Label, Gruppenzugehörigkeit, Schuldzuweisung und Lagerdenken

DMJ kommentierte zu „Das Patriarchat schadet auch Männern“

Die ganze Sache zeigt, wie viel wichtiger Label, Gruppenzugehörigkeit, Schuldzuweisung und Lagerdenken in der Diskussion sind, als ein Vorankommen.

Wie gesagt: Auch ich meine, dass Geschlechterrollenzwänge schädlich sind. Für Männer, wie Frauen. Wer diese Zwänge auflösen will, hat meinen Segen (wobei er aber nicht über das Ziel hinausschießen sollte – nicht die Rollen sind schlecht, nur ihr Zwang).
Aber ich sehe eben nicht, dass der Feminismus (zumindest in den Strömungen, die obigen Satz am lautesten sagen), das tut.
Im Gegenteil: Bedingung zur Mitgliedschaft ist ja das absolute und rückhaltlose Bekenntnis zu den festen Rollen von Mann und Frau als Unterdrücker und Unterdrückter, wobei das Individuum nichts und die Gruppe alles ist. Was immer gegen diese beiden klaren Schubladen spricht, wird ignoriert oder umgedeutet (als positiver oder internalisierter Sexismus) und darauf zu verweisen gilt als Blasphemie.

Ich erinnere mich noch zu gut daran, wie mir eine Feministin, die weit mehr als ich verdiente erklärte, dass es mir als Mann besser ginge, da die Mehrheit der Aufsichtsratsvorsitzenden und Staatsoberhäupter Genitalien der gleichen Art wie ich hat.
Diese Denkweise ist ebenso bizarr, wie inhuman. Ich lehne alle Ideologien ab, die das Individuum missachten, da sie quasi eine Startrampe für Unmenschlichkeiten sind.

Es ist ja interessant, dass der Feminismus vorgibt, Rollen auflösen zu wollen, aber selbst feste Rollen als Grundlage seiner Ideologie hat, aus denen man kaum entkommen kann: Der Mann hat Privilegien per Geburt, deswegen ist er schuldig und muss Buße zu, in dem er seine Privilegien hinterfragt. Er ist insofern zumindest aus Sicht der radikalen Feministen immer Feind, allenfalls ein Unterstützter, ein Ally, der täglich seinen Wert beweisen muss.

Rauskommen kann der Feminismus oder eine Feministin, die eine menschlichere Betrachtung der Geschlechterverhältnisse will, in der Tat nur, wenn sie neben abstrakten Gruppen, von denen nur eine Macht haben darf, auf eine individuellere Sichtweise umgestellt wird, die berücksichtigt, dass gewisse Unterschiede nur im Schnitt bestehen.