In einem Artikel fasst eine Feministin die linke intersektionale feministische Denkweise zusammen, wie sie sich aus ihrer Sicht darstellt:
Empowered by Choice
All choices are good and right as long as you choose them. Agency is paramount. We must never question another person’s choices. We will defend to the death each person’s inalienable right to make her own choices and condemn anyone who attempts to analyze those choices in a larger context. As women, every choice we make is by default a feminist choice as long as we are women and we are choosing. Therefore it is feminist to wear stilettos or become a sex worker. Anyone who attempts to discuss a larger system must be shut down in defense of individual choices.
Since all choices are good and feminist, I am infallible in whatever I choose. It is my right and nobody may take it from me. This is personally empowering and vindicating.
Da würde man einwenden, dass man auch das natürlich drehen kann: Die Wahl muss eben nach feministischer Sicht frei sein, was sie in der heutigen Gesellschaft nicht ist. Was demnach freie Wahl ist, dass kann stets eingeschränkt werden. Demnach hat zB Jessica Valenti den „Choice Feminismus“ abgelehnt und statt dessen quasi „Das Private ist politisch“ dagegen gesetzt.
Aber in der Tat hat mit dieser Einschränkung Wahl eine wichtige Funktion im „modernen“ Feminismus. Man darf alles sein, wenn man es aus den richtigen Gründen (also nicht: Aus Unterwerfung unter das Patriarchat) macht. Deswegen ist der moderne Feminismus auch Pro-Prostituion bzw. „Sexwork“.
Self-Identification
Every person has the right to self-identify and nobody has the right to question another person’s identity. Identity is innate and internal; it cannot be changed. Identity is who you really are and always have been; it is immutable. Questioning someone’s identity is never acceptable. Identities must be embraced, believed, and affirmed by all. Anyone who does not affirm identities unquestioningly will be shouted down.
I am whoever I say I am. I am however I feel. Everyone else must accept me. I feel empowered.
Das ist in der Tat ein sehr wichtiges Element. Allerdings kommt es auch hier wieder auf die „genehmigten“ Identitäten an. Ein Mann hat sich beispielsweise durchaus zu ändern. Ein F-M-Transsexueller, der sich männlich verhalten würde wäre allerdings schon wieder eine interessante Frage.
Privilege and Checking It
There is a vast, complicated system of privilege. We are all privileged in some ways and not others. It is up to each person to recognize her own privilege and to enforce the checking of others’ privilege. The privileged may never question the less privileged. For example, a white woman may never question a black woman’s experience or choices. Types of privilege include but are not limited to: male privilege, white privilege, hetero privilege, thin privilege, abled privilege, economic privilege, and cis privilege.
I am aware of my own privileges and acknowledge them frequently. I call people out when they do not recognize their privilege. I feel superior and self-righteous for standing up for the most vulnerable. I defer to those who have less privilege than I do and never allow anyone to question them or their experiences. Since I am cis, I can never question anything related to being trans. I am better than people who do not recognize their privilege.
Das ist auch nicht schlecht ausgedrückt, weil es deutlich macht, dass es eine Form der prosozialen Dominanz ist: Ich helfe den anderen mehr, ich bin besser als du, du musst dich nach meinem Vorbild richten und andere auch so gut behandeln wie ich. In diesem System sind die Nichtprivilegierten in gewisser Weise Objekte des eigenen Signalling, wie gut man solche Regeln einhalten kann, weswegen es auch ein beständiger Wettbewerb ist anderen vorzuhalten, dass sie etwas übersehen haben.
Feminism is for Everyone
There is nothing exclusionary about feminism. We include and accommodate everyone. We believe that men need feminism too. Anyone who believes in equality is a feminist, even if they don’t know it or won’t embrace the word. Women are not the center of feminism nor should we be. We should all be equal.
I am more open-minded than most people, and again, I feel superior. I feel like I am helping everyone, even if they do not know they need my help.
Man könnte das auch den Allvertretungsanspruch oder „Du sollst keine Ideologie haben neben mir“ nennen. Männer brauchen auch den Feminismus und dürfen keine andere Rechtevertretung daneben stellen, auch wenn sie dort die Bösen sind. Oder gerade weil sie dort die Bösen sind, denn nur wenn sie das akzeptieren, dann können sie geheilt werden, indem sie ihre Privilegien hinterfragen.
Gender
A person’s gender is internal and sacrosanct. It is the core of our almighty identity. Gender is simply an innate knowledge of who you are. Gender identity is understood to be immutable. Gender and sex do not necessarily coincide.* A trans person’s currently declared gender is their only gender, even if they have lived their whole life up to that point as a different gender. Trans women are women. Trans women are the most vulnerable women and they are murdered and oppressed the most. Therefore we must protect them above all other women. Cis women must never exclude or question trans women under any circumstances. To do so would be the same as white women excluding black women: unthinkable.
I embrace everyone. I am good and open-minded. I am not a bigot like other people.
Das merkwürdige Zwidenken, bei dem jeder ist, was er sagt, unveränderbar und ohne das man es anzweifeln darf, es sei denn er ist ein Mann, ist schon interessant. Auch Weiblichkeit kann man durchaus abwerten, aber eben auch nur um die aufgezwungene Rolle, die das Patriarchat übergestülpt hat, loszuwerden. Auch die Einordnung von Transfrauen als die „besseren Frauen“ (weil auf einer höheren Opferstufe) ist durchaus interessant.
Da kommt dann auch der Bruch der Autorin: Sie wendet sich einem radikaleren, transfeindlicheren Feminismus zu, weil sie in dieser Definition keinen Gehalt für den Begriff Frau sieht. Sie sah sich selbst als untypische Frau, die nicht durch Geschlechterrollen eingeschränkt war und war sich durchaus bewußt, dass es auch verfehlt wäre, Frauen nach dem Verhalten zu definieren. Den das würde ja auch eine Rollenzuweisung an Frauen sein, eine Essenz des weiblichen Verhaltens aufstellen. Gleichzeitig konnte es auch nicht der Körper sein, da eben Transfrauen einen männlichen Körper hatten. Es blieb also nichts greifbares mehr, was nun eigentlich Frau sein konnte.
Tatsächlich scheint mir das ein interessantes feministisches Dilemma zu sein. Ist Frau unter diesen Gesichtspunkt eigentlich noch zu definieren? „jeder der sich als Frau entweder wegen seines Verhaltens oder seines Körpers fühlt“ erscheint in der Tat etwas vage.
Sie bringt es dann zum radikalen Feminismus, nach dem Transfrauen eben Männer sind, weil lediglich der Körper wichtig ist und Gender ein soziales Konstrukt.
Der Erkenntnisprozess, dass beide Richtungen unrecht haben ist ihr leider verschlossen geblieben. Dazu hätte sie wohl noch mehr hinterfragen müssen und bei diesem Fragen eher mal auf ein Biologiebuch stoßen müssen.