Wie wird die Präsidentenwahl in den USA ausgehen?

Ab morgen wird gewählt, die Ergebnisse gibt es dann wahrscheinlich erst Mittwoch morgens. Hier schon mal eine Umfrage, was ihr zum Ausgang meint.

Ich halte alles für möglich. Ähnlich wie die AfD ist auch Trump schwer einzuschätzen und hat Protestpotential. Hillary Clinton hat das Glück, dass die FBI-Ermittlungen vorerst eingestellt worden sind, was es einigen Wählern vielleicht einfacher macht für sie zu stimmen und das weitere Glück, dass Trump eben für viele ein absolutes NoGo ist, während man sie zwar für korrupt etc hält, aber das letztendlich ja der Ruf aller Politiker ist.

Es dürfte auch interessant sein, ob Wikileaks noch etwas in die Runde wirft, was sich auswirkt.

 

„Saure Gurke“ der Medienfrauen für „eMANNZipation“

Genderama weißt darauf hin, dass der Beitrag „Gegen den Strich – EMANNzipation“ von den Medienfrauen (Mitarbeiterinnen von ARD, ZDF, ORF, Deutscher Welle und DeutschlandRadio) die „Saure Gurke“ verliehen bekommen hat. Ein guter Moment, um ihn hier noch mal zu verlinken:

Vom ZDF-Presseportal:

Das 39. Herbsttreffen der Medienfrauen ist mit einer positiven Bilanz zu Ende gegangen: Frauenrechte sind nicht verhandelbar. Vom 4. bis 6. November 2016 trafen sich 360 Medienfrauen der öffentlich-rechtlichen Sender Deutschlands und Österreichs beim ZDF in Mainz. Unter dem Motto „mächtig, weiblich, grenzenlos“ diskutierten die Teilnehmerinnen über Frauenbilder und Frauenrollen.

„Es ist kein Zufall, dass vor Innovation der weibliche Artikel ‚die‘ gehört. Es sind vor allem unsere Kolleginnen, die mit kreativen Ideen, hoher Motivation und Führungsbereitschaft den Veränderungsprozess in der neuen Medienwelt vorantreiben“, betonte Elmar Theveßen, der die Frauen im Namen des Intendanten als Hausherr begrüßte.

Ministerpräsidentin Malu Dreyer unterstrich in ihrem Grußwort, jede Gesellschaft verdiene eine reale Gleichberechtigung von Frauen und Männern. Im Zentrum der Videobotschaft des Mainzer Oberbürgermeisters Michael Ebling stand die Forderung nach einem fortschrittlichen Frauenbild in der Gesellschaft.

Mit ihrem Impulsvortrag „Globalisierung und die Rolle der Frau / Wie verändern sich Frauenbilder mit und durch die Medien?“ eröffnete die Schweizer Historikerin, Politikwissenschaftlerin und -philosophin Dr. Regula Stämpfli das Herbsttreffen der Medienfrauen. In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Susanne Conrad, ging es um die Frage, ob es einen „roll back“ bei der Rollen- und Rechteaufteilung zwischen Frauen und Männern gebe. Die einhellige Meinung: Erreichte Standards dürfen nicht zurückgedreht werden; Frauenrechte sind nicht verhandelbar.

Den Bogen schloss am letzten Tag des Herbsttreffens Dr. Maren Urner, Geschäftsführerin des Online Magazins „Perspective Daily“, mit ihrem Vortrag „Mit Neurowissenschaften und konstruktivem Journalismus für eine bessere Zukunft“.

Die „Saure Gurke 2016“ erhielt die Redaktion „Markt“ des WDR für ihren Beitrag „eMannzipation“. In der Begründung der Jury heißt es: „Tendenziös und verfälschend setzt sich der Beitrag mit der angeblichen Unterdrückung der Männer durch den Feminismus auseinander.“ Darüber hinaus lasse die Redaktion die Protagonisten der Plattform ‚Nicht-Feminist‘ unkommentiert zu Wort kommen.

Neben den politischen Diskussionen gehörten Führungen durch die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt und das ZDF zum Programm. Das Rahmenprogramm gestalteten Künstlerinnen und Winzerinnen von VINISSIMA, die anlässlich des Jubiläums „200 Jahre Rheinhessen“ mit einem Weinparcours ihre Arbeit präsentierten.

Das Herbsttreffen der Medienfrauen wird jedes Jahr von einer anderen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt ausgerichtet; im nächsten Jahr findet es bei der Deutschen Welle in Bonn statt.

Kinderehen automatisch aufheben?

Nach dem Burkaverbot gibt es nun eine Debatte über die Kinderehe. Diese wird aus meiner Sicht – durchaus verständlich – sehr emotional geführt.

Tenor ist bei vielen, dass diese sofort für unwirksam erklärt werden müssten, quasi eine Art „Zwangsscheidung“ mit dem betreten deutschen Bodens.

Das ist aus meiner Sicht eine sehr einfache Betrachtung. Daher dazu ein paar Punkte:

1. Ab wann darf man in Deutschland heiraten?

Die sogenannte Ehemündigkeit ist in § 1303 BGB geregelt:

§ 1303 Ehemündigkeit

(1) Eine Ehe soll nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden.
(2) Das Familiengericht kann auf Antrag von dieser Vorschrift Befreiung erteilen, wenn der Antragsteller das 16. Lebensjahr vollendet hat und sein künftiger Ehegatte volljährig ist.
(3) Widerspricht der gesetzliche Vertreter des Antragstellers oder ein sonstiger Inhaber der Personensorge dem Antrag, so darf das Familiengericht die Befreiung nur erteilen, wenn der Widerspruch nicht auf triftigen Gründen beruht.
(4) Erteilt das Familiengericht die Befreiung nach Absatz 2, so bedarf der Antragsteller zur Eingehung der Ehe nicht mehr der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters oder eines sonstigen Inhabers der Personensorge.

Man kann also in Deutschland ab 18 heiraten, mit Befreiung durch das Gericht kann auch einer der Eheleute 16 Jahre alt sein. Diese Klausel war die „Schwangerenklausel“, die früher angewendet worden ist, damit das Kind ehelich geboren wird und die Ehre/Seele aller gerettet werden kann und die Versorgung des Kindes und der Mutter sichergestellt ist (über den volljährigen Mann), sie hat heute quasi keine Bedeutung mehr und eine entsprechende Befreiung wird heute nicht mehr erteilt.

2. Was wäre, wenn Ehen einfach so aufgelöst werden würden?

Man stelle sich vor, dass es ein Land geben würde, in dem man erst ab 21 heiraten darf. Ein junges frisch verheiratetes Paar reist dort schlecht beraten ein und wäre Kraft Gesetz geschieden. Das könnte einiges an Kosten sparen, aber es würde einem auch als vollkommen unverhältnismäßige Regelung erscheinen: Was geht es diesen Staat an, ob Fremde verheiratet sind und warum setzt er sein Recht dermaßen über das Recht des anderen Landes, dass er gleich rechtsgestaltend tätig wird und eine Ehe scheidet, die ihn gar nicht betrifft?

Und wäre diese „Zwangsscheidung“ aus deutscher Sicht nun wirksam oder unwirksam? Könnte der eine Ehegatte nunmehr den Zugewinnausgleich geltend machen (just hatte der andere nach der Heirat aber vor dem Betreten des Landes im Lotto gewonnen) oder müsste noch einmal geheiratet werden? Wäre es in irgendeiner Weise ein faires Verfahren oder würde man den Leuten lediglich Kosten und Ärger für eine erneute Heirat machen? (geniale Idee: Südseeinselstaat gründen, automatische Scheidung ggfs bis 50 bei Verfall aller Ausgleichsansprüche als Gesetz verabschieden, an Touristen, die Kosten sparen wollen, reich werden)

Man hätte das Problem, dass man Ehen hätte, die in einem Land wirksam, im anderen aber unwirksam wären.

Man hätte auch andere Probleme: Unterhaltsansprüche müssten eventuell geltend gemacht werden, Zugewinnansprüche müssten geltend gemacht werden (bevor sie nach drei Jahren verjähren), Versorgungsausgleich müsste durchgeführt werden, die geschiedenen würden evtl Erbansprüche verlieren oder es würden Morgengaben zurückgegeben werden müssen etc. Die Kinder aus der Ehe könnten je nach dem Landesrecht erhebliche Nachteile haben, wenn sie unehelich werden. Die Braut könnte von ihren Eltern oder Verwandten verstoßen werden oder anderweitige Probleme mit diesen bekommen, obwohl sie das alles gar nicht will.

3. Die Kinderehe ist aber einfach falsch

Nun erscheint einem das Problem rein theoretisch: Bei jungen Minderjährigen, etwa 12 Jährigen, kann man wohl kaum davon ausgehen, dass diese gegen ihren Willen geschieden werden oder irgendwie auch nur ansatzweise bereit für eine sexuelle Beziehung, insbesondere auch mit einem älteren Menschen, wären. Es sei insofern ganz klar, dass hier etwas vorliegen würde, was schlicht so falsch sei, dass es niemand mit gesunden Verstand aufrecht erhalten könne.

In der Hinsicht muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass die Geschlechtsreife üblicherweise mit 12-14 eintritt, teilweise auch schon früher, und Frauen/Mädchen eine lange Zeit in unserer Geschichte damit als „ehefähig“ angesehen wurden. In der Antike waren das gebräuchliche Heiratsalter und es ist noch nicht so lange her, dass  man auch in einem relativ modernen Europa sehr jung heiraten konnte (Griechenland beispielsweise hatte lange sehr liberale Regelungen, die durchaus akzeptiert waren, andere Länder wahrscheinlich auch, ich kenne beispielsweise ein griechisches Paar, wo sie bei der Heirat 14 war und er 20, heute sind sie ca. 54 und 60, so dass es noch gar nicht mal so lange her ist. Inzwischen haben sie natürlich Enkelkinder).

Aus dieser Sicht ist eine Sichtweise wie in Afghanistan oder anderen armen Ländern dann sicherlich weniger verwunderlich: Das Kind braucht einen Versorger und vermutlich kann man sich so auch der Jungfräulichkeit sicher sein etc. Es ist ein anderes Verständnis, weil diese Länder eben kulturell noch in einem anderen Zeitalter stecken. Natürlich muss man dazu auch bedenken, dass auch die Kinder in dieser Kultur groß werden: 12-14 Jährige gehen vielleicht davon aus, dass sie in diesem Alter verheiratet werden, hoffen, dass ihnen ihre Eltern einen „guten Mann“ aussuchen und haben gar keine Vorstellungen davon, dass dies falsch sein könnte. Sie sehen eine Scheidung als Schande an, wüssten, dass ihre Familien sie dafür verurteilen und verstoßen würden und könnten in keiner Weise  nachvollziehen, warum man sie auf diese Weise entehren will. Sie sind insofern auch „Erwachsener“ als hiesige Jugendliche, weil ihre Kultur ihnen gar nicht die entsprechende Zeit zugesteht, um im hiesigen Sinne Kind zu sein.

4. Evolutionsbiologischer Exkurs

Dazu bietet sich auch ein Exkurs an:

Warum sind überhaupt Kinder in einem Alter, in dem sie sich nach unserer Ansicht nicht fortpflanzen sollten, zu Sex und Empfängnis fähig? Wenn der Sexualtrieb mit 14 erwacht und viele vierzehnjährige davon bereits schwanger werden können, dann scheint ja ein entsprechender Sex „eingeplant“ oder evolutionärer gesagt Vorteile gebracht zu haben. Dennoch gehen wir heute davon aus, dass in diesem Alter das Kind lieber Kind sein soll und nicht Kinder betreuen soll.

Eine etwas zynische Theorie dazu ist, dass der kindliche Sex evtl in den Bereich Vorbereitung fallen sollte. Schimpanzen bevorzugen etwas ältere Schimpansinen als Sexpartner, was evolutionär den Vorteil hat, dass diese schon mehr Erfahrung mit der Versorgung von Kindern haben. Die Schimpansen gehen keine Paarbindung ein, ihnen kann es also egal sein, wie viele weitere Kinder die Schimpansin noch bekommen kann, bei Menschen hingegen ist in einer dauerhaften Beziehung die Frau der limitierende Faktor. Allerdings ist unsere Betrachtung von „Jung“ eben auch relativ. Wir sehen 18 Jährige als jung an, tatsächlich sind sie aber schon mehrere Jahre fortpflanzungsfähig. Als Erwachsener auf  erwachsene Frauen zu stehen kann insofern schlicht biologische Chancenoptimierung sein, bei denen man davon ausgeht, dass damit die Ressourcen nicht mehr für Versuche verbraucht werden. Dann wären die Sexversuche von 14-16 eben ein Lernen und eine hohe Kindersterblichkeit dabei vorausgesetzt.

Die weniger zynische Theorie geht davon aus, dass die Geschlechtsreife in früheren Zeiten durch schlechtere Ernährung und weniger Licht später einsetzte und Schwangerschaften überdies durch die Überwachung der Kinder, insbesondere der Mädchen, eingegrenzt wurden.

Exkurs Ende

5. Welche Probleme löst die Scheidung und welche nicht bzw. kann man sie anders lösen?

Bemerkenswert finde ich, dass Leute meinen, dass die „Zwangsscheidung“ hier die ultimative Lösung darstellt. Tatsächlich löst die Ehescheidung nur die rechtliche Beziehung zwischen den „Ehepartnern“ auf. Sieht man es ganz abstrakt könnten beide dann ihr Leben eben „unehelich“ (bzw in der Ansicht, dass sie die deutsche Zwangsscheidung gar nicht interessiert und sie weiter verheiratet sind) wie bisher weiterleben. Das wäre nicht anders als bei einem volljährigen Paar, welches nach einer Scheidung beschließen würde, dass sie die Beziehung fortsetzen wollen, nur eben nicht mehr unter dem „Dach“ der Ehe.

Oder nehmen wir einen anderen Fall: Eine ultrakonservative Regierung würde die „Schwulen-Ehe“ (also die „Verpartnerung“) für Null und nichtig erklären. Würden die ehemals verheirateten (verpartnerten) Schwulen dann ihre Beziehung aufgeben und keinen Sex mehr haben oder hätte sich nur das rechtliche Gerüst geändert?

Das macht denke ich deutlich, dass die Scheidung an sich wenig ändert, wenn sie nicht durch flankierende Maßnahmen begleitet wird: Das wäre üblicherweise eine Maßnahme des Jugendamtes, welche das verheiratete Kind in Obhut nehmen würde und in einer Pflegefamilie unterbringen würde. Erst dadurch würde ein tatsächlicher Schutz des Kindes sichergestellt werden, wenn man davon ausgeht, dass es zu jung für die Art, wie die Ehe geführt wird und für etwaigen sexuellen Kontakt ist.

Wenn man aber sowieso weitere Maßnahmen einleiten muss, was genau bringt dann die Scheidung? Erkennbar braucht man sie nicht, man kann das Kind theoretisch aus der Ehe herausnehmen und verheiratet lassen, es kann dann mit Volljährigkeit selbst entscheiden, ob es die Ehe will oder nicht (oder mit 16 bereits deutlich machen, dass es eine Beziehung mit dem Ehemann möchte und insoweit wie andere 16jährige auch evtl mit Einschränkungen eine Beziehung mit diesem führen.

Durch diese Art der Vorgehensweise kann das Kindeswohl gewahrt werden und gleichzeitig muss keine „Zwangsscheidung“ mit allen daraus folgenden Problemen rechtlicher und tatsächlicher Natur.

6. Ein Fall aus der Praxis

Interessant ist dazu die Entscheidung des OLG Bamberg:

Gericht: OLG Bamberg 2. Senat für Familiensachen

Entscheidungsdatum: 12.05.2016
Aktenzeichen: 2 UF 58/16

Leitsatz
1. Dem einem minderjährigen Verheirateten bestellten Vormund kommt wegen §§ 1800, 1633 BGB keine Entscheidungsbefugnis für den Aufenthalt des Mündels zu. Dies gilt auch hinsichtlich wirksam verheirateter minderjähriger Flüchtlinge, wenn nach dem Recht des Herkunftstaates insoweit ebenfalls keine elterliche Sorge besteht (Art. 15, 16, 20 KSÜ).

2. Eine in Syrien nach syrischem Eheschließungsrecht wirksam geschlossene Ehe einer zum Eheschließungszeitpunkt 14-Jährigen mit einem Volljährigen ist als wirksam anzuerkennen, wenn die Ehegatten der sunnitischen Glaubensrichtung angehören und die Ehe bereits vollzogen ist.

3. Die Unterschreitung des Ehemündigkeitsalters des § 1303 BGB bei einer Eheschließung im Ausland führt selbst bei Unterstellung eines Verstoßes gegen den ordre public (Art. 6 EGBGB) nicht zur Nichtigkeit der Ehe, wenn nach dem für die Eheschließung gem. Art. 11, 13 EGBGB anzuwendenden ausländischen Recht die Ehe bei Unterschreitung des dort geregelten Ehemündigkeitsalters nicht unwirksam, sondern nur anfechtbar oder aufhebbar wäre.

Tenor

1. Die Beschwerde des Vormunds (Stadtjugendamt X.) gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Aschaffenburg vom 7.3.2016 (7 F 2013/15) wird zurückgewiesen.

2. Der Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Aschaffenburg vom 7.3.2016 (7 F 2013/15) wird aufgehoben.

3. Gerichtskosten für beide Instanzen werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden in beiden Instanzen nicht erstattet.

4. Der Verfahrenswert für beide Instanzen wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.

5. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.

1
Die Beteiligten H., geb. am 1.1.1994, und A., geb. am 1.1.2001, sind syrische Staatsangehörige. Sie sind zueinander verwandt als Cousin und Cousine und in der gleichen Stadt in Syrien aufgewachsen. Aufgrund der Kriegsereignisse in Syrien sind die beiden vorgenannten Beteiligten über die sogenannte „Balkanroute“ von Syrien aus nach Deutschland geflüchtet, wo sie am 27.8.2015 angekommen sind. Nach einem ersten Aufenthalt in R. wurden beide zunächst zur Registrierung in die Erstaufnahmeeinrichtung in S. und anschließend nach X. gebracht. Dort wurde A., die bis dahin seit Februar 2015 mit dem Beteiligten H. zusammengelebt hat, am 10.9.2015 durch Mitarbeiter des Jugendamtes X. in Obhut genommen. Seither lebt A. getrennt vom Beteiligten H. in einer Jugendhilfeeinrichtung für weibliche minderjährige unbegleitete Flüchtlinge in N..

2
Im Verfahren 7 F 1439/15 hat das Amtsgericht -Familiengericht- Aschaffenburg mit Beschluss vom 16.9.2015 auf Antrag des allgemeinen sozialen Dienstes beim Stadtjugendamt der Stadt X. bezüglich A. (dort unter dem Namen A.) das Ruhen der elterlichen Sorge festgestellt, Vormundschaft angeordnet und das Stadtjugendamt X. durch einstweilige Anordnung zum Vormund bestellt.

3
Mit am 4.12.2015 beim Amtsgericht Aschaffenburg eingegangenem persönlichen Schreiben vom 3.12.2015 hat der Beteiligte H. sich an das Amtsgericht gewandt und hierzu vorgetragen, dass er mit A. verheiratet sei. Er bat um Überprüfung der Inobhutnahme durch das Jugendamt und um „Rückführung“ seiner Frau zu ihm. Hierzu hat H. u. a. eine Heiratsurkunde in arabischer Schrift mit Beglaubigungszeichen, eine diesbezügliche Übersetzung in die deutsche Sprache mit Beglaubigungszeichen und eine in arabischer Schrift verfasste weitere Bestätigung für die Eheschließung mit Beglaubigungszeichen eingereicht. Insoweit wird auf Bl. 4-10 d. A. verwiesen.

4
Nach mündlicher Verhandlung am 18.1.2016 hat das Amtsgericht mit Verfügung vom 28.1.2016 darauf hingewiesen, dass die seitens des Beteiligten H. begehrte Überprüfung und Aufhebung der Inobhutnahme nicht mehr erforderlich sei, da sich die Inobhutnahme durch das Stadtjugendamt X. aufgrund der Bestellung eines Vormundes für die Beteiligte A. erledigt habe. Eine Inobhutnahme sei nicht mehr gegeben. Vielmehr übe der Vormund durch den Aufenthalt der Beteiligten A. in der Jugendhilfeeinrichtung in N. sein Aufenthaltsbestimmungs- und sein Umgangsbestimmungsrecht aus. Das Begehren des Beteiligten H. sei daher nun als Antrag auf Regelung eines Umgangsrechts auszulegen. Für eine Entscheidung hierüber hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 28.1.2016 der Beteiligten A. eine Verfahrensbeiständin bestellt. Am 18.2.2016 hat das Amtsgericht die Beteiligte A. in Anwesenheit der bestellten Verfahrensbeiständin angehört. Auf den Vermerk vom 18.2.2016 (Bl. 54/55 d. A.) wird Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung am 22.2.2016 hat die Verfahrensbeiständin erklärt, dass die seit der Inobhutnahme – da nur insoweit seitens des Vormunds geduldet – lediglich begleitet stattfindenden Umgänge einer Integration der beiden syrischen Flüchtlinge entgegenstehen würde. Für beide sei es nicht verständlich, dass sie nunmehr trotz der schwierigen gemeinsamen Flucht und des Umstandes, dass sie in Syrien geheiratet und bereits wie Mann und Frau zusammengelebt hätten, sich nur getrennt voneinander in Deutschland aufhalten dürften. Das Jugendamt hat darauf hingewiesen, dass damit zu rechnen sei, dass die Beteiligten A. und H. sexuelle Handlungen miteinander durchführen würden, weshalb aufgrund des Alters der beiden eine Strafbarkeit nach § 182 StGB in Betracht komme. Für das Jugendamt sei eine Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung bei A. nicht gegeben. Auch im Übrigen zeige A. noch eher kindliches bis jugendliches Verhalten und füge sich im Ergebnis den Erwartungen ihrer Familie und des Beteiligten H.. Ansonsten wird auf den Vermerk der nichtöffentlichen Sitzung vom 22.2.2016 Bezug genommen.

5
Mit Beschluss vom 7.3.2016 hat das Amtsgericht – Familiengericht – Aschaffenburg ein Umgangsrecht des Beteiligten H. mit der Beteiligten A. dahingehend geregelt, dass A. das Recht hat, jedes Wochenende von Freitag ab 17.00 Uhr bis einschließlich Sonntag, 17.00 Uhr mit H. zu verbringen, beginnend mit Freitag, 11.3.2016. Das Amtsgericht hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beteiligten H. und A. sich seit September 2015 im Raum X. befinden, deswegen dort ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und demzufolge sich das Umgangsrecht nach deutschem Recht richte. H. sei jedenfalls enge Bezugsperson im Sinne des § 1685 Abs. 2 Satz 1 BGB. Beide hätten daher ein Recht auf Umgang miteinander. Die bisher eingeräumten begleiteten Umgänge von je zwei Stunden pro Woche seien nicht kindeswohlgerecht. Insbesondere eine Verwirklichung des Straftatbestandes nach § 182 Abs. 3 StGB drohe nicht, da eine Ausnutzung einer fehlenden sexuellen Selbstbestimmung auf Seiten der Beteiligten A. nicht zu befürchten sei. Die Beteiligte A. sei nicht mit anderen deutschen 14- oder 15-jährigen Mädchen ohne Weiteres vergleichbar, habe vielmehr bereits in Syrien vor der gemeinsamen Flucht mit H. wie Mann und Frau zusammengelebt. Auch sei insoweit nicht von einer Zwangsheirat auszugehen. Den beiden Beteiligten sei daher einzuräumen, am Wochenende von Freitag Abend bis Sonntag Abend die Freizeit unbegleitet miteinander zu verbringen. Im Übrigen wird auf den Beschluss vom 7.3.2016 verwiesen.

6
Gegen diese den Beteiligten H. und A. (jeweils zusätzlich auch in arabischer Übersetzung) und der Verfahrensbeiständin am 9.3.2016 sowie dem Stadtjugendamt X. am 10.3.2016 zugestellte Entscheidung hat das Stadtjugendamt X. als Vormund der Beteiligten A. mit am 10.3.2016 beim Amtsgericht per Fax eingegangenem Schreiben vom gleichen Tag Beschwerde eingelegt und beantragt, dass unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung der Umgang zwischen den Beteiligten H. und A. dahin geregelt wird, dass A. das Recht habe, einmal wöchentlich in der Zeit von 14.00 bis 17.00 Uhr in Begleitung eines Dritten Zeit mit H. zu verbringen. Weiterhin hat das Stadtjugendamt beantragt, die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung einstweilen auszusetzen. Zur Begründung hat sich das Stadtjugendamt im Wesentlichen darauf berufen, dass A. aufgrund ihres Alters noch nicht zur Führung eines selbstbestimmten Lebens in der Lage sei. Bei einem unbegleiteten Umgang beider sei zu befürchten, dass ungeschützter Geschlechtsverkehr stattfinde und A. höchstwahrscheinlich schwanger werde. Soweit A. und H. ihre Bereitschaft erklärt hätten, Verhütungsmittel einzusetzen, sei dies noch nicht in effektiver Form möglich, da am 10.3.2016 als Verhütungsmethode die „3-Monatsspritze“ gewählt wurde, nach ärztlicher Auskunft jedoch erst nach weiteren 4 Wochen ein wirksamer Schutz ohne zusätzliche Verhütungsmittel (Kondome) bestehe.

7
Mit Beschluss vom 18.3.2016 hat der Senat die Wirksamkeit des angefochtenen Beschlusses vom 7.3.2016 einstweilen ausgesetzt, da die Angelegenheit rechtlich schwierig sei und bei Durchführung unbegleiteten Umgangs die zu erwartenden Folgen die mit der Aussetzung der Wirksamkeit einhergehenden Nachteile überwiegen.

8
Mit Beschluss vom 4.4.2016 hat der Senat eine neue Verfahrensbeiständin für A. bestellt, da die bisher bestellte Verfahrensbeiständin sich nach deren Mitteilung aufgrund Krankheit zu einer weiteren Tätigkeit nicht in der Lage sah. Mit Schriftsatz vom 17.4.2016 hat die nunmehrige Verfahrensbeiständin Stellung genommen und dabei im Wesentlichen ausgeführt, dass eine in Syrien wirksam geschlossene Ehe zwischen den Beteiligten H. und A. vorliegen dürfte, die selbst bei Annahme eines Verstoßes gegen den ordre public nach syrischem Recht bestenfalls anfechtbar sei. Aufgrund der von ihr durchgeführten mehrfachen Gespräche mit H. und A. sei die Darstellung beider, dass weder die Ehe noch ihr jetziges Verhalten von Druck und Zwang seitens der Familien der beiden bestimmt werde, nachvollziehbar und glaubhaft. Im Übrigen würden sich beide zwischenzeitlich auch heimlich treffen. Beide würden übereinstimmend fortwährend berichten, dass sie sich lieben. Dass insbesondere H. die Beteiligte A. unter Druck setzen würde, sei in keinster Weise belegt. Beiden Beteiligten sei mindestens entsprechend der angefochtenen Entscheidung unbegleiteter Umgang miteinander zu gewähren. Die Begrenzung des gemeinsamen Kontaktes zueinander durch lediglich begleiteten Umgang sei aufgrund der durch die gemeinsame Flucht gezeigten Beistandsgemeinschaft kontraproduktiv für beide. Im Übrigen wird auf das Schreiben vom 17.6.2016 verwiesen.

9
In der nichtöffentlichen Sitzung vom 18.4.2016 hat der Senat die vom Beteiligten H. eingereichten Urkunden hinsichtlich der Eheschließung in Syrien einschließlich der Beglaubigungsvermerke vom anwesenden Dolmetscher übersetzen lassen und die Beteiligten zur Sache angehört.

10
Mit E-mail vom 20.10.2015 hat die Deutsche Botschaft in B. dem Standesamt bei der Stadt X. u. a. mitgeteilt, dass aufgrund der dorthin versandten Unterlagen (Zivilregisterauszug bezüglich A. mit dem angegebenen Familienstand verheiratet; Bestätigung der Eheschließung seitens des syrischen Scharia-Gerichts) von einer Registrierung der Ehe beim Standesamt in Syrien und einer gerichtlichen Genehmigung der Eheschließung ausgegangen werden könne.

11
Im Übrigen wird auf den Vermerk über die nichtöffentliche Sitzung vom 18.4.2016 samt Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt verwiesen.

II.

12
Die Beschwerde des Stadtjugendamtes als Vormund ist zulässig, hat in Richtung des damit verfolgten Beschwerdebegehrens jedoch keinen Erfolg. Vielmehr ist die angefochtene Entscheidung im Beschwerdeverfahren von Amts wegen ersatzlos aufzuheben. Hieran ist der Senat trotz Zurückweisung der Beschwerde nicht gehindert. Ein Verbot der reformatio in peius (Verschlechterungsverbot) besteht vorliegend nicht.

1)

13
Die Beschwerde des Stadtjugendamtes, die aus eigenem Recht als Vormund geführt wird, ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt. Die Frage, ob vorliegend hinsichtlich der gegenständlichen Umgangsangelegenheit eine eigene Rechtsposition des Vormunds, nämlich das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Beteiligte A., besteht und durch die angefochtene Entscheidung beeinträchtigt ist (§ 59 Abs. 1 FamFG), kann im Rahmen der Zulässigkeit des Rechtsmittels dahingestellt bleiben, da es sich insoweit um sog. doppelrelevante Tatsachen handelt. Bei der zu prüfenden Beschwerdeberechtigung ist daher zu unterstellen, dass dem Stadtjugendamt als Vormund vorliegend die Entscheidungsbefugnis im Bereich des Aufenthaltsbestimmungsrechts und damit einhergehend in Angelegenheiten des Umgangs von A. mit anderen Personen zusteht.

2)

14
Die Beschwerde hat mit dem damit verfolgten Begehren keinen Erfolg, führt jedoch zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung von Amts wegen.

a)

15
Die internationale Zuständigkeit für den vorliegenden Verfahrensgegenstand ist gegeben. Der mit der angefochtenen Entscheidung geregelte Umgang der Beteiligten A. mit dem Beteiligten H. als Ausfluss des Aufenthaltsbestimmungsrechts betrifft den Bereich der elterlichen Verantwortung im Sinne des Art. 1 Abs. 1 lit. b, Abs. 2 EuEheVO (Brüssel II a). Für die Frage der internationalen Zuständigkeit geht die EuEheVO gemäß Art. 61 EuEheVO bei Bestehen eines gewöhnlichen Aufenthalts in einem Mitgliedstaat dem Hager Kinderschutzübereinkommen (KSÜ) bzw. gemäß § 97 Abs. 1 Satz 2 FamFG den nationalen Regelungen zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit (§ 99 FamFG) vor. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist vorliegend jedenfalls zum Zeitpunkt der jetzigen Entscheidung über die Angelegenheit der elterlichen Verantwortung hinsichtlich der syrischen minderjährigen A. nach Art. 8 Abs. 1 EuEheVO gegeben, da bezüglich der elterlichen Verantwortung im Hinblick auf A. in einem anderen Mitgliedsstaat bisher kein Verfahren eingeleitet wurde und zumindest zum jetzigen Zeitpunkt der Entscheidung der gewöhnliche Aufenthalt von A. in Deutschland ist (vgl. BGH NJW 2010, 1351). Unter dem autonom auszulegenden Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne des Art. 8 Abs. 1 EuEheVO ist der Ort zu verstehen, an dem eine gewisse Integration des Kindes in ein soziales und familiäres Umfeld zu erkennen ist, somit also der Daseinsmittelpunkt bzw. der Schwerpunkt der Lebensverhältnisse des Kindes. Dies ist nach objektiven Kriterien zu bestimmen, wobei auch die Aufenthaltszeit grundsätzlich zu berücksichtigen ist. Die Beteiligte A. befindet sich nunmehr seit ca. 8 Monaten in Deutschland, davon seit Mitte September 2015 durchgängig in der Jugendhilfeeinrichtung in N.. Sie ist vor dem Krieg in Syrien geflüchtet, um zukünftig in Deutschland zu leben. Aufgrund dieser Umstände ist ein gewöhnlicher Aufenthalt nach Art. 8 Abs. 1 EuEheVO in Deutschland gegeben, so dass sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach der vorgenannten Regelung richtet. Selbst wenn ein gewöhnlicher Aufenthalt noch nicht festgestellt werden könnte, ergäbe sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte schon aufgrund der Flüchtlingseigenschaft der Beteiligten A. in gleicher Weise aus der subsidiären Regelung des Art. 13 Abs. 2 EuEheVO bzw. gleichgerichtet aus Art. 6 KSÜ bzw. Art. 16 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.7.1951 (Genfer Flüchtlingskonvention = GFK). Die Beteiligte A. ist (wie auch der Beteiligte H.) Flüchtling iSd Art. 1 GFK iVm Art. 1 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 31.1.1967.

b)

16
Das Beschwerdebegehren des Vormunds hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Da dem Vormund das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Beteiligte A. nicht zusteht, ist eine Rechtsbeeinträchtigung zu Lasten des Vormunds durch die angefochtene Entscheidung nicht gegeben. Vielmehr ist die angefochtene Umgangsregelung ersatzlos aufzuheben, weil die Beteiligte A. insoweit selbst Trägerin der diesbezüglichen Entscheidungsbefugnis ist.

17
Der Senat ist befugt, die angefochtene Entscheidung aufzuheben. Eine Bindung an Anträge besteht ebensowenig wie ein Verschlechterungsverbot, da es sich bei der angefochtenen Umgangsregelung um eine von Amts wegen in vollem Umfang zu prüfende Fürsorgeangelegenheit handelt (vgl. nur OLG Saarbrücken, 6 UF 126/10, B. v. 10.01.2011; Sternal in Keidel, FamFG, 18. Auflage 2014, § 69 Rn. 21).

18
Das anzuwendende Recht für den Bereich des Umgangs und des Aufenthalts im Rahmen der Personensorge als Teilbereich des Instituts der elterlichen Verantwortung bestimmt sich vorliegend nach dem KSÜ. Dies gilt unabhängig davon, ob ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland besteht oder nicht, da Art. 61 EUEheVO der Anwendung der Kollisionsnormen der Art. 15 ff. KSÜ jedenfalls dann nicht entgegensteht, wenn die internationale Zuständigkeit (gegebenenfalls nur hypothetisch) auch nach dem KSÜ vorliegen würde (OLG Karlsruhe, FamRZ 2013, 1238; Hüßtege in Thomas/Putzo, ZPO, Art. 61 EuEheVO Rdnr. 5 m.w.N.). Dies ist – wie vorstehend aufgezeigt – hier gegeben. Art. 15 – 22 KSÜ gelten gem. Art. 20 KSÜ auch für Staatsangehörige von Nichtvertragsstaaten wie Syrien. Art. 21 EGBGB muss daher zurücktreten. Art. 12 S. 1 GFK führt mangels verbliebenem Wohnsitz in Syrien zur gleichlaufenden Rechtsfolge.

19
Nach Art. 15 Abs. 1 KSÜ bestimmt sich das Recht der elterlichen Verantwortung vorliegend nach deutschem Recht. Danach kommt der Beteiligten A. die eigene volle Entscheidungsbefugnis für ihren Aufenthalt und ihren Umgang zu, da sie zwar (im Ergebnis zutreffend) aufgrund Beschlusses des Amtsgericht -Familiengericht- Aschaffenburg vom 16.9.2015 (7 F 1439/15) unter Vormundschaft steht, dem Vormund bezüglich des Aufenthalts und des Umgangs der Minderjährigen A. gemäß §§ 1800, 1633 BGB jedoch keine Entscheidungsbefugnis für die Belange des Aufenthalts und des Umgangs zukommt. Eine solche Entscheidungsbefugnis für den Vormund ergibt sich auch nicht aufgrund Art. 16 Abs. 3, Abs. 4 KSÜ (bzw. Art. 12 S. 2 GFK) i.V.m. dem syrischen Kindschaftsrecht, da aufgrund der Eheschließung mit H. im Februar 2015 in Syrien die elterliche Verantwortung nach syrischem Recht bezüglich A. erloschen ist.

20
Die Voraussetzungen der Eheschließung bestimmen sich hier gem. Art. 13 Abs. 1 EGBGB nach syrischem Recht, da A. und H. bei Eingehung der Ehe syrische Staatsangehörige waren (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 2006 – XII ZR 79/04 -, BGHZ 169, 240-255, Rn. 15). Damit gilt das syrischen Personalstatutgesetz (im Folgenden: PSG) vom 17.9.1953, geändert durch Gesetz vom 31.12.1975 (siehe die deutsche Übersetzung bei Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Loseblattausgabe, Länderteil Syrien – arabische Republik Syrien). Da beide Ehegatten als Angehörige der sunnitischen Religionsgemeinschaft islamischen Glaubens sind, sind die Sondervorschriften nach Art. 307, 308 PSG für Drusen und Angehörige des jüdischen oder christlichen Glaubens nicht anwendbar (vgl. zu letzterem BGH a.a.O.).

21
Nach Art. 1 PSG ist die Eheschließung ein Vertrag zwischen einem Mann und einer Frau, der gemäß Art. 5 PSG ein Angebot und die Annahme dieses Angebots durch den anderen Verlobten erfordert. Nach Art. 6, 7 PSG kann dies wörtlich, durch andere üblicherweise in diesem Sinne verstandene Ausdrucksformen oder schriftlich erklärt werden. Nach Art. 12 PSG ist für die Gültigkeit des Ehevertrages die Anwesenheit zweier männlicher Zeugen oder eines Mannes und zweier Frauen islamischen Glaubens, die geistig gesund und volljährig sind, erforderlich. Die Ehefähigkeit erfordert gemäß Art. 15 PSG die geistige Gesundheit und Geschlechtsreife der Verlobten. Bezüglich des Lebensalters der zukünftigen Eheleute setzt Art. 16 PSG zur Erlangung der Ehefähigkeit hinsichtlich des Mannes die Vollendung des 18. und hinsichtlich der Frau die Vollendung des 17. Lebensjahres voraus. Hiervon macht Art. 18 PSG eine Ausnahme dahingehend, dass männliche Jugendliche die das 15. Lebensalter, und weibliche Jugendliche, die das 13. Lebensalter vollendet haben, die Ehe eingehen können, wenn der zuständige Richter die körperliche Reife und die Geschlechtsreife der beiden Jugendlichen als erwiesen ansieht. Nach Art. 18 Abs. 2 PSG bedarf die Eheschließung Jugendlicher zusätzlich grundsätzlich der Zustimmung des Vaters oder Großvaters, wenn diese Ehevormund gemäß Art. 21 ff. PSG sind. Nach Art. 40 ff., 43 PSG ist die Eheschließung beim Richter unter Unterlagenvorlage zu beantragen. Die Trauung der Brautleute hat durch den Richter oder einen von ihm ermächtigten Rechtspfleger zu erfolgen. Hierüber ist nach Art. 44 PSG eine Niederschrift zu fertigen. Weiterhin ist die Eheschließung zur Eintragung beim Standesamt durch Übersendung einer Abschrift der Heiratsurkunde an dieses mitzuteilen (Art. 45 PSG).

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Nach den vorliegenden Unterlagen, die in der Sitzung des Senats vom 18.4.2016 vom Dolmetscher nochmals übersetzt wurden, sind sämtliche vorgenannten Voraussetzungen für eine wirksame Eheschließung nach syrischem Eheschließungsrecht eingehalten. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die vorgelegten Urkunden falsch sein könnten. Auch die Deutsche Botschaft in B. hat ausweislich ihrer Mailnachricht vom 20.10.2015 keine Anhaltspunkte dafür, dass es sich nicht um eine nach syrischem Eherecht wirksame Eheschließung handeln könnte.

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Diese Eheschließung in Syrien ist vorliegend nach Ansicht des Senats auch anzuerkennen, da ein möglicher Verstoß gegen Art. 12 S. 3 GFK bzw. Art 6 EGBGB (ordre public) dem nicht entgegensteht. Zwar ist nach deutschem Eheschließungsrecht die Eingehung der Ehe frühestens mit Vollendung des 16. Lebensjahres eines Ehegatten mit Befreiung vom allgemeinen Ehemündigkeitsalter (18 Jahre) durch das Familiengericht bei Volljährigkeit des anderen Ehegatten zulässig (§ 1303 Abs. 2 BGB). Daraus ergibt sich jedoch kein Automatismus dahingehend, dass bei Unterschreitung der Ehemündigkeit nach § 1303 BGB die nach ausländischem Recht geschlossene Ehe nicht anerkannt werden kann. Bei Einhaltung der nach Art. 11, 13 Abs. 1 EGBGB maßgeblichen formellen und sachlichen Voraussetzungen der Eheschließung im Herkunftsstaat der Eheschließenden ist es in der Rechtsprechung umstritten, ob und ggf. bis zu welchem Lebensalter die Unterschreitung des Ehemündigkeitsmindestalters aus § 1303 BGB bei Eheschließung im Ausland zu einem Verstoß gegen den ordre public führt (Verstoß bejahend z. B.: KG FamRZ 2012, 1495 -14-jährige Libanesin-; Verstoß verneinend z.B. AG Tübingen ZfJ 1992, 48 – Heirat einer 14-Jährigen deutscher Staatsangehörigkeit in Uruguay bei uruguayischem Mindestheiratsalter für Mädchen von 12 Jahren- ; vgl. auch LG Hamburg, FamRZ 1969, 565 – eine Verletzung der Vorschrift der Ehemündigkeit berührt die Gültigkeit der Ehe nicht -).

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Die Frage eines Verstoßes gegen den ordre public kann aber vorliegend offen bleiben, da selbst unter der Prämisse eines solchen Verstoßes eine wirksame Ehe vorliegt. Rechtsfolge eines Verstoßes gegen den deutschen ordre public ist die Nichtanwendung der ausländischen Vorschrift. Die Rechtsfolge bestimmt sich daher zunächst danach, wie sie sich unter Außerachtlassung der Ausnahmenorm des Art. 18 PSG zur herabgesetzten Ehemündigkeit aus dem verletzten Recht, also hier dem syrischen Eherecht ergibt. Denn insoweit ist zunächst zu versuchen, die Regelungslücke, die durch die Nichtanwendung der dem ordre public zu wider laufenden Vorschrift entsteht, nach Möglichkeit nach dem ausländischen Recht zu schließen (BGH NJW 1993, 848).

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Hierzu enthält das syrische Personalstatutgesetz in den Art. 47 bis 52 Vorschriften dahingehend, dass ein Ehevertrag gültig ist, wenn seine wesentlichen Elemente und seine allgemeinen Voraussetzungen gegeben sind (Art. 47 PSG), womit die Vorschrift den zweiten Teil des syrischen Personalstatutgesetzes (Art. 5 bis Art. 46 PSG) in Bezug nimmt. Gemäß Art. 48 Abs. 1 PSG ist der Ehevertrag lediglich fehlerhaft, wenn die Grundlage für den Ehevertrag aus Angebot und Annahme vorhanden ist, die anderweitigen Voraussetzungen jedoch nicht vollständig erfüllt sind. Nach Art. 48 Abs. 2 PSG ist lediglich die Eheschließung einer Muslimin mit einem Nicht-Muslim nichtig. Für den fehlerhaften Ehevertrag, der vorliegend bei Unterschreitung der Ehemündigkeit nach syrischem Eherecht vorliegen würde, regelt Art. 51 Abs. 1 PSG, dass der fehlerhafte Ehevertrag einem nichtigen Ehevertrag, der gemäß Art. 50 PSG keine Rechtswirkungen hat, nur dann entspricht, so lange die Beiwohnung nicht stattgefunden hat. Im Übrigen bestimmt Art. 51 Abs. 2 PSG für fehlerhafte Eheverträge nach Beiwohnung u. a. die Pflicht zur Zahlung der Morgengabe, das Ehehindernis der Schwägerschaft und die Pflicht zur Einhaltung der Vorschriften über die gesetzliche Wartezeit in den Fällen der Eheauflösung durch Scheidung oder Tod. Somit ist Art. 47 bis 52 PSG keine Regelung dahingehend zu entnehmen, dass ein fehlerhafter Ehevertrag nach Beiwohnung zu einem nichtigen Eheschluss führt. Nach den Angaben in der Anhörung durch den Senat hat nach Eheschließung der beiden Beteiligten A. und H. bereits ehelicher Verkehr stattgefunden.

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Schließlicht bestimmt Art. 305 PSG, dass bezüglich verbleibender Regelungslücken „die herrschende Theorie der hanafitischen Lehre anzuwenden“ ist. Bei der hanafitischen Rechtsschule handelt es sich insoweit um die am weitesten verbreitete Rechtsschule im sunnitischen Islam (siehe dazu z.B.:https://de.wikipedia.org/wiki/Hanafiten – Stand: 28.04.2016). Vorliegend gehören sowohl die Beteiligte A. als auch der Beteiligte H. nach deren eigenen Angaben, bezüglich deren Richtigkeit keine Zweifel bestehen, der sunnitischen Glaubensgemeinschaft an. Auch nach sunnitischem Recht kommt eine Ungültigkeit der Ehe nur für die Ehe eines Nicht-Moslems mit einer Muslima in Betracht, während im Übrigen mangelbehaftete Eheschließungen nur anfechtbar sind (vgl. Kammergericht, FamRZ 2012, 1495 unter Hinweis auf Rauscher: Sharià, islamisches Familienrecht der Sunna und Shià).

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Damit liegt nach syrischem Recht eine lediglich fehlerhafte und anfechtbare, jedoch keine unwirksame Eheschließung vor. Dies entspricht im Übrigen auch dem deutschen Eheschließungsrecht, da bei Nichteinhaltung der Ehemündigkeit nach § 1303 BGB eine nach deutschem Recht geschlossene Ehe lediglich gemäß § 1314 Abs. 1 BGB aufhebbar ist. Ein Aufhebungs- oder Anfechtungsverfahren bezüglich der fraglichen Eheschließung ist vorliegend nicht anhängig (§ 1313 BGB). Die Anwendung des fremden Rechts im konkreten Fall führt daher auch zu keinem Ergebnis, das aus der Sicht grundlegender deutscher Rechtsvorstellungen nicht mehr hinnehmbar ist. Dies wäre dann der Fall, wenn sich dem maßgeblichen ausländischen Recht keine dem deutschen Rechtsverständnis entsprechende äquivalente Lösung entnehmen ließe (BGHZ 169, 240-255, Rn. 50). Da die Rechtsfolgen in beiden Rechtsordnungen aber identisch sind, besteht für eine Korrektur keine Veranlassung.

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Hieran ändert auch die Wertung des § 182 Abs. 3 StGB nichts. Eine Strafbarkeit unterliegt insoweit bei 14-jährigen Sexualpartnern der Einzelfallbetrachtung (vgl. BGH StV 2008, 238). Eine generelle Strafbarkeit sexueller Handlungen über 21-Jähriger mit unter 16-Jährigen hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Anderes gilt aufgrund § 176 StGB nur für unter 14-Jährige.

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Auch Kindeswohlbelange erfordern vorliegend keine andere Beurteilung. Die UN-Kinderrechtskonvention (CRC) enthält keine Altersgrenze, für die im Fall des Unterschreitens bei Eheschließung ein Verstoß gegen Kinderrechte zwangsläufig anzunehmen ist. Die Beteiligte A. war bei Eheschließung 14 Jahre alt und ist nunmehr 15 Jahre und 4 Monate. Ehelicher Verkehr hat bereits nach Eheschließung stattgefunden. Beide Eheleute sind gemeinsam von Syrien nach Deutschland geflüchtet und haben die damit verbundenen erheblichen Gefahren (Reiseweg: Flucht aus Syrien in die Türkei und sodann zweimalige Bootsüberfahrt von der Türkei nach Griechenland mit anschließender Weiterreise über den Balkan bis nach Deutschland) zusammen gemeistert. Auch bestehen keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei der gegenständlichen Eheschließung um eine Zwangsheirat handeln könnte. Der Anerkennung der syrischen Eheschließung steht vorliegend desweiteren der für eine zukünftige gedeihliche Lebensführung in Deutschland förderliche Integrationsbedarf der beiden Eheleute nicht entgegen. Insbesondere die minderjährige Beteiligte A. hat sich vielmehr aufgrund der Verweigerung einer gemeinsamen Unterbringung in einer Flüchtlingsunterkunft durch das Stadtjugendamt z.T. der Mitwirkung an Integrationsmaßnahmen verweigert. Die Anhörung der Beteiligten A. und H. hat nach Ansicht des Senats demgegenüber ergeben, dass beide die begründete Bereitschaft haben, Deutschkurse zum Erlernen der deutschen Sprache ebenso erfolgreich zu absolvieren wie schulische und berufliche Bildungsmaßnahmen unter der Prämisse, dass ihnen in Zukunft die Möglichkeit einer gemeinsamen Lebensgestaltung als Eheleute eingeräumt wird. Insoweit hat sich die Verfahrensbeiständin damit übereinstimmend positioniert und angegeben, dass die bisherige Beschulung der Minderjährigen A. in der Regelschule in N. mangels Sprachkenntnissen wenig förderlich ist, vielmehr zunächst der Besuch eines Deutschkurses zum Erlernen ausreichender deutscher Sprachkenntnisse sinnvoll sei.

30
Die Gesamtumstände ergeben daher auch aus Kindeswohlgesichtspunkten keine Notwendigkeit, die in Syrien geschlossene Ehe vorliegend als nichtig anzusehen.

31
Aufgrund der somit wirksamen Ehe der beteiligten Minderjährigen A. mit H. ist das Personensorgerecht der Eltern gem. § 1633 BGB und iVm § 1800 BGB auch dasjenige des Vormunds eingeschränkt. So kommt dem minderjährigen Verheirateten das Aufenthaltsbestimmungsrecht und damit auch das Entscheidungsrecht bezüglich seines Umgangs mit anderen Personen selbst zu und nicht dem Inhaber der elterlichen Sorge im Übrigen.

32
Dies wird vorliegend nicht durch Art. 16 Abs. 3, Abs. 4 KSÜ (bzw. Art. 12 S. 2 GFK) i.V.m. dem syrischen Kindschaftsrecht ergänzt, da nach syrischem Kindschaftsrecht mit der Verheiratung eines minderjährigen Kindes das Recht der elterlichen Sorge insgesamt erlischt. Dies ergibt eine Zusammenschau der Regelungen zum Eherecht nach dem syrischen PSG. So ist nach Art. 65 PSG der Ehemann verpflichtet, seiner Frau eine angemessene Wohnung zu bieten, die Ehefrau gemäß Art. 70 PSG dem gegenüber verpflichtet, mit ihrem Mann zu reisen. Nach Art. 75 PSG verletzt eine Frau ihre ehelichen Pflichten, wenn sie die gemeinsame Wohnung ohne rechtlichen Grund verlässt. Schließlich ist auch insoweit wieder die Verweisung in Art. 305 PSG zu berücksichtigen, die zur Ergänzung auf die hanafitische Rechtslehre verweist. Danach kommt dem Ehemann das „Sorgerecht“ für seine minderjährige Frau zu. Unbeachtet dessen, dass letzterer Automatismus dem ordre public widersprechen dürfte (nach § 1778 Abs. 3 BGB kann der volljährige Ehemann aber Vormund der minderjährigen Ehefrau sein), ergibt sich aus dem Vorstehenden jedoch, dass eine elterliche Verantwortung für verheiratete Minderjährige nach syrischem Recht nicht besteht. Demzufolge ist somit ausschließlich die vorstehend ausgeführte deutsche Rechtslage zu Grunde zu legen, die gemäß § 1800 BGB auch für den bestellten Vormund gilt.

33
Bei der angeordneten Vormundschaft mit nicht angefochtenem Beschluss vom 16.9.2015 handelt es sich um eine Statusentscheidung, die unverändert fortbesteht und daher wirksam ist. Im Übrigen wurde aufgrund des Vorstehenden die Vormundschaft zutreffend wegen Ruhens der – wenngleich wegen Art. 15 KSÜ, § 1633 BGB nur eingeschränkt bestehenden – elterlichen Sorge gem. § 1773 BGB angeordnet (vgl. Götz in Palandt, BGB, 75. Aufl., § 1773 Rn. 1 a.E.).

34
Im Endergebnis bleibt daher festzuhalten, dass aufgrund der Beschränkung der Entscheidungsbefugnis des bestellten Vormunds gem. §§ 1800, 1633 BGB der Beteiligten A. das Aufenthaltsbestimmungsrecht und die Entscheidungsbefugnis für ihren Umgang mit anderen Personen ausschließlich selbst zusteht und damit der Beschluss des Amtsgerichts vom 7.3.2016 zur Regelung des Umgangs ohne Rechtsgrundlage erfolgt ist. Mangels diesbezüglichem Personensorgerechts des Vormunds war das Amtsgericht nicht befugt, zum Umgangsrecht Anordnungen zu treffen. Mit der wirksamen Eheschließung ist die Befugnis zur Entscheidung über das Recht des Aufenthalts des minderjährigen Verheirateten wie auch das Recht und die Pflicht zur tatsächlichen Sorge gemäß § 1633 BGB aus dem Rahmen der elterlichen Gewalt und damit gem. § 1800 BGB aus der Entscheidungsgewalt des Vormunds ausgeschieden (vgl. OLG Hamm, MDR 1973, 315).

35
Nach alledem besteht keine Befugnis zu einer Umgangsregelung, da die Beteiligte A. berechtigt ist, zu jeder Zeit zu ihrem Ehemann zu ziehen. Da dies der Vormund zu respektieren hat, ist dem an das Amtsgericht herangetragenen Begehren des Beteiligten H. damit genüge getan.

c)

36
Obwohl das Beschwerdebegehren des Jugendamtes als Vormund ohne Erfolg bleibt, sieht es der Senat für angezeigt, unter Anwendung von § 81 Abs. 1 FamFG keine Gerichtskosten zu erheben und von der Erstattung außergerichtlicher Kosten jeweils für beide Instanzen abzusehen.

37
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen, da die Sache grundsätzliche Bedeutung hat, § 70 Abs. 2 Nr. 1 FamFG. Der Bundesgerichtshof hat sich bisher nicht dazu geäußert, ob eine Eheschließung im Ausland bei Unterschreitung des Ehemündigkeitsalters nach § 1303 Abs. 2 BGB einen Verstoß gegen den ordre public darstellt und ob aus Kindeswohlgesichtpunkten ein solcher Verstoß ausnahmsweise trotz der Rechtsfolgenregelung in §§ 1313, 1314 Abs. 1, 1315 Abs. 1 Nr. 1, 1316ff. BGB die Nichtigkeit der Eheschließung zur Folge hat.

Die Rechtsbeschwerde ist zugelassen, insofern wird es möglicherweise bald eine Entscheidung des BGHs geben. Die Entscheidung sagt, dass die Ehe nicht als nichtig anzusehen ist (was bei anderen Ehen durchaus der Fall sein kann) und dass das Kind (inzwischen 15 und 4 Monate) aus den dort genannten Gründen selbst entscheiden darf, ob es mit dem Ehemann zusammen leben möchte oder nicht. Entscheidet es sich dagegen, dann kann es sich natürlich jederzeit an die Behörden wenden und dort um Hilfe bitten. Es lag hier keine Zwangsehe vor, die Jugendliche wollte ein weiteres Zusammenleben mit ihrem Mann. Es ist sicherlich ein besonderer Fall, wobei man eben auch hier die Einschränkungen sieht, nämlich dass eben in anderen Fällen durchaus die Möglichkeit besteht, die Ehe als nichtig anzusehen, dass Kind bei einer entsprechenden Gefährdung in Obhut zu nehmen etc.

Aus meiner Sicht reichen die bisher bestehenden Möglichkeiten aus. Sie erlauben einen hinreichenden Schutz des Kindes und erlauben auch Einzelfallentscheidungen, die bei einer pauschalen „alle Ehen mit Minderjährigen sind nichtig“-Gesetzesänderung nicht möglich wären.

Der Schrei nach einem Handeln des Gesetzgebers scheint mir daher eher populistisch und wenig durchdacht zu sein.