Tag: 28. Januar 2016
Die Vorteile der Position einer bürgerlichen Hausfrau reklamieren, ohne die Institution der bürgerlichen Hausfrau anzuerkennen
Schoppe schreibt in einem interessanten Kommentar:
Ich finde Laurie Pennys Position ein grandioses Beispiel. „Du profitierst emotional von mir, ich profitiere aber nicht von Dir – diesen Negativ-Saldo hast Du bitteschön auszugleichen, und zwar mit Geld.“ Das Ganze dann auch noch verallgemeinert auf das Verhältnis von Männern und Frauen generell: Pennys narzisstische Durchgeknalltheit ist m. E. ein Resultat der Tatsache, dass sie Vorteile der Position einer bürgerlichen Hausfrau reklamieren möchte, ohne die Institution der bürgerlichen Hausfrau anzuerkennen. „Allein schon dafür, dass ich – wie auch immer – zu einer Beziehung mit Dir bereit bin, steht mir eine Versorgungsleistung deinerseits zu.“
Das ist für mich auch die beste Definition des heutigen Feminismus: Er ist ein Versuch, die Vorteile der bürgerlichen Hausfrau zu konservieren in einer sozialen Situation, in der die Institution der bürgerlichen Hausfrau sich überlebt hat und dysfunktional geworden ist.
Sie hat sich überlebt, weil einerseits eine hochindustrialisierte Industriegesellschaft es sich gar nicht leisten kann, eine große Gruppe von – womöglich hoch gebildeten – Menschen pauschal vom Arbeitsmarkt auszuschließen, und das auch noch nach dem für diesen Markt weitgehend irrelevanten Kriterium der Geschlechtszugehörigkeit.
Sie hat sich auch deshalb überlebt, weil die Hausarbeit in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts durch technische Neuerungen deutlich einfacher und unaufwändiger geworden ist, so dass sie in aller Regel kein Full-Time-Job mehr sein muss.
Zudem leben wir weder in großer Ressourcenknappheit noch unter beständiger kriegerischer Bedrohung, und der größte Teil der Arbeit ist körperlich nur begrenzt anstrengend: Eine prinzipielle Arbeitsteilung der Geschlechter ist nun dysfunktional, in der Männer beliebig disponibel sein müssen (im Extremfall auch für das Verheizen auf Schlachtfeldern), um Frauen damit einen halbwegs sicheren häuslichen Bereich freizusperren.
Wie Paare das für sich selbst entscheiden, bleibt ja immer noch ihnen überlassen – aber als allgemeine Institution, gar gesetzlich verankert (insbesondere im Kindschafts- und Unterhaltsrecht), ist diese Arbeitsteilung der Geschlechter nicht mehr zu vertreten.Der heutige Feminismus ist weitgehend ein Rettungsversuch, schon getrieben von dem heimlichen Wissen, dass das, was gerettet werden soll, überhaupt nicht zu retten ist. Die Rede von der „emotionalen Arbeit“ oder auch die verwandte der „Care-Arbeit“ bestimmt „Arbeit“ auf eine Weise, die eben NICHT über den Arbeitsmarkt vermittelt ist. Es geht nicht darum, sich marktgerecht zu überlegen: „Was kann ich tun, das anderen so nützt, dass sie mich dafür bezahlen?“ Im Gegenteil: „Wie kann ich andere dazu bringen, mich für das zu bezahlen, was ich eh immer schon mache?“
Natürlich betrifft dieses Schema nicht nur das Gerede von Care- oder emotionaler Arbeit. Auch die #ausnahmslos-Kampagne war ja ein bemerkenswert schamloses Beispiel dafür, wie von Seiten heutiger Feministinnen ein erhebliches soziales Problem genutzt wird, um Ansprüche auf öffentlich finanzierte Posten zu lancieren – ohne auch nur zwei Sekunden lang einen Gedanken daran zu verschwenden, wie denn das Problem dadurch ansatzweise gelöst werden könnte. Insgesamt habe ich immer ein sehr unwirkliches Gefühl, wenn Netz-Feministinnen wie Jasna Strick oder Yasmina Banaszczuk mit einem Gestus des Beleidigtseins einfordern, für ihre Arbeit bezahlt zu werden. Anne Wizorek, immerhin, bekommt das bemerkenswert gut hin.
Möglicherweise lässt sich das weitgehend für die Gender-Studies verallgemeinern. Auch deren öffentliche Verteidigungen lassen jedenfalls mit großer Regelmäßigkeit die Frage aus, welche Leistungen diese Studien denn eigentlich bisher erbracht haben, sondern fordern schlicht Unterstützung ein – weil die Gegner schließlich skrupellose Reaktionäre seien.
Auch in dieser Fiktion, Frauen seien einer allgemeinen gesellschaftlichen Feindschaft ausgeliefert, hält sich der Anspruch der bürgerlichen Hausfrau, vor den Unbillen der Welt geschützt zu werden. Anstatt zu fragen, ob nicht Männer ähnlichen Schwierigkeiten ausgesetzt sind, wird jegliche Unannehmlichkeit als Ausdruck von spezifisch frauenfeindlichen, diskriminierenden Strukturen interpretiert. Dabei macht es, wie in dem berühmten Hollaback-Video, auch keinen Unterschied, ob ein Mann eine Frau ernsthaft belästigt oder ihr nur einen guten Tag wünscht.
Im Anspruch auf Safe Spaces hält sich so der Anspruch auf einen häuslichen Bereich, der vor den Härten der Welt geschützt ist. Anstatt sich um einen öffentlichen Raum zu bemühen, der für ÄLLE Beteiligten sicher ist, geht es hier sichere Bereiche, die für einige Privilegierte abgesperrt sind.
Die Frauenquote wirkt nicht anders. Auch hier geht es darum, dass eine Frau im Wettbewerb besonderen Schutz erhält – und auch hier profitieren nur sehr wenige Privilegierte. Das Gerede vom Gender-Pay-Gap mündet ebenso in einem solchen Schutz-Anspruch. Ein geringeres Verdienst wird nicht etwa als Resultat ungünstiger Entscheidungen vieler Frauen am Arbeitsmarkt betrachtet (etwa überproportional für Studiengänge, die weit über Bedarf hinaus ausbilden), sondern als spezifische frauenfeindliche Diskriminierung, die ausgeglichen werden muss.
Auch die Zusammenhänge mit der Ungleichheit von Frauen und Männern im Familienrecht werden dabei natürlich geleugnet. Frauen haben immer noch die Möglichkeit, durch eine Trennung von Kind und Mann auch gegen den ausdrücklichen Willen des Mannes eine Situation zu erzwingen, in der allein die Frau für das Kind sorgt und der Mann für die finanzielle Versorgung von Kind UND Frau zuständig ist.
Natürlich lassen sich die Beispiele fortsetzen, aber ich glaube, es reicht schon. Katastrophal allerdings ist es, dass ausgerechnet Parteien, die sich irgendwie als „links“ verstehen, heute auch rituell feministisch sind. Die Funktion, die von der damit verbundenen Konservierung einer klassischen bürgerlichen Frauenrolle heute erfüllt wird, ist ausgesprochen irrational. Offenbar ist der Glaube wichtig, „Frau“ stünde für ein irgendwie besseres, irgendwie weniger entfremdetes Menschsein, das sich den Marktgesetzen entziehen kann.
Dabei mussten sich für diese Position traditionell nicht nur die bürgerlichen Ehemänner umso stärker dem Markt aussetzen, sondern vor allem auch die große Mehrzahl der Männer UND Frauen, die zwangsläufig zuarbeiteten, damit die bürgerliche Geschlechterordnung überhaupt möglich wurde. Der heutige Feminismus ist daher nicht nur reaktionär, sondern konserviert auch Ausbeutungsverhältnisse – auch Verhältnisse der Ausbeutung von Frauen.
So setzen sich heute auch vor allem liberale Ökonomen wie Piketty oder Stiglitz mit den Härten von Marktprozessen auseinander, mit den Gründen und den Konsequenzen immer größerer Ungleichheit – während linke Parteien sich aus solchen Debatten zurückgezogen haben und statt dessen auf die immense emanzipatorische Bedeutung von Frauenquoten und Unisextoiletten konzentrieren.
Dafür, wie es möglich ist, solch einen reaktionären Blödsinn als progressive Politik zu verkaufen, ist Penny ein tolles Beispiel. Entschuldigung also für den überlangen Kommentar – mir fiel halt viel dazu ein….
Da stecken aus meiner Sicht interessante Gedanken drin:
- Die Opferhaltung des Feminismus, die auf jeden Bereich ausdehnbar ist: Ihr beutet uns aus, in allen Bereichen, selbst Liebe ist Ausbeutung, selbst Kinder sind Ausbeutung.
- Die Unfähigkeit im Feminismus, die Perspektive eines männlichen Subjekts einzunehmen und sich zu fragen, was vielleicht aus Sicht von Männern „emotionale Arbeit“ sein könnte
- Der Rechtfertigungsdrang: „Wir machen bereits genug, es wird uns nur nicht bezahlt“, der hier übersteigert wird, bis nahezu alles Ausgleichspflichtig zugunsten der Frau ist und eine Schuld der Männer besteht
- Das Arbeiten mit unscharfen Begriffen zur Erreichung dieses Ziels: Emotionale Arbeit kann nahezu alles sein, es ist eine unglaublich flexible Betrachtung, die sich wie Schoppe richtig darstellt, von jeder Wirtschaftlichkeit gelöst hat
- Die Selbstüberhöhung: Wir machen wichtige Arbeit, die muss entlohnt werden (auch wenn nur wir sie als wichtige Arbeit wahrnehmen)
Zu letzeren gibt es auch einen schönen Comic bei Dogs n Cats, der auf einem tatsächlichen Verhalten von Twitterfeministinnen beruht:
Das für die allermeisten Leute ihre Erklärungen und Anschuldigungen schlicht nichts wert sind scheint in dem dortigen Denken gar nicht vorzukommen.
Ich weiß gar nicht ob man den Umweg über die bürgerliche Hausfrau gehen muss. Die Position des Feminismus an sich ist relativ losgelöst davon. Man kann das auch schlicht als „Freiheit zu tun was man will und das darf keine negativen Konsequenzen haben, die Wertigkeit des Tuns soll sich aus der subjektiven Tätigkeit des Handelnden ergeben (solange sie nicht als Privilegierte handelt)“ beschreiben.