Bonobos und die bessere matriarchale Welt, die Männer endlich verstehen sollen

Im Süddeutschen Magazin erscheint einer der üblichen dummen Vergleiche einer (feministischen?) Frau wie schön die Welt doch wäre, wenn wir mehr wie die Bonobos wären:

Der Weltfrieden läge in greifbarer Nähe, könnten sich all die kleinen Männer mit den dicken Eiern und den Weltherrschaftsphantasien nur ein einziges Mal zu einem gemeinsamen Besuch im Affenhaus eines beliebigen Zoos treffen. Genauer gesagt vor den Gehegen unserer genetisch nächsten Artverwandten – den Schimpansen und den Bonobos. Zu 99 Prozent gleicht das menschliche Erbgut diesen beiden Affentypen, die sich untereinander optisch so gut wie gar nicht unterscheiden, dafür aber in komplett unterschiedlichen Sozialstrukturen leben: Bei den Schimpansen haben die Männchen das Sagen, während die Bonobos Matriarchate bilden.
Am Schimpansengehege könnten also die menschlichen Alphatiere wunderbar ihre eigenen Machtstrategien beobachten: Schimpansenverbände werden von einzelnen Alphamännchen dominiert, die eine ziemliche Show abziehen, um ihre Untertanen zu beeindrucken und Seilschaften knüpfen, um sich ihre Macht zu sichern. Männliche Jungtieren schließen sich zu Gangs zusammen, die sehr aggressiv werden können: Sie töten einander im Kampf um Territorien, verhalten sich extrem fremdenfeindlich, foltern ihre Gegner, vergewaltigen die Weibchen und töten häufig die Nachkommen anderer Artgenossen. Dazu haben Schimpansen funktionalen Sex, der vorrangig der Fortpflanzung dient.

Ganz anders die Bonobos: Sie führen ein frauendominiertes Hippieleben in Reinkultur. Bonobofrauen bilden Verbände ohne allzu starre Hierarchien, meistens hat schlicht die Älteste das Sagen. Sollten Bonobomännchen innerhalb der Gruppe aufmucken, verbünden sich Bonoboweibchen, um den Unruhestifter zur Räson zu rufen. Sie gehen friedlich mit ihren Nachbarn um, Kindstötungen sind eine absolute Seltenheit, sie teilen sich Nahrung und andere Ressourcen freundschaftlich.

Vor allem aber: Sie haben unentwegt Sex. Sieben Mal häufiger als Schimpansen und auch völlig losgelöst von ihrer Empfängnisbereitschaft. Innige Umarmungen, Zungenküsse, gegenseitige orale und manuelle Stimulation, ekstatisches Aneinanderreiben der Geschlechtsteile ist für Bonobos fester Bestandteil sozialer Interaktion – und zwar homo- wie heterosexuell. »Sex ist für Bonobos wie Händeschütteln«, sagt der berühmte Primatenforscher Frans de Waal. Er dient den Bonobos zum Vergnügen und vor allem: zum Spannungsabbau und zur Förderung des Gemeinschaftsgefühls. Bonobos hauen sich nicht gegenseitig die Schädel ein, wenn sie schlechte Laune oder Streit haben, sondern vögeln miteinander. Make love, not war. Und das übrigens – im Tierreich eher ungewöhnlich – meist mit einander zugewandten Gesichtern und innigem Blickkontakt.

Kein Wunder also, dass Bonobomännchen deutlich weniger Stress haben als männliche Schimpansen. Sie leben länger und gesünder und pflegen lebenslänglich ein inniges Verhältnis zu ihrer Mutter. (Gut, den Sohn lebenslang am Rockzipfel zu haben ist nicht unbedingt der Traum einer jeden Mutter, aber so ein Matriarchat hat eben seinen Preis.)

Da stehen jetzt also Baschar al-Assad, Kim Jong Un, Donald Trump, Wladimir Putin und noch ein paar Silberrücken und Alphamännchen vorm Bonobogehege und plötzlich geht ihnen ein Licht auf. »Scheiß auf Atomkrieg, Jungs! Lasst uns hinschmeißen und den Frauen die Macht überlassen. Viel weniger Stress für uns, viel mehr Sex und wir müssen auch nie bei Mutti ausziehen.«

Gesagt, getan. Und fortan ward Frieden auf Erden.

So etwas liest man immer mal wieder und es regt mich immer wieder auf: Als ob wir Männer diejenigen wären, die der Bonobowelt entgegenstehen würden!

Daher ein Rant an Frauen (oder Männer), die dieses Beispiel immer wieder bemühen:

Wenn wir nicht Konkurrenz und Wettbewerb wie die Schimpansen hätten, würden wir uns kaum auf dem Stand der heutigen technischen Entwicklung befinden, weil es keinen Grund mehr gäbe, in großer Konkurrenz um Status und Ressourcen zu treten und das durchaus maßgeblich für unsere Entwicklung hin zu Intelligenz und Wettbewerb war. Wir alle würden eher unter Bäumen nach Früchten suchen.

Wir Männer sind auch durchaus bereit mit den meisten Frauen einfach so zu schlafen, wir hätten nichts dagegen, wenn Sex wie Händeschütteln wäre.

Ihr Frauen seid es, die sich diese Form der Gesellschaft in keiner Weise vorstellen könnten.

Da gebe es keine sexuelle Belästigung, weil es vollkommen normal wäre, dass euer Chef in euer Büro kommt und zur Begrüßung Sex mit euch hat. Es bestünde absolut kein Grund zur Aufregung, wenn euch jemand mit sexueller Lust anschaut oder seinen Penis vor euch entblößt. Es wäre absolut unproblematisch, wenn euch ein Fremder fragt, ob er Sex mit euch haben kann, einfach so, ohne euch näher zu kennen. Natürlich gäbe es auch keinen Kindesunterhalt oder Betreuungsunterhalt, keine Beziehungen, keine Heirat mit weißem Brautkleid, kein großes gemeinsames Sorgen und auch kein Teilen des Einkommens mit euch. Es gibt schlicht keinen Grund dafür. Man trifft sich kurz für Sex und danach macht jeder wieder seinen Kram. Man bräuchte noch nicht einmal Darkrooms in Diskos, den immerhin schwule Männer bereits für sich entwickelt haben, man würde es einfach auf der Straße kurz treiben und sich nichts dabei denken. Den für Paarbindung und Eifersucht bliebe auch kein Raum mehr. Ihr würdet es zwar immer noch lieber mit den Rankhöheren treiben, aber eben auch ansonsten mit jedem Mann, mit denen ihr einen gewissen sozialen Kontakt habt. Der Handwerker repariert die Waschmaschine? Da kann man es auch mal mit ihm treiben. Der Pizzabote bringt die Pizza vorbei? Da kann man es auch mal mit ihm treiben. Man trifft den Nachbarn? Da kann man es auch mal miteinander treiben. Klingt das nach einer weiblichen Fantasie oder einer männlichen?

Haltet diese Vorträge anderen Frauen, wenn ihr die Welt auf Bonoboweise verbesseren wollt. Und geht mit gutem Beispiel voran.