Das Selbstbewußtsein bei Kindern fördern

Eine Freundin von Südländerin war trotz der kalten Temperaturen und vergleichsweise sonniger in Südland zu Besuch nach Deutschland gekommen und hatte ihre Tochter mitgebracht, die 9 Jahre alt ist.

Damit dem Kind, dass auch kein Deutsch kann, nicht zu langweilig wird, hatten wir einige Aktivitäten eingeplant, den Besuch eines Tierparks, einen „Indoorspielplatz“ mit Trampoline und Gerüsten, Eislaufen, was Kindern eigentlich so Spaß macht.

Dabei war das Kind sehr sehr schüchtern. Den Affen etwas Futter geben? Zu gefährlich. Das Trampolinspringen? Oh weh, man könnte hinfallen. Das Eislaufen? Lieber erst gar nicht probieren.

Das Schlimmste dabei fand ich aber, dass die Mutter das alles mitmachte. Gut, sie versuchte das Kind mit zwei, drei Sätzen zu überzeugen, aber wenn das Kind dann nein sagte, dann hieß es „Nein, sie will leider nicht, sie wartet hier“.

Ich muss sagen, dass es mich wirklich enorm störte. Vielleicht ist sie schon von sich aus ein schüchternes Kind, aber man muss ihr doch dann gut zureden, sie einfach mal mitnehmen und auf so ein Trampolin stellen, ihr einfach zeigen, dass sie keine Angst haben muss.

Es störte mich vielleicht noch mehr, weil sie ein Mädchen ist. Nicht, dass es mich bei einem Jungen nicht gestört hätte, aber ich glaube tatsächlich ein Junge hätte es eher zumindest mal probiert und wäre so eher von selbst rausgekommen. Sie hatte es sich in ihrer Mutlosigkeit etwas bequem gemacht.

Also nahm ich sie an die Hand und zeigte ihr, dass die Affen ihr nichts tun können und sie ihnen ruhig einen Zweig durchs Gitter zuschieben kann. Ich trug sie einfach aufs Trampolin und zeigte ihr, dass sie auch langsam springen kann und sie ihr eigenes Tempo suchen kann und das es auch nichts macht, wenn sie mal hinfällt. Ich nahm sie mit aufs Eis, an den Rand und brachte ihr einen dieser Lernpinguine, an denen man sich als Kind festhalten kann, damit es einfacher ist.

Sie war immer noch sehr schüchtern, aber so langsam taute sie auf. Es machte ihr Spaß am Trampolin zu springen, wenn auch etwas zaghaft. Sie versuchte sogar ein paar kleine Tricks, wenn man ihr was vorführte. Sie ging auch bei anderen Tieren etwas mutiger mit. Sie ließ sogar mal den Rand los beim Schlittschuhfahren. Gut, einmal weinte sie etwas, als sie hingefallen ist. Aber es ging alles schon irgendwie. Und ich glaube es hat ihr Spass gemacht, sich da etwas zu überwinden. Gut, auf die Spitze des Klettergerüst hat sie sich dann nicht getraut, aber das ist ja auch okay.

Ich schimpfe dann heimlich etwas mit Südländerin über die Freundin, die könne doch nicht immer gleich klein beigeben, wenn die Tochter sich was nicht traut, wie soll sie den Selbstvertrauen bekommen, wenn sie nie etwas durchziehen muss? Südländerin stimmte zu: „Ja, das sollte sie wirklich, aber so was zu machen ist in Südland eher die Aufgabe des Vaters, und der will sie eben nur jeden Freitag einen Nachmittag sehen“ Ich fand das eine schlechte Ausrede, es ist ja immerhin auch ihre Tochter. Aber ich wollte mich jetzt auch nicht über Gebühr einmischen, sie war ja zu Gast.

Interessant fand ich aber die Frage, wer wohl üblicherweise Mädchen sonst eher fördert, wild zu sein. Sind es in anderen Familien auch häufiger die Väter, die Mädchen anregen, doch mal zu klettern oder etwas zu riskieren? Würden Mütter eher ihren Töchtern raten vorsichtig zu sein oder einfach weniger Situationen erzeugen, in denen sie mutig sein können ? Wäre interessant, ob es da Unterschiede im Schnitt gibt.

Simone de Beauvoir vertrat ja bereits die These, dass Mädchen, die bei Vätern aufwachsen „von der belastenden Weiblichkeit verschont bleiben“ und meinte “Ein Fluch, der auf der Frau lastet, besteht darin, daß sie in ihrer Kindheit Frauenhänden überlassen wird.” (S.348 ). Der Feminismus würde wohl auf „verinnerlichten Sexismus“ abstellen, die eine Frau zwingt auch ihre Töchter in die Frauenrolle zu drängen, weil sie sonst ihre eigene Unterdrückung realisieren würde.

Es würde mich interessieren, ob es da Untersuchungen gibt, wer so etwas eher mit den Kindern macht und was sich daraus ergibt.