Eine interessanter Artikel von Milo auf Breitbartbehandelt, warum der Ansatz, dass die „Nicht privilegierte Minderheit“ für die Regelung der Beschwerden zuständig sein soll, seine Schwächen hat:
Twitter has hired a new head of “diversity” and already some uber-progressive types are whinging because he is white and male. Preposterous! they cry. But they are wrong. Actually, only rich, straight white men should have anything to do with running diversity initiatives.
There’s a reason we don’t ask the victims of crimes to pick punishments: they lack perspective and clarity. They are likely to wildly overstate perceived infractions or slights and wildly over-punish alleged offenders.
Instead, we ask a judge to decide, because he is an educated, impartial observer. Similarly,mutatis mutandis, introducing that essential critical distance into the business of assessing so-called oppression and structural injustice is the only way to navigate the complex privilege league tables the progressive Left has created.
Who’s to say, for example, whether women’s rights trump those of Muslims? We can’t just ask the Muslim: of course he’ll say he wants sharia law and for women to cover up in public. Who’s to say whether a company should prioritise hiring more women over more blacks? Or more gays over more crossdressing paraplegic Syrian refugees?
Such decisions cannot be left in the hands of groups who are advocating for their own interests. They should be left to people without a dog in the fight. In other words, white males, the only people besides East Asians who can handle the theoretical physics and heavy-duty maths required to properly weigh the horrific life experiences of pampered western feminists and Black Lives Matter protestors.
Natürlich ist sein Schluß dann auch wieder eher ein solcher, der Reaktionen erzielen soll.
Aber in der Tat ist der Gedanke, dass gerade radikalisierte Feministinnen keine Deutungshoheit in der Geschlechterdebatte haben sollten, weil ihnen die Objektivität fehlt, etwas, was leider in vielen Gremien gerade nicht beachtet wird. Es ist eher im Gegenteil gegenwärtig so, dass man radikalen Feministinnen hier sehr viel Platz einräumt in der Meinung, dass diese eben „vom Fach“ sind.
Eine Überprüfung auf Vernünftigkeit der Ansichten und Objektivität scheitert dann schnell am drohenden Shitstorm.
Natürlich ist eine neutrale dritte Partei im Geschlechterkampf leider nicht vorhanden. Also müsste man entweder über Gremien vorgehen oder zumindest die Radikalität herausbekommen.
„Natürlich ist eine neutrale dritte Partei im Geschlechterkampf leider nicht vorhanden.“ Mehr noch: Politische Akteure vertreten – zum Beispiel in Verteidigungen der Gender Studies – die Position, dass es eine solche Position gar nicht geben KÖNNE. Jede Position, die sich eine vermeintliche Objektivität anmaße, würde tatsächlich nur Interessen, d.h. in der Regel „Herrschaftsinteressen“ verschleiern.
Das agiert mit einer falschen Alternative, nämlich dass wir entweder einen „God’s eye view“ (Dewey) einnehmen könnten, also einen gottgleichen objektiven Standpunkt – oder aber jeweils unrettbar an bestimmte Perspektiven gebunden wären. Was fehlt, ist die Möglichkeit, unterschiedliche Standpunkte in einer gemeinsamen Perspektive zu koordinieren.
Eben diese Möglichkeit steht aber im Zentrum modernen Denkens: in wissenschaftlichen Standards, die gelten, unabhängig von den einzelnen Positionen, die Menschen beziehen – in der Einigung auf Grund- und Menschenrechte, die ebenfalls perspektivunabhängig gelten – in der Einigung auf Verfahren, die wir als aus unterschiedlichen Perspektiven als korrekt wahrnehmen können (zum Beispiel die Erwartung, Behauptungen auch zu belegen). Diese basale gemeinsame Perspektive ist keine Gleichmacherei, sondern ermöglicht es erst, dass Menschen aus unterschiedlichen Perspektiven Gehör finden und etwas beitragen können.
Wer diese basale Gemeinsamkeit also ausschließt, rituell als Vertuschung von Herrschaftsinteressen „entlarvt“ – der tritt am Ende schlicht für das Recht des jeweils Stärkeren ein.
„Was fehlt, ist die Möglichkeit, unterschiedliche Standpunkte in einer gemeinsamen Perspektive zu koordinieren.“
Ich habe bereits vor längerer Zeit mit quellwerk darüber diskutiert, daß der Feminismus-Antifeminismus-Konflikt ein Stellvertreterkonflikt für eine Auseinandersetzung von Moderne vs. Postmoderne auf kulturellem Niveau ist, so daß die Auseinandersetzung mit dem moralischen und epistemischen Relativismus eine bedeutende Wirksamkeit entfalten würde.
Vielleicht wäre es jetzt mal Zeit, diesen Plan in die Tat umzusetzen?
Welcher Plan?
Weisse Männer können gar nicht sexistisch benachteiligt werden, weil sie als Gruppe bevorteilt sind…
Ausserdem sind weisse Männer so priviligiert, dass sie gar nicht mehr ihre bevorteilung sehen können, und da weisse Männer eben keine frauen sind, machen sie gar nicht die Erfahrung sexistischer benachteiligung.
Ich weiss gar nicht, was ihr gegen feministische Schiedsgerichte habt. Weisse Männer wären doch eindeutig eine fehlbesetzung!
Die Gegenseite unterstellt natürlich eine Verschwörung aller Männer zur Unterdrückung der Frauen, demnach kann z.B. ein männlicher Richter in einem Vergewaltigungsfall garnicht objektiv urteilen.
Aber zu diesem Zweck gibt´s ja bestimmte juristische Verfahren, die sicher auch kein objektives Urteil garantieren können, aber dem doch relativ näher kommen, z.B. die Unschuldsvermutung oder die Vorschrift, dass der Kläger die Schuld des Angeklagten zu beweisen hat und nicht dieser seine Unschuld.
Diese Verfahren sind unabhängig vom Geschlecht des Richters und können einer wegen Falschbeschuldingung angeklagten frau genauso zu gute kommen wie einem wg. Vergewatigung oder Belästigung angezeigten Mann.
Find passt gerade aktuell:
Rape Liar exposed.
ups…petpanther war natürlich mal wieder schneller als ich 🙂
Was Milo beschreibt ist wie ein Virus oder ein Pilz, der alles infiziert bzw einnimmt:
Weitere Beispiele für die Korruption, die dies verursacht.
Die Verlogenheit der Goldenen Kamera
http://www.danisch.de/blog/2016/02/07/die-verlogenheit-der-goldenen-kamera/
It’s Okay To NOT Learn How To Code
http://www.danisch.de/blog/2016/02/07/its-okay-to-not-learn-how-to-code/
Ein ziemlich flacher Artikel. Die Kernaussage, dass ein reicher, weißer Typ verantwortlich sein soll für Entscheidungen die Minderheiten betreffen, wird im Grunde nicht beantwortet. Die Hypothese, dass objektiver sein soll, wird nicht begründet.
Darüberhinaus werden hier Dinge munter vermischt. Zum einen, geht es hier nicht um ein Gericht. Twitter ist weder der Objektivität verpflichtet noch geht es hier um apodiktische Richtersprüche, durch eine Person, sondern eher um Verhandlungen und Interessensvertretung. Zum anderen wird auch bei Gericht nicht verlangt, dass ein Richter nicht zur gleichen Bevölkerungsgrupe, wie das Opfer gehört. Eine solche Forderung wäre auch offenkundig lächerlich.
Die Aussage des Artikel ist ungefähr so sinnvoll, wie die Forderung den Zentralrat der Juden mit Antisemiten zu besetzten, weil die ja nicht selbst von Antisemitismus betroffen wäre und daher naturgemäß objektiv sind.
Im Gegenteil.
Er berührt das zentrale Problem.
@kinchkun
Die wichtige Aussage ist aus meiner Sicht nicht, dass das ein weißer Hetero machen soll, dass ist provokation, sondern die Idee, dass Betroffene nicht per se gute Richter sind. Insbesondere disquaifizieren sich gerade diejenigen, die eine unausweichliche Opferposition aufbauen, diese absolut setzen inklusive Deutungshoheit etc und sich in der Hinsicht radikalisieren.
Natürlich ist auch die radiaklisierte Gegenseite nicht geeignet. Auch das ist klar.
Objektivität kann man erreichen, indem man sich gewissen Wissenschaflichen Standards unterwirft, indem man Gremien anteilig besetzt, in dem man mit gemäßigten Vertretern arbeitet.
@Christian
„Die wichtige Aussage ist aus meiner Sicht nicht, dass das ein weißer Hetero machen soll, dass ist provokation, sondern die Idee, dass Betroffene nicht per se gute Richter sind.“
In Milos Artikel wird die Eignung einer Person für Richterpositionen anhand der Gruppenzugehörigkeit festgemacht. Dabei ist die individuelle Eignung unabhängig von der Gruppenzugehörigkeit entscheidend; zumindest in einem Rechtsstaat wie unserem.
Man kann natürlich alles Mögliche in seinem Artikel als Provokation verkaufen. Die Hälfte davon ist meiner Meinung nach billige Polemik und Milo demonstriert damit selbst, dass der weiße Mann eben nicht objektiv ist, wenn er es nicht schafft in einem klaren, objektiven Ton über diese Angelegenheit zu schreiben.
Milos Artikel ist eben nicht objektiv und neutral, sondern er hat eine Agenda. Weil eben der reiche, weiße Mann, anders als Milo uns das verkaufen will, nicht über den Dingen schwebt, sondern genauso involviert und positioniert ist, wie andere Gruppen auch.
Darüberhinaus und vor allem: Es geht hier eben *nicht* um eine Richter-Position. Es geht, wie ich schon gesagt habe um Verhandlungen und Interessensvertretung, was etwas völlig anderes ist, als das Fällen von Urteilen im Strafrecht.
Die beiden Sachen werden völlig dumm miteinander vermischt. Wenn ich in meinem Unternehmen eine höhere Diversität erreichen will, dann ist es völlig sinnvoll Repräsentanten von Minderheiten in Gremien zu besetzten, die sich mit Diversität befassen und eben nicht möglichst unbeteiligte Menschen.
„Objektivität kann man erreichen, indem man sich gewissen Wissenschaflichen Standards unterwirft, indem man Gremien anteilig besetzt, in dem man mit gemäßigten Vertretern arbeitet.“
Entschuldigung, aber das ist doch völlig unsinnig.
Welche wissenschaftlichen Standards? Ich will in meinem Unternehmen, mehr Raum für Minderheiten schaffen. Vielleicht weil ich ein guter Mensch bin, vielleicht weil ich mir als Profitorientiertes Unternehmen hörere Gewinne erhoffe.
Das ist ein politisches und gesellschaftliches Unternehmen. Dafür gibt es keine wissenschaftliche Standards, weil das kein wissenschaftliches Arbeiten ist. Das ist ein Verhandlungsprozess.
Welche Objektivität? Es gibt nur ein objektives Kriterium für ein Unternehmen und das ist das Maß mit dem ich das Unternehmensziel erreiche.
Angenommen, ich habe Beschwerden von Frauen über meine Plattform, weil sie ständig Pimmelbilder bekommen. Und das beschert mir schlechte Presse. Was bringt mir da dann „Objektivität“? Lass ich erstmal zwei Jahre lang eine Doppelblind Studie laufen, oder was? Und mit welcher Fragestellung überhaupt?
Nein. Ich treffe mich natürlich mit Vertreter der Betroffenen und frage, was sie stört und was sie gerne hätten. Und dann verhandel ich mit den Beteiligten über entsprechende Maßnahmen.
Wissenschaftlicher oder Rechtstaatlicher Anspruch, an Vorgänge die weder wissenschaftlich noch staatlich sind, sind einfach dämlich. Die machen da keinen Sinn.
@kinchkun
„Welche Objektivität? Es gibt nur ein objektives Kriterium für ein Unternehmen und das ist das Maß mit dem ich das Unternehmensziel erreiche. Angenommen, ich habe Beschwerden von Frauen über meine Plattform, weil sie ständig Pimmelbilder bekommen. Und das beschert mir schlechte Presse. Was bringt mir da dann “Objektivität”? Lass ich erstmal zwei Jahre lang eine Doppelblind Studie laufen, oder was? Und mit welcher Fragestellung überhaupt?“
Du kannst zum beispiel überprüfen, ob das ein paar radikale Personen sind, die ihre Agenda durchsetzen wollen oder ob das von Frauen allgemein als Problem gesehen wird.
Die meisten Frauen scheinen das evtl nervig, aber nicht so bewegend zu finden
https://twitter.com/search?q=penisbild&src=typd
Und dann kann schauen, ob die möglichen Maßnahmen im Verhältnis stehen dazu wie man damit sonstige Kommunikation erschwert.
Auch hier gilt: Einfach nur auf die radikalen hören muss einen Dienst nicht besser machen.
Zumal sie einem dann nicht danken werden, sie haben eher einen Fuß in der Tür und werden weitere Filter fordern.
„Nein. Ich treffe mich natürlich mit Vertreter der Betroffenen und frage, was sie stört und was sie gerne hätten. Und dann verhandel ich mit den Beteiligten über entsprechende Maßnahmen.“
Nein, man weist die Damen einfach darauf hin, dass meine Plattform eine Funktion hat, Kommentare und Kontaktaufnahmen anderer Nutzer für sich zu blockieren.
Ende der Debatte.
„Du kannst zum beispiel überprüfen, ob das ein paar radikale Personen sind, die ihre Agenda durchsetzen wollen oder ob das von Frauen allgemein als Problem gesehen wird.“
Das ist doch genau der Punkt hier. Milo behauptet, man bräuchte hier einen weißen, reichen Mann der ein objektives Urteil fällt. Der Vorgang ist aber offenkundig ein ganz anderer. Ich schaue mir an, wie die Betroffenen dazu stehen und wäge dann ab.
Gerade hier sind also Interessensvertreter ein völlig probates Mittel.
„Einfach nur auf die radikalen hören muss einen Dienst nicht besser machen.“
Nein, aber auf Repräsentanten. Milo behauptet genau das Gegenteil. Ich schaue nicht auf diejenigen die die Gruppe möglichst gut repräsentieren, sondern auf die, die möglichst wenig Berührungspunkte mit der ganzen Thematik haben.
Das ist offenkundig verfehlt.
„Nein, man weist die Damen einfach darauf hin, dass meine Plattform eine Funktion hat, Kommentare und Kontaktaufnahmen anderer Nutzer für sich zu blockieren.
Ende der Debatte.“
Tja. Twitter hat die Möglichkeit sich auszuloggen. Damit erübrigt sich jede Debatte darüber was Twitter tut oder lässt.
@ kinchkun
Was genau gefällt Dir nicht an meinem Vorschlag einer Blockfunktion auf individueller Ebene?
@Adrian
Was gefällt dir nicht daran, dich auzuloggen und einen anderen Dienst zu benutzen?
Ich verstehe nicht, was es mit dir noch zu diskutieren gibt.
Warum sollte ich mich ausloggen wollen? Ich habe nicht gegen zugesendete Pimmelbilder. Aber ich biete auf meiner Plattform eine Funktion an, Inhalte zu blocken, die einem persönlich nicht gefallen. Fair für alle. Alle profitieren. Warum gefällt Dir das nicht? Was möchtest Du statt dessen? Ein allgemeines Pimmelbildverbot?
“Nein, aber auf Repräsentanten. Milo behauptet genau das Gegenteil. Ich schaue nicht auf diejenigen die die Gruppe möglichst gut repräsentieren, sondern auf die, die möglichst wenig Berührungspunkte mit der ganzen Thematik haben.
Das ist offenkundig verfehlt.“
Hier offenbart sich ein Anhänger von Identitätspolitik.
Im Gegenteil. Genau nicht verfehlt.
Die Ideologie angekratzt? Das war nämlich Ziel.
@Adrian
Irgendwie reden wir an einander vorbei. Du begründest warum du nicht mit Betroffenen debattieren willst und ich begründe, warum ich nicht mit dir debattieren mag.
Es kann ja sein, dass „Ende der Debatte“ einfach nicht sinnvoll ist, aber tja. So ist das halt.
Kannst du eigentlich mal meine Frage beantworten? Was missfällt Dir an dem Vorschlag, auf die Blockfunktion hinzuweisen, die das blocken würde, worüber sich die Damen beschweren, mit der Konsequenz, dass der Beschwerde eine Lösung zugeführt wird?
@Adrian
1) Ist das keine Lösung des Problem.
2) War das Problem ein Beispiel, dessen Erörterung keinen Nutzen bringt
3) Bin ich ein Mensch der gerne OnTopic diskutiert. Topic ist die Steile Teste von Milo, dass nur weiße, reiche Männer Objektiv entscheiden können, wie ein Dienst gestaltet sein muss, damit Menschen die weder reich, noch männlich noch Weiß sind, ihn annehmen, was ist ziemlich dämlich finde. Ich habe nicht vor irgendwelche Nebelkerzen zu diskutieren.
@ Kinchkun
1) Weil?
2) Warum hast Du es dann als beispiel gebracht?
3) Wenn man Milos Beitrag als polemische Überspitzung zur Analyse von Subjektivität, Objektivität und Rechtsstatatlichkeit liest, ist dieser höchst interessant.
@Adrian
Siehe 3)
Ja, der Radikal-Feminismus als Totengräber der Aufklärung…
Rechtsstaatlichkeit, Gewaltentrennung, Objektivität, Unschuldsvermutung – Errungenschaften der modernen Gesellschaft, die die Feministinnen zugunsten einer „Moral“ in die Tonne treten wollen….
Begründet wird das dann gern mit dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip, der Aufklärung und all dem Rotz, der von weißen europäischen Männern in mächtigen Positionen erfunden wurde, um ihren Besitzstand zu wahren und universale Menschenrechte für ihren eigenen Vorteil zu instrumentalisieren.
Was diese Wesen nicht verstehen wollen:
Und so treffen sich die Radikalfeministinnen mit den Islamisten im darkroom der Moral-Diktatur…
Was Immanuel Kant mal sagte, gilt nicht mehr, weil ebendieser Kant das Wort „Neger“ gebrauchte…
Es gibt eine viel wichtiger Frage: Wozu braucht man einen „Head of Diversity“ und was tut dieser?
Zu meiner Zeit nannte man das Shillum.
Therapeutisch bzw. meditatives Konsumieren wäre durchaus oftmals – wenn auch nicht für alle Herausforderungen und Dauerkonflikte des Lebens – eine zwischendurch entspannende Methode. Die einem die Möglichkeit/Kontext/Atmosphäre & natürliches (auf Qualität achten) Material gibt, seine/ihre Energielager wieder aufzuladen.
Anhörung der betroffenen Gruppen. (Liberales) Aufklärungsideal wäre: Individuen individuell zu behandeln, nicht in Gruppenkonstruktionen. Aber: In der Praxis a) von vielen (die sich in „ihrer“ Gruppenkonstruktion und den welt-ordnenden/Orientierung stiftenden Gruppen-Antagonismen) nicht gewünscht und b) wie ich vermute für viele makro- und meso-sozialen Konflikte (Konflikte als Beschäftigungstherapien in der Ankerlosigkeit der Welt) zu komplex, zu aufwändig. Individuelle Differenzierung und daher näher an der Wahrheit zu sein bzw. Authentizität zu suchen ist für politische und rechtsstaatliche Grundfragen in der Regel nicht möglich. Dort müssen allgemeine Leitplanken aufgerichtet werden – oder gruppenpartikulare Sonderregelungen (die den Konflikt in das Recht/die Regeln hereinholen/“politisieren“ – also die relative Trennung von Recht und konkretem Konflikt aufheben).
Die Anmerkung „Natürlich ist eine neutrale dritte Partei im Geschlechterkampf leider nicht vorhanden.“ ist richtig und wirft Fragen auf. Männer müssen Frauen schützen, Frauen müssen Männer schützen, Männer – Männer und Frauen – Frauen. Individuen. Aber doch Gruppenkonstruktionen auf die wir uns berufen müssen um Regelungen zu treffen, die dann wieder in Frage gestellt werden u.s.w.
Dass Frauen teilweise ein Problem damit haben, von Männern geschützt werden zu müssen ist verständlich. Und gleichzeitig gelten nur verteidigungsfähige Männer als richtige Männer, die anderen eher als Maskottchen oder Kinderartige.
Ich sag es noch Extremer. Ein Zweck jeder niedergeschriebenen Rechtsordnung ist es, neben der Verminderung/Verhinderung von Verbrechen, auch zu verhindern, dass die Opfer selbst Rache nehmen (in einer der ersten mittelalterlichen deutschen Rechtsordnungen steht das sogar explizit drin).
Der Staat kann es nicht zulassen, dass sich die Opfer eines Verbrechens am Täter selbst Rächen, sodass danach sich das neue Opfer wieder am Täter rächt und so eine jahrelang andauernde und Resourcen schädigende Fehde entsteht.
Deshalb, um Rechtsfrieden herzustellen, braucht es in einer Rechtsordnung eine neutrale, dritte Partei, die ein gültiges Urteil spricht.
Wenn man also das Opfer zum Richter macht, erlaubt man ihm dadurch, sich persönlich zu Rächen und damit sind elementare Rechtsprinzipien verletzt.
Selbst Saudi Arabien, wo unter Umständen die Opfer die Strafe vollstrecken dürfen, erlauben es nicht, dass das Opfer das Urteil selbst fällt. Selbst die haben unabhängige Richter.
erinnert ihr euch an diesen fall?
„Im Jahr 2004 studiert Ameneh Barahmi Elektrotechnik in Teheran und arbeitet nebenher bei einem Medizintechnikhersteller. Sie rebelliert nicht gegen das starre iranische System, nimmt sich aber kleine Freiheiten heraus, ihr schwarzes Haar wallt unter modischen Kopftüchern mit Leopardenmuster hervor, manchmal schminkt sie sich auch dezent, vor allem will sie ihr Leben, ihren beruflichen Weg und ihren zukünftigen Mann selbst bestimmen, wie eine ganze Generation junger gebildeter und berufstätiger iranischer Frauen, die sich von traditionellen Rollenbildern der Islamischen Republik Iran befreien wollen. Bahramis unbeholfener Kommilitone Madschid Mowahedi, der sie an der Uni ab und zu anrempelt, wohl um sie auf sich aufmerksam zu machen, ist alles andere als ein potentieller Heiratskandidat.
Mit seiner dicken Brille sieht der unscheinbare, magere 19-Jährige aus wie ein Computernerd, er trägt immer das gleiche, abgewetzte T-Shirt, kommt aus einer armen Familie mit sieben Kindern, die ihn dennoch bei seinem Studium unterstützt. Sie kennen sich nicht, doch Mowahedi lässt seiner Mutter ausrichten, dass er Bahrami heiraten wolle. Dann belästigt er sie immer wieder selbst, ruft an, verfolgt sie monatelang durch Teheran. „Heirate mich, oder ich mache dich unglücklich“, droht er ihr, als sie ihn wieder einmal abweist. „Ich werde dich verbrennen.“
Und tatsächlich lauert Mowahedi ihr vor ihrem Arbeitsplatz auf, mit einer Karaffe durchsichtiger, öliger Flüssigkeit, die zumindest ihr Leben zerstören soll, wenn er ihr seinen Willen schon nicht aufzwingen kann. Auf dem Heimweg durch einen Park spürt Bahrami plötzlich jemand hinter sich. Als sie sich umdreht, schleudert Mowahedi ihr Schwefelsäure ins Gesicht. Es brennt wie Feuer als die Säure sich in ihr Gesicht, ihre Augen, die Lippen frisst, ihr Arme, Hände, Dekollete verätzt. Sie schreit, die Säure dringt auch in den Mund, in ihre Luftröhre ein. Sie wird von einer Klinik in die nächste gefahren, die Ärzte wissen nicht, was sie tun sollen – noch auf dem Weg frisst die Säure sich durch ihr rechtes Auge, zerstört die Augenhöhle fast völlig.
Als Ameneh Bahrami sich zum ersten Mal im Spiegel betrachtet, ist ihr Gesicht nur noch ein dunkler Fleck. Die Ärzte nähen auch das linke Auge zu, um es zu schützen, sie sieht nichts mehr, ihr ganzer Körper schmerzt. Nach ein paar Monaten wird Bahrami nach Barcelona geflogen, wo spanische Spezialisten sie immer wieder operieren. Bis zum Wahlsieg Mahmud Ahmadinedschads übernimmt der damalige iranische Präsident Mohamed Khatami ihre Arztkosten, später muss sie sich selbst durchschlagen. Spanien unterstützt sie durch Sozialhilfe, sie ist auf Spenden angewiesen, verdient ein bisschen Geld durch Interviews, spricht ihre Geschichte auf Kassetten, die im vergangenen Jahr als Buch mit dem Titel „Auge um Auge“ vom mvg Verlag herausgegeben wird – es reicht gerade so zum Leben.
„Ich bin hier glücklicher als im Iran, es ist sicherer, ich habe Vertrauen in die Menschen“, sagt Bahrami über ihr Leben in Barcelona, „aber es ist schwierig.“ Anfangs beherrschte sie die Sprache nicht wirklich gut, hat immer Schmerzen, braucht morgens zwei Stunden, um sich anzuziehen und ist auf Hilfe von anderen angewiesen. Anfangs gelingt es den Ärzten, auf dem vorher zugenähten rechten Auge eine Sehkraft von 40 Prozent wiederherzustellen. „Nach sechs Monaten Dunkelheit habe ich wieder Umrisse gesehen wie farbige Schatten, manchmal konnte ich sogar Gesichter und Hände erkennen“, sagt Bahrami. Doch wenige Monate später fließt ihr etwas über die Wange, sie wischt es mit dem Taschentuch weg – es ist ihr letztes Auge, das die Säure langsam zersetzt hat. Bahrami lebt in einem ewigen Zustand der Unsicherheit, denn die Schwefelsäure zerstört ihren Körper noch Jahre nach dem Attentat. „Wenn ich mich schlafen gelegt habe, hatte ich immer Angst, dass die Säure in der Nacht meine Zähne zerfrisst“, sagt sie. Immer wieder muss sie husten, während sie erzählt. Sie bekommt schlecht Luft, auch ihre Luftröhre und die Bronchien sind angegriffen.
All die Jahre hielt sie wohl vor allem der Kampf um Vergeltung aufrecht, er ist wohl auch ein Ausweg aus dem Gefühl der Hilflosigkeit, denn Bahrami will nicht Opfer sein, sie will stark sein – oder zumindest so wirken. Auch wenn sie mit ihrer Schwester Shadi durch die engen Gassen Barcelonas spaziert, hakt sie sich bei ihr unter, wie zwei Freundinnen, die Arm in Arm durch die Gegend schlendern, weil sie es wollen, nicht weil sie müssen. Lange hat sie sich auch geweigert, einen Blindenstock zu benutzen.
In ihrem Buch klingt er ab und zu durch, der Zorn auf Mowahedi, die Hoffnung, dass die paar Tropfen Säure in seine Augen aufwiegen können, was er ihr angetan hat. Das altarabische Stammesrecht, auf das Bahrami setzen kann, sieht entweder Blutrache oder Schmerzensgeld als Ausgleich vor – anders als vor westlichen Gerichten entscheidet das Opfer über die Bestrafung. In Barcelona versichert Bahrami immer wieder, dass es ihr vor allem um etwas anderes als um Rache geht: „Ich möchte die zwei Augen von Madschid, damit Männer danach Angst haben, Frauen zu belästigen“, sagt sie. „Es wird dann nicht mehr passieren – oder zumindest nicht mehr oft.“
Das Gericht spricht ihr erst nur Schmerzensgeld zu, Mowahedi soll dazu zwölf Jahre Gefängnis erhalten – doch Bahrami kämpft weiter, es reicht ihr nicht. Erst erhält sie das Recht auf die Blendung nur eines Auges, weil sie eine Frau ist. Bei dem letzten Urteil im Jahr 2008 wird dann sein zweites Auge gegen ihre Verletzungen in Gesicht, Armen und Händen aufgewogen.
Da das Urteil die iranische Gesellschaft in Befürworter und Kritiker teilt und der Iran sich um sein internationales Image sorgt, bitten neben Menschenrechtsaktivisten auch prominente Iraner wie der Chef der iranischen Justiz, Ayatollah Mahmoud Hashemi Shahroudi, oder die Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi Ameneh Bahrami, zugunsten von Schmerzensgeld zu verzichten – um 130 000 Euro geht es am Ende. „Es ist schwierig“, sagt Bahrami, und ihr Mund zuckt dabei. Sie bräuchte das Geld, doch sie will nicht auf Vergeltung verzichten.
Mitleid mit Mowahedi und seiner Familie hat sie nicht. „Die sind mir egal“, sagt sie. Sie glaubt nicht daran, dass die Geldstrafe und eine kurze Gefängnisstrafe Mowahedi zur Räson bringe könnten. „Er ist ungebildet, er versteht gar nichts.“ Eine Spur von Reue zeigt er nicht. Bei den Gerichtsverhandlungen verhöhnt er das Opfer immer wieder, weist die Schuld von sich, hat sich bis heute nicht entschuldigt. Als er zum ersten Mal Bahramis zerstörtes Gesicht sieht, beginnt er zu kichern, im Gefängnis brüstet er sich vor anderen Insassen damit, dass er durch seine Tat ein halbes Jahr in den Schlagzeilen war. Sein Vater sagt zu Bahrami: „Es ist ja nicht Madschids Schuld, dass du ihn nicht heiraten willst.“
Am gestrigen Sonntag, um sechs Uhr morgens in Teheran ist es dann soweit. Ameneh Bahrami wird mit ihrer Familie von Polizisten ins Krankenhaus eskortiert. Als Mowahedi sie sieht weint er, beschimpft sie: „Du fette Kuh, du alte Jungfer. Zwischen dir und mir gibt es keinen Unterschied. Du wirst büßen für das was du tust.“ Doch als Mowahedi betäubt werden soll, stoppt Ameneh plötzlich die Bestrafung – er springt auf, küsst ihre Füße und Hände und bittet sie darum, seine Frau zu werden. Sie lacht und lehnt den Vorschlag nochmals ab: „Ich habe nicht deinetwegen verzichtet, sondern meinetwegen.“
Diese Version der Geschichte hat Ameneh Bahrami zumindest dem mvg Verlag am Telefon erzählt. Sie habe die Vergeltung aus diversen Gründen gestoppt, wird Bahrami zitiert, „wegen Gott, für mein Land und für mich selbst“. Auch habe ihre Familie diese Rache nicht gewollt. Zudem wolle sie nun auch keinen Cent Schmerzensgeld verlangen. Wie es letztlich zu dieser Entscheidung kam, weiß sicher nur Ameneh Bahrami allein. Niemand, sagt sie, habe sie unter Druck gesetzt.
„Ich bin stolz auf meine Tochter“, sagte ihre Mutter, als beide am Sonntag das Gefängniskrankenhaus verließen. „Sie hatte die Größe Madschid zu verzeihen. Dies wird Ameneh und unserer ganzen Familie Frieden schenken.“
http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/saeure-opfer-bahrami-verzicht-auf-rache-in-letzter-sekunde-seite-2/4450426-2.html
es war oh so richtig, dass sie den gerichtlichen weg bis zum ende ging und sich mit ihrer forderung durchsetzen konnte; es wäre für mich ok gewesen, wenn sie ihn geblendet hätte (im verhältnis wär er dabei immer noch gut weggekommen, wenn man ehrlich ist), aber dass sie ihn in letzter sekunde verschonte, macht sie zur legende.
opfer sollten viel stärker als bei uns gehört werden, sie dürften im schnitt moralischere, gutmütigere menschen sein als ihre angreifer (bisweilen auch als die richter).
es ist angesichts der wenigen tatsächlichen vergewaltigungsanzeigen/hohen dunkelfeldschätzungen bei uns ja nicht mal ausgeschlossen, dass die mehrheit keine gefängnisstrafe für ihre peiniger wünscht. oft geht es auch für die anzeigenden „nur“ darum, dass der täter via staat dazu gezwungen wird anzuerkennen, dass er ein verbrechen begangen hat, um entschuldigung bittet, dafür zu sorgen beginnt, dass ihm sowas nicht nochmal „passieren“ wird (eine starke schuldübernahme bei möglichen folgetaten ist wohl typisch, jedenfalls stellt die aussicht darauf eine große belastung dar).
für die aus der tat resultierenden wirtschaftlichen schäden bei den opfern müsste dann natürlich immernoch eine zufriedenstellende lösung gefunden werden, aber naja, nach der einführung eines globalen bges wäre bereits einiges an druck raus aus der frage.
nein, dieser beitrag hat rein gar nichts mit online-harrassment zu schaffen.
diesbezüglich drängt a.m.s. auch im wesentlichen erstmal eins:
Das ist ein schwieriges Thema. Wer entscheidet, ab wann Forderungen überzogen sind?
An anderer Stelle wird Opfern viel zu wenig Beachtung geschenkt. Man erinnere sich beispielsweise nur an die „Aufarbeitung“ der Missbrauchsfälle in Kinderheimen oder in katholischen Einrichtungen – da sind die Opfer komplett untergegangen, hatten und haben kein Mitspracherecht, sind nicht mal am „eckigen Tisch“ vertreten gewesen. Ein Unding. Die Folge: Mit „Glück“ wurden einzelne Opfer mit einem halben Bischofsgehalt für jahrelanges Leid zum Schweigen gebracht.
Wie soll sich nun ein Gremium zusammensetzen, das Entscheidungen fällt?