Sind Internet Memes Lebewesen? (Gastartikel)

Dies ist ein Gastartikel von Dominik

  • Sind Internet Memes Lebewesen ?
  • Ebola Chan

 

Eines der bekannteren Internet Memes ist vielleicht Ebola Chan, die Kunstfigur entstand  auf dem Massageboard 4Chan als Reaktion auf den Ebola Ausbruch 2014 in Westafrika.

Im Rahmen des Ebola Ausbruchs machte das Gerücht die Runde, westliche Ärzte würden Schwarzafrikaner vorsätzlich mit Ebola infizieren um entweder Schwarze oder Afrikaner auszurotten.

Als klassischer 4Chan Witz sollte Ebola Chan einerseits dieses Gerücht ins Lächerliche ziehen und gleichzeitig durch bewusste Verbreitung die Paranoia anzustacheln.

 

  • Wie sehr überlappen eigentlich Internetanschluss und Nachbarschaft zum Ebola Ausbruch ?
  • Vermutlich 0. Die haben nicht mal Toiletten – ich könnte mir vorstellen Breitband ist da nicht unbedingt am Radar.

 

  • Die haben vermutlich auch kein Radar.

Ausschnitt aus einer Diskussion zu Ebola Chan auf Reddit

Das Meme ging viral und kurz darauf begann sich ein eigenes Ökosystem um Ebola Chan zu entwickeln.

Es reichte von der vielfachen Abwandlung des Memes über Kurzgeschichten und Musikstücken bis zu Animationsfilmen. Schließlich begannen die ersten damit Ebola Chan Altäre zu errichten und Rituale zu entwickeln und ein eigener halb-ironischer Kult rund um die Figur begann sich zu entwickeln.

Damit lässt sich klar zeigen, dass Memes eindeutig der Evolution unterworfen sind. Sie breiten sich aus, mutieren, werden immer wieder abgewandelt, unterliegen einer Selektion durch die Internetnutzer und stehen dabei in Konkurrenz zu anderen Memes.

Memes liegen damit Nahe am okkulten Begriff des Egregore, das sich im tibetischen als Tulpa wiederfindet. Es handelt sich dabei, um ein eigenständiges geistiges Wesen, dass durch die Gedanken einer Gruppen von Menschen geschaffen wird und gleichzeitig auf die Gedanken der Gruppe zurückwirkt.

 

  • Pepe the Frog aka Kek

Sehen wir uns dazu das nächste Meme an, Pepe the Frog. Pepe the Frog wurde als Meme so populär, dass es zum inoffiziellen Maskottchen der Trump-Kampagne wurde und sich Präsidentschafts-Kandidatin Clinton genötigt sah Stellung zu beziehen. Auch die Tagesschau berichtete und die Anti-Defamation-League bezog gegen den Comic Frosch Stellung.

pepe

Der weniger berichtete Teil der Geschichte ist, dass Pepe schon bald mit der Figur des altägyptischen Gottes Kek identifiziert wurde, der auch als Kröte dargestellt wird. Das ist nicht weiter ungewöhnlich, da die Ägypter ihre Götter üblicherweise mit Tieren identifizierten.

Kurz darauf zeigten sich wie bei Ebola Chan die gleichen kultartigen Bestrebungen.

 

  • Die Kultmentalität des Menschen

 

Wie der  israelisch-US-amerikanischer Psychologe und Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel Kahneman in seinem Buch Schnelles Denken, langsames Denken darstellt, verfügen wir Menschen über zwei grundsätzliche verschiedene Systeme Informationen zu verarbeiten.

Einerseits haben wir ein schnelles, emotionales, unbewusstes und ein langsameres, bewusstes durchdenkendes, logisches System.

Das ist eine notwendige Anpassung an unsere Umwelt, da ich mir im Normalfall über die tieferen Intention des Säbelzahntigers keine Gedanken machen möchte, sondern einfach davon laufe.

Allerdings birgt diese Zweiteilung eine Vielzahl von Schwachstellen, die man kognitive Dissonanzen nennt. Von Bedeutung sind hier insbesondere die falsche Wahrnehmung von Kausalzusammenhangs zweier Ereignisse und die Überschätzung relativer Häufigkeiten bei kleinen Stichproben.

Vereinfacht gesagt, wenn Brum-Brum auf einen Baum schlägt und Jagderfolg hat, hält er den Baum für einen magischen Baum.

Ein klassische Beispiel hierfür ist der Cargo Kult. Während des Zweiten Weltkrieges warf die US-Armee massenweise Güter, zur Unterstützung ihrer Landungsoperationen, über Melanesien ab.

Nach den Krieg imitierten die Einheimnischen einen Flughafenbetrieb den sie bei amerikanischen Truppen beobachtet hatten, in der Hoffnung die begehrten Güter würden dann wiederkommen, was sie aber nicht taten.

Ein Beispiel welche Ausmaße so etwas annehmen kann, ist die John-Frum-Bewegung.

Die John-Frum-Bewegung wurde 1957 als Religionsgemeinschaft zugelassen, ihr gehören bis heute etwa 5,6 % der Bevölkerung Vanuatus an.

Die Gläubigen sind davon überzeugt, der Sohn Gottes würde John Frum heißen und amerikanische Soldaten wären seine Gesandten. Man kann sich also grob vorstellen, wie die Bewegung entstanden ist und damit kommen wir zurück zu den Memes.

 

  • Internetreligionen

 

Zusammengefasst sind Memes in etwa Viren des Geistes, die sich von Mensch zu Mensch oder entlang der Social Media Kanäle übertragen und dabei vervielfältigen können. Im Laufe dieses Prozesses unterliegen sie Mutation und Anpassung und stehen in Konkurrenz zu anderen Memes.

Sie können dabei das Medium wechseln und als Musikstück, Animationsfilm, Kurzgeschichte oder sogar Kultobjekt wieder auftauchen.

In dieser Form können sie als Projektionsfläche für diverse Glaubensvorstellungen dienen oder sich für diese instrumentalisiert werden und dabei ein völliges Eigenleben entwickeln.

Die Chancen stehen gut, dass wir noch zu unseren Lebzeiten den einen oder anderen Memes gegenüberstehen werden, vielleicht nicht in Fleisch und Blut aber als Gott.