„Es müßte einen neuen sexy Feminismus geben“

Die Komikerin Carolin Kebekus hat ein Interview gegeben, in dem es auch um Feminismus ging:

Zunächst wird sie eher zu sich befragt und sagt:

Ich war immer viel mit Jungs zusammen. Ich hatte einen großen Jungs-Freundeskreis. Wenn man da ernst genommen werden wollte als Mädel, da musste man sich schon laut Gehör verschaffen. Sonst war man das kleine Hascherl. Ich war dann schon eher lauter und habe mitgerülpst, um dazuzugehören. Ich wollte nicht das Mädchen sein, ich wollte mit den Jungs auf einer Stufe stehen.

So etwas klingt recht klassisch nach relativ viel pränatalen Testosteron, weswegen sie sich dann unter Jungs wohler fühlt. Es würde erklären, warum sie mit vielem in der klassischen Frauenrolle unglücklich ist.

Ihr Feindbild ist die liebliche, nette, rehäugige Frau.

Feindbild? Ich weiß nicht. Aber Frauen neigen dazu, sich klein zu machen. AufInstagram sieht man das besonders, da sind die Augen riesengroß, die Nase ist ganz weg, wie aus dem Gesicht operiert – das finde ich bedenklich. Es müsste anders sein. Frauen sollten selbstbewusster sein. Zu den eigenen Qualitäten stehen und sie durchsetzen. Das ist schwierig als Frau. Man will nicht zu sehr auf Konfrontation gehen, weil einen sonst die Leute nicht mögen – das ist eine sehr weibliche Sache.

Sie findet also, dass Frauen sich zu sehr anstellen. Damit ist sie eher bei einem Beauvoir-Feminismus: Rollenbilder und nicht bestimmte Privilegien bestimmen das Handeln und Frauen müssen lernen, aus dieser Rolle herauszukommen und „mehr wie Männer zu werden“. Beauvoir hatte in ihrem Buch ja auch angeführt, dass es schlecht für Mädchen ist, wenn sie von Frauen erzogen werden, Männer würden ihnen da mehr Selbstbewußtsein beibringen und sie mehr fördern (sinngemäß)

Sie finden, dass Frauen im Beruf mehr verlangen sollten, mehr Geld vor allem. Sind die Frauen selbst schuld daran, dass sie oft schlechter verdienen als Männer?

Nein, das hat viele Gründe. Es ist nicht damit getan, dass man sich hinsetzt und sagt: „So, ich will jetzt mehr Geld.“

Aber Sie sagen auch, dass Frauen mehr fordern sollten, dass sie aggressiver auftreten müssen – wie Machos. Oder?

Ja, auf jeden Fall. Da schließe ich mich aber mit ein. Mir ist das auch total unangenehm, wenn ich sagen muss: Ich will dasselbe Geld für denselben Job bekommen wie mein männlicher Kollege. Denn ich weiß, der hat die Sendung vor mir gemacht und der hat so viel bekommen – und das will ich auch. Ich habe dann Angst, dass die Leute denken: Jetzt ist sie aber schwierig.

Machen Sie es trotzdem?

Ich lasse es machen. Von einem Mann. Ich bezahle einen Mann dafür, dass er für mich verhandelt. Jetzt ist es raus.

Das ist aus meiner Sicht eine Perspektive, die gar nicht so verkehrt ist: Wenn Frauen wollen, dass sie mehr bekommen, dann müssen sie auch an sich arbeiten und es fordern oder anderweitig sicherstellen, dass sie es bekommen.

Was ist es noch, das gleiche Bezahlung verhindert – außer dem Auftreten?

In meinem Freundeskreis bekommen viele derzeit das erste oder zweite Kind. Bei 80 Prozent bleibt die Frau zu Hause, obwohl sie gerne mehr gearbeitet hätte. Wenn der Mann Elternzeit nimmt, dann fährt man in der Zeit gemeinsam nach Marokko. Ich glaube, dass es so nicht funktioniert. Wie soll der Mann es denn schaffen, selbst zu wissen, wie alles geht, wenn er mit dem Kind nicht auch mal eine Zeit alleine ist?

Das ist also das Haupthindernis für Frauen im Beruf: dass sie den Kindern mehr Zeit widmen als die Männer?

Ich glaube schon. Bis zu einem gewissen Punkt wird man nicht schlechter behandelt. Aber ab der Führungsposition geht es los, dass man sagt: Wenn ich eine Frau für den Posten nehme, dann muss ich damit rechnen, dass sie bald ein Kind hat. Da nehme ich doch lieber den Mann. Da weiß ich, der fällt mir nicht aus.

Da benennt sie aus meiner Sicht das klassische Problem, welches im Geschlechterbereich die meisten Unterschiebe hervorruft und ist damit schon weiter als viele feministische Theorien: Das Baby ist kein Feminist. Wenn sie jetzt noch einbeziehen würde, dass viele Frauen durchaus gerne zuhause bleiben und die Ersatzlösung, das Kind sehr früh in eine Fremdbetreuung zu schicken, wenig attraktiv finden, dann wäre sie aus meiner Sicht noch näher dran.

Also lieber gar keine Kinder bekommen?

Das ist natürlich das, woran meine Generation krankt. Auf keinen Fall abhängig machen von einem Mann, auf jeden Fall deine eigene Schiene fahren, auf keinen Fall schwanger werden, auf gar keinen Fall. Bis dann irgendwann die Frage kommt: Und, wo sind denn jetzt die Kinder? Dann muss man auch noch die Kinder-Erwartungen erfüllen.

Es ist eben in der Tat ein kaum lösbares Problem. Interessant aber, dass sie hier eine weibliche Form von MGTOW anspricht.

Bauen Sie Regale auf?

Ja, ich liebe Regale aufbauen.

Können Sie einparken?

Ich kann sehr gut einparken. Können wir gleich draußen gucken. Manchmal mache ich Fotos davon, wie gut ich einparke. Ich habe sogar schon einmal für einen Mann eingeparkt: „Bitte mach du, ich schaff das nicht.“

Aus meiner Sicht verständlich, dass sie sich über die Vorurteile aufregt, die auf sie nicht zutreffen. Wenn meine Vermutung oben stimmt und sie aber insgesamt auch eher ein „männlicheres Gehirn“ hat, dann sagt das wenig darüber aus, ob auch andere Frauen das könnten. Das Vorurteil, dass Frauen schlechter einparken können, könnte dennoch für den Schnitt richtig sein.

Würden Sie sich selbst als Feministin bezeichnen?

Ja. Aber Feminismus hat so einen schlechten Ruf. Das klingt so unrasiert und ungebumst. Dabei bedeutet es doch nur, dass eine Frau machen kann, was sie will. Ich frage mich: Wie kann man kein Feminist sein? Aber es macht viele Leute aggressiv. Wir haben mal eine Sendung gemacht in „Die Anstalt“ zum Thema Feminismus. Da gab es einen Shitstorm. Die Beschimpfungen, die ich bekomme, nutzen immer dasselbe Argument: Das stimmt alles nicht, es gibt keinen Sexismus – und ich sollte mal lieber ordentlich Geschlechtsverkehr haben. Da denke ich mir dann: Ja, das mit dem Sexismus ist nicht so schlimm, richtig.

Da sieht man mal wieder, dass in dem Thema einfach wahnsinnig viele Fehlinformationen vorhanden sind und aus Vermutungen heraus gearbeitet wird ohne diese weiter zu hinterfragen. Meine Vermutung ist, dass sie sich mit Feminismus in keiner Weise beschäftigt hat und einfach die gebräuchliche Definition genommen hat, dass es da eben um die Befreiung der Frau aus Geschlechterrollen geht. Da sie selbst sich durch den frühen Kontakt mit Jungs davon befreit hat (wahrscheinlich eigentlich: Durch etwas mehr pränatales Testosteron) will sie eben auch das das anderen gelingt und sie will auch nicht von entsprechenden Vorurteilen betroffen sein. Das gerade „männlichere Frauen“ eine Tendenz zum Feminismus entwickeln können hatte ich schon hier und hier näher aufgeführt.

Dann zur Frage, warum auf Feminismus Kritik kommt:

Vielleicht haben manche Männer das Gefühl, dass sie ins Hintertreffen geraten?

Nee, das glaube ich nicht, das stimmt doch auch nicht.

Das ist in etwas anderer Form in der Tat ein häufiger Vorwurf auf feministischer Seite: Ihr wollt ja nur nicht, dass man euch die Privilegien wegnimmt und habt Angst eure Vorteile zu verlieren.

Finden Sie gut, was Alice Schwarzer macht?

Alice Schwarzer hat natürlich sehr viel getan für die Frauenrechte in der Vergangenheit. Aber ich finde, es ist Zeit für einen Feminismus, der ein bisschen offener ist. Es geht heute darum, dass jede Frau machen kann, was sie möchte in ihrem Leben, und dass man nicht immer sagt: Das ist aber nicht gut, man darf nicht so viel Haut zeigen. Es müsste einen neuen sexy Feminismus geben.

Hier merkt man, dass sie eine untheoretische Feministin ist, wie wohl die meisten Promis bei dem Thema. Sie lehnt Schwarzer ab und möchte einen „sexy Feminismus“, den es kaum geben kann. Hierhinter könnte sich durchaus ein moderater Ansatz verstecken, der eben in der Tat nur Gleichberechtigung herstellen möchte und vermeintliche Benachteiligungen abbauen möchte. Für eine intersektionale Feministin wäre ein „Sexy Feminismus“ hingegen glaube ich eher ein Schimpfwort, da Anbiederung an den Mann