Im Familienrecht geht es wie in kaum einem anderen Rechtsgebiet um Gefühle. Gewollt ist die rechtliche Abwicklung der Auswirkungen einer Gefühlsbindung, also die rationale Neuordnung einer irrationalen Bindung.
Vielen gelingt das durchaus. Es gibt genug Paare, die ganz einvernehmlich zum Anwalt gehen mit dem Ziel, eine saubere und kostengünstige Beendigung der Ehe zu finden. Sie sehen ein, dass es bei ihnen eben nicht geklappt hat und das man bestimmte Punkte regeln muss, damit es weiter gehen kann.
Und natürlich gibt es auch die anderen Fälle, bei denen im Rahmen der Trennung viel Gefühlsporzellan verschlagen worden ist und eine rationale Lösung kaum möglich erscheint. Wo der Schmerz nach der Trennung noch stark ist, sich vielleicht beide verletzt fühlen, weil es nicht geklappt hat, wo einer der beiden bereits einen neuen Partner hat und glücklich scheint, während der andere sich herabgesetzt fühlt, beiseite gestoßen.
Endende Beziehungen hintérlassen oft sehr viele Gefühle und auch das Gefühl des Verletztseins, der Kränkung und auch des Bedürfnisses, dass Leute die einem Nahestehen einen akzeptieren und die eigene Seite verstehen. Und die Kinder stehen einem natürlich am nächsten. Gleichzeitig sind sie das, was einen noch an den Partner bindet, was er von einem braucht, was man kontrollieren kann. Der Umgang mit den Kindern kann da eine gute Waffe sein,um den anderen zu treffen. Aber auch der Kontakt bei der Übergabe kann ein günstiger Moment sein, um den anderen irgend etwas reinzuwürgen, eine Spruch zu machen, oder es kann Ex-Partnern schwer fallen, die frühere Dynamik innerhalb der Beziehung fallen zu lassen, etwa wenn einer der Partner eher dominant war und beruflich erfolgreich und der andere früher immer das getan hat, was der andere gesagt hat, bis es eben zur Trennung kam und er nun nicht mehr diese Stellung des anderen als „der Bessere“ akzeptiert.
Bei Familiengerichten läuft all dies was Umgang und Sorgerecht betrifft unter dem Stichwort:
Akzeptieren, dass die Beziehungsebene gescheitert ist und man eine Elternebene finden muss
Dabei geht es eben genau darum, dass man die Gefühle hinter sich lässt und auf eine funktionale Ebene zurückkehrt, in der man akzeptiert, dass die Beziehung gescheitert ist und alle Vorwürfe aus der Beziehung einen nicht weiterbringen. Stattdessen soll man die Elternstellung des anderen akzeptieren und sich deutlich machen, dass das Kind beide Eltern liebt und man eben für das Kind bestimmte Punkte regeln muss, ohne das die Streitigkeiten aus der Beziehung dabei eine Rolle spielen dürfen, weil eben das Kind nichts dafür kann, dass es mit den beiden nicht geklappt hat. Das Kind hat aus dieser Sicht einen Anspruch darauf, beide Elternteile mögen zu dürfen, ohne dass es deswegen ein schlechtes Gewissen haben muss oder dass es das Gefühl hat, dass es dafür bestraft wird oder einem der Elternteile weh tut.
Das ist häufig leichter gesagt als getan.
Wenn Familiengerichte feststellen, dass in einem Umgangs- oder Sorgerechtsverfahren die Beziehungsebene vorherrscht und die Elternebene in weiter Ferne ist, dann versuchen sie normalerweise einen Vergleich zu schließen, in dem sich die Eltern zusätzlich zu einer Regelung zum Umgangsrecht oder zum Sorgerecht dazu verpflichten, dass beide eine Beratungsstelle aufsuchen, die den Eltern dabei helfen soll, genau diese Elternebene zu finden.
Nach meiner Erfahrung klappt das in hochstreitigen Fällen üblicherweise nicht oder fast nie. Es ist aber gleichzeitig der einzige Weg, den Konflikt dauerhaft zu beseitigen.
Hat einer Erfahrung mit einer solchen Beratung? Wenn ja, dann würde mich ein Bericht interessieren.
Wie findet man aus eurer Sicht am besten zu einer „Elternebene“?
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