworten, was ich nicht bereits ein dutzend Mal gesagt hätte. Von Christian würde ich mir erwarten, dass er mal ein einziges soziologisches Buch von Rang tatsächlich komplett liest, zu verstehen versucht, wie Soziologen ticken, und dann am konkreten Fall einen Hinweis gibt, wie die Evolutionspsychologie dazu beitragen kann, dass dieser konkrete Soziologe sein konkretes Erklärungsproblem besser löst als ohne Evolutionspsychologie. Ich habe doch auch Kutschera gelesen und rezensiert, obwohl der ein Biologe ist.
Und bei der Kritik des Gender-Konstruktivismus sind wir uns obendrein weitgehend einig. Aber wenn er ständig die Fundamentalkritik äußert, dass die Soziologie (im weiten Sinne, also nicht nur die ideologisch kontaminierte Sorte, die uns das Gendergedöns beschert hat) die Evolutionspsychologie sträflich vernachlässigt, dann kann man das irgendwann nicht mehr auf der Ebene von Forenkommentaren abhandeln.
@djadmoros
„Von Christian würde ich mir erwarten, dass er mal ein einziges soziologisches Buch von Rang tatsächlich komplett liest, zu verstehen versucht, wie Soziologen ticken, und dann am konkreten Fall einen Hinweis gibt, wie die Evolutionspsychologie dazu beitragen kann, dass dieser konkrete Soziologe sein konkretes Erklärungsproblem besser löst als ohne Evolutionspsychologie“
Bei jedem Geschlechterthema: Indem er die Evolutionspsychologie übernimmt und schaut, ob seine Theorien sie ERGÄNZEN können.
„Ich habe doch auch Kutschera gelesen und rezensiert, obwohl der ein Biologe ist.“
Ich habe auch genug sozialbegründetes gelesen. Nur gibt es hier eben keine Gleichrangigkeit. Es gilt in vielen Bereichen schlicht der Primat der Biologie. Ein Verständnis ist abseits dieser schlicht nicht möglich.
Und das ist bei allen Themen, die „menschliche Natur“ beruhen zunächst einmal so, wenn sie „können wir menschliches Verhalten ändern“ betreffen, dann sogar noch eher.
„Aber wenn er ständig die Fundamentalkritik äußert, dass die Soziologie (im weiten Sinne, also nicht nur die ideologisch kontaminierte Sorte, die uns das Gendergedöns beschert hat) die Evolutionspsychologie sträflich vernachlässigt, dann kann man das irgendwann nicht mehr auf der Ebene von Forenkommentaren abhandeln.“
Was wäre denn, wenn diese Fundamentalkritik schlicht richtig ist?
Aber ansonsten führe doch mal wichtige Theorien aus der Soziologie an, die du hier besprochen haben willst. Bei solchen Vorschlägen springe ich ja üblicherweise sehr schnell darauf an.
Ich habe das ja schon mehrfach gefragt, aber gerade im Geschlechterbereich gibt es da bei den bekannteren Theorien eigentlich nur Sozialkonstruktivismus oder etwas, was im Ergebnis darauf hinausläuft
Oder schreib einen Gastartikel, der mal ein konkretes Beispiel behandelt.
@only_me:
»Menschen bilden Hierarchien.
Menschen streben nach Status.
Aus verschiedenen Fähigkeiten resultieren zwangsläufig Paretoverteilungen.
(und noch ein paar)
stehen auf der einen Seite. Auf der anderen steht
Von jedem nach seinen Fähigkeiten. Jedem nach seinen Bedürfnissen.«
Der Marxismus (für mich sind das Marx und Engels als soziologische Klassiker unter andere -, Lassalle, Bebel, Lenin usw. usf. sind in erster Linie Politiker, nicht Soziologen) kritisiert primär die Klassengesellschaft. Das ist eine spezifischere Kritik als die Kritik jeglicher Hierarchie überhaupt. Die Klassengesellschaft und die Hierarchie staatlich organisierter Gesellschaften sind keine natürlichen Hierarchien, denn sie wurden erst erfunden, nachdem die neolithische Revolution schon ein gutes Stück auf dem Weg war. Darum sind die obigen drei Sätze nicht geeignet, um die Existenz von Klassengesellschaften und Staaten zu erklären. Dazu bedarf es über die Evolutionspsychologie hinaus zusätzlicher Annahmen, die aus dieser nicht gewonnen werden können.
Nun entstehen Klassengesellschaften und Staaten nicht ohne Grund: sie haben sinnvolle Funktionen, sonst würden sie nicht auf Dauer existieren, und in ihnen entwickelt sich das, was wir Zivilisation nennen. Der Preis dafür ist aber die dauerhafte Entstehung sehr großer sozialer Unterschiede, die in prä-staatlichen Gesellschaften nicht existierten. Sie gehören daher nicht zum Naturzustand des Menschen.
Für das Verständnis des Marxismus wichtiger als »jedem nach seinen Fähigkeiten. Jedem nach seinen Bedürfnissen« ist in meinen Augen die Unterscheidung des »Reichs der Notwendigkeit« vom »Reich der Freiheit«. Marx war kein Maschinenstürmer, er hat die Entfesselung der industriellen Produktivkräfte begrüßt und anerkannt. Und eben auch ihr Potential gesehen, eine Gesellschaft des chronischen und existenziellen Mangels ein für allemal zu beseitigen. Allerdings war er der Meinung, dass nicht die Natur, sondern die menschlichen Institutionen sich grundlegend ändern müssen, damit dieses »Reich der Freiheit« für alle Wirklichkeit werden kann. Und geschichtsphilosophisch ist damit die Aufhebung der Klassengesellschaft gemeint, also die Aufhebung der im Laufe der Menschheitsgeschichte entstandenen künstlichen Hierarchien und die Wiederherstellung auf höherem Niveau derjenigen Gleichheitsformen, die vor dem Zeitalter der Klassengesellschaft gegeben waren. Das impliziert gerade keinen Konflikt mit der menschlichen Natur, sondern die Befreiung des Menschen dazu, ohne Not und Mangel gemäß seiner Natur leben zu können.
Und das ist der Kern der im eigentlichen Sinne marxschen Utopie, den man nicht in den Blick bekommt, wenn man ihn sich durch diejenigen verstellen lässt, die ihn nach seinem Tod für ihre eigenen Projekte und Programme in Anspruch genommen und sich selbst als Marxisten bezeichnet haben. Die spätere staatssozialistische Gleichmacherei hat mit diesem utopischen Kern nicht mehr viel zu tun.
Was schließlich Marx und Engels‘ Annahmen über die menschliche »Urgesellschaft« betrifft, muss man sie im Kontext des historischen Wissens ihrer Zeit betrachten, und der wird konkret von Lewis Morgans ethnologischen Studien umgrenzt, der noch im Paradigma des evolutionistischen Stufendenkens dieser Zeit befangen ist.
Und darum kann ich auch keinen grundsätzlichen Konflikt zwischen Evolutionspsychologie und Marxismus erkennen. Die Evolutionspsychologie modernisiert das Bild der menschlichen Natur, aber gerade darum steht sie in keinem «»notwendigen Konflikt zum Gegenstandsbereich des historischen Materialismus, der sich mit der Entwicklung der menschlichen Institutionen am Ausgang der »Urgesellschaft« befasst. Alles weitere ist ein »internes« Problem des Verhältnisses der sogenannten marxistischen zur sogenannten bürgerliche Soziologie.
Wenn Du also fragst:
»Was seht ihr, was nicht-Linke nicht sehen? Es muss etwas sein, dass die ersten drei wirkungslos macht.«
dann lautet meine Antwort: nein, »wir« sehen nur ein Mißverständnis darüber, was der eigentliche Erklärungsgegenstand des Marxismus und der eigentliche Erklärungsgegenstand der Evolutionspsychologie ist. Die ersten drei Elemente müssen nicht wirkungslos gemacht werden, damit der Marxismus seinen explanatorischen Anspruch entfalten kann.
@ JC Denton
„Und was ist das Fazit?“
Das Fazit ist, dass Stammesgesellschaften, die dauerhaft egalitär leben, die Realität des „Willens zur Macht“ nicht verdrängen oder ignorieren, sondern sich dieser menschlichen Tendenz als Teil der menschlichen Natur bewusst sind und bewusst darauf reagieren.
Solche Gesellschaften besitzen einerseits egalitäre, demokratische Formen der Entscheidungsfindung sowie ein entsprechendes Wertesystem und haben andererseits spezifische Mechanismen entwickelt, um Individuen, die sich zu stark egozentrisch in den Mittelpunkt stellen oder die versuchen die Macht an sich zu reißen, zu entmotivieren oder zu sanktionieren. Dies kann von Lächerlichmachen, Ignorieren von Befehlen, Vorwürfen der Verletzung von Stammestraditionen, Entzug der Kooperation bis hin zu Gewalt, Ausstoßung oder im Extremfall Tötung reichen, wenn eine Person sich zum Herrscher aufschwingen will.
Der gesamte Stamm achtet also darauf, dass es nicht zur Entstehung von Herrschaft kommt.
Häuptlinge in egalitären Stammesgesellschaften haben z.B. die Funktion mit anderen Stämmen zu verhandeln, dürfen dabei aber nicht vom Stammeswillen abweichen, sie sind zudem quasi die „Sozialpädagogen“ des Stammes, haben also z.B. die Aufgabe Konflikte zu schlichten, bzw. dies zu versuchen, außerdem müssen sie ihren Stamm durch regelmäßige schöne Reden unterhalten, denn kleinräumige, schriftlose Stammesgesellschaften besitzen im Kontext ihrer ursprünglichen Lebensbedingungen meist keine modernen Unterhaltungsmedien, gut unterhalten werden wollen die Menschen dort aber genauso wie Menschen in modernen Gesellschaften, daher werden von einem Häuptling gute rhetorische Fähigkeiten erwartet. Dies vermischt sich mit ihrer pädagogischen Funktion, da sie dabei die Mythen des Stammes erzählen, somit auch einen wichtigen Beitrag zur Stammessozialisation leisten.
Ihr Wort hat bei Stammesversammlungen natürlich Gewicht (was keinesfalls heißt, dass es das einzige Wort wäre, das Gewicht hat), aber befehlen dürfen Häuptlinge in egalitären Stammesgesellschaften nichts und würden sie es versuchen, würde der Stamm sich gegen den Häuptling wenden.
Bei manchen Stämmen in Südamerika wurde von Häuptlingen außerdem erwartet, dass sie besonders großzügig sein sollten und die anderen Stammesmitglieder beschenken müssten, wenn diese sich etwas wünschten. Entsprechend mussten die armen Häuptlinge mehr arbeiten, besaßen aber weniger als die anderen Stammesmitglieder, weil sie von diesen z.T. ausgebeutet wurden. (Das ist zugegebenermaßen nicht so egalitär, also ich hätte keinen Bock darauf bei einem solchen Stamm Häuptling zu sein.)
Ethnologen berichten, dass manche Häuptlinge in solchen Stämmen irgendwann sinngemäß ausrufen: „Jetzt reicht´s mal mit der Großzügigkeit, jetzt soll mal jemand anderes großzügig sein.“
Als Gegenleistung für ihre Großzügigkeit war es den Häuptlingen dafür erlaubt als einziges Stammesmitglied mehrere Frauen zu haben (was wohl der primäre Grund dafür sein dürfte, dass bei solchen Stämmen, bei denen vom Häuptling erwartet wird in der beschriebenen Weise großzügig zu sein, sich überhaupt jemand für den Job findet).
„Ethnologen berichten, dass manche Häuptlinge in solchen Stämmen irgendwann sinngemäß ausrufen: „Jetzt reicht´s mal mit der Großzügigkeit, jetzt soll mal jemand anderes großzügig sein.“
Als Gegenleistung für ihre Großzügigkeit war es den Häuptlingen dafür erlaubt als einziges Stammesmitglied mehrere Frauen zu haben (was wohl der primäre Grund dafür sein dürfte, dass bei solchen Stämmen, bei denen vom Häuptling erwartet wird in der beschriebenen Weise großzügig zu sein, sich überhaupt jemand für den Job findet).“
Also er muss „Costly Signals“ stemmen und Ressourcen haben oder erhalten können (sonst hat er ja nichts zum verschenken und für sich und die Frauen), damit er Status aufbauen kann und bekommt dafür mehr Fortpflanzungsmöglichkeiten?
@leszek
Die biologischen Theorien sagen ja auch durchaus voraus, dass kleine Gruppen mit wenig Kontakt zur Außenwelt und hohem Verwandtschaftsgrad weniger hierarchisch werden. Verwandtenselektion kann da eben besser greifen und konkurrenz lohnt sich weniger. Aber das ist ja schlicht nicht übertragbar.
@Christian:
»Oder schreib einen Gastartikel, der mal ein konkretes Beispiel behandelt.«
Lieber Christian, ich schreibe gerade ein Buch und beiße mir jedesmal in den Arsch, wenn ich mich wieder davon ablenken lasse. Ich bin ja selber schuld, wenn ich mich ablenken lasse, aber für einen ganzen Artikel, egal wo, werde ich nur dann Zeit haben, wenn er sich zufällig mit dem überdeckt, woran ich ohnehin gerade arbeite. Der Kommentar von mir, den Lucas Schoppe auf man tau zu einem eigenen Artikelchen gemacht hat, ist zum Beispiel ein Textschnipsel aus meinem Einleitungskapitel.
@djadmoros
Sehr schön, bin gespannt auf das Buch! Wenn du jemanden zum kritischen Probelesen brauchst, dann sag gerne bescheid!
@ Christian
„Und: Heute wäre das auch technisch noch nicht möglich“
Manches ist schon heute möglich. Stell dir mal vor, was passiert, wenn wir den menschlichen Geschlechtstrieb oder das Streben nach Status einfach mit einer Pille ausschalten könnten.
@ Leszek
„Das Fazit ist, dass Stammesgesellschaften, die dauerhaft egalitär leben, die Realität des „Willens zur Macht“ nicht verdrängen oder ignorieren, sondern sich dieser menschlichen Tendenz als Teil der menschlichen Natur bewusst sind und bewusst darauf reagieren.“
Ist schon klar, aber wo ist der Bezug zu den realsozialistischen Staaten? Oder will uns Boehm damit sagen, dass Sozialismus nur in kleinen Stammesgesellschaften möglich ist?
@Leszek @djadmoros
Vielen Dank für deinen guten Erklärungsansatz, Leszek.
Und vielen Dank euch beiden für euren Einsatz.
Meine Zeit ist leider arg knapp bemessen und nach einem Dutzend Richtigstellungen bewundere ich eure Engelsgeduld.
Schönen Gruß
Crumar
@djadmoros,
vielen Dank für deine Antwort.
Du erklärst da sehr gut, inwiefern meine drei „kontra-linken“ Punkte ins Leere gehen.
Wer Marx ans Leder will, muss also zeigen, dass in einer großen, weitgehend anonymen Gesellschaft, sich Hierarchien und Klassenunterschiede notwendigerweise aus der Natur des Menschen ergeben.
Wer die marxsche Utopie umsetzen will, muss zeigen, wie er die Funktionsmechanismen, die kleine egalitäre Stämme ermöglichen, in eine große, weitgehend anonyme Gesellschaft übertragen kann.
Mein Problem mit Marx bleibt, dass es völlig ungeklärt ist, was zum „Reich des Unvermeidbaren“ gehört.
Aber immerhin verstehe ich jetzt, inwiefern er nicht per se anti-evolutionär ist.
Dafür, wie gesagt, Danke.
Wer Marx ans Leder will, braucht einfach nur die 100 Millionen Todesopfer des Kommunismus zu erwähnen. Und die ruinierten Gesellschaften. Neuestes Beispiel: Venezuela.
@Adrian,
Marx hat keine 100 Mio Menschen getötet.
Zwei Geschlechter bedeuten nicht automatisch Heterosexualität. Das ist lediglich der einzige Austausch, bei dem was raus kommt und bei vielen Tieren ist das weit weg von sexuellem Verhalten im Sinne menschlicher Sexualität. Teils ist das ohne Kontakt oder nur eine kurze Aktion und wer weiss, wo diese Aktion noch gemacht wird. Bei Katzen springen Kater viel an und die Katzen mögen das gar nicht.
Kurz, die Folgerung, dass Heterosexualität automatisch aus zwei Geschlechtern folgt, ist Unsinn. Insbesondere könnten alle bi sein.
Es hat eben eine gewisse Selektion gegen sich. Bisexualität kann sich eigentlich vernünftig nur bei gruppentieren mit sozialen Zusammenhang entwickeln würde ich vermuten
@Blub:
»die Folgerung, dass Heterosexualität automatisch aus zwei Geschlechtern folgt, ist Unsinn. Insbesondere könnten alle bi sein.«
»Bi« beinhaltet aber Heterosexualität, welche aus dem Geschlechtsdimorphismus darum schon per definitionem folgt, weil sie von seiner Funktion untrennbar ist: getrennte Gen-Mengen zu rekombinieren.
Mitosis sheldon Cooper
> Will der Autor wirklich gerade anführen, dass der Umstand, dass man erst ab einem gewissen Zeitpunkt die Bezeichnung „Homosexualität“ und „Heterosexualität“ hat irgend etwas ändert?
Was anderes entnehme ich dem Text auch nicht.
„Normal“ und „unnormal“ sind Kategorien. Sexualpräferenzen in letzter Konsequenz nur Nomvarianten, multifaktoriell determiniert. Was es aber auf jeden Fall zu bedenken gibt, ist, das die Stigmatisierung nicht-heterosexueller Orientierung eine Erfindung der großen monotheistischen abrahamitischen Religionen ist. Homo/Bisexualität war zu jeder Zeit Bestandteil der menschlichen Sexualität, und ist genauso wenig unnormal wie eine Mutation die die Haut weiß macht damit man mehr Vitamin D hat. Unnormal sind nur unsere Lebensbedinungen und unsere Kultur.
http://hormone-kaufen.de/progesteron-und-sexuelle-orientierung/
Und genauso normal war es schon immer, dass es nur ca. 2-3% Nichtheteros gibt, und es eigentlich keinen Grund gibt, so ein Theater darum zu veranstalten.
Unnormal und in unserer historischen Zeitepoche einzigartige ist auf jeden Fall der Versuch, unter Verweis auf Kleinstminderheiten und unnormales Sexualverhalten, Heterosexualität und die Zweigeschlechtlichkeit zu entnormalisieren.
Homosexualität gilt als gesellschaftlicher Kitt um tödliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Alphamännchen zeigen ihren erigierten Penis als Machtausübung.
„Homosexualität gilt als gesellschaftlicher Kitt um tödliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.“
?
In welcher Gesellschaft?
In welcher Weise?
Versteh ich nicht.
„Alphamännchen zeigen ihren erigierten Penis als Machtausübung.“
Alle?
Also vom Menschen über den Pottwal bis zur Stubenfliege?
Ist mir noch nicht so aufgefallen.
„Was es aber auf jeden Fall zu bedenken gibt, ist, das die Stigmatisierung nicht-heterosexueller Orientierung eine Erfindung der großen monotheistischen abrahamitischen Religionen ist“
Was so nicht stimmt.
Wie war es denn in anderen Religionen? Gibt es denn Überlieferungen wie quetzacoatl oder Odin dazu standen? Ich hatte ja auch was aus Rom und Griechenland zitiert
Although anthropomorphic in many respects, what is unique about these gods is the enhanced aspects of sexuality, reproduction, and fertility.[18] Not only do these gods have reign over the crops but they were also believed to have a profound effect on livestock, as they were often displayed with horns or animal fur.
A mainstay of Agrarian Deities is the use of magic for regeneration, which opens the door for other uses of magic. The Eddaic poem Voluspa portrays Vanir magic as a powerfully potent force used against the Æsir.[19] (Wikipedia)
http://www.ranker.com/list/viking-sex-lives-facts/lyra-radford
Crazy Things You Didn’t Know About Viking Sex Life
Contrary to popular belief, Viking men weren’t always the brutes of legend. When it came to Viking sex lives, they had a softer, albeit semi-awkward, romantic side to themAdditionally, compared to the rest Europe at that point in history, they put a higher emphasis on the freedoms and happiness of the women in their community. one of the more surprising Viking sex facts is women could choose from various suitors and move on if not sexually satisfied.
Robert Anton Wilson schreibt, dass ein Hauptziel von Regulierung in Religionen immer die Sexualität war. Entweder sie wurde explitizt gefördert, etwa als religiöser Akt, oder eben explizit stigmatisiert und unterdrückt. Da Sexualität ein Trieb ist, welcher animalisch in jedem Menschen steckt und wirkt, ist diese für Religionen ein äußerst relevanter Ansatzpunkt, um Menschen zu kontrollieren.
Es ist relevant weil die Gesellschaftsstruktur davon abhängt. M.E. bedingen die Gepflogenheiten die religiösen Rituale und nicht umgekehrt, abgesehen vom Schwanz des Pastors im Mund oder Anus seines „Schülers“.
Die angehenden griechischen Philosophen hatten solche Pflöcke zum drauf setzen, damit es beim ersten Mal nicht so weh tat.
Daher auch der Begriff: „Für den würde ich mir den Arsch nicht aufreißen“ Dirty Dianahaaaaaaaa
@mindph:
»Da Sexualität ein Trieb ist, welcher animalisch in jedem Menschen steckt und wirkt, ist diese für Religionen ein äußerst relevanter Ansatzpunkt, um Menschen zu kontrollieren.«
Dieser Kontrollvorwurf ist aber bestenfalls die halbe Wahrheit. Die negative Bewertung der Sexualität war zu den Zeiten, als sie erfunden wurde, durchaus ein Akt der Emanzipation von der Herrschaft einer »inneren Natur«, die man als tyrannisch und beschämend empfunden hat, und eine Emanzipation von den sozialen Institutionen, die diese Sexualität reguliert haben.
Für das frühe Christentum hat der Historiker Peter Brown diesen Zusammenhang in Die Keuschheit der Engel detailliert und quellennah beschreiben.
Religions- und Kirchenkritik ist uns (wenngleich aus durchaus guten Gründen) heute so selbstverständlich geworden, dass wir gar nicht mehr merken, wenn wir das Kind mit dem Bade ausschütten.
quetzacoatl hat mit den Köpfen seiner Ex-Frauen Fußball espielt. Die Hand Gottes. (Gibt es heute noch) ER braucht wegen dem Cocain mindestens 10 Viagra um einen hoch zu bekommen.
Naja, er ist ja nur ein Halbgott, deshalb ist auch sein Penis so klein. Penetration kann man das nicht nennen. Die Spermatozoon müssen den Weg ganz von alleine finden. Arme Dinger.
https://en.wikipedia.org/wiki/Homosexuality_in_ancient_Peru
Some evidence for homosexual behavior in ancient Peru has survived since the Spanish conquest of Peru in the form of erotic ceramics (Spanish: huacos eróticos). Such pottery originated from several ancient civilizations of Peru, the most famous of these being the Moche and Chimu cultures.
Arrival of Spanish and banning of homosexuality[edit]
und in dem amerikanischen Knast gibt es diese Tradition dass der Neuankömmling …….
Ius primae noctis
Ius primae noctis (Wikipedia)
Das Ius primae noctis (deutsch Recht der ersten Nacht, auch Jus primae Noctis; französisch droit de cuissage, englisch droit du seigneur[1]) bezeichnet das angebliche Recht eines Gerichtsherren, bei der Heirat von Personen, die seiner Herrschaft unterstanden, die erste Nacht mit der Braut zu verbringen oder einen Geldersatz (Stechgroschen) zu verlangen.
– schon vorbiblisch im Gilgamesch Epos verewigt
Ist das nicht der aktuellste Stand der „queeren Forschung“?
Hier ein Zitat aus berufenem Munde:
„Bis in die 1920er Jahre sprach man von Geschlechtervielfalt. Mit den Nazis kam die Theorie einer weitgehend klaren biologischen Zweiteilung, die auch immer noch im Biologiestudium vermittelt wird, obwohl die aktuelle Forschung längst weiter ist.“
http://chrismon.evangelisch.de/artikel/2013/weder-mann-noch-frau-19543
Mit anderen Worten: Wenn ein Experte verlangt, dass das Kind nach Trennung bei der Mutter bleiben soll, der ist ein Naziideologe. Verstehe nicht, warum sich diese Meinung bei den Familiengerichten noch nicht breitgemacht hat? Wir könnten ja schon längst das Wechselmodell als Standardmodell bei Trennung und Scheidung haben, wenn wir diese strikte, zweiteilige Zuordnung – Frau betreut, Mann arbeitet – nicht hätten ;-).
@michael
gibt es da irgendwo was längeres, auf das er sich stützt? Oder ist das im wesentlichen der gleiche GEdanke wie aus dem Artikel?
Ich weiss nicht inwieweit er das jemals belegt hatte oder vor dem Interview für den Chrismon was geraucht hat. Tatsache bleibt, dass seine Doktorenarbeit „Making Sex Revisited
Dekonstruktion des Geschlechts
aus biologisch-medizinischer Perspektive“ beim transcript-Verlag (als Download frei), soweit ich den ganzen Sermon überflogen habe, so etwas nicht hergibt. Da erzählt er, dass die Dualität Mann-Frau schon viel früher bekannt war. Muss wohl queere Strategie sein, so ein Schwachsinn zu bringen.
Seine Doktorarbei hatte ich übrigens hier besprochen
https://allesevolution.wordpress.com/2011/08/04/besprechung-heinz-jurgen-voss-making-gender-revisited/
„Bis in die 1920er Jahre sprach man von Geschlechtervielfalt. Mit den Nazis kam die Theorie einer weitgehend klaren biologischen Zweiteilung“
Wer erinnert sich nicht an die genderqueeren LGBTIQ*-Paraden der wilhelminischen Epoche, deren Bedeutung sich heute noch im Straßenbild Berlins zeigt.
Hat irgend jemand mal einen auch nur ansatzweise als Quellenbeleg taugenden Verweis für diese Behauptung von Voß gefunden, oder hat er sich hier eine komplette Lüge aus den Rippen geschnitten?
Komplette Lüge
Ja, das wäre auch mein Verdacht.
Naja, da hat er sich ja einen interessaten Notausgang eingebaut:
„die auch immer noch im Biologiestudium vermittelt wird, obwohl die aktuelle Forschung längst weiter ist.“
Also – der Studienstoff ist als Gegenargument raus, weil veraltet. Und was nicht veraltet ist, wo die Forschung schon weiter ist – das weiß nur er. Und er weiß: Auch daran waren die Nazis schuld. Also alle Maul halten und betroffen schweigen.
Das ist so eine Art Schwejk-Nummer. Einfach mal behaupten.
Das ist ja die Unterwanderung aller Lebensbereiche mit der Genderideologie. Ich bin sicher, dass die Mutter immer die Hauptbetreuerin der Kinder sein wird, schon aus rein biologischen Gründen, weil sie mehr fixiert ist auf die Kinder.
Gut ist, dass der Kampf um Gerechtigkeit den Männern dasselbe Recht einräumen kann, wenn sie das wollen oder müssen.
Generell halte ich 50/50-Teilung für linksideologische Propaganda. Die Leute sollten das innerhalb der Partnerschaft selbst bestimmen.
Ich kannte einen Mann der so um 1980 das Kind zuerst versorgte. Seine Frau wurde verrückt vor Eifersucht.
Ich weiss nicht, ob es linksideologische Propaganda ist, wenn man auf gesetzlich festgeschriebene Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau besteht?
Dies ist im 7. Zusatzprotokoll der EMRK, Art. 5 genau so festgeschrieben. Alle Länder des Europarates bis auf DE und NL haben es ratifiziert. Die Türken sogar im August letzten Jahres, also nach dem Putsch. Sollen wir nun all diese Länder als einer linkideologischer Propaganda verfallen betrachten? Zumindest bei der Türkei wird es einem schwer fallen.
Was aber bei uns viel schlimmer ist: Die Gleichberechtigung der Eltern wird durch unsere Geschlechtsgenossen verhindert, weil sie uns für unfähig halten, KInder zu betreuen.
Man höre sich doch mal die Ausführungen eines Herrn Prof. Kutschera an ab ca. Min 06:57:
http://www.gottlose.bplaced.net/2017/01/11/sendung-09-01-2017-das-gender-paradoxon/
Hier einige Highlights daraus:
„In anderen Kulturen weiss man, dass man einen Stiefvater nicht mit einem Baby allein lassen darf, einen Vater nur bedingt.“
„typische Männer würden bei Babygeschrei ausflippen. Männer können das nicht ertragen, typische Männer.“
„Durchschnittliche Männer – ich spreche ausdrücklich von einem typischen Mann, es gibt immer Ausnahmen – verfügen über keinen Mutterinstinkt“
Bei einer Mutter kann das Geschrei des Babys das evolutionär verankerte Mutterinstinkt auslösen, der Vater würde hingegen ausflippen??
Da bekommt die Tatsache, dass wir 90% alleinerziehende Mamis haben und das Wechselmodell niemals durchbekommen werden, eine vollkommen andere Dimension: Es sind unsere eigene Geschlechtsgenossen, die das verhindern wollen.
Es ist hoffentlich allgemein bekannt, dass die gemeinsame Betreuung der Kinder durch Vater UND Mutter einen evolutionären Fortschritt darstellt. Die alleinerziehenden Löwinnen und Eisbärinnen und deren sich davor drückenden Väter stellen keinen evolutionären Fortschritt dar.
Alleinerziehen ist ein evolutionärer Rückschritt, das ist Involution.
Und noch etwas, bevor ich es vergesse: Offensichtlich ist solchen Männern, wie Prof. Kutschera nicht bewusst, dass im Falle eines Notfalls – der Mutter passiert was – der Vater sich um das Kind kümmern muss. Tut er das nicht, weil ihm die ganze Zeit eingeredet wurde, er sei dazu nicht fähig, kommt das Jugendamt und holt ihm das Kind weg – sogar mit Recht, da eine Kindeswohlgefährdung vorliegen würde.
Summa summarum: 50/50 per Gesetz als Standardmodell und die Leute richten sich ein, so wie es ihnen passt, ohne Juristen- und sonstigem Sermon, das wäre ein evolutionärer Vorteil für eine Gesellschaft.
Wenn sich ein Lebewesen durch Zellteilung fortpflanzt, dann können Nachkommen schneller produziert werden. Wenn sich ein Wesen durch Klonung pro Generation zweimal fortpflanzt, dann bestehen nach 4 Generationen schon 16 Wesen. Bei sexueller Fortpflanzung bestehen hingegen, weil man immer zwei Wesen braucht, um zwei neue zu schaffen, und sich jedes von diesen zweimal fortpflanzt, immer noch nur 2 Wesen.
D.h, die 10 Milliarden Menschen sind ein postmodernes Konstrukt, dachte ich es doch, Descartes hatte Recht, ich denke – ich bin (the matrix has you)
Zellteilung macht Anpassung an die Umwelt etwas schwieriger.
Russische Hacker sind schuld an meiner Heterosexualität.
erst der mensch und seine vorliebe anderes, unbekanntes zu kategorisieren schafft sogenannte unterschiede, nicht nur in der sexualität.
haben nicht die alten griechen und alten römer sich schöne, gut gebaute knaben zuführen lassen, um ihre sexualität zu befriedigen?
sexualität des einen zu verdammen, weil zb gleichgeschlechtlich, mutet auch das verlangen macht über andere haben zu wollen oder gar noch zu kontrollieren wollen.
in der tierwelt ist auch homosexuelles verhalten bekannt. zwar führt das nicht zur reproduktion der art, aber bestimmt das verlangen nach einer paarbindung.
„haben nicht die alten griechen und alten römer sich schöne, gut gebaute knaben zuführen lassen, um ihre sexualität zu befriedigen?“
Haben sie?
Dass es historische Berichte über solche Strukturen gab, heißt deshalb noch lange nicht, dass sie „norm“al waren, noch, dass die beschriebenen Sitten häufig waren.
Ich bin mir aus den mir vorliegenden Quellen noch nicht einmal sicher, ob die antike „Knabenliebe“ tatsächlich eine sexuelle Basis hat.
„haben nicht die alten griechen und alten römer sich schöne, gut gebaute knaben zuführen lassen, um ihre sexualität zu befriedigen?“
Wenn Archäologen in 1000 Jahren auf die Überreste unserer Zivilisation und dabei zufällig auf schwule Pornos stoßen, werden sie dann zum Schluss kommen, im frühen 21. Jahrhundert war männliche Homosexualität der Normalfall?
Ich hab den Artikel noch nicht gelesen und denke schon: „Das kenn ich doch von einigen Bibel-Apologeten …“. Ist ja auch interessant, dass der politische Feminismus in Amerika mehr oder weniger aus einer Anti-Kreationistenbewegung hervorgegangen ist …
Nietzsche hatte halt recht: „Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“
„Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehn, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt der Abgrund auch in dich hinein.“
Man sollte sich eben lieber nicht allzu sehr mit dem Femtrash beschäftigen 😉
Homosexualität ist nicht der anderen Sexualität ebenbürtig, sondern das Ergebnis traumatischer Kindheitserfahrungen.
Mehr dazu hier.
Hör auf mit den Drogen, Junge. Das führt doch zu nichts!
@Kirik
Bei homosexuellen Frauen zeigt sich folgendes
Eineiige Zwillinge: 48% auch homosexuell
Zweieige Zwillinge: 16% auch homosexuell
adoptierte Schwestern: 6% auch homosexuell
haben eineige Zwillinge mehr traumatische Kindheitserfahrungen als zweieige und die wieder mehr als adoptierte Schwestern?
Es ist doch immerhin merkwürdig, daß der Herr Yannoupoulis sexuell mißbraucht wurde – und daß dies auf so viele Homos zutrifft.
Würden Euer Durchlaucht Herr Christian darüber mal sinnieren?
Na und dann ist das konkrete Leben der Zwillinge von Interesse. Was haben sie in der Kindheit erlebt? Wie wirkt sich die Zweieiigkeit auf die Mißbrauchsdimension aus?
Nun ja.
Man muß schon ziemlich verblendet sein, um die gegenwärtige Homo-Ideologie nicht zu hinterfragen.
„Würden Euer Durchlaucht Herr Christian darüber mal sinnieren?“
Das finde ich sehr einfach: Homosexuelle jugendliche haben weit weniger Möglichkeiten sich auszuleben, sind sich noch nicht sicher, was sie eigentlich wollen und damit anfälliger für Ausbeutung und Leute, die sei mißbrauchen.
Es ist also genau umgekehrt: Nicht mißbrauchte werden Schwul, sondern schwule sind leichte Opfer für den Mißbrauch
Deine Theorien können hingegen die Zwillingsverhältnisse nicht erklären.
@Kirk:
»Man muß schon ziemlich verblendet sein, um die gegenwärtige Homo-Ideologie nicht zu hinterfragen.«
Die radikalste Kritik der »Homo-Ideologie«, die ich kenne, stammt von einem »Homo« – von Jack Donovan. Und der kommt gänzlich und äußerst plausibel ohne Mißbrauchs-Spekulationen aus. Im Übrigen wird zur Biologie der Homosexualität bei Ulrich Kutschera alles Wesentliche gesagt: Homosexualität ist eine »normale Komponente innerhalb einer naturgegebenen Variabilität des ›Sexualtriebs‹« Als renommierter Evolutionsbiologe sollte er da wohl Bescheid wissen.
@admoros
Schön, daß du so autoritätsgläubig bist.
Wartet mal noch 20 Jahre. Dann wird Angela Gerechtigkeit widerfahren. Aber sagt dann bitte nicht, ihr hättet nichts gewußt.
„The 1901 Dorland’s Medical Dictionary defined heterosexuality as an “abnormal or perverted appetite toward the opposite sex.” More than two decades later, in 1923, Merriam Webster’s dictionary similarly defined it as “morbid sexual passion for one of the opposite sex.” It wasn’t until 1934 that heterosexuality was graced with the meaning we’re familiar with today: “manifestation of sexual passion for one of the opposite sex; normal sexuality.”“
Kann sein, dass das der Dorland so definiert hat, aber so viel ich weiss hat Krafft-Ebing — der, der das Wort in die Psychologie eingeführt hat —
heterosexuell durchaus in unserem Sinn gebraucht. „Die normale (heterosexuale) Liebe“ hat er es genannt.
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„… oder hat er sich hier eine komplette Lüge aus den Rippen geschnitten?“
Das ist mit Sicherheit eine Lüge und wird doch eigentlich auch ständig gemacht.
Sobald ein social engineer irgendetwas zu einem gesellschaftlichen Thema zu sagen hat, entblödet er sich nicht einen Bezug, und sei es ein Negativbezug, zum Nationalsozialismus herzustellen, um so eine Zwickmühle herzustellen, bzw um seine Thesen vor etwaigem Gegenwind zu Immunisieren, denn wer gegen die Meinung des social engineers ist ist dann „logischerweise“ für die Nazis.
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