Studien über die Effekte von elterlicher Erziehung sind wertlos, wenn sie nicht genetische Anteile kontrollieren

Ein häufig unterschätzter Punkt:

Es berücksichtigt eben nicht, dass die Kausalität auch genau andersrum verlaufen könnte: Eltern, deren Gene sie eher zu Alkohol und Zigaretten greifen lassen, geben vielleicht auch anderen Reizen eher nach und verlassen eher ihre Partner oder haben andere genetisch Eigenschaften, die sich auf beide Faktoren auswirken.

Es wird immer wieder vergessen, dass Kinder mit ihren Eltern eben auch einen Großteil der Gene teilen und daher bestimmte Verhalten auch eher bei beiden eintreten, die zu bestimmten Effekten führen können. Solange man diese Verbindung nicht ausschließen kann, ist eine genaue Aussage darüber, was die Ursache ist, schwierig.

Jan Fleischhauer zum „Ende des Feminismus“

Jan Fleischhauer bespricht im Spiegel den Umstand, dass ein hoher Anteil von Frauen Trump und nicht Clinton gewählt hat und wägt verschiedene Erklärungen gegeneinander ab:

Ein Grund könnte sein, dass Frauen durch viele Jahre der Erniedrigung zu selbstdestruktivem Verhalten neigen, so legen es jetzt einige schüchterne Erklärungsversuche nahe. So wie es Frauen gibt, die es an der Seite von Männern aushalten, die sie misshandeln, haben sie jetzt eben für Trump gestimmt, den verbalen Frauenschläger. Das Argument bedeutet allerdings, dass man eine ganze gesellschaftliche Gruppe pathologisiert, obwohl es bislang doch hieß, dass Frauen emotional reifer seien als Männer und deshalb besser in der Lage, in komplizierten Situationen den Überblick zu behalten.

Das wäre dann die „internalisierte Frauenfeindlichkeit„. Und in der Tat beinhaltet es – auch wenn Feministinnen das sehr selektiv einsetzen – eine Abwertung von Frauen: Es würde beispielsweise erklären, warum Frauen seltener im Vorstand sind und warum das eine wirtschaftlich richtige Entscheidung ist: Warum sollte man jemanden befördern, der sich beständig selbst sabotiert und innerlich hasst?

Der feministische Trick ist, dass verinnerlichte Frauenfeindlichkeit nur eingesetzt werden darf, wenn man etwas stimmig mit dem Feminismus machen will, wenn man also insbesondere eine Wahl oder eine Entscheidung von Frauen nicht akzeptiert, nie aber, wenn man Frauen an sich und ihre Fähigkeiten für einen Bereich bewertet.

Herkunft, Klasse, Religion sind im Zweifel wichtiger als das Geschlecht

Die andere Erklärung wäre, dass vielen weiblichen Wählern Frausein als politische Aussage nicht ausreicht. Es war immer schon eine verwegene Annahme, dass sich Menschen hinter einer Politikerin versammeln, weil sie mit ihr das Geschlecht teilen. Warum sollte eine Frau aus dem Mittleren Westen, die Abtreibung für eine Sünde und Waffengesetze für Freiheitsberaubung hält, darüber hinwegsehen, dass sie mit einer liberalen Millionärin aus New York nichts und aber auch gar nichts gemein hat: Weil sie eine Frau ist? Herkunft, Klasse, Religion sind im Zweifel weitaus wichtiger als das Geschlecht.

Das ist natürlich in einer auf Repräsentation und Gruppenidentität ausgerichtete Ideologie wie den modernen Feminismus vollkommen undenkbar – jedenfalls nicht im positiven Sinne, allenfalls über verinnerlichten Sexismus, also eine Gehirnwäsche. Natürlich: Wenn man Frauen als unterdrückte Gruppe sieht, die sich nur befreien kann, wenn eine Frau gewählt wird, anderenfalls muss es eine Festigung des Patriarchats sein, dann erscheint es einem bizarr, dass die Frauen keine Frau wählen – auch dann, wenn diese Frau als korrupt und falsch angesehen wird.

Dem Feminismus ergeht es jetzt wie der Sozialdemokratie (unter der ich die US-Demokraten an dieser Stelle großzügig verrechne). Aus einer Emanzipationsbewegung ist mit fortschreitender Akademisierung ein Elitenprojekt geworden, dessen ideeller Fluchtpunkt nicht mehr die Supermarktkasse, sondern der Hörsaal ist. Das gilt paradoxerweise auch für Clinton, die mehr als drei Jahrzehnte von der Nachfolgegeneration trennt.

Die Wandelung zum „Eliteprojekt ist in der Tat interessant: Sie hängt auch damit zusammen, dass Gleichberechtigung für Frauen im wesentlichen erreicht ist und insofern „Luxusprobleme“ zu echten Problemen hochgestuft werden müssen. Das ist eine Scheinwelt, die man wohl am besten in der reinen Theorie, eben in einer akademischen Welt, durchhält.

Das Anliegen von klassischen Feministinnen wie Alice Schwarzer war es immer, möglichst viele Frauen zu erreichen. Schwarzer ist Populistin, darin liegt ihre Stärke. Es ist kein Zufall, dass ihr berühmtes Buch über den „kleinen Unterschied“ nicht nur Akademikerinnen befragte, sondern Frauen aus allen Schichten der Gesellschaft, die über ihre Erfahrungen und Enttäuschungen in der Partnerschaft berichteten.

Der moderne Feminismus behauptet nur, die Mehrheit der Frauen zu repräsentieren. Tatsächlich hat er Mühe, aus dem Seminarraum herauszufinden. Schon der Jargon der Protagonistinnen verrät, dass hier Leute den Ton angeben, deren Lebensplanung von einem drittmittelgeförderten Projekt zum nächsten reicht. Man muss keinen Kontakt zur normalen Arbeitswelt haben, der über gelegentliche Besuche bei Penny hinausgeht. Aber es kann eben auch nicht schaden, wenn man sich die Befreiung der Hälfte der Menschheit auf die Fahnen geschrieben hat.

Die Weltfremdheit des teilweise enorm simplen modernfeministischen Weltbildes ist leider viel zu unbekannt und kommt wenig zur Geltung. Die meisten Vorstellung moderner Feministinnen und die Punkte, die sie bereits als unzumutbaren Sexismus etc sehen würden bei den meisten Leuten wahrscheinlich nur ein Kopfschütteln auslösen.

Vielleicht kann man sich vorerst darauf einigen, dass Frauen doch nicht so anders sind als Männer. Nicht klüger, großmütiger und idealistischer – aber eben auch nicht weniger rachsüchtig, engstirnig oder nachtragend. Wenn sie die Nase voll haben, wählen sogar sie einen wie Trump.

Und das gerade, wenn ansonsten eben nur eine Hillary Clinton die Alternative ist, die viele abgeschreckt hat.