Sexfragen, die man nicht stellen will
Resolute Nuss unterbreitet auf Gleichheit und Differenz einen interessanten Vorschlag:
Wenn man einen Feminsten fragt: Warum hat Feminismus so einen schlechten Ruf? und wenn man einen Maskulisten fragt: Warum hat der Maskulismus so einen schlechten Ruf? Werden die Antworten mehr oder weniger in die andere Richtung zeigen. Deswegen wäre meine Idee ein Beitrag bei dem jeder der möchte halt beschreibt was das erste oder die ersten großen Ereignisse waren die zu dieser Feindseligkeit geführt haben war. Dabei sollte natürlich konkret erklärt werden und keiner mit Frauen/Männerhass ankommen.
Dabei glaube ich gar nicht mal, dass man immer ein Ereignis benennen kann, welches das wirklich ausmacht. Häufig wird es eher ein Prozess gewesen sein.
Ich glaube meine ersten Berührungen mit der Debatte war wirklich Diskussionen darüber, warum ein Junge nicht zurückschlagen dürfen sollte, wenn ihn ein Mädchen schlägt, irgendwann in der sechsten Klasse oder so. Das erschien mir sehr ungerecht und ich war der Auffassung, dass ich das natürlich dürfte.
ich erinnere mich auch an ein bekanntes Kinderlied, welches irgendwann mal als Kind beim Wandern gesunden wurde:
Ein kleiner Matrose umsegelte die Welt.
Er liebte ein Mädchen, das hatte gar kein Geld.
Das Mädchen musste sterben, und wer war schuld daran?
Ein kleiner Matrose in seinem Liebeswahn.
Irgendwann mit 14 fand ich dieses Lied reichlich bescheuert. Heute würde ich meine Gedanken damals vielleicht so ausdrücken:
Wo ist da der Kausalzusammenhang? Warum kann sie nicht selbst arbeiten gehen?
Ich würde auch heute ergänzen: Und warum lässt man das Kinder singen?
Ich kann mir da heute durchaus Sachverhalte vorstellen, wo er sie geschwängert hat und sie dann sterben musste, weil sie sich keinen Arzt leisten konnte und er bereits unterwegs zum nächsten Hafen war. Aber dennoch ist es ja eine sehr undifferenzierte Schuldzuweisung, die ich damals sehr ungerecht fand.
Diese Sachverhalte sind erst einmal nicht gegen einen Feminismus gerichtet, aber es zeigte jedenfalls ein gewisses Interesse an Geschlechtergerechtigkeit und Gleichberechtigung.
Mich interessierte das Thema an sich und wenn ich was dazu fand, dann las ich es durchaus interessiert. Es war aber wenig konkretes. Ich las ein paar mal die EMMA, die in der Bücherei auslag, aber so viel weiter habe ich es auch nicht verfolgt.
Interessanter wurde es dann eigentlich erst mit dem Studium und natürlich dem Internet. Insbesondere ist mir ein Flugblatt in Erinnerung, welches eine radikale Frauengruppe an der Uni verteilen lies. Darauf fand ich insbesondere zwei Begriffe höchst interessant:
Zum einen war von „Frauenlesben“ die Rede, zum anderen von einer „Zwangsheterosexualisierung“. Beide Begriffe fand ich so abstrus, dass ich sie erst einmal googlen per Fireball suchen musste.
„Frauenlesben“ war ein Begriff, der Lesben sichtbar machen sollte und zudem auch irgendwie was damit zu tun hatte, dass ja Frauen eigentlich alle auch irgendwie lesbisch sind und nur durch das Patriarchat in die Heterosexualität getrieben werden (–> Zwangshetereosexualität) (wohl beeinflusst von Adrienne Rich und Co)
In älteren Beiträgen findet man dazu noch etwas, heute ist der Begriff wohl eher „out“:
„FrauenLesben“ ist eine – ich vermute in den 80er Jahren aufgekommene – Schreibweise, die
- die sprachliche ‚Unsichtbarkeit‘ von Lesben unter dem (vermeintlich neutralen, aber stillschweigend heterosexuell gedachten) Oberbegriff „Frauen“ beseitigen sollte,
- also tendenziell ein Synonym für „Heteras und Lesben“ ist
- und zugleich aber auch auf die Kontroverse anspielt, ob Lesben (nach ihrem Selbstverständnis) Frauen sind bzw. sein sollen.* Die Schreibweise ist also eine abgeschwächte Variante zu „Frauen und Lesben“ bzw. „Frauen oder Lesben“.
„FrauenLesben“ sollte sowohl lesbar sein als „Frauen, unter Einschluß [Sichtbarkeit] von solchen, die lesbisch sind,“
als auch als „Heteras und Lesben, die sich als Frauen verstehen, + Lesben, die sich nicht als Frauen verstehen“.
Meine Kommilitonen und ich fanden das relativ komisch, wir lachten über Begriffe wie „MännerSchwule“ oder die Frage „wenn es denn Frauenlesben gibt, gibt es dann auch MännerLesben“?
Ich erinnere mich sogar, dass ich am nächsten Tag eine Verteilerin dieser Zettel fragte, ob sie sich tatsächlich Zwangsheterosexualisiert fühlen würde. Sie verstand den Begriff erst gar nicht. Ich sagte, dass er in den Flyern stehen würde, die sie verteilt, und erklärte ihr, dass es bedeutet, dass sie eigentlich eher lesbisch sei und nur von Männern in die Heterosexualität gezwungen werde. Sie lachte und teilte mit, dass sie mit ihrem Freund eigentlich sehr zufrieden sei, es gehe ihr eher um Gleichberechtigung, sie habe die Flyer gar nicht gelesen.
Das weckte meine Neugier sogar noch mehr. Hier gab es anscheinend einige vollkommen bescheuerte Konzepte, die erkennbar keinen Sinn machten, aber von Feministinnen vertreten wurden. War da nicht doch irgendwo ein Sinn versteckt? Vielleicht war ich nur zu dumm, dass zu verstehen.
Ungefähr um die Zeit fiel mir aber auch ein anderes Buch in die Hände:
Einer meiner ersten Kontakte mit Büchern zu Geschlechterunterschieden war bei einem Zwischenstopp auf einem Bahnhof, bei dem ich mit meiner damaligen Freundin die Zeit in einer Buchhandlung totschlug. Sie bekam irgendwie “Männer sind anders, Frauen auch” von John Gray in die Hände und wies mich nach einigem Blättern auf eine Liste der Sachen hin, die Frauen und Männer jeweils in Beziehungen vermissen (oder so in der Art, es ist eine Weile her).
Sie wies mich darauf hin, weil sie eben genau diese Sachen in unserer damaligen Beziehung vermisste. Und auch ich vermisste wiederum einige Punkte der Liste bei ihr. Ich kaufte das Buch und verschlang es. Und es hat mir in vielen Punkten tatsächlich sehr geholfen die Beziehung zu verbessern. Gerade in Punkten wie „Bei Problemen der Frau will sie nicht, dass man sie löst, sondern das man ihr zuhört“ und einigen anderen Punkten. In diesem Buch war als weitergehendes Buch zu den biologischen Grundlagen das Pease & Pease Buch „Warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken: Ganz natürliche Erklärungen für eigentlich unerklärliche Schwächen“ empfohlen und das kaufte ich mir auch und es war der Beginn einer großen Liebe zur Geschlechterbiologie.
Der Maskulismus kam dann wie folgt dazu:
Ich hatte schon einiges über Geschlechterunterschiede gelesen und mir so meine Gedanken gemacht. Dann las ich in der Süddeutschen einen Bericht über das Buch“Frauen und Kinder zuerst” von Paul-Hermann Gruner, dass einige interessante Fragen ansprach. Ich kaufte es mir aus einer Laune heraus und vieles dort passte gut zu anderen Überlegungen die ich hatte. Ich las etwas weiter, Arne Hoffmann und Warren Farrell. Gerade in Verbindung mit den Geschlechterunterschieden machte das durchaus alles Sinn.
Tatsächlich las ich erst Gruner, dann meine ich Warren Farrell und irgendwann dann Arne. Ich weiß gar nicht, wie ich erfahren hatte, dass Arnes Buch rausgekommen ist. Ich schaute in den Buchhandlungen, ob es dort auslag, was aber natürlich nicht der Fall war. Die Angestellte der Buchhandlung guckte leicht irritiert als ich ein Buch mit dem Titel „Sind Frauen die besseren Menschen?“ bestellte, oder zumindest glaubte ich es, weil ich mich jedenfalls etwas rebellisch fühlte. Ich glaube ich steckte es auch recht schnell in eine Tasche und verbarg es etwas im Bücherregal. Man wollte ja nicht direkt als Spinner gelten.
Insbesondere Farrell hat mich damals tief beeindruckt. Das Hinterfragen der Geschlechterrollen, das versöhnliche dabei, die ausgleichende Botschaft, ich fühlte mich zu der Zeit tatsächlich etwas diskriminiert und neigte etwas zu einem „Opfermaskulismus“. Allerdings hielt ich das Thema abgesehen von einigen wenigen Diskussionen durchaus aus meinem Umkreis raus.
Natürlich wollte ich aber dennoch über das Thema diskutieren, was aber im damaligen Internet schwierig war. Ich war aber damals ein Fan des Usenet und versuchte es mit dem Thema in verschiedenen Gruppen. Da keine wirklich passend war gründete ich dort die Gruppe de.soc.gleichberechtigung (heute vollkommen tot) und diskutierte dort die nächsten Jahre. Dort gab es einige Feministinnen und einige Maskulisten und es ging durchaus heiß her.
In der Zeit las ich einiges über feministische Theorie und natürlich über Maskulismus und Feminismus. Es wurde aus meiner Sicht immer klarer, dass viele Thesen im Feminismus so nicht klappen konnten und ungerecht waren. Es wurde komplett die Biologie ausgeblendet. Die gesamten Theorien waren zudem extrem einseitig und ich konnte insbesondere gut nachvollziehen, was Warren Farrell schrieb und weswegen er es wichtig fand, dass man sich die Sache von beiden Seiten anschaute.
Warren Farrells Texte sehe ich heute insbesondere unter dem Gesichtspunkte, dass sie einem einen gänzlich anderen Frame der Geschlechter bieten, indem eben auch Männernachteile vorkommen. Diese Sichtweise verändert aus meiner Sicht unglaublich viel, auch wenn ich insgesamt für ein Verstehen die Evolutionäre Biologie wesentlich wichtiger finde.
Irgendwann verlagerte sich die Diskussion in die Blogs, gerade bei der Mädchenmannschaft und dem Mädchenblog. Damals konnte man bei der Mädchenmannschaft ja sogar noch diskutieren, wenn man auch recht schnell an die Grenzen kam. Bei meiner ersten Sperrung dort schrieb ich eine freundliche Email, warum man mich gesperrt hatte und das ich meiner Meinung nach höflich und sachlich geblieben war. Man schaltete mich sogar wieder frei. Das hielt aber nicht lange, was sicherlich auch daran lag, dass ich etwas häufig „Testosteron“ gesagt hatte, ich überlegte noch kurz unter fremden Namen weiter zu kommentieren, aber das es wohl weniger Biologisten meines Schlages gab hätte ich mich zu sehr verstellen müssen als das es noch Spass machte. Also gründete ich diesen Blog.
Ich würde noch nicht einmal sagen, dass ich Feminismus hasse. Mich erschreckt eher seine Radikalität, ich finde die Einseitigkeit der Schuldvorwürfe und den einseitigen Standpunkt, der in den vorherrschenden Ausrichtungen vertreten wird und die dort recht offen zu Tage tretende Wissenschaftsfeindlichkeit erschreckend und mich ärgert, dass sie über die wesentlich besseren Lösungen, die in anderen Bereichen bestehen hinweggehen.
Was für mich eigentlich das Thema interessant macht ist aber nicht der Hass auf eine andere Richtung, sondern das Geschlechterverhältnis an sich, das Verstehen, was Mann und Frau ausmacht und was sie aneinander interessiert. Ich finde, dass es eine der wesentlichen Bausteine ist, die das Verstehen menschlicher Gesellschaften ermöglicht und ich bedauere sehr, dass der vorherrschende Feminismus hier tatsächliche Forschung behindert und aus meiner Sicht eine Feindlichkeit in die Debatte bringt, die nicht bestehen muss.
Mich fasziniert aber auch das System „Feminismus“ und wie man nicht erkennen kann, dass es extrem unlogisch ist, einseitige Schuldzuweisungen hervorbringt und das es wesentlich bessere Erklärungen gibt.
Es ist immer noch die Faszination vorhanden, mit der ich damals nicht verstanden habe, warum man meint, dass Heterosexualität, der wesentliche Vorgang auf dem Fortpflanzung beruht, gesellschaftlich erzwungen sein kann. Mit einem Feminismus, der Gleichberechtigung will, habe ich nach wie vor keine Probleme. Aber leider will das der gegenwärtig vorherrschende Feminismus nicht.
Ein Teil ist damit auch durchaus das, was die Motivation vieler im Internet Diskutierender ausmacht:
Ich habe schon immer gerne diskutiert, mit dem Geschlechterthema und dem Feminismus habe ich dafür ein nicht zu beendendes Thema gefunden.
Ich finde es sehr schade, dass es auf Seiten des Feminismus kaum jemanden gibt, der ernsthaft über die dortigen Probleme diskutieren möchte. Wer tief im Thema drin ist, der hat wohl zu viele versunkene Kosten um sich auf tiefere Diskussionen einzulassen und die „MeinFeminismus“-Feministinnen haben üblicherweise keine Ahnung von feministischer Theorie und wollen sich auch nicht auf tiefere Diskussionen dazu einlassen. Es ist auch etwas unfair: Viele haben kaum Argumente, sie verteidigen ein System, welches sie nicht kennen, sie treffen auf Gegner, die die Diskussion schon häufig geführt haben. Es liegt inzwischen eine sehr hohe Einstiegsschwelle vor. Ich kann auf ein paar hundert Artikel mit Studien zur Biologie und ein paar hundert weitere Artikel Bezug nehmen, die das verwendete Argument häufig schon enthalten. Andere, die erst in das Thema einsteigen, haben noch nie wirklich etwas zum Thema gelesen, vielleicht ein paar Blogartikel, aber nichts, was wirklich die Hintergründe behandelt oder Grundlagen feministischer Theorie behandelt oder gar belegt. Sie wollen auch gar nicht in Studien wühlen und schon gar nicht wollen sie plötzlich über Hormone nachdenken müssen, wenn sie doch eigentlich nur finden, dass man die Geschlechterrollen ändern muss. Das „kommt es denn wirklich auf die Begründung an, wichtig ist, was wir ändern“-Argument kommt dann recht häufig, zeigt aber im wesentlichen, dass man nicht bereit ist, die Grundlagen wirklich einmal über eine soziale Begründung hinaus zu hinterfragen. Überhaupt gibt es wenig Feministinnen, die – zumindest nachdem man etwas ins Thema eingestiegen ist – wirklich über Grundlagen diskutieren wollen. Man macht vielleicht Anfänge, aber irgendwann kommt der Punkt, wo sie keine Argumente mehr für ihre Position haben, ihre Sichtweise ändern müssten und eingestehen müssten, dass die feministische Theorie ganz gewaltige Schwächen hat. Die meisten ziehen es dann vor, die Diskussion abzubrechen. Und dieser fehlende Ehrgeiz seine eigene Meinung zu verteidigen und Argumente dafür zu suchen, das dogmatische, dieses „du musst nicht verstehen, nur glauben“ ist wohl das, was mich am meisten stört.
Wer will mag das Thema gerne als Blogstöckchen aufgreifen, natürlich würde es mich besonders freuen, wenn eine Feministin schreibt, was sie dazu gebracht hat, den Maskulismus gegenüber feindselig eingestellt zu sein und was sie am Feminismus gut findet, ansonsten gerne in den Kommentaren.
Es haben das Thema bisher aufgegriffen: