Feministische Theoriewoche II: „Rollenbilder führen zu schwachen Frauen“ vs. „Frauen sind genauso stark wie Männer, sie werden nur unterdrückt“

Dieser Beitrag ist Teil der feministischen Theoriewoche Teil 2: Widersprüche im Feminsmus.

Das heutige Thema ist

„“Die Erziehung der Frauen bewirkt, dass diese schwach sind vs. Frauen werden durch das Patriarchat gehindert, sind sonst aber genau so fähig und es ist reiner Sexismus, sie nicht nach oben zu lassen“ 

Der Feminismus leidet darunter, dass er Theorie eher als Versatzstück sieht und sie beliebig austauscht, solange es eine Unterdrückungsgeschichte rechtfertigt.

Dabei konkurrieren zwei Unterdrückungsgeschichten miteinander:

In der ersten werden bereits Mädchen so erzogen, dass sie später keine Chance haben. Hier wird alles verarbeitet, was Geschlechterunterschiede so hergeben: Mädchen spielen nicht mit dem richtigen Spielzeug, also können sie ihr räumliches Denken nicht trainieren, Jungen aber schon, deswegen sind sie später Physiker und Frauen nicht. Mädchen wird nichts zugetraut, Jungen aber schon, deswegen sind diese mutiger und experimentierfreudiger und entwickeln auch mehr Selbstvertrauen. Mädchen hören alle möglichen Vorurteile und sobald man sie daran erinnert, dass sie Mädchen oder später Frauen sind, fallen sie in sich zusammen und können gar nichts mehr, weil man ihnen beigebracht hat, dass Mädchen nichts können. Ihnen wurde beigebracht, dass Mädchen schlechter sind als Jungs, deshalb können sie als Frauen mit Männern nicht konkurrieren.

In der zweiten Unterdrückungsgeschichte haben wir hochkompetente Frauen, die in allen Bereichen genau so gut wären. Sie wären gute Führungspersönlichkeiten, sie wären in allen Punkten genau so gut wie Männer, aber das Netzwerk der Männer hält sie zurück und bösartige männliche Chefs (weiße heterosexuelle Männer allesamt) bremsen diese hochgradig fähigen Frauen aus, zum Nachteil der eigenen Firma und der Gesellschaft. Jeder Hinweis darauf, dass Frauen schlechter wären verbietet sich in dieser Geschichte. Natürlich würden Frauen gleich gut abschneiden, wenn sie nur die Gelegenheit hätten sich zu beweisen.

Das sich diese Geschichten ausschließen fällt dabei gar nicht auf. Wären die Frauen durch die Erziehung (die üblicherweise Frauen ausüben, aber das wäre ein weiterer Widerspruch) quasi „verkrüppelt“, dann bräuchte es keinen Sexismus, damit Männer die bessere Entscheidung wären. Die Männer wären dann tatsächlich besser. Die Generation derer, die nur mit Puppen, aber nicht mit Bauklötzen spielen durften, hätte bereits deswegen ein schlechteres räumliches Denken. Es wäre kein Sexismus zum Zeitpunkt des Studiums, dass sie keine Physiker werden, es wäre bereits weit vorher geschehen. Es wäre zu erwarten, dass Frauen in bestimmten Bereichen schlechter abschneiden, würden sie es nicht, dann wäre die Theorie, dass die frühe Erziehung ihnen den Weg verbaut widerlegt. Die Erziehung hätte dann keinen Einfluss. Wenn aber Frauen schlechter abschneiden, dann wäre es wiederum auch kein Sexismus, wenn man sie nicht einstellt. Es wäre vielmehr eine nachvollziehbare Entscheidung, dass man keine Person in diesen Positionen haben will, die sich als schlechter ansehen, wenn sie mit „Guten Tag Frau X“ begrüßt werden.

Das die Geschlechterrollen aber keinen Einfluss haben ist wiederum auch nicht denkbar im Feminimus. Man braucht also starke Frauen, die es aber den Geschlechterrollen nach nicht geben darf, denn diese erfordern ein Opfer.

Ist der Widerspruch auflösbar?

19 Gedanken zu “Feministische Theoriewoche II: „Rollenbilder führen zu schwachen Frauen“ vs. „Frauen sind genauso stark wie Männer, sie werden nur unterdrückt“

  1. Du baust hier insofern einen Strohmann, als die beiden konkurrierenden „Theorien“, warum es Frauen in der Berufswelt nicht bringen, nicht von der selben feministischen Autorin stammen (müssen). Selbstverständlich ist es grundsätzlich zulässig (und wahrscheinlich sogar ein Zeichen intellektueller Redlichkeit), wenn in einem Bereich mehrere konkurrierende Theorien zur Erklärung eines Phänomens existieren.

  2. Das Argument würde ich tatsächlich mal so nicht vertreten, da es nur funktioniert, wenn man es absolut sieht.

    Es könnte prinzipiell durchaus sein, dass Frauen sowohl in der Kindheit Diskriminierung erfahren und damit generell schlechtere Bildung erfahren, als auch später in den Führungspositionen benachteiligt werden.

    Zum Einen könnten die Frauen in Führungsposition andere sein, als diejenigen, die in der Kindheit benachteiligt werden. Zum Anderen könnten es auch die Gleichen sein und die Effekte kumulieren. Wenn man sich nicht auf „exakt 50/50“ allein im zweiten Punkt versteift, dann sind die Positionen durchaus vereinbar.

    (exakt 50/50 ginge auch, wenn man das nicht als Repräsentation von Leistung ansieht, sondern als ausgleichen früherer „Ungerechtigkeiten“)

  3. Es ist nicht unfair, dass der bessere den guten Job bekommt, sondern, dass die Frau nicht den Job bekommt, den sie haben will.

    Fairness heißt Ergebnisgleichheit.
    Manchmal auch, dass Frau keinerlei Nachteile durch irgendwas hat.

    Aber du hast schon recht, logisch vereinbar ist das nicht, wenn die selben Leute dann sagen, dass durch Quote NICHT beabsichtigt ist, dass der Job an jemand weniger Qualifizierten geht, das wolle man einfach nicht.

  4. Spätestens diejenigen die selbst Töchter bekommen, lernen normalerweise recht bald, dass die Theorien Unsinn sind. Es gibt natürlich ein breites genetisches Spektrum auch bei Frauen (wobei bei Männern die Verteilung wohl extremer ist, positive wie negative Ausreißer öfter vorkommen, Grund vermutlich das nur einmal vorliegende Geschlechtschromosom). Und die Ausreißer kämpfen immer mit Unverständnis, männliche Ausreißer sicher ähnlich wie weibliche. Weil sie eben anders sind.

    Ich habe selbst einen kleinen Jungen und ein kleines Mädchen und, was wichtig zu erwähnen ist, erziehe als Vater in Teilzeit meine Kinder selbst, also nicht meine Frau allein.

    Beide Kinder haben ihre Besonderheiten, aber im Vergleich mit dem Jungen kann ich mit dem Mädchen nicht oder kaum technisch spielen. Mit Bausteinen Sachen bauen, langweilt sie unglaublich schnell. Und sie hat sehr konkrete Vorstellungen davon, WAS sie eigentlich spielen will. Wenn man sie wählen lässt, kommt sie mit Puppen oder Plüschtieren angerannt, die dann unentwegt Dialoge sprechen (einen Teil ich, was ich hasse und unglaublich langweilig finde 🙂 Sie verkleidet sich gern und behängt sich mit Schmuck (was sie eher nicht von meiner Frau hat, von mir schon gar nicht). Und sie traut sich weniger zu bzw. ist weniger hartnäckig als der Junge, aber auch leichter unter Druck zu setzen, so dass ich sie am Ende doch oft dazu bringe, dieses oder jenes mal selbst zu tun.

    Die Kinder verstärken die eigene Entwicklung mit ihrer Resonanz (also eine Art Korelation zwischen „Rollenmodell“ und echtem biologischem Geschlecht, was die Beharrungsresistenz erklärt). Wenn man das Gefühl hat, sie wollen etwas nicht und freuen sich sehr über etwas anderes, dann reagieren Eltern und Bekannte normalerweise und verstärken diesen Trend. Sie schenken nicht Bausteine, wenn das Kind sich nicht drüber freut.

    Ich denke nach wie vor, dass unsere Kinder von unserer beidseitigen Erziehung profitieren, vielleicht auch und gerade das Mädchen, weil der Umgang mit Männern einfach gröber ist und ihr das sicher hilft, sich (anders als mit Gejammer) zu behaupten. Aber „manngleich“ werden Frauen dadurch nicht und wir sollten froh darüber sein, denn Frauen haben ja auch ihre Stärken.

    Die Gleichstellungsforderung ist, denke ich, für manche Menschen deshalb reizvoll, weil die arbeitsteilige Industriegesellschaft einfach sehr unnatürliche und starre Rollen und damit Tagesabläufe hervorgebracht hat. In der Evolutionsgeschichte dürfte es die Ausnahme gewesen sein, dass Frauen, Kinder und Männer sich tagsüber nicht sahen. Es arbeiteten auch alle, jeder in dem Bereich den er am besten abdecken konnte. Ich würde Depressionen bekommen, sähe ich die Kinder nur am Wochenende (wo ich dann ja auch wieder mit liegengebliebenen Sachen in Haus und Garten beschäftigt wäre) und ich weiß, dass meine Frau ein Heimchendasein nie ertragen könnte. Die Mischung machts und die ist irgendwie verlorengegangen und man muss sie sich erst wieder erkämpfen (und dabei die Stärken und Schwächen der Geschlechter berücksichtigen)…

    • Danke für diesen Bericht.
      Nach meinem Eindruck macht jeder, der sich einigermaßen mit der Erziehung kleiner Kinder befaßt hat, die gleichen Erfahrungen.

      Kleine Anekdote hierzu: in der legendären nature-vs-nurture Debatte Pinker vs . Spelke – A Debate bemerkte Pinker süffisant:

      It is said that there is a technical term for people who believe that little boys and little girls are born indistinguishable and are molded into their natures by parental socialization.

      The term is „childless.“

        • Ja das Interesse der Frauen an Machtpositionen ist evolutionär gesehen marginal. Erst in komplexen gesellschaftlichen Strukturen scheint ein Weibchen als Anführerinnen irgendwie evolutionäre Vorteile zu haben.

          Es soll viele Wolfsrudel geben die von Wölfinnen angeführt werden und es sollen Brexit- und postkommunistische Amazonen in menschlichen Populationen vorkommen, einmal ganz abgesehen von lügenden und prügelnden blondblauäugigen Weltherrscherinnen, äh amerikanischen Präsidentschaftskandidatinnen ….

          …. is ja nur Satire …. autschn

    • „… beide feministische Theorien nicht, oder in nur sehr geringem Maße zutreffend sind.“

      Sehe ich genauso.
      Wobei man sich fragt, ob diese Aussagenüberhaupt die Bezeichnung Theorie verdienen. Das sind extrem vergröberte Beschreibungen sozialer Prozesse, deren genaue Bedeutung offen bleibt. Die sozialen Prozesse, um die es hier geht, überblickt in natura niemand hinreichend genau, um auch nur eine statistische Aussage gut zu begründen, zumal diese Prozesse Jahrzehnte dauern und die äußeren Umstände in diesen historischen Zeiträumen nicht konstant bleiben.

      • Die sozialen Prozesse, um die es hier geht, überblickt in natura niemand hinreichend genau, um auch nur eine statistische Aussage gut zu begründen,

        niemand traut sich sie Wahrheit herauszufinden bzw. zu publizieren…. Und diejenigen die es im Ansatz gewagt haben wurden gesellschaftlich zerrissen, sozial gelyncht oder verdienen ihr Geld von einigen neurotischen Mäzenen dessen psychische Krankheit die Erkenntnis der Wahrheit ist …. einmal abgesehen von den wenigen verkauften Exemplaren von ihren bahnbrechenden Büchern …..

        Arne HOFFMANN z.b. oder der Blogger Christian …. 🙂

  5. Man könnte die beiden Theorien damit „retten“, dass man sagt, dass „das“ Patriachat eine Doppelstrategie fährt: Manchen Mädchen wird „systematisch“ der Schneid abgekauft, und die Frauen, bei denen das nicht geklappt hat, bekommen einfach weniger Geld.

    Ist also nicht ganz dasselbe wie die Frage, ob Männer unter dem Patriachat leiden oder nicht.

    • „Manchen Mädchen wird „systematisch“ der Schneid abgekauft, und die Frauen, bei denen das nicht geklappt hat, bekommen einfach weniger Geld.“

      Genau. Und die Frauen die sich gleiches Geld verhandeln werden Führungspositionen vorbehalten. Und die Frauen denen man Führungspositionen nicht vorenthalten kann, werden Macht-Kompetenzen abgesprochen. USW.

      Tauscht man in dieser Kausalkette „Frau“ mit „Mann“ aus, erhält man eine ziemlich exakte Beschreibung des Lebens von Männern:

      Nichts wird dir geschenkt, alles musst du dir erarbeiten und erstreiten!

      Verrückt!

    • Denke auch, die Erklärung wäre, dass das Patriarchat (obwohl Männer doch so animalisch dumm sind) so ausgefuchst vorgeht, mehrere Sicherungsstufen einzubauen, Frauen bloß von allem fern zu halten: Es kontrolliert die Erziehung, so dass Frauen schon schlechter vorbereitet werden und sollte doch eine durchkommen und sich heroisch über die Zwänge hinwegsetzen, die man ihr auferlegt, wird sie eben von der gläsernen Decke und dem Pay Gap zusätzlich fern gehalten.
      Quasi wie ein „Betreten verboten“-Schild und ein Zaun, die jeder für sich Leute fern halten sollen, zusammen aber die Chancen erhöhen, dass diese entweder vor dem Klettern, oder dem Übertreten einer Vorschrift zurückschrecken.

      Nach den Maßstäben modefeministischer Theorien also doch recht vereinbar.

  6. Wieder einmal fallen die WHMs auf:

    http://www.n-tv.de/politik/Held-von-Nizza-war-bereit-zu-sterben-article18252891.html

    „Er überholte auf dem Gehweg, mit Volldampf. Ich sehe noch immer die Körper durch die Luft fliegen. Ich habe sofort begriffen und beschlossen, schneller zu fahren“, berichtete Franck. Daher habe er seiner Frau gesagt, sie solle absteigen.

    „Ich war wie in Trance – und zugleich vollkommen klarsichtig“, sagte der Flughafenangestellte Franck über die entscheidenden Momente. „Ich wusste nicht, was ich tat, doch gelang es mir, mich an die Tür zu hängen.“ Das Fahrerfenster stand offen, so dass er sich von Angesicht zu Angesicht dem Attentäter gegenüber fand.

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