Lucas Schoppe schreibt in einem Kommentar:
Die Kriterien für „Maskulismus“ sind ja offensichtlich ganz uneinheitlich. In manchen Punkten können sich Menschen mit einem komplementären Geschlechterbild wiederfinden, in anderen Menschen, die für Gleichberechtigung der Geschlechter eintreten. Oft ist unklar, was nun eigentlich abgefragt wird: Wie Menschen die Wirklichkeit sehen – oder wie sie die Wirklichkeit gern hätten (z.B. bei der Frage nach unterschiedlichen Pflichten von Männern und Frauen – zweifellos SIND die Pflichten unterschiedlich, das festzustellen heißt aber ja noch nicht, das auch zu begrüßen)?
Tatsächlich geht es hier gar nicht um irgendeinen „Maskulismus“, sondern um eine verkappte Selbstbeschreibung. Was als „Maskulismus“ bezeichnet wird, sind einfach nur die vielfältigen und ganz unterschiedlichen Versuche, einen verkorksten und in sich abgeschotteten Schein-Diskurs so zu öffnen, so wie das einer Demokratie eigentlich gemäß wäre.
Abgeschottet ist der Diskurs ebenso ideologisch wie institutionell.
Die Vorstellung männlicher Privilegien und weiblicher Diskriminierung hat keine empirische Aussagekraft, sondern liegt jeder Überlegung stillschweigend immer schon zu Grunde. Wer sie nicht teile, offenbare damit ein falsches Bewusstsein und kickt sich selbst aus der Diskussion. Männer zum Beispiel, die auf spezifische Nachteile von Männern und Jungen hinweisen, würden dadurch nur verraten, dass sie sich ihrer Privilegien nicht bewusst sind (was typisch für Privilegierte sei). Da wiederum abweichende Informationen so gar nicht zugelassen werden, wird die Fantasie männlicher Privilegiertheit niemals ernsthaft angezweifelt. Eine mehrfach immunisierte Ideologie.
In Institutionen – Ministerien, Gleichstellungsbürokratie, Universitäten, aus Steuermitteln geförderte Initiativen – sitzen wiederum Tausende, die ihren Job der Idee verdanken, dass weibliche Benachteiligungen durch staatliche Eingriffe ausgeglichen werden müssen. Sie haben also ein erhebliches Eigeninteresse daran, dass diese Idee nicht zum Gegenstand ernsthafter, kontroverser Debatten wird. Da sie wiederum Zugriff auf Millionensummen aus öffentlichen Mitteln sowie auf die Möglichkeiten einer staatlichen Infrastruktur haben, haben sie auch Möglichkeiten, Debatten entsprechend abzuschließen, Gegenpositionen z.B. möglichst massiv zu diskreditieren.
Ganz unterschiedliche Menschen werden durch diese Abschottungen aus der Debatte gedrängt: Menschen, die für eine Gleichberechtigung der Geschlechter eintreten – Frauen, denen die Kultivierung einer weiblichen Opferhaltung gegen den Strich geht – Menschen, die auf spezifische männliche Problemlagen aufmerksam machen – Menschen, denen weitgehende staatliche Eingriffe in das Privat- und Familienleben von Menschen zuwider sind – und viele mehr.
Das ist überhaupt keine halbwegs homogene Gruppe – und so sind auch die Kriterien für „Maskulismus“ nicht stimmig. Tatsächlich geht es nicht um „Maskulismus“, sondern um eine demokratische Korrektur einer antidemokratischen Debattenlage. Denn ein wesentlicher demokratischer Grundsatz ist es ja, dass die Menschen, die von Debatten und Entscheidungen betroffen sind, auch eine entsprechende Möglichkeit der Teilnahme daran haben müssen.
Rundweg und sinnfrei das Label „Maskulismus“ zu verteilen und damit offenbar Gegenpositionen stigmatisieren und aus dem Diskurs halten zu wollen, ist in diesem Sinne nicht nur un-, sondern antidemokratisch.
Es ist nach allem, was bisher bekannt, ist, viel zu viel der Ehre, hier von einer „Studie“ zu sprechen. Die Macher waren weder in der Lage, für das untersuchte Phänomen halbwegs schlüssige Kriterien zu finden, noch waren sie in der Lage, diese Kriterien auf eine eindeutige Weise zu operationalisieren.Vor allem haben sie sich offenbar die Frage nie gestellt, die für wissenschaftliche Überlegungen ganz unverzichtbar ist: Inwieweit nämlich das beschriebene Phänomen und die Art und Weise seiner Beschreibung abhängig ist von den eigenen Voraussetzungen und Perspektiven der „Forscher“.
In der Tat fehlt es an Forschung, die einfach einmal eine „maskulistische Szene“ tatsächlich daraufhin auswertet, welche Untergruppen es dort gibt und welche Ziele die jeweils verfolgen. Statt dessen scheint vieles in der Forschung eher darauf ausgerichtet zu sein, dass man die Forderungen und Ziele nach Möglichkeit in ein politisches Licht rücken kann, nach dem dort veraltete und unberechtigte Ansichten aufgestellt werden.
Das generell anzunehmen ist natürlich selbst wiederum gefährlich: Es kann schnell auch der feministischen Sicht entsprechen, wonach man alle Forschung, die einem nicht gefällt, als „patriarchisch“ und „zur Stützung der unterdrückenden Strukturen“ abtun kann. Aber bei der hier besprochenen Studie scheint mit in der Tat der „Unterbau“ sehr gering. Die Definition, auf der „Maskulismus“ aufgebaut wird, wird nicht vernünftig untermauert.