Fuzzy Sets

David erläutert Fuzzy Sets und Geschlecht, insbesondere anlässlich des „Mosaik-Fall

Only Me legte erst einmal vor:

Fiel mir beim aktuellen TL;DR grad auf:

Autos könnte man grob definieren als „blah blah blah mit 4 Rädern“, während man Motorräder grob definieren kann als „blah blah blah mit 2 Rädern“.

Mit diesen Definitionen kann man die Argumentation der von tl;dr besprochenen Feministin so zusammenfassen:

Scheinbar (nur scheinbar) kann man zwischen Autos und Motorrädern leicht unterscheiden.

Auto

Motorrad

Auto

Motorrad

Motorrad

Auto
Scheinbar alles klar. Aber nur unter dem diabolischen Einfluss des ADAC.

Denn es gibt auch solche Fahrzeuge:

Was ist das???


Was ist das???


Was ist das???


Was ist das???

Was ist das???
Nicht 4 Räder. Nicht 2 Räder. Diese Fahrzeuge sind weder noch!!

Es ist also ganz klar: Es gibt weder Autos noch Motorräder.
Es ist nicht nachvollziehbare Willkür, von „Autos“ und „Motorrädern“ zu sprechen, das als wesentliche Fahrzeugkategorien anzunehmen, wenn es Fahrzeuge gibt, die weder noch sind.

Ist doch ganz klar, oder?

David schrieb dazu:

Geschlechter sind eben auch Fuzzy Sets!

Die triumphierende Dekonstruktion eineindeutiger Kriterien (“warum werden unfruchtbare Frauen auch Frauen genannt?” “Ist ein Mann ohne Penis keine Frau” “Es gibt aber auch Frauen mit XY-Chromosomen!1”), die von Genderfeministinnen immer wieder aufgetischt wird, beruht auf Merkmalssemantik und der Unkenntnis, dass diese semantischen Probleme schon seit langer Zeit gelöst wurden.

Als Familienähnlichkeit (engl. family resemblance or family likeness, cluster definition) bezeichnet Ludwig Wittgenstein (1889–1951) in seinen Philosophischen Untersuchungen (1953) Eigenschaften von Begriffen, die mit einer taxonomischen Klassifikation (Hierarchische Systematik) nicht hinreichend erfasst werden können, ohne dass sich “der Verstand Beulen holt” (I 119); denn Begriffe können verschwommene, unscharfe Grenzen haben.

Die Überlegungen Wittgensteins haben grundsätzliche Bedeutung für die Zurückweisung eines Exaktheitsideals, die notwendige und hinreichende Bedingungen für eine Definition erfordert. Begriffe können auch unscharf sein und auf paradigmatischen Anwendungsfällen beruhen, eine Analyse ist nicht notwendig um sie beherrschen oder erklären zu können.[1] Zur Familienähnlichkeit vergleichbare Konzepte wurden schon früher verwendet, so etwa von John Stuart Mill, Nietzsche u.a.[2]

https://de.wikipedia.org/wiki/Familien%C3%A4hnlichkeit

Für die Psychologie würde ich die Merkmalssemantik als überholt bezeichnen, unser Gehirn funktioniert wohl gemäß einer Prototypensemantik:

Prototypentheorie, eine von E. Rosch vorgestellte Theorie, nach der häufig zusammen auftretende Merkmalskonfigurationen als ideale, repräsentative Beispiele – Prototypen – im Gedächtnis gespeichert sind. Ein Prototyp ist als begriffliches Konzept ein beispielhaftes Exemplar seiner Klasse: So ist z.B. ein Rotkehlchen ein Prototyp der Klasse Vögel. Ein Objekt wird als Mitglied in einer Konzeptklasse gespeichert, wenn es dem Prototyp dieser Klasse ähnlicher ist als dem Prototyp einer anderen Klasse. Der Zuordnungsprozeß eines Objektes zu einer Klasse basiert auf einem globalen Ähnlichkeitsvergleich: Objekte in gleichen Klassen ähneln sich stärker als Objekte in verschiedenen Klassen.(…)

http://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/prototypentheorie/11943

In diesem Artikel findet sich dazu noch ein hochinteressantes, empirisch fundiertes Argument gegen den Poststrukturalismus:

Untersuchungen der Wahrnehmungspsychologie zeigten jedoch, dass alle Menschen weltweit ziemlich genau elf Grundfarben unterscheiden, auch wenn für sie in ihrer Sprache keine eigenen Namen existieren:

„Es scheint nun so, dass die verschiedenen Sprachen zwar eine unterschiedliche Zahl von Farbkategorien in ihrem Wortschatz haben, dass aber ein universeller Bestand von exakt elf Grundfarb-Kategorien existiert, aus dem die elf oder weniger Bezeichnungen jeder Sprache ausgewählt werden.“

1. Es gibt zentrale und randständige Vertreter einer Farbe.
2. Da Sprecher fast aller Sprachen dieselben Farbtöne als zentrale erkennen, auch wenn die Grenzen der sprachlichen Zuordnung anders gesteckt sind, sind diese zentralen Vertreter als universell zu betrachten.

https://de.wikipedia.org/wiki/Prototypensemantik#Die_Anf.C3.A4nge:_Basic_Colour_Terms_.28Farb-Grundw.C3.B6rter.29


Die innere Struktur vieler natürlicher Kategorien besteht aus dem Prototyp der Kategorie (den eindeutigsten Vertretern, den besten Beispielen) und den nicht-prototypischen Exemplaren, welche in einer Rangfolge angeordnet sind, die sich von den besten zu den weniger guten Beispielen erstreckt. (Rosch, 1975: 544)

Daraus ergibt sich eine nicht zu unterschätzende Konsequenz, die als Unschärfe beziehungsweise fuzziness von Kategorien bezeichnet wird. „Die Grenzen einer Kategorie sind häufig nicht scharf umrissen

Ob Auto, Stuhl, Vogel, Farben oder Tasse: das lässt sich alles auch auf die Universalie “Geschlecht” übertragen.

Wer also mithilfe des Taschenspielertricks, aus der “fuzziness” der Geschlechterkategorien (z.B. Intersexualität) einen Nominalismus und somit die Arbiträrität von Geschlecht meint herleiten zu können, der muss sich konsequenterweise von den exttrem vielen sprachlichen Begriffen

Hier auch noch mal nach der Wikipedia:

Grundlage der Fuzzylogik sind die sogenannten unscharfen Mengen (engl.: fuzzy sets). Im Gegensatz zu traditionellen Mengen (im Kontext der Fuzzylogik auch scharfe Mengen genannt), in denen ein Element einer vorgegebenen Grundmenge entweder enthalten oder nicht enthalten ist, wird eine unscharfe (fuzzy) Menge nicht durch die Objekte definiert, die Elemente dieser Menge sind (oder nicht sind), sondern über den Grad ihrer Zugehörigkeit zu dieser Menge. Das geschieht durch Zugehörigkeitsfunktionen μA: X → [0,1], die jedem Element der Definitionsmenge X eine Zahl aus dem reellwertigen Intervall [0,1] der Zielmenge zuordnen, welche den Zugehörigkeitsgrad μA(x) jeden Elements x zur so definierten unscharfen Menge A angibt. Damit wird jedes Element zum Element jeder unscharfen Menge, aber mit jeweils unterschiedlichen, eine bestimmte Teilmenge definierenden Zugehörigkeitsgraden. Zadeh erklärte hierzu neue Mengenoperationen, die als Operationen eines neuen Logikkalküls die mehrwertige Fuzzylogik begründen und sie als eine Verallgemeinerung der zweiwertigen, klassischen Logik ausweisen, welche als Spezialfall in ihr enthalten ist. Diese Operationen auf unscharfen Mengen sind wie auf scharfen Mengen definierbar, wie z. B. die Bildung von Schnittmengen (UND), Vereinigungsmengen (ODER) und Komplementmengen (NICHT). Zur Modellierung der logischen Operatoren der Konjunktion (UND), der Disjunktion (ODER) und der Negation (NICHT) bedient man sich der Funktionsklassen der T-Norm und T-Conorm.

Grundlage der Fuzzylogik sind die sogenannten unscharfen Mengen (engl.: fuzzy sets). Im Gegensatz zu traditionellen Mengen (im Kontext der Fuzzylogik auch scharfe Mengen genannt), in denen ein Element einer vorgegebenen Grundmenge entweder enthalten oder nicht enthalten ist, wird eine unscharfe (fuzzy) Menge nicht durch die Objekte definiert, die Elemente dieser Menge sind (oder nicht sind), sondern über den Grad ihrer Zugehörigkeit zu dieser Menge. Das geschieht durch ZugehörigkeitsfunktionenμA: X → [0,1], die jedem Element der DefinitionsmengeX eine Zahl aus dem reellwertigen Intervall [0,1] der Zielmenge zuordnen, welche den ZugehörigkeitsgradμA(x) jeden Elements x zur so definierten unscharfen MengeA angibt. Damit wird jedes Element zum Element jeder unscharfen Menge, aber mit jeweils unterschiedlichen, eine bestimmte Teilmenge definierenden Zugehörigkeitsgraden. Zadeh erklärte hierzu neue Mengenoperationen, die als Operationen eines neuen Logikkalküls die mehrwertige Fuzzylogik begründen und sie als eine Verallgemeinerung der zweiwertigen, klassischen Logik ausweisen, welche als Spezialfall in ihr enthalten ist. Diese Operationen auf unscharfen Mengen sind wie auf scharfen Mengen definierbar, wie z. B. die Bildung von Schnittmengen (UND), Vereinigungsmengen (ODER) und Komplementmengen (NICHT). Zur Modellierung der logischen Operatoren der Konjunktion (UND), der Disjunktion (ODER) und der Negation (NICHT) bedient man sich der Funktionsklassen der T-Norm und T-Conorm.

Das wesentliche ist also, dass es nicht um absolute Zuordnungen geht, sondern um „Nähe“, wenn ich das richtig verstehe. Es ist, wie so häufig in der Biologie, schon aufgrund des Genpool, eben keine Einheitlichkeit vorhanden, aber es ergibt sich dennoch insgesamt ein Bild. Auch wenn man einzelne Elemente weglasst, dann kann dennoch eine Zuordnung zu dem Gattungsbegriff erfolgen, wenn sich aus dem übrigen Zusammenhang eine hohe Nähe zu dieser Zuordnung ergibt.

Ich finde es ein interessantes Thema. Wer mehr dazu hat, bitte in den Kommentaren