Eine interessante Studie hat sich mit dem Y-Chromosom und der mitochondrialen DNA verschiedener Primaten und des Menschen beschäftigt:
The distribution of genetic diversity in great-ape species is likely to have been affected by patterns of dispersal and mating. This has previously been investigated by sequencing autosomal and mitochondrial DNA (mtDNA), but large-scale sequence analysis of the male-specific region of the Y Chromosome (MSY) has not yet been undertaken. Here we use the human MSY reference sequence as a basis for sequence capture and read mapping in 19 great-ape males, combining the data with sequences extracted from the published whole genomes of 24 additional males to yield a total sample of 19 chimpanzees, 4 bonobos, 14 gorillas, and 6 orangutans, in which interpretable MSY sequence ranges from 2.61 to 3.80 Mb. This analysis reveals thousands of novel MSY variants and defines unbiased phylogenies. We compare these with mtDNA-based trees in the same individuals, estimating time-to-most-recent common ancestor (TMRCA) for key nodes in both cases. The two loci show high topological concordance and are consistent with accepted (sub)species definitions, but time-depths differ enormously between loci and (sub)species, likely reflecting different dispersal and mating patterns. Gorillas and chimpanzees/bonobos present generally low and high MSY diversity respectively, reflecting polygyny versus multimale-multifemale mating. However, particularly marked differences exist among chimpanzee subspecies: while the western chimpanzee MSY phylogeny has a TMRCA of only 13.2 (10.8-15.8) thousand years, that for central chimpanzees exceeds 1 million years. Cross-species comparison within a single MSY phylogeny emphasises the low human diversity, and reveals species-specific branch length variation that may reflect differences in long-term generation times.
Das Y-Chomosom ist interessant, weil es nur über die Männchen weitergegeben wird, die mitochondriale DNA wird hingegen nur über die Weibchen weitergeben, daraus lassen sich gewisse Rückschlüsse auf die Paarungsvarianten schließen
Aus einer Besprechung der Studie:
Researchers have found a chimpanzee likely descended from a common male ancestor that lived around 1 million years ago, according to a new report published in the Genome Research journal.
The study team said they were able to date the origin of the genetic ‚Adam‘ for chimpanzees by analyzing DNA sequences on the Y chromosome, which is passed from fathers to sons, in 19 chimpanzees, 4 bonobos, 14 gorillas, and 6 orangutans. Researchers also looked at mitochondrial DNA (mtDNA), passed on from mothers, in the same set of primates.
„The ancestor of a Y-chromosome family tree is sometimes called ‚Y-chromosomal Adam‘,” said Pille Hallast, a geneticist from the University of Leicester, said in a press release. “We can compare the ages of ‚Adams‘ between the species. For humans the age is about 200,000 years, while for gorillas it’s only about 100,000 years. Thanks to two chimps in our sample, Tommy and Moritz, chimpanzees have an amazingly ancient ‚Adam‘, who lived over 1 million years ago.
„The Y chromosome tree for gorillas is very shallow, which fits with the idea that very few male gorillas (alpha males) father the offspring within groups,” Hallast continued. “By contrast, the trees in chimpanzees and bonobos are very deep, which fits with the idea that males and females mate with each other more indiscriminately.“
Damit gibt die DNA also das wieder, was man von diesen Primaten bereits kennt. Schimpansen und Bonobos haben ein relativ reges Sexleben, bei dem beide Geschlechter eine Vielzahl von Partnern haben. Bei Gorillas monopolisiert ein Männchen eine Gruppe von Weibchen und jeder andere Gorilla, der an sie ran will, muss erst einmal an ihm vorbei. Dadurch, dass sehr viele Männchen zum Zug kommen finden sich auch viele verschiedene Y-Chromosomen in der Population, so dass man länger zurück gehen muss, um einen gemeinsamen Vorfahren zu finden.
Bei dem Gorillas herrscht eine extreme Auslese und damit verdrängen bestimmte Genkombinationen andere. Es herrscht weit weniger Vielfalt, da stärker „ausgesiebt“ wird.
The researchers also reported difference between chimpanzee subspecies. The western, or West African, chimpanzee was found to have a common ancestor dating back to only around 13,000 years ago. The central chimpanzee common relative was said to date back more than 1 million years.
Wäre interessant, ob das an einem anderen Paarungsverhalten liegt oder schlicht daran, dass sich dieser recht spät mittels einer kleineren Gruppe abgespalten hat.
Study leader Mark Jobling, also a geneticist from the University of Leicester, noted that “humans look much more like gorillas than chimps” when considering Y-chromosome data and mtDNA.
„It’s interesting to compare the shapes of the trees between humans and our great-ape relatives,” he said. „This suggests that over the long period of human evolution our choice of partners has not been a free-for-all, and that it’s likely that humans have practiced a polygynous system — where a few men have access to most of the women, and many men don’t have access — over our evolutionary history as a species. This is more like the gorilla system than the chimpanzee ‚multimale-multifemale‘ mating system.“
Dazu hatte ich hier auch schon mal was: Grundsätzlich sind wir genetisch näher an den Schimpansen. Allerdings ist ein Teil unseres Genoms auch näher an dem des Gorillas:
Die Genom-Analyse bestätigte zudem, dass der Schimpanse und nicht der Gorilla der nächste Verwandte des Menschen ist. Das Erbgut enthüllte aber auch Unerwartetes: 15 Prozent des menschlichen Genoms sind dem des Gorillas ähnlicher als dem des näher verwandten Schimpansen. Umgekehrt teilen Schimpansen 15 Prozent ihrer Gene nur mit dem Gorilla – obwohl sie mit ihm weniger nahe verwandt sind als mit dem Menschen.
Ich hatte in dem oben verlinkten Artikel auch auf einen Artikel von David Geary hingewiesen, in dem er vertritt, dass unser Sozialverhalten vielleicht wie es die gemeinsame Verwandtschaft ja durchaus wahrscheinlich sein lässt, Elemente von beiden Tierarten hat, die einen gemeinsamen Ausgangspunkt gehabt haben könnten.
For reasons described next, we suggest that certain features of the social behavior of australopithecines may have been more similar to that seen in modern gorillas than in chimpanzees or bonobos. We are not arguing that australopithecines were gorilla-like in every sense, as they clearly were not (e.g., they were bipedal). Rather we believe that a gorilla-like model for australopithecine social dynamics provides an evolutionary launching point that more readily accommodates certain patterns of human parental behavior, such as male parenting, and family formation than does either a chimpanzee-like or bonobo-like social structure. At the same time, there are also similarities between human and chimpanzee behavior, especially male coalitions, and thus arguments can be made that australopithecines also evidenced this form of social competition. This is, of course, a possibility that cannot be ruled out. We are suggesting that an alternative be considered: Male coalitional behavior may have evolved independently in humans and chimpanzees and may not have been an important feature of the reproductive strategy of male australopithecines.
Damit spricht einiges gegen ein Matriarchat in unserer Vergangenheit, sowohl was Gorillas als auch Schimpansen angeht. Es spricht anscheinend nach der zuerst genannten Studie einiges dafür, dass die Menschen ebenfalls zumindest eine gewisse Zeit ein System hatten, in dem wenige Männer sich sehr stark fortpflanzten und die meisten Männer deutlich seltener. Was vielleicht zusätzlich zur Jagd erklärt, warum die Knochen und die Muskulatur bei Männern mehr auf einen Kampf ausgelegt ist und Status attraktiv macht.
1) Woraus wird eine „male coalition“ denn hergeleitet?
2) Schimpansen- oder Gorilla-hafte Fortpflanzung ist doch immer möglich, egal welches Erbe man hat …?
3) Wenn wir unsere Linie nehmen, die 200.000 Jahre alt sein soll und die der einen Schimpansenlinie, die 15.000 Jahre alt sein soll, ist dieser Zeitpunkt dann nicht willkürlich bestimmt?
4) Ist es nicht so, dass wir Menschen unser Verhalten nur begreifen können indem wir archaische Lebensweisen betrachten?
5) Was ist in Hinsicht Körperbau bei menschlichen Männchen anders als bei den Schimpansen? (Knochen und die Muskulatur)
6) Ist die Fortpflanzungsgewohnheit beim Menschen nicht einfach vor allem durch soziale Konstrukte bestimmt? Dieselbe genetische Veranlagung kann Vielweiberei und Monogamie erzeugen, je nach sozialer Lage und von unserer Intelligenz mitbestimmt?
6) Ist die Fortpflanzungsgewohnheit beim Menschen nicht einfach vor allem durch soziale Konstrukte bestimmt?
Das denke ich auch. Wenn man sich ansieht, wie unterschiedlich in verschiedenen Kulturen das Verhalten ist, vom Harem bis zur Kleinfamilie, dann ist eigentlich schlüssig, das das menschliche Verhalten zwar auf einem verhaltensbiologischen Fundament steht, aber stark soziokulturell formbar ist.
Gegenwärtig sehe ich da 2 Modelle, die bestimmend sind, die ich beide nicht für sehr optimal halte: das muslimische mit der übertriebenen Angst vor Frauen, die diese stark aus dem öffentlichen Leben verbannt (ich sehe das tatsächlich eher als Angst vor Frauen, denn als deren Unterdrückung aus Macht heraus. Einen Hund vor dem ich keine Angst habe, den ich beherrsche, brauche ich nicht an die Leine zu legen z.B.)
Es zeigt sich darin aber auch ein durchaus berechtigtes Misstrauen gegenüber Frauen, wie heißt das schöne arabische Sprichwort:
„Heiraten ist wie der Griff in einen Korb voll Schlangen, wenn Du Glück hast, erwischt Du eine ungiftige, eine Schlange ist es trotzdem“
Für noch fataler halte ich aber das nun schon seit Generationen im Westen etablierte Modell der zunehmenden Marginalisierung* von Männern, deren zunehmende Stutzung auf die reine Funktion für Frauen. Die war schon vor Jahrzehnten als ja angeblich noch Patriarchat herrschte, schon so weit fortgeschritten, das die Modedesignerin Coco Chanel mal sagte, Kleidung für Männer zu entwerfen lohne nicht, der Mann sei eh nur ein Accessoir der Frau.
Ich bin skeptisch ob die Versuche der Gegensteuerung, das man nun auch mal Werbung sieht, wo Männer auch mal als liebe Väter gezeigt werden, ernsthaft sind oder nur Masche.
Auf jeden Fall scheint mir das Modell der völligen Instrumentalisierung des Mannes für unangenehm viele Frauen ziemlich attraktiv zu sein, anders ist der Siegeszug des Feminismus nicht zu erklären.
Wenn man sich fragt wieso ich von Marginalisierung spreche, wo doch so viele Männer an Machtpositionen sind, der frage sich mal worauf es im Leben ankommt. Doch das es einem gut geht und man viele Freiheiten hat. Und dann sehe man sich mal an wer in puncto Selbstverwirklichung, Wellness, Selbstverwöhnung die Nase vorn hat.
Im Prinzip ist unsere ganze Kultur auf die Verwöhnung von Frauen ausgerichtet
upps – mein Kommentar steht unter diesem Beitrag … Sorry 😉
Das einzig mir rational Erklärbare Verhalten, als dessen Motivation man „Angst“ nennen könnte ist meiner Meinung nach Verhalten, dass versucht das Risiko einen Bastard zu versorgen zu müssen, zu minimieren.
Man könnte hier eventuell von einer Urangst des mannes sprechen, die daher rührt, dass er nie wissen kann, ob es sich bei Kindern um seine Kinder handelt.
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„Im Prinzip ist unsere ganze Kultur auf die Verwöhnung von Frauen ausgerichtet“
Das sehe ich nicht so – lediglich die institutionalisierte Verwöhnung ist (noch) auf Frauen ausgerichtet, und selbt dieses „Monopol“ scheint mir immer mehr zu brechen (sehen wir mal faschistoide Einlasskontrollen in öffentlich finanzierten Saunen ab, bei denen der moderne J. nicht rein darf)..
Ich glaube worauf man eher hinausmüsste ist analog dem norwegischen Genderparadoxon (Harald Eia) eine Aussage, dass die Partnerwahl und Reproduktionsstrategien sich dem „ursprünglichen“ Schema angleichen, je geringer der soziale Zwang auf solche Entscheidungen einwirkt. Ob der gesellschaftliche Zwang abgenommen hat müsste man natürlich zuerst einmal wissenschaftlich feststellen können, aber es ist sicherlich nicht zu bezweifeln, dass konventionelles Heiraten und dann eine Langzeitbeziehung bis in den Tod nicht mehr unbedingt der Norm entspricht.
Stimmen nun die Aussagen im Artikel, würde man erwarten, dass wir uns aufgrund von geringerem sozialen Druck wieder stärker dem „natürlichen (kein naturalistischen Fehlschluss bitte…) Strategien nähern. Was heisst das nun beim Menschen aufgrund der Studie? Vermutlich, dass statushohe Männer eher wieder zur seriellen Monogamie (i.e. junge Partnerinnen nacheinander mit anschliessender Scheidung/Trennung) tendieren, wie es schon jetzt in Hollywood etc. relativ normal ist. Grundsätzlich sind aber je nach sozialer Akzeptanz auch Polygamie oder andere Monopolisierungsstrategien denkbar; bzw. grundsätzlich ein System bei dem die statushohen Männer die meisten sexuellen Begegnungen für sich entscheiden können, i.e. typische 80/20 Schemas und so weiter. Das muss nicht so plump wie z.B. wie bei Sheen passieren, ich glaube aber wenn man eine echte Statistik bei jungen Männern machen würde und prostitution wegrechnen würde, dann würde sich da wohl über die letzten 50 Jahre definitiv etwas verschoben haben.
Grundsätzlich werden die ganzen Effekte aber in den meisten Fällen sowieso durch den Sozialstaat (alleinerziehende Mütter) ausgehebelt werden; dort werden sexuelle Kurzzeitstrategien der Männer eher gewinnen.
Einen Hund vor dem ich keine Angst habe, den ich beherrsche, brauche ich nicht an die Leine zu legen
Das ist interessant als Idee. Ich frage mich wer mehr „Angst“ vor jungen hübschen Frauen hat. Sind es nicht die Frauen selbst, die bestimmen wie die Frauen unterdrückt werden?
„Sind es nicht die Frauen selbst, die bestimmen wie die Frauen unterdrückt werden?“
Genau. Verhaltensnormen für Frauen setzen und Unterdrückungsmechanismen definieren und durchsetzen sind in tribalistisch orientierten Kulturen Frauensache (Stichwort Schwiegermutter).
Im übertragenen Sinne kann man feststellen: Die „Angst“ der älteren Frau vor der jüngeren Frau führt zu einer kodifizierten Repression der jüngeren Frau (die dann Angst/Respekt vor der älteren Frau hat)
Die „Angst“ der älteren Frau deswegen in Anführungszeichen, weil es eine andere Form der Angst ist. Eventuell ist es auch schlichtes Kalkül um die jüngere Frau dienstbar zu machen, eventuell ist auch Hass und Neid (hat mir meinen Sohn weggenommen) eine Triebfeder.
Vieles von dem, was wir als „Emanzipation der Frau“ bezeichnen, stellt sich als eine Emanzipation der jüngeren Frau vor dem Phänotyp „Schwiegermutter“ dar. Und weniger als eine Emanzipation vom Mann. Wobei der Zwang, sich die Gunst und die Ressourcen des Mannes durch Beine breit machen erkaufen zu müssen, ebenfalls eine Rolle spielt. Nur eben nicht die Hauptrolle.