„Die erste Hälfte deines Lebens versauen dir deine Eltern und die zweite die Kinder“

In dem Beitrag „Ich schäme mich für mein Geschlecht“ geht es um eine Besprechung einer Studie zur Lage der Frauen.

Da ist einiges interessantes drin:

Barbara Schöneberger moderiert. Ihr Claim an diesem Morgen lautet: Die erste Hälfte deines Lebens versauen dir deine Eltern und die zweite die Kinder. Damit ist sie die Galionsfigur dieser latent unglücklichen Frauenwelt, die einem hier präsentiert wird. Sie teilt sich ein in zwei Kategorien: Frauen mit Kindern und Frauen, deren Kinder schon aus dem Haus sind.

Man erkennt, dass es keine (rein) feministische Veranstaltung ist, denn dann hätte es natürlich heißen müssen: Beide Hälften deines Lebens versaut dir, dass Männer Frauen unterdrücken“. So immerhin eine Einteilung in Eltern und Kinder.

Etwas dazwischen, etwa Frauen, die Kinder haben, die aber nicht bei ihnen im Haus wohnen, wie es zum Beispiel bei der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der FDP, Katja Suding, der Fall ist, gibt es nicht. Die würden hier unter „Rabenmütter“ laufen. Wer das definiert? Ach, ja, auch Frauen, wie Barbara Schönberger erzählt, denn wenn sie arbeite, kämen mitunter Frauen auf sie zu, die sie fragten: Und wer passt jetzt auf deine Kinder auf? Dein Mann? Das macht der mit?!

Sehr viele lachen über eine Tatsache, die wirklich überhaupt nicht lustig ist: Die „Frau“ ist der „Frau“ größter Feind. Woran das liegen könnte? Vielleicht ja daran, dass sie alle unglücklich sind, denn knapp die Hälfte aller befragten berufstätigen Frauen gibt laut der Rheingold-Studie an, unglücklich zu sein, da zwischen Job und Familie nichts mehr von ihren Bedürfnissen übrig bleibe.

Das ist in der Tat ein Klassiker, der sich in intrasexueller Konkurrenz anbietet:

  • Die Frauen, die eher Kindererziehung betreiben werfen den Frauen, die sich eher auf den Beruf fokussieren, vor, dass sie die Kinder vernachlässigen
  • Die Frauen, die sich eher auf den Beruf fokussieren werfen den Frauen, die eher Kinder betreuen, vor, dass sie nichts aus ihrem Leben machen

Und damit wird die Konkurrenz angestachelt.

Offenbar ist der Job hier nicht als persönliches Bedürfnis definiert, was mir für die „Frauen“ ein bisschen leidtut. Was den Frauen fehlt, ist Freizeit. So sei in der bundesweiten quantitativen Umfrage und den zusätzlich geführten 40 qualitativen Interviews herausgekommen, dass sich nur vier Prozent der Frauen durch Nichtstun entspannen könnten, wobei sich 69 Prozent zu Hause generell nicht entspannen könnten, da „zu Hause“ immer auch Arbeit bedeute. Barbara Schöneberger illustriert das wie folgt: Wenn unter der Couch noch Lego liege, könne sie am gegenüberliegenden Tisch nicht puzzeln.

„Sich Arbeit selbst machen“ ist auch ein Stichwort, welches in der Debatte oft zu kurz kommt. Eben weil Frauen in diesem Bereich wohl auch eher konkurrieren oder andere Vorstellungen haben als Männer.

Man könnte ihr nun sagen: Gut, bist du selbst schuld. Denn wer Kind und Karriere hat und zusätzlich noch Freizeit haben möchte – egal ob Mann oder Frau –, wird vermutlich keinen perfekten Haushalt haben. Praktische Lösung eins: Übergebe Hausarbeit an eine Putzfrau. Laut den Interviews würden viele Frauen das aber nicht wollen, weil die Putzfrau dann ja sähe, dass man den Haushalt nicht im Griff habe. Ah ja.

Das finde ich einen interessanten Ansatz, der auch durchaus bewusst macht, dass Frauen selbst einiges ändern können und es nicht nur an außerhalb ihres Verantwortungsbereich liegenden Verhalten anderer, die sie diskriminieren, liegt. Wäre interessant, ob es der tatsächliche Grund ist oder auch schlicht das „Zuhause sein wollen“ dabei eine große Rolle spielt, das man damit dann nicht verteidigen könnte.

Dazu kann man natürlich nicht viel mehr sagen, als: „Gute ‚Frau‘, Sie sind in einem Unsinnsrad gefangen, aus dem es leider wirklich keinen Ausweg gibt. Die fehlende Freizeit scheint Ihnen im Übrigen nicht genug zu fehlen. Ihnen reicht es, sich einfach nur zu beklagen.“ Die Antwort, die im Übrigen meine Antwort wäre: „Meine schmutzigen Teller beweisen mir jeden Tag, wie gut es in meinen Job läuft“, fällt nicht.

Ach, es wäre ein erfrischender Ansatz. Statt dessen immer nur politischer Aktionismus mit dem man der „Diskriminierung im Beruf“ Herr werden möchte.

Ihren Mann empfindet das unglückselige Wesen „Frau“ dabei auch noch als einen weiteren Störfaktor: Jede dritte Frau fühlt sich alleinerziehend trotz Partner.

Wie wohl der Satz eines Mannes: „Ich fühle mich alleinverdienend trotz Partner“ anhören würden?

Das verstehe ich ebenfalls nicht. So wie ich mir logischerweise kein Auto gemeinsam mit jemanden kaufen würde, wenn nur der andere es benutzen darf, würde ich selbstverständlich niemals einen Haushalt mit jemanden führen, wenn nur ich ihn pflegen muss, oder ein Kind mit jemanden bekommen, wenn er es nicht zu gleichen Teilen umsorgt und erzieht wie ich.

Wer wissentlich mit jemandem ein Kind bekommt, der sich darum nicht oder nur wenig kümmern will, ist, sofern ihm das nicht gefällt – entschuldigen Sie bitte meine Härte –, selbst schuld. Kein Staat und keine Politik kann einer Frau bei der Gleichberechtigung helfen, die sie selbst nicht für sich einfordert. Sie mögen keinen Chauvinismus? Dann heiraten Sie als Erstes doch schon mal bitte keinen Chauvinisten!

Da werden viele Frauen wahrscheinlich antworten, dass sie sich das zu einfach vorstellt. Denn die Klage vieler Frauen, dass man den Mann gerade mal so mit viel Nörgelei dazu bekommt, den Müll runter zubringen, hört man ja durchaus häufiger. Allerdings mag das eben auch daran liegen, dass Frauen viele Arbeiten als Notwendig ansehen, die die Männer in dem Moment noch nicht als notwendig ansehen, eben zB die Legosteine unter dem Sofa und auch nichts dagegen hätten, wenn man eine Putzfrau engagiert.

Dazu im Text dann auch gleich:

Im Weiteren wird deutlich, dass der Mann eventuell gar nicht unbedingt das alleinige Problem ist. Denn die „Frau“ will den Haushalt offenbar irgendwie auch alleine machen und sich dann aber auch – klar – darüber beschweren. Barbara Schöneberger und Studie beschreiben ein Frauenbild, dass das Gefühl hat, die Kinder und der Ehemann „pinkeln ihr in den eigenen Vorgarten“, wenn sie etwas unordentlich machen. Denn die „Frau“ wolle in puncto Familienorganisation alle Fäden selbst in der Hand halten.

Der Haushalt ist eben ihr Revier und viele Frauen neigen auch dazu, es dann auf ihre Weise gemacht haben zu wollen, nicht auf seine.

Die Hautärztin Patricia Ogilvie erklärt, dass ihr Mann Schwierigkeiten bekommen habe, als sie in der „Bunten“ mal gesagt habe, dass sie ihren Haushalt unisex führten. Ihr Mann sei von Kollegen aufgezogen worden: „Trinken wir dann noch ein Bier, nachdem du gebügelt hast?“ „2017“ sagt der Kalender meines Handys, was mich nicht beruhigt, sondern seltsam verstört.

Das ist sicherlich auch ein Generationenproblem, aber auch eine Frage, wie man sich die Beziehung einrichtet: Wenn beide Vollzeit arbeiten, mit gleicher Stundenzahl, dann wird man auch mehr teilen, wenn einer der beiden Halbtags arbeitet, damit eben mehr Zeit für die Familie bleibt, dann wird der mehr machen.

Natürlich gibt es dazu auch eine Replik:

Meine Kollegin Julia Friese hat vor ein paar Tagen einen Artikel mit der Überschrift „Ich schäme mich für mein Geschlecht“ geschrieben. Der Text war wie eine Zeitreise. Wahrscheinlich hätte ich vor 15 Jahren genauso einen Schwachsinn geschrieben. Trotzdem (oder genau deshalb) habe ich viel gelacht.

Meine Kollegin schämt sich, eine Frau zu sein. Der Grund dafür liegt allerdings nicht bei ihr selbst, weil sie, wenn ich es richtig verstehe, so etwas wie eine perfekte Frau ist. Sie ist voll glücklich und im Reinen mit sich, ihrem Lebensabschnittsgefährten, ihrer ein-bis-drei-Zimmer-Wohnung, den beiden Kaffeetassen, die morgens ungefähr anfallen und mit den Texten, die sie gelegentlich für uns schreibt. Meine Kollegin ist eine glückliche Frau. Schön für sie.

Und das ist sicherlich auch nicht falsch: Als Paar ohne Kinder lässt sich vieles sehr viel einfacher einrichten als später mit Kindern.